Vom Reiz des Handaufzugs

Grand Seiko Evolution 9SA4 SLGW002 und SLGW003: Über die Liebe zum Handaufzug

Im Rahmen der Genfer Uhrenmesse 2024 stellt Grand Seiko ein neues Handaufzugswerk vor. Erhältlich ist das Kaliber 9SA4 mit Gehäuse aus Titan oder Roségold in den Referenzen Grand Seiko Evolution 9SA4 SLGW002 und SLGW003. Das bieten die ambitionierten Uhren zum ambitionierten Preis.

von | 09.04.2024

Aufzug von Hand

Zur Uhrenmesse Watches & Wonders 2024 wartet Grand Seiko mit einer Dresswatch Stil der Linie Evolution 9 und dazu dem neuen Handaufzugskalibers 9SA4 auf. Bevor wir uns den Referenzen Grand Seiko Evolution 9SA4 SLGW002 und SLGW003 zuwenden, bedarf es einiger Worte zur Armbanduhr mit manuellem Aufzug.

Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Ref SLGW002 und SLGW003

Neu von Grand Seiko: Evolution 9 Dresswatch, Handaufzug, Ref. SLGW002 (Gold) und SLGW003 (Titan)

Grob gesagt, lässt sich die Welt mechanischer Armbanduhren zwei Hemisphären teilen. Letztendlich gilt das auch für jene Zeit-Genossinnen und Zeitgenossen, welche ihre kostbare Zeit konventionell tickenden Zeitmessern anvertrauen. Die eine Seite schätzt es, wenn ihre Armbanduhr das Spannen der Zugfeder beim Tragen selbst übernimmt. Mit anderen Worten: Sie überlassen das Aufziehen ihrer Begleiterin am Handgelenk. Und das ist definitiv die Mehrheit, den Komfort wird bei Automatikuhren großgeschrieben. Außerdem heißt es, dass regelmäßiges Nachspannen des Energiespeichers durch den Rotor für ein gleichmäßigeres Drehmoment und deshalb am Ende für höhere Ganggenauigkeit sorgt.

Auf der anderen Seite finden sich Menschen, welche der täglichen Kontaktaufnahme mit ihrer Armbanduhr größte Bedeutung beimessen. Sie wollen es sich nicht nehmen lassen, ihrem Zeitmesser in regelmäßigen Abständen durch Drehen an der Krone jenes Quantum an Kraft zukommen zu lassen, welches er zum Ticken über mindestens 24 Stunden hinweg benötigt. Sie schätzen das morgendliche Ritual tunlichst zum gleichen Zeitpunkt. Nach dem Aufwachen geht der erste Griff zur Uhr. Und auch während des Tages neigen manche dieser Konservativen dazu, ein wenig an der Krone zu drehen. Das tun sie vor allem dann gerne, wenn der Handaufzug butterweich erfolgt, also ein haptisches Erlebnis ist.

Für diese Spezies Mensch ist der Handaufzug die zweitschönste Sache nach dem Streicheln eines geliebten Wesens. Ihr sei an dieser Stelle allerdings mit auf den Weg gegeben, dass das Aufziehen immer bei abgenommener Armbanduhr erfolgen sollte. Kronendrehungen am Handgelenk können zum Verbiegen der stählernen Aufzugswelle und damit zu vermeidbaren Reparaturen führen.

1960 debütierte die erste Grand Seiko mit dem Handaufzugskaliber 3180

1960 debütierte die erste Grand Seiko mit dem Handaufzugskaliber 3180

Vorfahren

Und damit kommen wir zurück zu Grand Seiko. Die erste Armbanduhr dieses Namens, vorgestellt im Jahr 1960, besaß ein feines Handaufzugswerk vom Kaliber 3180. In den Jahrzehnten danach gewannen bei der japanischen Manufaktur Automatik und Quarz inklusive Spring Drive-Technologie die Oberhand. Womit nicht gesagt sein soll, dass der Handaufzug ganz von der Bildfläche verschwand. Unverbesserliche Kronendreher kamen bei der mit dem Kaliber 9S64 ausgestatteten Referenz SBGW305 auf ihre Kosten.

