In der Welt der Luxusuhren des LVMH Konzerns ist großes Stühlerücken angesagt. Der Führungswechsel bei TAG Heuer, Hublot und Bulgari kommt insofern überraschend, als es ein wildes „Bäumchen wechsel dich“ der Top-Manager der genannten Marken ist. Frédéric Arnault äußert sich zwar sehr wortreich zu den Verdiensten der einzelnen Manager. Aber der Wechsel geschieht wohl nicht ganz aus freien Stücken.
So kann der 57-jährige Ricardo Guadalupe auf 12 lange Jahre als CEO von Hublot zurückblicken und erhält als Dank, neben der üblichen Kollateral-Bonifikation im Zuge eines Abgangs immerhin den Titel eines Ehrenpräsidenten der Marke Hublot. Wobei 57 trotz aller Verdienste nicht nach dem Alter aussieht, in dem sich Ricardo Guadalupe trotz des hohen Tempos bei Hublot nur noch nach Ruhe sehnt. Vielmehr könnte man den Titel eines Ehrenpräsidenten auch so deuten, dass Guadalupe nur geparkt wird und seine Expertise an anderen Stellen im Unternehmen noch gebraucht werden wird.
Ich möchte Ricardo und seinen Teams aufrichtig für ihre fantastische Arbeit danken, die sie beim Aufbau der Marke in den letzten 20 Jahren. Während seiner 8-jährigen Tätigkeit als Geschäftsführer und seiner anschließenden 12-jährigen Tätigkeit als CEO verkörperte Ricardo Hublot und seine Entwicklung vor allem durch seine Produktvision, sein tiefes Branchenwissen und seine Beziehungen zu allen Geschäfts- und Industriepartnern. Ich weiß, dass Ricardo nun auch weiterhin dafür sorgen wird, Werte, die zum Erfolg der Maisons geführt haben, weiterführen wird.
Als Nachfolger von Ricardo Guadalupe ernannte man Julien Tornare. Dessen Ausrufung zum neuen Hublot CEO kommt wirklich überraschend. Nicht weil man ihm die Aufgabe nicht zutrauen würde oder aufgrund von fehlender Fortune. Ganz im Gegenteil bringt der 52-jährige Tornare reichlich Erfahrung mit und kann auf ein ausnehmend erfolgreiches Wirken bei Zenith verweisen. Allerdings war Tornare erst im Januar 2024 offiziell als neuer TAG Heuer CEO inthronisiert worden. Vor diesem Hintergrund erscheint die Ernennung zum Hublot CEO als Versuch deuten, mit Tornare einen Weg aus der Krise zu finden.
Denn ungeachtet eines sehr hohen Tempos an Neulancierungen suchte Hublot in den vergangenen Jahren erkennbar nach echten Neuheiten und Überraschungen. Nicht, dass die Marke nicht etliche Partnerschaften und Neuheiten hatte. Auch die eingekauften Testimonials waren mit Djokovic und Mbappé auf höchstem Niveau. Aber es fehlte dieses „One more thing“, wie Steve Jobs es bezeichnet hatte. Die überraschende Uhr, die erstaunliche Kooperation oder ein Detail, das wirklich neu war und keine Fortführung der einst noch von Jean-Claude Biver angestoßenen Themenbereiche.
Ich freue mich über Juliens Ankunft an der Spitze von Hublot, die den Beginn eines neuen Kapitels einläutet, das der Zukunft unseres Hauses sowie der Stärkung seiner einzigartigen Positionierung unter den weltweit führenden Marken.
Ich freue mich auch, Antoine in unserer Uhrensparte bei TAG Heuer willkommen zu heißen. Seine umfassende Erfahrung, sein Fachwissen und seine anerkannte Leidenschaft für Uhren werden ein wichtiger Faktor, um das Wachstum und den Aufstieg von TAG Heuer weiter vorantreiben.
Die freigewordene Position des CEO bei TAG Heuer wird von Antoine Pin übernommen. Der 45-jährige Pin, bisher Generaldirektor von Bvlgari Horlogerie, bringt eine beeindruckende Erfolgsbilanz in der Luxusuhrenindustrie mit. Während seiner Zeit bei Bvlgari hat Pin dazu beigetragen, die Uhrensparte des Unternehmens zu stärken. Viele sahen in ihm auch den kommenden Bulgari CEO und Nachfolger von Jean-Christophe Babin.
