Store-Konzept

Neue Wege im neuen Wempe

Umgestaltet und deutlich vergrößert präsentiert sich seit September 2015 in der Berliner Friedrichstraße das Geschäft von Juwelier Wempe. Dabei fiel gleich positiv auf: Hier geht man erfrischend selbstbewusst ans Werk und macht vieles anders als die Konkurrenz. Gisbert L. Brunner hat sich umgeschaut und die Gelegenheit für ein Interview mit Geschäftsführer Uwe Beckmann und dem Ehepaar Wempe genutzt.

von | 04.11.2018

Wo sind denn die Marken-Corner?

Den ersten und in meinen Augen wichtigsten Aspekt nenne ich gleich zu Beginn: Das Fehlen jeglicher Marken-Corner, die heutzutage gang und gäbe geworden sind und viele Juwelieren in ihrer eigene Identität beschränken. Die shop-in-shop-Mentalität grassiert und verändert die Juwelierlandschaft total. Wobei natürlich große und für den Juwelier unverzichtbare Marken wie Patek Philippe oder Rolex die Nase ganz weit vorne haben. In der Berliner Friedrichstraße ist davon zum Glück gar nichts zu spüren. Hier bietet Wempe den vertretenen Marken mit seiner eignen Gestaltungs-Philosophie einen distinguierten und absolut fairen Auftritt.

Uhren und Gegenwartskunst bestaunen

Durch die Genehmigung der Rückverlegung eines ehemaligen Hauseingangs seitens der Denkmalbehörden konnte Wempe an der renommierten Friedrichstraße ein weiteres Schaufenster schaffen. Dahinter, im Inneren des Ladens, findet sich das nun sehr großzügige Büro seines Geschäftsführers Uwe Beckmann. Uwe hatte, und das bringt er später im Interview sehr deutlich zum Ausdruck, beim Innenausbau, der wegen statischer Maßnahmen, dem Einbau einer großzügigen Treppe und noblem Interieur mehr als eine Million Euro verschlang, weitgehend freie Hand. Und er hat seine Freiheitsgrade genützt, wie sich beispielsweise beim Mix aus klassischem und modernem Mobiliar zeigt. Gegenwartskunst ist ebenfalls reichlich vertreten. Sie stammt von einem befreundeten Galeristen und wird in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden.

Eine Event-Etage zum Plaudern, Fachsimpeln und Feiern

Im Gegensatz zum Erdgeschoss, welches ein wohlbekanntes traditionelles Wempe-Flair verbreitet, erinnert in der großzügigen ersten Etage manches an das Dessauer Bauhaus. Große Räume mit bequemen Sitzmöbeln laden zum Verweilen und Plaudern über Uhren und die kostbare Zeit, welche sie traditionsgemäß messen. Ein langer schwerer Massivholztisch ist wie geschaffen für fachsimpelnde Connaisseur-Runden. Und Uhrenmarken finden das ideale Ambiente für gelegentliche Events.

Unübersehbar im Erdgeschoss das in jedem Wempe-Geschäft vorhandene Servicecenter. Und im ersten Stock findet sich ein weiterer Uhrmacher-Werktisch der noblen Art.

Fazit

Dieses neu gestaltete Geschäft ist eine Benchmark für den künftigen Wempe-Auftritt in verschiedenen Städten. Immerhin stehen künftig einige Erweiterungen, Umzüge oder komplette Neugestaltungen an. Allerdings fürchte ich, dass sich die wohltuende Markenneutralität nicht überall realisieren lässt. Die immerhin 60 Prozent einheimischen Kunden von Uwe Beckmann und seinem qualifizierten Team werden das in der Friedrichstraße Gebotene sehr zu schätzen wissen. Gute mechanische Uhren gibt es hier schon für weniger als tausend Euro. Nach oben sind die Grenzen quasi offen. Ein Berliner Kunde wartet bereits sehnsüchtig auf seine Patek Philippe für mehr als eine Million Euro. Geliefert wird 2016. Die Übergabe wird dann logischer Weise in sehr privater und persönlicher Atmosphäre in der oberen Belle Etage stattfinden.

Kim-Eva und Helmut Wempe

Inhaber, Wempe

Fünf Fragen an Kim-Eva und Hellmut Wempe

Was sagen die Inhaber von Juwelier Wempe zum neuen Auftritt hier in der Friedrichstraße?

Kim-Eva Wempe: Ich bin sehr beeindruckt, und möchte dem Uwe Beckmann auch auf diesem Weg Dank zurufen für sein riesiges Engagement rund um die Erweiterung und Neugestaltung dieses Geschäfts.

Hellmut Wempe: Das ist unser Wempe-Stil, den ich seit Jahrzehnten propagiere. Deshalb erfüllt mich dieses Geschäft mit großer Freude. Es zeugt davon, dass wir keinen Ketten-Stil pflegen, sondern unsere Kunden sehr individuell empfangen möchten. Das ist bestens gelungen.

Wempe zeigt hier ja ein wirklich umfassendes Angebot.

Hellmut Wempe: Das gehört zu unserer Philosophie. Hier ist die Uhrmacherei zu Hause. Wie bieten Armband- und auch Großuhren unterschiedlicher Marken. Uns Service wird bei uns traditionsgemäß sehr groß geschrieben.

Die erste Etage hat ja eine ganz besondere Ausstrahlung ….