Grand Seiko Elegance SBGW305 Ateliergebäude Morioka

Grand Seiko Elegance SBGW305 und das Ateliergebäude Morioka

Aber die Zeit bleibt ja bekanntlich niemals stehen. Daher bringt 2024 ein neues Handaufzugswerk, dass den aktuellen Entwicklungsstand widerspiegelt. Einmal äußert der sich in einer Unruh mit variabler Trägheit. Nicht ganz neu ist die Tatsache, dass diese stündlich 36.000 Halbschwingungen vollzieht. Fünf Hertz Unruhfrequenz besitzen bei den Japanern eine bis ins Jahr 1966 und da zum Wettbewerbskaliber 052 zurückreichende Tradition. Für den allgemeinen Verkauf bestimmt war ab 1967 die Lord Marvel 36.000, in der das Hochfrequenz-Kaliber 5740 tickte.

Seiko Kaliber 5740C HF 5 Hz

Erstes Hochfrequenz-Handaufzugskaliber von Seiko: 5740C, 5 Hz Unruhfrequenz

Grand Seiko Evolution 9SA4

Beim brandneuen Kaliber 9SA4 handelt es sich um das dritte Uhrwerk der aktuellen 9S-Generation mit der selbst entwickelten Doppelimpuls-Hemmung. Den Anfang machte 2020 das Automatikkaliber 9SA5, siehe hier im Uhrenkosmos, und 2023 folgte das darauf aufbauende Kaliber 9SC5 mit Stoppfunktion. Den Tentagraph hat der Uhrenkosmos hier beschrieben.

Grand Seiko Handaufzugskaliber 9SA4

Cuvée 2024: Grand Seiko Handaufzugskaliber 9SA4 mit 80 Stunden Gangautonomie

Kaliber 9SA4

Wie der Name 9SA4 schon andeutet, leitet sich die zeitbewahrende Mechanik in gewisser Weise ab vom 9SA5. Fünf Hertz Unruhfrequenz bedeuten zehn Kraftimpulse pro Sekunde. Zwei Federhäuser und besagte Doppelimpuls-Hemmung ermöglichen trotz der flotten Unruhfrequenz beachtliche 80 Stunden Gangautonomie. Zum rückerlosen Gangregler gehört eine hauseigenen Unruhspirale mit hochgebogener Endkurve. Infolgedessen verfügt auch das 9SA4 über jene Gangstabilität, Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse und Leistungsfähigkeit, welche die High-Beat-Uhrwerke von Grand Seiko grundsätzlich charakterisieren.

Beim Genauigkeitstest gibt es beim Werk der Grand Seiko Evolution 9SA4 keine Abstriche. 17 Tage Test in sechs Positionen bei drei verschiedenen Temperaturen gewährleistet den hohen Grand Seiko Präzisionsstandard. Logischerweise sind dem neuen Kaliber 9SA4 mit 31,0 Millimetern Durchmesser und 4,15 Millimetern Bauhöhe viele Spezifika des als Basis dienenden 9SA5 zu Eigen. Ungeachtet dessen hat Grand Seiko beinahe 40 Prozent der grundlegenden Merkmale modifiziert. Im Zuge der Neukonstruktion legten die Techniker und Uhrmacher besonderen Wert auf die akustischen und taktilen Empfindungen beim Spannen der Zugfeder.

Grand Seiko Handaufzugskaliber 9SA4 Sperrklinke Typ Bachstelze

Grand Seiko Handaufzugskaliber 9SA4: die Sperrklinke vom Typ Bachstelze

Besonders ins Auge sticht die Ausformung der Sperrklinke des Sperrrads, welche ein Entspannen der Zugfeder in Richtung Aufzugskrone unterbindet. Formal erinnert dieses Bauteil nach Auffassung von Grand Seiko an die Bachstelze. Dieser Vogel lässt sich in der Nähe des Studios Shizukuishi, siehe hier im Uhrenkosmos, beobachten, in dem die Uhr mit großer Sorgfalt entsteht. Das Abreißen der Zugfeder verhindert eine Sicherheitsvorrichtung.

