Transparenter Drehgang
Gestoßen bin ich auf das Constantin Weisz Translucent Grande Tourbillon durch einen Instagram-Post. Die Signatur verknüpfte ich unverzüglich mit dem Faktum, dass vermutlich die meisten Produkte dieses Namens für relativ kleines Geld über einen Shopping-Kanal im Fernsehen veräußert werden. Solche Uhren interessieren mich nun definitiv nicht. Im Fall dieser Armbanduhr verhielten sich die Dinge etwas anders. Die vollkommene Transparenz der sogenannten Saphir-Tec-Schale einschließlich der ebenfalls komplett durchsichtigen Platine weckte meine Aufmerksamkeit.
Hinzu gesellten sich der fliegend gelagerte Drehgang, zwei Federhäuser, 65 Stunden Gangautonomie und eine Mini-Auflage von nur 19 Stück. Beim Bestellen zum Preis von knapp 9.000 Euro war mir vollkommen klar, dass hier als Basis des Handaufzugskalibers 36B0E nur chinesische Mechanik zum Tragen kommen kann. Aber dieser Sachverhalt übte ebenfalls einen gewissen Reiz aus. Constantin Weisz offeriert den 46 Millimeter großen, 13,5 Millimeter hoch bauenden und bis zu fünf bar wasserdichten Zeitmesser mit dem Attribut Made in Germany. Demzufolge müssen mindestens 50 Prozent der Wertschöpfung in Deutschland erbracht worden sein.
Sämtliche Kaliber unserer langjährigen Rohwerke-Lieferanten werden als Ebauche angeliefert oder in Deutschland komplett demontiert und veredelt, bevor sie in einer unserer Uhren verbaut werden. Hierzu unterlaufen alle Teile einem aufwendigen QA-Prozess bevor sie überarbeitet, z. B. finissiert oder angliert, werden. Manchmal werden auch ganze Bauteile ausgetauscht oder verbessert – z. B. Wellen poliert, es werden ganze Hemmungsgruppen getauscht, stärkere Federn eingesetzt, um die Ganggenauigkeit, die Laufruhe und Zuverlässigkeit zu maximieren.
Für ihre CH-Kaliber sowie auch dieses Tourbillon leistet die Kölner Cheyron GmbH, zu der das Fantasie-Label Constantin Weisz gehört, bemerkenswerte fünf Jahre Garantie.
Constantin Weisz Translucent Grande Tourbillon
Nach rund sechs Wochen am Handgelenk ist es nun an der Zeit, dieser Armbanduhr eine Geschichte zu widmen. Nachdem das fliegende gelagerte Drehgestell keine Markierung zur Kontrolle der Ganggenauigkeit besitzt, lassen sich auch keine absolut exakten Angaben machen. Summa summarum geht das Instrument pro Woche etwa 100 Sekunden vor. Diesen Wert bestätigt auch die Zeitwaage. Nachdem man sich von Tourbillons in diesem Zusammenhang ohnehin keine Wunder erwarten darf, gehen knapp 15 Sekunden täglich durchaus in Ordnung. Mit einem gewissen Aufwand an Nachregulierung könnte man vermutlich noch etwas bessere Werte erreichen.
Constantin Weisz stattet die Uhr mit einem gleichermaßen weichem wie transparentem Silikon-Armband und stählerner Dornschließe aus. Weil das Ensemble lediglich 66 Gramm auf die Waage bringt, lässt sich von einem hohen Tragekomfort sprechen. Die Haptik der Schale ist angenehm. Es gibt keine scharfen Kanten oder sonst wie unangenehm empfundene Stellen am Gehäuse.
Die beiden Zeiger für Stunden und Minuten, sind am äußeren Ende mit Leuchtmasse befüllt. Da durch gestaltet sich das Ablesen der Uhrzeit trotz des Mechanik-bedingten unruhigen Hintergrunds unproblematisch. Zu besseren Orientierung ist der Höhenring mit einer Minuterie bedruckt. An diesen könnte der Minutenzeiger im Sinne gestalterischer Perfektion noch einen Millimeter näher heranreichen.
Eyecatcher
So oder so ist diese Armbanduhr wegen ihrer vollkommenen Transparenz ein echter Hingucker. Nicht nur einmal stand die Frage im Raum, ob es sich denn um eine Hublot handele. Schließlich besitzt die Schale mit ihrer so genannten Genta-Kante oben und unten sowie dem Flankenschutz für die Krone durchaus gewisse Ähnlichkeiten mit dem Hublot Big Bang Sapphire Tourbillon, über das der Uhrenkosmos 2019 in diesem Artikel ausgiebig berichtete.
Was bei Constantin Weisz allerdings fehlt, ist die signifikante Ausbuchtung der linken Gehäuseflanke. Außerdem verfügt das Translucent Grand Tourbillon nicht über die rechtlich geschützte Möglichkeit, das Armband mit ganz wenigen Handgriffen selbst zu wechseln. Constantin Weisz verschraubt es fest mit der bis zu fünf bar wasserdichten Saphir-Tec-Schale.
