Aus Holz gebaut
Was das Coronavirus alles anzurichten vermag, zeigte sich bei meinem jüngsten Besuch in Japan. Nach wie vor gibt es im Land der Sonne beträchtliche Einschränkungen. Und natürlich war das Sars-CoV2 schuld daran, dass Seiko die Eröffnung seines neuen Grand Seiko Shizukuishi Uhrenateliers in Morioka überhaupt nicht gebührend feiern konnte. Dabei ist das vom Architekten Kengo Kuma entworfene Bau in jeder Hinsicht einen Besuch wert.
Der japanische Star-Architekt Kengo Kuma versteht sich trefflich auf hölzerne Strukturen. Und um eine solche handelt es sich auch bei diesem Bauwerk. Mit Blick auf nachhaltiges Bauen und Aspekte des Umweltschutzes kam diese Wahl also nicht von ungefähr. Rund die Hälfte des verwendeten Bauholzes stammen aus der Präfektur Iwake mit Verwaltungssitz in Morioka. Der Rest wuchs in anderen Landesteilen Japans. Aus lasiertem Zedernholz besteht die Fassade, aus japanischer roter Pinie die tragende Struktur des einladenden Gebäudes.
Solarzellen, montiert auf älteren Teilen des zusammenhängenden Industriekomplexes liefern elektrische Energie auf ökologische Weise. Groß geschrieben wird Nachhaltigkeit bei Beleuchtung, Belüftung.
Kommen, Zeit nehmen und erleben
Unter Aspekten des Naturschutzes entstanden auch die umgebenden Grünanlagen. Bemerkenswert sind insgesamt drei hölzerne Insektenhotels.
Grand Seiko Studio Shizukuishi
Als Wahrzeichen neben dem Eingang empfängt ein hoher Tulpenbaum die Gäste. Und das sind keineswegs nur Kunden oder Journalisten. Wer vor Ort die Fertigstellung der Grand Seiko Uhren erleben möchte, ist im Shizukuishi Studio herzlich eingeladen. An vorheriger Terminvereinbarung führt freilich kein Weg vorbei. Auch in diesem Zusammenhang begrenzt das lästige Coronavirus einmal mehr die Kapazitäten.
Aus Tokio kommend benötigt der Expresszug Shinkansen Hayabusa für die 550 Kilometer in die exakt nördlich gelegene 300.000-Seelen-Stadt rund zweieinhalb Stunden
Hereinspaziert
Idyllisch vor den Toren von Morioka gelegen produzieren rund 700 Mitarbeitende an ergonomisch gestalteten Werktischen das Spektrum tickender Grand Seiko Uhrwerke. Nachdem Staubfreiheit der ständig umgewälzten Luft oberste Priorität genießt, dürfen Besucher das Shizukuishi Studio selbst, in den rund 50 Menschen tätig sind, aus logischen Gründen nicht betreten.
Der Weg zum fertigen Uhrwerk
In Sachen Fertigungstiefe bei Uhrwerken gibt es beim älteren Label Seiko übrigens keine Abstriche. Den durchaus kostspieligen Unterschied machen die höhere Qualität der Komponenten, die deutlich aufwändigere Finissage und natürlich am Ende die sehr viel sorgfältigere Regulierung und damit die bessere Ganggenauigkeit aus. Ins Deutsche übersetzt heißt Grand Seiko schließlich nichts anderes als Große Präzision.
Nachfolgend die derzeit neun rein mechanischen Manufakturkaliber von Grand Seiko:
Mehr zum Grand Seiko Automatikkaliber 9SA5, seiner Genese und seiner Funktion findet sich hier im Uhrenkosmos.
Gehäuse vom Feinsten
In der eidgenössischen Uhrenindustrie ist dieses überlieferte und mit hohem Aufwand verbundene Prozedere mittlerweile selten geworden. Bei der Zaratzu-Politur tragen Handwerker vor der finalen Bearbeitung ein spezielles Substratpräparat auf, welches zu einer verzerrungsfrei spiegelnden Oberfläche führt. Andernfalls bleiben immer irgendwelche Mikrokratzer, welche sich durch eine stark vergrößernde Kupe zeigen. Einwandfreie Resultate setzen einschlägig erfahrenes Personal mit kunstfertigen Händen voraus. Ansonsten besteht immer das Risiko abgerundeter Ecken. Mit dem nötigen Geschick und gebührender Vorbereitung lässt sich die Politur so durchführen, dass die verbleibenden Ecken nur ganz wenige Hundertstelmillimeter betragen.
Kein Pardon
Bevor die teils glänzenden und teils satinierten Grand Seiko Uhren ihren Weg zu Kunden mittlerweile auch in Europa nehmen, müssen sie neben der Wasserdichtigkeit des Gehäuses auch ihre Präzision beweisen. Eine offizielle Chronometerprüfung wie in Deutschland, Frankreich oder der Schweiz gibt es in Japan nicht. Aber Grand Seiko definiert seine eigenen Werte, welche fertige Uhren mit dieser Signatur ausnahmslos einzuhalten haben. Ganze 17 Tage müssen alle Uhren ausnahmslos auf den Prüfstand. Und zwar in sechs verschiedenen Lagen und bei drei verschiedenen Temperaturen. Nach jeweils 24 Stunden erfasst eine Kamera das Zifferblatt und die Position der Zeiger. Täglich höchstens minus drei oder plus fünf Sekunden darf die mittlere Gangabweichung der Testkandidaten für männliche Handgelenke betragen. Damenuhren mit dem Automatikkaliber 9S27 gesteht Grand Seiko ein tägliches Vorgehen bis zu höchstens acht Sekunden zu.
Ganze 17 Tage müssen alle Uhren ausnahmslos auf den Prüfstand. Und zwar in sechs verschiedenen Lagen und bei drei verschiedenen Temperaturen. Nach jeweils 24 Stunden erfasst eine Kamera das Zifferblatt und die Position der Zeiger. Täglich höchstens minus drei oder plus fünf Sekunden darf die mittlere Gangabweichung der Testkandidaten für männliche Handgelenke betragen. Damenuhren mit dem Automatikkaliber 9S27 gesteht Grand Seiko ein tägliches Vorgehen bis zu höchstens acht Sekunden zu.
Wer möchte, kann Armbanduhren aus dem Grand Seiko Studio Shizukuishi Atelier betrachten. Und bei Gefallen lassen sich auch noch exklusive, nur im Studio-Shop erhältliche Grand Seiko Exemplare direkt vor Ort erwerben.
Was für ein toller Bericht Herr Brunner. Endlich mal ein tieferer Einblick in die Manufaktur von Grand Seiko. Vielen Dank dafür!!!