Armin Strom Gravity Equal Force

Die Gravity Equal Force von Armin Strom zeigt den Wert eines Malteserkreuz

Die Schweizer Uhrenmanufaktur nutzt das Malteserkreuz und die Malteserkreuz-Stellung zur Kompensation der großen Unterschiede der Zugfeder-Kraftentfaltung. So funktioniert dies.

von | 18.12.2019

Ein wenig Uhrentheorie vorweg

Um das Besondere der neuen Gravity Equal Force von Armin Strom und der verbauten Malteserkreuz-Stellung zu begreifen, muss man sich mit den funktionalen Abläufen in einem mechanischen Uhrwerk auseinandersetzen.

Federhaus mit Zugfeder

Als Energiespeicher konventionell tickender Armbanduhren dient in der Regel ein trommelförmig gestaltetes Federhaus. Der Aufzug, egal ob manuell oder automatisch, erfolgt über den zentralen Federkern, an dem das innere Ende der Zugfeder befestigt ist. Deren äußeres Ende hängt entweder starr oder mit Hilfe eines so genannten Schleppzaums an der inneren Wandung des Federhauses. Bedingt durch ihre Elastizität möchte sich die aufgewundene Zugfeder wieder entspannen.

Handaufzugswerk Gesperr mit Sperrkegel

Ein Gesperr mit Sperrkegel sorgt dafür, dass dies nur in Richtung des Räderwerks geschehen kann. Bei einem tickenden Uhrwerk zieht das Metallband besagtes Federhaus solange rotierend nach sich, bis es entkräftet an seiner inneren Wandung anliegt. Die Zähne des Federhauses greifen in den Trieb des zentral angeordneten Minutenrads, welches sich einmal pro Stunde um seine Achse dreht.

Handaufzugswerk Ablaufschema beschriftet 2

Das folgende Kleinbodenrad und das einmal pro Minute um 360 Grad rotierende Sekundenrad leiten die Energie weiter an das Ankerrad. Letzteres gehört zur Hemmung, welche das Räderwerk am ungebremsten Ablauf hindert. Eine weitere Aufgabe der Hemmung besteht darin, die Oszillationen des aus Unruh und Unruhspirale stehenden Gangreglers aufrecht zu erhalten.

Handaufzugswerk Ablaufschema beschriftet 3

Funktionsschema eine klassischen Handaufzugswerks mit 2,5 Hertz Unruhfrequenz

Möglichst konstante Antriebskraft dieser Armin Strom

Mit fortschreitender Entspannung der Zugfeder nimmt das von ihr zum Schwingsystem gelieferte Drehmoment ab. Dadurch reduziert sich die Amplitude der Unruhschwingungen, was sich wiederum negativ auf die Ganggenauigkeit auswirkt.

Diesem Sachverhalt können Uhrmacher auf unterschiedliche Art und Weise entgegen wirken:

 Der heutzutage in nahezu allen Federkraft-Uhrwerken verwendete Sperrkegel (siehe oben) hält das anfänglich ausgesprochen hohe Drehmoment vom Räderwerk fern.

Ferdinand Berthoud Kette Schnecke Antrieb Malteserkreuz Stellung

Ferdinand Berthoud, Kette-Schnecke-Antrieb mit zusätzlicher Malteserkreuz-Stellung

Weitestgehend konstante Antriebskraft bewirkt ein -allerdings sehr aufwändiger- Kette-Schnecke-Antrieb. Er nutzt die physikalischen Hebelgesetze.

Malteserkreuz Stellung Schema

Als eine Art Kompromiss bietet sich die oben abgebildete Malteserkreuz-Stellung an. Sie kompensiert die größten Unterschiede der Zugfeder-Kraftentfaltung. Zu diesem Zweck befestigen die Uhrmacher auf der Federwelle einen Finger. Selbiger greift in die Lücken des mit dem Federhausdeckel verschraubten Malteserkreuzes, welches sich bei jedem Umgang um einen Kreuzarm verdreht.

Malteserkreuz Stellung Feder Kennlinie 3

Und zwar so lange, bis ein speziell geformter Zahn Einhalt gebietet. Auf diese Weise werden die normaler Weise verfügbaren Umgänge des Federhauses auf jene mit relativ konstantem Zugfeder-Drehmoment reduziert.

Armin Strom Gravity Equal Force

Festes Federhaus

Das zum Üblichen und weit verbreiteten. Armin Strom und dort speziell Claude Greisler, der Partner von Firmengründer Serge Michel, zäumen das Pferd bei der neuen „Gravity Equal Force“ sozusagen von hinten auf. Will heißen: Der Antrieb des Mikrorotor-Automatikkalibers erfolgt vom Federkern aus und nicht vom verzahnten Federhaus. In seinem Inneren hat der Chefkonstrukteur ein „Aufzug-Hemmungs-Auskupplungssystem“ platziert. Ihm kommt die Aufgabe zu, das an die Unruh weitergeleitete Drehmoment zu stabilisieren. Auf diese Weise gibt der Energiespeicher die Antriebskraft weitgehend gleichförmig an das Hemmungs- und Schwingsystem ab.

