Chronographen-Tradition
Die Tutima Frühjahrsneuheit aus Glashütte ist der Tutima Flieger Legacy T5 Chronograph. Traditionsgemäß verknüpft sich dieser Markenname für Männer vor allem mit dieser zeitschreibenden Zusatzfunktion. Denn erste Stopper mit der Signatur Tutima fanden bereits ab 1941 an die Handgelenke deutscher Militärpiloten, nachdem Schweizer Fabrikanten ihren Lieferungen eingestellt hatten.
Infolge des Boykotts blieb einst nur die Entwicklung eines eigenen Uhrwerks mit integrierter Stoppfunktion. Das Chronographen-Werk musste hinsichtlich Ganggenauigkeit und Zuverlässigkeit auf einer Ebene mit Produkten eidgenössischer Provenienz stehen. Details waren in einem Pflichtenheft festgehalten. Das Gehäuse musste staubdicht ausgeführt sein und dem Druck des nassen Elements für die Dauer von 1,5 Stunden bis zu 1,5 bar widerstehen. Das entspricht umgerechnet etwa 15 Meter Wassertiefe.
1941 war in Glashütte das 15-linige, Handaufzugskaliber Urofa 59 mit Schaltradsteuerung und 30-Minuten-Zähler zur Serienreife gediehen. Neben der Möglichkeit von Additionsstoppungen dank zwei-Drücker-Steuerung verfügte das Kaliber über einen Tempostopp. Mit Hilfe der besser bekannten Flyback-Funktion konnte der Chronographenzeiger während des Laufs nullgestellt und ohne weiteren Knopfdruck neu gestartet werden.
Die mit diesem Kaliber ausgestatteten Flieger-Chronographen trugen u.a. die Signatur Tutima Glashütte. Bis 1945 entstanden davon rund 30.000 Exemplare. Dann endete dieses Kapitel der Geschichte durch einen Bombenhagel auf die sächsische Uhrenmetropole im Müglitztal.
Von Ganderkesee nach Glashütte
Die Rückkehr des Namens Tutima ist Dieter Delecate zu verdanken. Er ließ den altbekannten Namen 1969 für seine Uhr-Aktivitäten zunächst im niedersächsischen Ganderkesee schützen. 1983 erhielt die Firma den Zuschlag zur Produktion des offiziellen Fliegerchronographen für die Deutsche Bundeswehr. 2011 kehrte Tutima durch den Erwerb eines Gebäudes nahe dem Bahnhof nach Glashütte zurück, wo alles angefangen hatte.
Zum 90. Markengeburtstag im Jahr 2017 beschenkte sich das Familienunternehmen mit dem hauseigenen Chronographenkaliber T659. Technisch kommt es dem altehrwürdigen 59 sehr nahe. Zu finden ist diese feien Mechanik im limitierten „Tempostopp“, dessen Gehäuse aus Roségold besteht und dieser Chronograph deshalb mit einem Preis von 36.800 Euro in der Top-Luxusklasse rangiert.
Gehäuse aus Titan Grad 5
Deutlich günstiger, nämlich ab unverbindlichen 3.850 Euro für die Version mit Lederband, ist da der neuen Flieger Legacy T5 zu haben. Für diesen Preis kann es logischerweise kein aufwändig gefertigtes und finissiertes Manufakturkaliber geben. Und auch kein Roségold-Gehäuse. Aber die Schale des Newcomers hat es gleichwohl in sich. Sie besteht aus Titan Grade 5 und das Armband, sofern man eines mit Gliedern wählt, ebenfalls.
Bekanntlich ist das schon im späten 18. Jahrhundert entdeckte Titan in der Luft- und Raumfahrt, der Chirurgie und Implantologie oder im Fahrzeugbau eine feste Größe. seit langem unverzichtbar ist. Wo Sicherheit und Belastbarkeit einen extrem hohen Stellenwert besitzen führt an Titan fast kein Weg vorbei. Das Metall ist halb so schwer wie Stahl, mindestens genauso fest, korrosionsbeständig selbst gegen Säuren und Basen, amagnetisch und dazu auch biokompatibel. Speziell die gute Hautverträglichkeit prädestiniert Titan, das sich am Körper sehr angenehm anfühlt, zur Nutzung für Uhrengehäuse. Zudem fühlt sich das Material infolge seiner Wärmeleiteigenschaften. Die Achillesfersen von Titan: relativ hoher Rohstoffpreis und verglichen mit Stahl oder Gold eine deutlich schwierigere Verarbeitung.