Apropos SaphirTec: Bei diesem Werkstoff handelt es sich nicht um Saphir (die Herstellung von echtem Saphirglas haben wir hier beschrieben und erklärt) der inzwischen von zahlreichen Luxusmarken verwendeten Art. Selbiger besitzt eine Vickers Härte von rund 2000. Constantin Weisz nutzt hingegen einen optischen Borosilikat-Kristall der neusten Generation mit 510 Härtegraden nach Vickers. Mit einem Schraubendreher oder einer Messerklinge sollte man die Oberfläche also nicht traktieren. Unschöne Kratzer wären durchaus die Folge.
Die Geschichte des Materials reicht zurück bis 1887. Damals fertigte es der deutsche Chemiker und Glastechniker Otto Schott erstmals als Normalthermometerglas. Bis zu 80 Prozent besteht es aus Siliziumdioxid. Hinzu gesellen sich je nach Anwendungszweck Bortrioxid, Alkalixide, Aluminiumoxid und schließlich Erdalkalioxide. Borosilikat-Glas ist bleifrei, chemisch widerstandsfähig, besitzt ein relativ geringes spezifisches Gewicht und lässt sich im Fall des Falles komplett recyclen.
Dank niedriger Dispersionseigenschaften, gutem Brechungsindex sowie hoher Lichtdurchlässigkeit und Temperaturstabilität eignet es sich zur Herstellung hochwertiger Teleskope, Prismen, Laseroptiken und Smartphone-Displays. Die Anfertigung von SaphirTec-Gehäuse mit makelloser Oberflächenqualität erfolgt in einem aufwändigen technischen Verfahren mit Hilfe spezieller CNC-Maschinen. Aus großer Höhe sollte die Schale jedoch nicht auf einen Steinboden knallen. Dann passiert das Gleiche wie bei Keramik- oder Saphirgehäusen: sie kann brechen.
Blick durchs Uhrwerk
Von der Transparenz des Borosilikat-Kristalls profitiert in diesem Fall auch das Handaufzugswerk mit insgesamt zwei Platinen aus diesem Werkstoff. Durchsicht beim tickenden Tourbillon-Wirbelwind ist übrigens schon seit 1997 ein Thema. Damals produzierte Christophe Claret für Corum ein erstes Tourbillon-Kaliber mit Saphirplatine. Das zugehörige Gehäuse besteht aus Platin.
Beim Constantin Weisz-Kaliber rotiert das fliegend, sprich nur rückseitig gelagerte Tourbillon in einem kreisrunden Ausschnitt der vorderen Werkplatte. (Die verschiedenen Typen von Tourbillons und ihre Bauweisen haben wir in diesem Artikel dargestellt.) Stündlich 28.800 Halbschwingungen vollziehen die Ringunruh samt der zugehörigen Flachspirale. Aus meiner Sicht wäre es wünschenswert, einen der drei Arme des Drehgestells einzufärben oder zumindest die äußere Stahlschraube zu bläuen. Dann hätte man zugleich auch einen Sekundenzeiger.
Die beiden durchbrochen gestalteten Federhäuser geben die Kraft parallel an das Räderwerk ab. Beim manuellen Aufziehen lässt sich das Zusammenziehen der Energiespeicher sehr gut verfolgen. Übrigens geht der manuelle Aufzug geht butterweich über die Bühne. Highend-Finissage darf man für das verlangte Geld logischer Weise nicht erwarten. Andererseits muss sich das Kaliber 36B0E jedoch auch beim Blick durch die Uhrmacherlupe keineswegs verstecken.
Somit lässt sich am Ende konstatieren, dass es Spaß macht dieser Armbanduhr zu tragen. Im Kreis von Uhrenliebhabern wird man regelmäßig darauf angesprochen. Und der Preis löst nicht nur Erstaunen aus, sondern den Wunsch, dieses Translucent Grand Tourbillon von Constantin Weisz ebenfalls kaufen zu wollen.
Mein persönliches Fazit: Es bereitet echte Freude, diese ins Auge fallende Armbanduhr zu tragen. Würde ich sie nicht schon besitzen, müsste ich sie unverzüglich erwerben.
Ein Interview mit Dirk Motz, Gründer und Geschäftsführer der Kölner Cheyron GmbH, folgt alsbald hier im Uhrenkosmos.
Ihre Aussage, dass Tourbillon Uhren nicht ansolut exakt regulierbar sind, kann ich nicht bestätigen und es ist für mich eine undifferenzierte Aussage von einem Fachmann.
Beste Grüsse
Didier
Niemand hat geschrieben, dass man Tourbillons nicht exakt regulieren kann. Es heißt im Text, dass man sich keine Wunder erwarten darf.
I am very much interested in your transparent watch
Can you ship it to kingdom of Bahrain
I will pay for the freight
Can you correspond with me in englishplease
Unfortunately all 19 watches habe been sold out.