Gezeichnet fürs Handgelenk
Der Ausgangspunkt der neuen Bulgari Octo Finissimo Sketch liegt näher zurück als man meinen könnte. Denn es war das Jahr 2017, als Bulgari während der Baselworld die erste Octo Finissimo Automatic vorstellte. Durch die Verwendung von Titan als Gehäuse und Bandmaterial handelte es sich bei der sehr schlanken Armbanduhr um ein echtes Leichtgewicht. Außerdem konnte die Manufaktur für sich in Anspruch nehmen, mit dem Kaliber BVL 138 das flachste Uhrwerk mit Selbstaufzug durch einen Mikrorotor auf den Markt gebracht zu haben.
Doch davon später. Im Vorfeld der Genfer Watch & Wonders 2024, an der das Mitglied des französischen LVMH-Konzerns im Gegensatz zu Hublot, TAG Heuer und Zenith nicht teilnimmt, präsentiert Bulgari zwei limitierte Sondermodelle dieses Zeitmessers.
Die Unterschiede zum Ursprünglichen sieht man ihnen sofort an. Und zwar durch eine grafische Darstellung des Mikrorotor-Kalibers auf dem Zifferblatt. Auf diese Weise gewinnt man unverzüglich einen Eindruck von dem mechanischen Innenleben der besonderen Art. Der Modellname Bulgari Octo Finissimo Automatic Sketch kommt also nicht von ungefähr. Allerdings handelt es sich nicht um eine naturgetreue Zeichnung der Rückseite des BVL 138, sondern um das, was Fabrizio Buonamassa Stigliani den Käufern dieser Armbanduhr mit auf den Weg geben möchte.
In diesem Sinne zeigt die Skizze am Ziffernblatt natürlich in die Werksebene integrierten Rotor, den Gangregler mitsamt der Unruh, die Form der Brücken, das Streifendekor und dazu erläuternde Worte des Kreativdirektors im Hause Bulgari Watches. Beispielsweise deuten Pfeile auf die mit Ruby beschriebenen Lagersteine oder das Genfer Streifendekor. Côtes de Genève ist diesbezüglich zu lesen. Somit verknüpft sich die zeitbewahrende Mechanik mit einem künstlerischen Ausdruck des bei Bulgari gestalterisch tätigen Italieners.
Kaliber BVL 138
Damit kommen wir zu den Werten des vorderseitig solcherart dargestellten und im Gehäuseinneren tatsächlich auch tickenden Manufakturkalibers BVL 138. Damit jagte Bulgari dem bis dahin amtierenden Mikrorotor-Champion Piaget im Jahre 2017 den Titel ab. Die Geschichte der in die Werksebene integrierten Schwungmasse reicht natürlich viel länger zurück. Getragen vom Streben nach einem flacheren Auftritt der Automatikuhr am Handgelenk entwickelte die in Büren an der Aare beheimatete Büren Watch SA (mehr zu Büren gibt es hier zu lesen) bis 1954 das patentierte Kaliber 1000.
Der kleine Drehkörper, an dessen Wirksamkeit damals etliche Mitbewerber zweifelten, ließ die Bauhöhe gegenüber Konventionellem mit Zentralrotor um etwa 1,3 auf nur noch 4,2 Millimeter schrumpfen. Elf Monate später beantragte Universal Genève ebenfalls Schutz für eine ähnliche Konstruktion namens Polerouter. Den dadurch entfachten Patentstreit beendete ein Gentlemen-Agreement. 1959 trat das Kaliber Piaget 12 Pl (die Geschichte dieser Uhr und des Kalibers gibt es hier zu lesen) auf den Plan. Mit lediglich 2,3 Millimetern Bauhöhe präsentierte es sich als Weltrekord. Für die Nutzung des Mikrorotors in diesem tickenden Superlativ, welchen Piaget ab 1960 in der Referenz 12103 offerierte, kassierten Büren und Universal fortan Lizenzgebühren.
Für diese Bestleistung konnte Piaget einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde verbuchen. Die Geschichte des 12P endete im frühen 21. Jahrhundert, als die Werkzeuge sichtliche Ermüdungserscheinungen zeigten und die Uhrenwelt nach markanter Opulenz verlangte. Zum 50. Geburtstag des 12P im Jahr 2010 wartete Piaget mit dem 1208 P auf. Selbiges ähnelt dem berühmten Vorbild von 1960 ganz ohne Zweifel, verkörpert technisch aber eine völlige Neuentwicklung. Seine Bauhöhe von 2,35 Millimetern unterschritt bis zur Vorstellung des Bulgari BVL 138 keine andere Automatik.
Bei durchaus opulenten 36 Millimetern Durchmesser bringt es das BVL 138 auf nur noch 2,23 Millimeter Höhe. Ein Federhaus speichert Energie für 60 Stunden Gangautonomie. Energienachschub liefert die Schwungmasse aus massivem Platin in einer Drehrichtung. 21.600 Halbschwingungen vollzieht die Glucydur-Unruh jede Stunde. Das entspricht drei Herz.
Octo Finissimo Sketch
Dieses Uhrwerk ist nun in zwei verschiedenen Ausführungen der Bulgari Octo Finissimo Automatic Sketch erhältlich (Referenz 104163 Stahl und Referenzl
104165 Roségold). Beide sind in diesem Fall limitiert. 70 Exemplare gibt es von der Version mit poliertem und satiniertem Roségold-Gehäuse. Sein Boden trägt die Inschriften „Edizione Limitata“ und dazu „1884 – 2024″.
Wer sich mit der Geschichte des Unternehmens Bulgari nicht so gut auskennt, dem sei an dieser Stelle zugerufen, dass Sotirio Bulgari sein erstes Schmuckgeschäft 1884 in Rom eröffnete. Und zwar in der Via Sistina. Zehn Jahre später erfolgte der Umzug in die deutlich mondänere Via dei Condotti. Im Haus mit der Nummer 29 konnten sich anspruchsvolle Kundinnen an exquisiten Preziosen erfreuen.
Uhren waren definitiv kein Thema. Auch nicht 1905, als ein weiterer Umzug in die Via dei Condotti 10 nahe der Spanischen Treppe erfolgte. Erst Anfang der 1920er Jahre konnten sich Damen der besseren Gesellschaft an Armbanduhren mit geometrischen Platingehäusen, Gliederbändern und reichlich Brillantbesatz erfreuen.
Natürlich besitzt die Schale der kürzlich vorgestellten automatischen Octo Finissimo Sketch einen Sichtboden. Ihre Wasserdichte reicht bis zu zehn bar Druck. Vor dem lackierten Ziffernblatt mit dem Uhrwerks-Design drehen perlgestrahlte und PVD beschichte Zeiger. Die konstruktive Besonderheit des BVL 138 besteht darin, dass die kleine Sekunde bei „7“ rotiert. Das roségoldene Gliederband verfügt über eine Faltschließe. Für dieses Modell verlangt Bulgarin unverbindliche 51.500 Euro.
Bulgari Octo Finissimo Sketch
Wer so viel nicht aufbringen kann oder will, sich aber gleichwohl für die Octo Finissimo Automatic Sketch und ihr spezielles Zifferblatt interessiert, kann zur Stahlversion greifen. Mit Ausnahme des Werkstoffs für Gehäuse und Gliederband besitzt diese die gleichen technischen Merkmale. Das Angebot umfasst 280 Stück, welche sich für unverbindliche 17.800 Euro käuflich erwerben lassen.
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