Nach Vollaufzug lässt sich die Krone nicht mehr drehen. Wann es wieder Zeit zum Aufziehen ist, tut eine Gangreserveanzeige auf der Rückseite des Kalibers 9S4 kund. Spätestens nach 80 Stunden ist das der Fall. Aber lässt wissen, wann es an der Zeit ist, wieder Hand anzulegen. Geschehen muss das nach spätestens 80 Stunden. Aber echte Handaufzugsfreaks schreiten jeden Tag mindestens einmal zur Tat. Übrigens bringen eine neue Architektur des Räderwerks und die Überarbeitung der dafür nötigen eine höhere Aufzugseffizienz mit sich. Bereits mit 15 Prozent weniger Kronenumdrehungen als beim Kaliber 9SA5 ist die volle Gangautonomie erreicht.

Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Manual Winding Kal 9SA4 Ref SLGW003

Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Handaufzug, Kal. 9SA4, Ref SLGW003 , mit Titangehäuse, EUR 11.700

Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Manual Winding Kal 9SA4 Ref SLGW002 mushroom

Unverbindliche 49.500 Euro kostet die auf 80 Exemplare limitierte Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Handaufzug, Ref. SLGW002

Titan oder Roségold

Die Ursprünge des Designs der Referenzen SLGW003 und SLGW002 (limitiert) gehen zurück auf die 44GS aus dem Jahr 1967. Natürlich haben die Produktgestalter deren Stil mit Blick auf die Linie Evolution 9 merklich verfeinert. Das beginnt bei den mehrfach facettierten Bandanstößen. Sie wurden schmaler und besitzen eine geringere Oberfläche. Länger und schlanker als zuvor sind die gekerbten Indexe auf dem Zifferblatt, das die Oberfläche von Birkenrinde nachempfindet.

Grand Seiko Evolution 9SA4

An Birkenrinde erinnert das Zifferblatt der Grand Seiko Evolution 9SA4 SLGW003 Dresswatch mit Handaufzug und Titangehäuse

Bei der unlimitierten Edition, die für unverbindliche 11.700 Euro zu haben ist, bestehen Gehäuse und Bandschließe aus leichtem und antiallergischem Brilliant Hard Titanium. Die hierfür verwendete Legierung ist heller als herkömmliches Titan. Dadurch wirken  die polierten Zaratsu-Oberflächen noch strahlender.

Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Manual Winding Kal 9SA4 Ref SLGW003 Profil

Die Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Handaufzug SLGW003 mit Titanschale im Profil

Grand Seiko Evolution 9SA4 Dresswatch Manual Winding in Rosegold Referenz SLGW002

Mit Roségoldgehäuse: Grand Seiko Evolution 9SA4 Referenz SLGW002

Nicht bei Konzessionären, sondern nur in Grand Seiko-Boutiquen sind die 80 Roségold-Exemplare mit Faltschließe aus eben diesem Werkstoff erwerbbar. Hierfür verlangt Grand Seiko stolze und ebenfalls unverbindliche 49.500 Euro.

Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Manual Winding Kal 9SA4 Ref SLGW002 Profil

Im Profil die roségoldene Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch SLGW002

Beide Armbanduhren sind reguliert auf mittlere tägliche Gangabweichungen im Delta von minus drei bis plus fünf Sekunden. Auf Zifferblatt und Zeiger blickt man durch ein boxförmiges und innen entspiegeltes Saphirglas, aufs Uhrwerk durch einen verschraubten Saphirglas-Sichtboden. Bis zu 3 bar Druck reicht die Wasserdichte der 38,6 Millimeter messenden Schale. An Handgelenk trägt sie 9,95 Millimeter auf. Das mit Dreifachfaltschließe ausgestattete Armband besteht aus Krokodillederband.
Erhältlich sind beide Handaufzugs-Newcomer ab August 2024.

Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Manual Winding Kal 9SA4 Ref SLGW002

Rückseite der Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch SLGW002. Durch den Sichtboden zeigt sich das Handaufzugskaliber 9SA4.

Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch Manual Winding SLGW003 back ca. 9SA4

Einen Sichtboden besitzt auch die in Titan ausgeführte Grand Seiko Evolution 9 Dresswatch SLGW003

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