Kim-Eva-Wempe: Uwe Beckmann ist hier etwas Großartiges gelungen. Der klassische Berliner Salon lebt wieder auf. Man kann oben in vertrauter Atmosphäre mit Kunden reden, sie beraten oder auch Veranstaltungen durchführen. Uwe Beckmann hat viele Ideen und ich denke, Wempe wird viele davon künftig in die Tat umsetzen. Bis hin zum gemeinsam kochen und einen Abend kulinarisch genießen.

Das zusätzliche Schaufenster an der Friedrichstraße hat dem Geschäft gut getan. Wie kam es dazu?

Hellmut Wempe: Das dritte Fenster war ein Hauseingang. Eigentümer de Hauses war der Pharmakonzern Schering, welcher wie viel große Unternehmen einen Sitz nahe dem Kaiser unterhielt. Ein Direktor von Schering störte sich jedoch daran, dass die Adresse wegen des Eingangs in der Querstraße nicht Friedrichstraße lautete. Also nahm er dem hier ansässigen Modegeschäft ein Fenster weg, um den Eingang in die Friedrichstraße zu verlegen. Mit einem Foto, wie es vor diesem Umbau war, haben wir uns mit der Bitte um die Möglichkeit zur Wiederherstellung der ursprünglichen Situation ans Denkmalamt gewandt. Der Antrag wurde aber vom zuständigen Beamten kategorisch abgelehnt. Nachdem das Haus nun einen neuen Eigentümer erhalten hat, sind wir wieder zum Denkmalamt marschiert. Im selben Zimmer saß nun ein anderer Mann. Und der fand unser Anliegen fabelhaft, denn das Haus werde dadurch wieder so, wie es ganz zu Anfang war.

Wie kam es dann zu der umfassenden Lösung mit dem ersten Stock?

Kim-Eva Wempe: Der neue Eigentümer fand unsere Idee wirklich toll, wollte aber im Zuge dieser Maßnahme, dass wir auch den ersten Stock dazu nehmen. Und dann begann eine längere Phase des Beratschlagens, was wir mit dem zusätzlichen Platz tun. Kleinere oder größere Ausbaustufe lautete die Frage. Uwe  Beckmann hat sich persönlich sehr stark für letztes eingesetzt. Das finden wir mit Blick auf das Erreichte auch wirklich gut.

Fünf Fragen an Uwe Beckmann

Zunächst Glückwunsch lieber Uwe zu deinem neuen Uhren-Reich hier in Berlin-Mitte. Ich konnte keine Corner und sonstigen markenspezifischen Einrichtungsgegenstände erkennen. Alles ist konsequenter Wempe-Stil. Wie geht das denn heute noch?

Uwe Beckmann: Ich könnte scherzhaft sagen, es hat sich kein Lieferant getraut, danach zu fragen. Aber im Ernst, wir hatten das große Glück, dieses Geschäft in unserem individuellen Stil gestalten zu können und unseren Marken trotzdem die nötige Präsenz zu verschaffen. Vielleicht ist uns da ja die Quadratur des Kreises gelungen. Nach der Entscheidung für die erste Etage habe ich mich tagelang mit großen Blättern Papier hingesetzt und mir sinnvolle Nutzungsmöglichkeiten überlegt. Letztlich muss sich das Ganze ja auch amortisieren. Die Flächen sind, um es ganz offen zu sagen, ja nicht nur zum Amüsement dar. Damit sich das auch irgendwann rechnet, mussten wir die Flächen großzügig aber auch einladend gestalten. Berliner Salon kombiniert mit Bauhaus-Stil. Ende vergangenen Jahres hatte ich eine klare Vorstellung, wie die Räumlichkeiten werden sollen. Und es ist zu 98 Prozent gelungen.

Hast du deinen Mitarbeiterstab mit eingebunden?

Uwe Beckmann: Na klar. Die Pläne hingen immer in unserer Küche aus. Man muss die Mitarbeiter mitnehmen, denn so etwas gelingt am Ende nur im Team. Wenn wir abends Veranstaltungen machen, brauche ich meine Leute.

Dein persönliches Engagement merkt man überall.

Uwe Beckmann: Dieses Jahr habe ich noch keinen Tag Urlaub gemacht. Jeden Tag war ich um halb sieben auf der Baustelle. Ich bin um fünf Uhr aufgestanden, was gar nicht meine Zeit ist. Aber es hat sich gelohnt. Man muss daneben stehen, denn Handwerker bauen alles, aber nur nicht das, was sie sollen.

Euer Geschäft am Kurfürstendamm wird ja auch neu gestaltet und deutlich vergrößert. Wächst da eine Konkurrenz im eigenen Hause?

Uwe Beckmann: Bei uns ist jedes Geschäft für sich verantwortlich. Natürlich gibt es gewisse Schnittmengen. Aber Berlin ist groß und da gibt es durchaus unterschiedliche Kundenkreise. Der Kudamm hängt stark von russischer Klientel ab, weil die eher in dieser Ecke Berlins wohnen. Russen fahren nicht gerne nach Berlin Mitte. Dafür haben wir internationales Publikum, das in den vielen Luxushotels um uns herum wohnt. Kurzum: Jeder muss schauen wo er bleibt und am Ende des Jahres sein Ergebnis abliefern.

Wieviel Prozent deiner Kundschaft ist denn überhaupt noch deutsch?

Uwe Beckmann: An diesem Standort haben wir immer schon, also auch vor dem Eintreffen der Chinesen, einmal im Jahr Produkte rund um den Erdball verkauft. Süd- und Nordamerika, Asien, Australien oder Neuseeland. Gleichwohl liegt der Anteil lokaler Kundschaft bei 60 Prozent. Und das ist für mich persönlich sehr wichtig.

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