Premiere bei Grand Seiko
Diese Armbanduhr namens Grand Seiko Tentagraph ist eine weitere Weltpremiere. Nach meinem Kenntnisstand hat es, im Gegensatz zu Seiko, bislang noch keinen hundertprozentig mechanischen Chronographen mit dieser Signatur gegeben.

Der Motor des 2007 auf den Markt gebrachten Kalibers 9R86 mit Stoppfunktion und ungewöhnlicher, zwischenzeitlich jedoch charakteristischer Anordnung der Totalisatoren, misst die Zeit mit Hilfe des von Grand Seiko entwickelten Spring Drive-Gangreglers. Mit anderen Worten, er besitzt elektronische Bauteile. Demgegenüber funktioniert die integrierte Stoppfunktion mit Schaltradsteuerung und der von Seiko Ende der 1960-er Jahre erfundenen vertikalen Reibungskupplung rein mechanisch. Folglich handelt es sich um eine Art Hybrid-Chronographen.


Basis Kaliber 9SA5
Ganz anders bei dem im Rahmen der Watches & Wonders 2023 vorgestellten Tentagraph. Er stoppt, wie der Name schon andeutet, auf die Zehntelsekunde genau.
Möglich macht es das 2021 lancierte Automatikkaliber 9SA5. Über dieses Uhrwerk mit innovativer Doppelimpulshemmung hat der Uhrenkosmos in diesem Artikel schon sehr ausführlich mit vielen Details berichtet.

Somit erübrigen sich an dieser Stelle viele weitere Worte. Deshalb verwundert auch nicht, dass Grand Seiko sein 31,6 Millimeter messendes und 5,18 Millimeter hoch bauendes Flaggschiff-Kaliber mit beidseitig wirkendem Rotor-Selbstaufzug für den Ausbau der Mechanik-Kollektion in Richtung Zusatzfunktionen nutzt. Ein Chronograph lag dabei förmlich auf der Hand. In diesem Fall ist die Stoppfunktion im Gegensatz zum 9R86 aber nicht ins Uhrwerk integriert sondern als Modul vorderseitig auf der tickenden Basis montiert. Durch diese Ergänzung wächst der Durchmesser des neuen Kalibers 9SC5 auf 33 Millimeter. Die gesamte Bauhöhe beträgt acht Millimeter. Aus diesen Zahlen errechnen sich 2,82 Millimeter Höhe für die Platine samt der darauf befestigten Komponenten zum Stoppen der Zeit.

Natürlich klassisch
Logischer Weise stellt eine vertikale Friktionskupplung die Verbindung zwischen den beiden Ebenen her. Einem klassischen Schalt- oder Säulenrad obliegt die Steuerung der drei Funktionen Start, Stopp und Nullstellung. Wie beim Eta 2894-A2 oder Modulen des Schweizer Spezialisten Dubois-Dépraz rotiert die Permanentsekunde rechts bei der „3“. Links gegenüber zählt ein Totalisator Zeitabschnitte bis zu 30 Minuten. Einen 12-Srunden-Totalisator haben die Grand Seiko-Techniker bei der „6“ angeordnet. Zwischen „4“ und „5“ findet sich wie vielfach üblich, das Fenster für die Datumsindikation.

Titanschale und -band
Die Tatsache, dass Grand Seiko das mit fünf Hertz oszillierende Modulkaliber 9SC5 in einem Gehäuse der sportlichen Linie Evolution 9 verbaut, liegt förmlich auf der Hand. In diesem Fall besteht die Schraubkronen-Schale aus so genanntem High-Intensity Titan. Das macht sie in Kombination mit dem dreireihigen Gliederband auf jeden Fall deutlich leichter als bei der Verwendung von edlem Stahl.

Auch die antiallergischen Eigenschaften des gewählten Materials können als Pluspunkte gelten. Aus Keramik besteht die fest sitzende Lünette mit Tachymeterskala zum unkomplizierten Erfassen von Durchschnittsgeschwindigkeiten über einen Kilometer oder eine Meile hinweg.

Bis zu zehn bar Druck reicht die Wasserrdichte des 43,8 Millimeter großen Gehäuses, das am Handgelenk 15,3 Millimeter aufträgt. Als Selbstverständlichleit kann seine hochwertige Zaratzu-Politur betrachtet werden.
Vor dem blauen, vom Mt. Iwate inspirierten Zifferblatt mit markanten applizierten Leuchtindexen rotierenebenso augenfällige Leuchtzeiger.

20-Tage-Check
Bevor ein Tentagraph das neue Shizukuishi Studio in Morioka verlässt, muss er als Ganzes ein neues und auch längeres Prüf-Prozedere über sich ergehen lassen.

Wie üblich erfolgt zunächst ein 17-tägiger Genauigkeitscheck in sechs Positionen bei drei unterschiedlichen Temperaturen. Anschließend gelten drei weitere Tage der fertigen Uhr mit eingeschaltetem Chronographen. Hier geht die Prüfung nur noch in drei Lagen über die Bühne. Am Ende muss sich der mittlere Gang über 20 Tage hinweg im eng umrissenen Spektrum von mavimal minus 3 bis plus fünf Sekunden pro Tag bewegen. Und das ist strenger als die amtliche, inzwischen jedoch als veraltget geltende Schweizer Chronometernorm vorschreibt.

Japanischer Langläufer
Grand Seiko gibt die Gangautonomie des Kalibers 9SC5 (mehr zu Grand Seiko Kaliber 9S Mechanik gibt es hier) bei eingeschalteter Stoppfunktion mit genau drei Tagen an. Das sind acht Stunden weniger als beim 9SA5. Die zusätzliche Mechanik fordert also ihren Energie-Tribut. Bei regelmäßigem Tragen des Tentagraph fällt das wegen des hoch effizienten Selbstaufzugs jedoch so gut wie nicht ins Gewicht.

Als unverbindliche Preisempfehlung nennt Grand Seiko 14.300 Euro. Damit kostet der Grand Seiko Titan-Tentagraph exakt 250 Euro weniger als der Rolex Cosmograph Daytona in Edelstahl mit Cerachrom-Lünette. Vermutlich wird er am Juni 2023 beim konzessionierten Fachhandel oder in einer Grand Seiko-Boutique etwas leichter zu bekommen sein, als der Genfer Mitbewerber.


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