„Wir haben die gesamte Funktionalität eines Uhrwerks mit Automatik-Aufzug neu erfunden, um die Präzision auf ein höheres Niveau zu heben und unseren Sammlern mehr Sicherheit beim täglichen Gebrauch der Uhr zu geben.“

Claude Greisler

Partner und Chefkonstrukteur, Armin Strom

Als Inspirationsquelle diente eine alte Taschenuhr mit festem Federhaus. Selbiges wird also nur beim Aufziehen bewegt. Dort und auch bei der Neukonstruktion erfolgt der Kraftfluss über die Federhaus-Welle. In diesem Fall ist sie in Rubinen gelagert. Auch das gab es früher schon, aber bei Uhrwerken mit drehendem Federhaus brachte und bringt der Aufwand keine wirklichen Vorteile. Schließlich dreht sich der Federkern nur beim Spannen der Zugfeder. Nach Auffassung von Claude Greisler führt das Ganze zu einer Verbesserung der Funktionalität bei gleichzeitiger Reduktion der Abnützung.

Hommage an das Malteserkreuz

Von Hexerei kann natürlich auch hier keine Rede sein. Es lebe die Tradition hochrangiger Uhrmacherkunst. Ihr folgend stattet Claude Greisler das Federhaus mit besagter Malterserkreuz-Stellung aus. Dieses konstruktive Detail reduziert, wie oben ausführlich beschrieben, die Zahl der vollständigen Umdrehungen des Federhauses oder eben des Federkerns. In diesem Fall sind es lediglich neun von möglichen 12,5 vollständigen Rotationen. Mathematisch entspricht das 72% der Zugfeder-Drehmomentkurve.

Und die verläuft somit weitgehend flach. Nach drei Tagen verhindert das Malteserkreuz ein weiteres Entspannen des Energiespeichers. Somit erhält der Gangregler für seine Schwingungen auf dem Weg über die Hemmung über 72 Stunden hinweg weitgehend gleiche Kraftstöße. Im Zuge dieses technischen Kniffs hat Armin Strom den vorne sichtbaren Teil des Federhauses direkt mit einer Gangreserveanzeige ausgestattet. Die Tatsache, dass ein Mikrorotor beim Tragen der Uhr für regelmäßigen Energienachschub sorgt, trägt übrigens auch zu einem gleichmäßigen Drehmomentverlauf des Manufakturkalibers ASB19 bei.  

Armin Strom Kaliber ASB19 – Zifferblattseite

Armin Strom Kaliber ASB19 – Rückseite

System 78

Dem neuen alten Denkansatz entspricht das asymmetrische Design der ganzen Armbanduhr.  Das Zifferblatt vor dem zentral zwei Zeiger für Stunden und Minuten sowie bei „7“ ein weiterer für die Sekunden rotieren, beansprucht die linke Seite für sich. Rechts zeigt sich auf Kronenhöhe der Aufzugs- und Zeigerstellmechanismus. „Im Süden“ haben die Entwickler das Federhaus mit Gangreserveanzeige positioniert. Durch eine sektorförmige Öffnung ist die Malteserkreuz-Stellung erkennbar. Weil der Mikrorotor beim Tragen und dem damit verknüpften Aufziehen das Federhaus dreht, kann es sein, verschwindet die Gangreserveanzeige gelegentlich hinter dem Zifferblatt oder dem durchbrochenen Kloben. Die Schwungmasse agiert im oberen Teil des Uhrwerks.

Beim Blick durch den Sichtboden des neu gestalteten Edelstahlgehäuses zeigt sich die ebenfalls unter einem durchbrochenen Kloben gelagerte Unruh mit variabler Trägheit und 3,5 Hertz Frequenz. Weil Regulierung des Gangs mit Hilfe kleiner Masseschrauben erfolgt, kann die Unruh frei von einem Rückermechanismus schwingen. Für Armin Strom bildet die „Gravity Equal Force“ den Auftakt zu einer Neuen Uhrenkollektion namens „System 78.“  Die Zahl kommt das bei nicht von ungefähr. Sie weist hin auf das Geburtsjahr von Claude Greisler und Serge Michel, der die Marke von Altmeister Armin Strom erworben hat.

Es ist nicht selbstverständlich, dass wir unsere Werte als Uhrmacher und unser Innovations-Bestreben einem breiteren Publikum zugänglich machen können. Es war eine grosse Herausforderung, dieses Perfektionsniveau zu einem solchen Preis anbieten zu können.

Serge Michel

Gründer und Partner, Armin Strom

Mit einem Preis von 16.900 Schweizerfranken oder vermutlich auch Euro verkörpert diese Armbanduhr eine Art Einstiegsmodell in die Welt von Armin Strom.

Uhrenkosmos Modell-Steckbrief 

Hersteller

Armin Strom

Name

Gravity Equal Force

Referenz

ST19-GEF.90.AL.M.35

Premiere

November 2019

Uhrwerk

Manufakturkaliber ASB19

Aufzug

automatisch durch Mikrorotor

Durchmesser

35,52 mm

Bauhöhe

11,67 mm

Komponenten

202

Gangautonomie

72 Stunden

Unruhfrequenz

3,5 Hertz (25.600 Halbschwingungen/Stunde)

Anzeige

Stunden, Minuten, Sekunden, Gangreserveanzeige

Besonderheit

Stehendes Federhaus, Antrieb über den Steingelagerten Federkern. Malteserkreuz-Stellung für weitgehend konstantes Drehmoment der Federkraft

Gehäuse

Edelstahl, Saphirglas, Sichtboden

Durchmesser

41 mm

Höhe

12,65 mm

Wasserdichte

drei bar

Armband

Alligatorleder mit Dornschließe

Preis

16.900 Schweizerfranken

Limitierung

keine

 

 

 

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