Ab 1970 für Uhrengehäuse
Die weltweit erste Uhrenmarke mit einem Titangehäuse war übrigens Citizen. 1970 debütierte in Japan der Citizen X-8 Chronometer. In der tonneauförmigen Schale findet sich ein mechanisches Uhrwerk mit elektronisch kontrolliertem Gangregler. Damals entstanden wegen der hohen Herausforderungen bei der Großserien-Materialbearbeitung nur weniger als 2.000 Exemplare. Nachdem ein Titangehäuse für Chronographen wegen der Drücker weitaus höhere Anforderungen stellt, dauerte das Lancement einer solchen Armbanduhr bis 1981.
Da ging während der Basler Uhrenmesse der von Ferdinand A. Porsche gestaltete und von IWC Schaffhausen gefertigte Titan Chronograph Ref. 3702 an den Start. Ausgestattet mit den Automatikkaliber Valjoux 7750, Preis umgerechnet 3.500 Deutsche Mark oder umgerechnet 1.750 Euro. Später nutzte Tutima das Reintitan für den NATO-Military-Chronographen 760 mit Bedientasten statt Drückern.
Tutima Flieger Legacy T5
Damit machen wir den Sprung dem neuen Flieger Legacy T5. Hierbei kommt Tutima die umfassende Titan-Expertise zugute. Aber erstmals verwenden die Glashütter Titan Grade 5, der mit über 50 Prozent weltweit am meisten genutzten Titanlegierung. Ti6Al4V, so das Kürzel, findet primär in der Flugzeugindustrie Verwendung. Beliebt ist der Werkstoff wegen seiner sehr hohen Festigkeit, welche viermal so hoch ist wie Titan Grad 1.
Dennoch besitzt Grad 5 die gleiche Steifigkeit und die gleichen thermischen Eigenschaften wie reine Titan-Grade. Bemerkenswert sind die Beständigkeit gegen Materialermüdung, das hohe Festigkeits-Gewichts-Verhältnis, der niedrige Elastizitätsgrad, die geringe thermische Ausdehnung und die Beständigkeit gegen Salzwasser.
Optisch lebt im Flieger Legacy T5 natürlich die Vergangenheit fort. Das zeigt sich schnell am Zifferblatt im typischen Fliegerlook mit stehendem Orientierungsdreieck bei „12“, augenfälligen Indexen und arabischen Ziffern. Super-LumiNova ist dort und auch auf den markanten Zeigern reichlich vorhanden. Als reine Funktionskontrolle tritt die Permanentsekunde bei „9“ größenmäßig zurecht etwas in den Hintergrund.
Wohltuend sticht ferner der Verzicht auf kleine Indexe für Sekundenbruchteile ins Auge. Solche braucht ohnehin niemand. Dadurch wirkt das schwarze Zifferblatt mit rechtem Datumsfenster deutlich aufgeräumter.
Tutima Flieger Legacy T5 Chronograph Gehäuse, Band und Preis
Die klassisch rund Ti5-Schale misst 41 Millimeter. In der griffigen Aufzugs- und Zeigerstellkrone sowie in den pilzförmigen Drückern lebt die Tutima Chronographen-Tradition der 1940-er Jahre fort. Gengenwart ist das 2,2 Millimeter dicke, natürlich entspiegelte Saphirglas auf der Vorderseite. Das gleiche Material erlaubt rückwärtig den Blick auf das Automatikkaliber T310.
Als Basis nutzt Tutima das Sellita SW500 (mehr zur Geschichte dieses Werks gibt es hier auf Uhrenkosmos zu lesen). Zur Erfüllung der strengen Vorgaben hinsichtlich der Herkunftsbezeichnung Glashütte auf Zifferblatt und Gehäuseboden veredelt Tutima das Uhrwerk u.a. mit einem durchbrochen gestalteten Rotor, der das Goldsiegel mit dem Markenlogo trägt.
Wählen heißt es bei dieser Uhr einmal zwischen schwarzem und blauem Zifferblatt und andererseits zwischen farblich abgestimmtem Lederband oder Gliederband aus Titan Grad 5. Mit Letzterem kostet zwar 400 Euro mehr, also unverbindliche 4.250 Euro, aber dieses Geld ist für das langlebige und sehr komfortable Titanband mit Dreifach-Faltschließe bestens angelegt.
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