Umso größer war das Erstaunen, als die Meldung über die Ernennung zum neuen TAG Heuer CEO die Runde machte. Allerdings die TAG Heuer für Antoine Pin keine Terra incognita, da er bereits von 1992 bis 2004 verschiedene Stationen bei TAG Heuer durchlief. Er wird die Erfahrung brauchen, da auch TAG Heuer in den letzten Jahren in der Rangreihe der 20 größten Uhrenmarken nach hinten fiel.
Führungswechsel bei TAG Heuer, Hublot und Bulgari
Für alle diese Wechsel gibt es gute Argumente und Gründe. Ebenso zeigt sich, dass Frédéric Arnault auf bekanntes Führungspersonal setzt. Und die offene Position bei Bulgari sollte erst recht kein Thema sein, insbesondere, da Jean-Christoph Babin an vieles denkt – nur nicht ans Aufhören oder die Aufgabe von Führungsanspruch.
Schwieriger wird es, wenn man sich die Aufgaben ansieht, die auf die drei Manager warten. So sucht Hublot händeringend nach neuen Ideen, die über eine neue Farbe oder ein neues Testimonial-Gesicht hinausgehen. TAG Heuer wiederum gräbt tief und tiefer, um den einstigen Markenkern der sportlichen Technik einer „Technique d’Avantgarde“ herauszuarbeiten.
Dies dürfte wohl kaum der abgefahrene Zug der digitalen Toolwatches darstellen, in denen Apple, Garmin oder etwas Samsung den Ton angeben. So betrachtet war der Erfolg der TAG Heuer Glassbox-Chronographen ein Erfolg. Aber es gibt zu viele Uhren, die nicht über ein me-too oder ein verhaltenes Zitieren von historischen Vorbildern hinausgeht. Hier hat die eigene Konzernschwester Zenith mit Modellen wie etwa der Pantone Reihe die Messlatte sehr hoch geschraubt und, verbunden mit tüchtigen Preissteigerungen, das Ergebnis der Marke so stark nach oben geschraubt.
Am wenigsten Druck dürfte der künftige Verantwortliche für den Bulgari Uhrenbereich spüren. Einerseits funktioniert die Marke Bulgari per se hervorragend. Andererseits ist man mit der Range an Bulgari Octo Modellen bestens aufgestellt und hat mit Gerald Genta oder Bulgari Bulgari etc. noch viel Potential für einen Ausbau der Marke. Und wie Audemars Piguet zeigt, reicht manchmal ein einziges erfolgreiches Modell, um die Erlöszahlen in schwindelnde Höhen zu treiben. Dazu kommt, dass manch einer auch Bulgari Chefdesigner Fabrizio Buonamassa Stigliani mehr als den rein kreativen Part zutraut. Schließlich weiß dieser, wie Design und Umsatz miteinander korrelieren und ist auch technisch auf der Höhe.l
Frédéric Arnault
Am spannendsten dürfte der Ausgang dieses heftigen Personalwechsels für Arnault Sohn Frédéric sein. Gilt es doch für jedes der 5 Kinder sich im Rennen um den künftigen LVMH Thron zu positionieren und mit Erfolgen zu glänzen. Auf schnelle Erfolge sollte man innerhalb von LVMH wie auch außerhalb der Gruppe nicht hoffen. Denn die internationalen Märkte sind in einem heftigen Rückgang begriffen, was die – 14 Prozent des Richemont Uhrenbereichs wie auch der 70%-tige Rückgang des Unternehmensgewinns der Swatch Group in den ersten 6 Monaten des Jahres 2024 eindrucksvoll unterstreichen. Wobei das Ende der Talsohle nach Ansicht der Uhrenhersteller noch lange nicht durchschritten sein dürfte.
In wenigen Tagen wird auch LVMH die neuen Zahlen des ersten Halbjahres 2024 präsentieren. Dann wird man wissen, wie groß der Druck war, der Frédéric Arnault bewog, das Tableau seiner Führungskräfte so heftig durcheinander zu wirbeln.
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