Gut 10 Jahre war Chronext CEO Philipp Man an der Spitze des 2013 von ihm mitgegründeten Start-ups. Nun ging es auf einmal recht schnell und Man hat den CEO Posten abgegeben und wechselt in den Verwaltungsrat des Unternehmens. Zum neuen Chronext CEO wurde Philippe Roten ernannt. Er ist in der Uhrenindustrie kein Unbekannter und verfügt über viele Jahre Erfahrung in Sales und Marketing. Die echten Hintergründe zu diesem schnellen Wechsel werden nicht genannt. Allerdings wurde kürzlich die Mehrheit an Chronext von einer Schweizer Investorengruppe um den Anwalt und Investor Till Spillmann übernommen, die sogleich Roten an die Spitze des Unternehmens setzte.
Ursprünglich hatte Philipp Mann statt einer Übernahme durch Investoren zunächst an einen Börsengang gedacht. Aus dem angedachten Kassengang wurde aufgrund der arg optimistischen Preisvorstellung der Chronext-Gründer jedoch nichts. Stattdessen leidete Chronext unter der Corona Krise und ihren Auswirkungen sowie den gravierenden Marktveränderungen.
Ursprünglich war Chronext angetreten, um durch Qualität und Transparenz für ein neues Einkaufserlebnis bei gebrauchten Uhren zu sorgen. (Wir haben die Plattform und ihre Führung hier im Artikel zu Wort kommen lassen). Durch ein positives Einkaufserlebnis wollten Man und seine Mitgründer Ludwig Wurlitzer und Philipp Csernik einst inmitten der bereits bestehenden Online-Plattformen performen und den Konkurrenten wie stationären Juwelieren Umsatz wegnehmen. Hierfür baute Chronext parallel zum Shop ein Netzwerk von eigenen Chronext-Niederlassungen auf, bei denen Uhren geschätzt und in Augenschein genommen werden konnten.
Der Nachteil dieser Strategie zeigte sich schnell. Zwar setzte die Geschäftsidee am wunden Punkt bisheriger Plattformen an. Jedoch waren zum einen die zentral gelegenen Chronext Lounges und ihre Flächen im Unterhalt sehr teuer. Zum anderen musste Chronext durch den Mehraufwand im Vergleich zu anderen Gebrauchtmarktbörsen eine höhere Spanne erheben.
Dazu kam, dass abseits des Richemont Konzerns, der sich per Zukauf mit Watchfinder bereits 2018 eine eigene Plattform ins Portfolio führte, im Jahr 2022 der Marktgigant Rolex mit seinem großen Rolex Konzessionär Bucherer selbst in den Markt der Certified PreOwned Watches einstieg – wir hatten bereits darüber berichtet. Wer um die Knappheit von gut verkäuflichen, gebrauchten Rolex Uhren wusste, dem war klar, dass dies die Wettbewerbssituation im Online-Handel nochmals deutlich verschärfen würde. Und dies, obwohl die Aufpreise, die auf die bei Bucherer erhältlichen, geprüften und zertifizierten Rolex Uhren erhoben werden, schnell bei 20% und mehr über den Angeboten klassischer Uhrenplattformen liegen.
Entsprechend schnell wurden die expansiven Pläne durch Philipp Man und den ausnehmend prominent besetzten Verwaltungsrat gekappt. Ein knappes Drittel der gut 150 Mitarbeiter wurde entlassen und Standorte geschlossen. Außerdem war klar, dass Chronext nur mit frischem Geld am Leben gehalten werden konnte.
Wurde lange Zeit vermutet, dass Chronext wohl eine interessante Übernahme für einen der Luxus-Konglomerate sein könnte, kam die jetzige Übernahme der 90 Mitarbeiter, darunter einem 15-köpfigen Team von Uhrmachern und Polisseuren, das im hauseigenen Servicecenter in Köln Reparaturen und Authentizitätskontrollen durchführt, durch die Investoren doch sehr überraschend.
Dabei setzt die neu gegründete Chronext Group AG in Zug unverändert darauf, eine erfolgreiche digitale Plattform für Vintage- und Neuuhren zu sein. Schließlich erreichte man eigenen Angaben nach damit bereits einen rund dreistelligen Millionenumsatz.
Chronext CEO Philippe Roten
Es ist also kein leichtes Unterfangen, auf das sich der neue Chronext CEO Philippe Roten und der gleichfalls zeichnungsberechtigte Investor Till Spillmann eingelassen haben. Zwar verfügt Spillmann als Partner der Zürcher Wirtschaftskanzleien Bär & Karrer und Niederer Kraft & Frey sowie dank etlicher gelungener Projekte über reichlich Substanz. Andererseits ist es nicht so, dass Chronext nach knapp 10 Jahren nun operativ schwarze Zahlen produzieren würde. Vielmehr wurde allein bis zum versuchten Börsengang im Juni 2021 ein Verlustvortrag von 84 Millionen Schweizer Franken angehäuft.
Wir sind überzeugt vom Potenzial des Vintage- und CPO-Markts und möchten uns ganz klar als Dienstleister und Teil der Uhrenindustrie positionieren.
Philippe Roten, bringt in die neue Geschäftsführung jedoch viel Wissen aus seinen vorherigen Stationen bei Favre-Leuba, TAG Heuer, Hublot oder Swatch mit. Überdies verfügt er über reichlich Erfahrung im Sales, die helfen kann – oder besser gesagt muss, um das Zusammenspiel von On- und Offline-Kanälen zu verbessern und den richtigen Markenmix zu finden. Nicht zu vergessen, dass das Beschaffen attraktiver Uhren von interessanten Marken viele der Plattformen vor besondere Herausforderungen stellt.
Vielleicht war somit der Ablauf der ersten Dekade und des schnellen Wachstums von Chronext ein guter Zeitpunkt für den Stabwechsel von einem Start-up Entrepreneur wie Philipp Man zu einem Luxusuhren-Manager moderner Prägung wie Philippe Roten.
Man darf gespannt sein – oder wie es so schön im heutigen Marketing-Slang heißt: Stay tuned!
Der Kunde ist heute an ein Zusammenspiel von On- und Offline-Kanälen gewöhnt. Hier werden wir ansetzen und unter Beibehaltung des einzigartigen Qualitäts- und Serviceniveaus von Chronext ein zeitgemäßes Kauferlebnis bieten
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