Es lebe der Handaufzug
Der Reiz von Armbanduhren mit manuellem Aufzug, wie etwa der Grand Seiko SBGW305, ist unbestritten. Auch die Geschichte von Grand Seiko begann 1960 mit einem Uhrwerk, bei dem die Zugfeder täglich tunlichst zu gleichen Zeit von Hand nachgespannt werden musste. Für wahre Uhrenliebhaberinnen und Uhrenliebhaber ist diese lebensspendende Kontaktaufnahme allerdings mehr Lust als Last. Sie fördert schlichtweg die persönliche Verbindung zum tickenden Zeitmess-Instrument am Handgelenk.
Zurück zu Grand Seiko: In Suwa westlich von Tokio verknüpfte sich die Geschichte der ersten Armbanduhr namens Grand Seiko, zu Deutsch Große Präzision, mit einem Mann namens Tsuneya Nakamura. Dem erfahrenen Uhrmacher war es ein Anliegen, ein ohnehin schon sehr genau gehendes Seiko Marvel Handaufzugswerk von 1956 nochmals zu optimieren. Und das gelang. Intensive Bemühungen mündeten in einem Präzisionskaliber mit der Nummer 3180, welches die erste Grand Seiko Armbanduhr beseelte.
Fortan hatten sich alle Produkte dieses Namens vor der Lieferung einer ganzen Reihe strenger Tests zu unterziehen. An diesen hohen Ansprüchen hat sich bis in die Gegenwart grundsätzlich nichts geändert. Allerdings sind die selbst gesteckten Genauigkeitsanforderungen im Laufe der Jahrzehnte noch strenger geworden. Sie übersteigen jene der amtlichen Schweizer Kontrollbehörde COSC.
Grand Seiko SBGW305
Schlicht und einfach, auf dieser bewährten Qualitäts- und Präzisionsphilosophie beruht auch die neueste Grand Seiko Referenz SBGW305. Diese stählerne Armbanduhr ist Mitglied der Kollektion Elegance. Ihr eleganter, aber keineswegs unsportlicher Auftritt prädestiniert sie zu einer täglichen Begleiterin am Handgelenk. Mit 37,3 Millimetern Durchmesser kann man mit Fug und Recht von einem Unixsex-Modell sprechen, welches gleichermaßen gut an männliche wie weibliche Handgelenke passt.
Wie schon bei der ersten Grand Seiko von 1960 stand bei der Gestaltung die Reduktion auf das absolut Notwendige im Vordergrund. Klassischer Auftritt am Handgelenk wurde beim Design großgeschrieben. Somit ist sichergestellt, dass der Wandel als wesentliches Merkmal der unaufhaltsam verrinnenden Zeit diesem Zeitmesser im Grunde genommen nichts anhaben kann.
Die Grand Seiko SBGW305 ist kein vom Zeitgeist geprägtes Produkt. Und genau das verschafft ihr jene Langlebigkeit, welche heutzutage alles andere als selbstverständlich ist. Vor dem silberfarbenen, mit feinem Sonnenschliff veredelten Zifferblatt drehen mittig zwei facettierte Zeiger im sogenannten Dauphin-Stil. Sie indizieren die Stunden und Minuten und korrespondieren mit den applizierten Stunden-Indexen. Der besseren Orientierung halber jene bei „12“, „3“, „6“ und „9“ doppelt ausgeführt.
Genau das entspricht der uhrmacherischen Tradition, wie sie beispielsweise auch Patek Philippe pflegte. Der Dritte im Bunde ist für die Anzeiger der Sekunden zuständig. Das war es auch schon. In diese Sinne hat Grand Seiko mit dem Referenz SBGW305 ein trotz seiner Schlichtheit doch sehr gefälliges Time-Only-Oeuvre aus der Taufe gehoben.
Von selbst versteht sich, dass kunstfertige Handwerker die zurückhaltend gestaltete und 11,7 Millimeter hoch bauende Schale nach der japanischen Zaratsu-Methode polieren. Der betriebene Aufwand zeigt sich, wenn man das Gehäuse langsam im Licht bewegt.
Japanische Präzisions-Mechanik
Kehrt man den sechsfach verschraubten Sichtboden nach vorne, zeigt sich das natürlich von Grand Seiko selbst entwickelte und in Morioka (das neue Grand Seiko Studio Shizukuishi in Morioka hatten wir hier auf Uhrenkosmos bereits vorgestellt) produzierte Handaufzugskaliber 9S64. Sein Debüt gab dieses Uhrwerk im Jahr 2011. Und zwar in der Referenz SBGW035, einem Vorläufer der hier vorgestellten Armbanduhr. Täglicher Aufzug erübrigt sich bei diesem Mechanik-Mikrokosmos, denn die Gangautonomie beträgt beruhigende 72 Stunden. Damit kann die Uhr auch mal übers Wochenende im Tresor verbringen, ohne gleich stehenzubleiben.
Ansonsten funktioniert der Handaufzug, also das Spannen des Energiespeichers, derart butterweich, dass schiere Suchtgefahr droht. Angst, die Zugfeder bei heftigem oder anhaltendem Drehen an der Aufzugskrone abzureißen, muss niemand haben. Analog zu Automatikwerken hängt das äußere Ende des aus Spron, einer Kobalt-Nickel-Legierung, gefertigten Metallbands an einem Schleppzaum.
Selbiger gleitet beim Erreichen eines bestimmten Drehmoments an der inneren Wandung des Federhauses entlang. Will heißen, man kann sich gefahrlos und im Grunde genommen unendlich lange mit dem Aufziehen beschäftigen. Zum Beispiel während langweilig und scheinbar niemals endender Team-Meetings.
Gemäß den aktuellen Grand Seiko-Genauigkeitskriterien regulieren die Uhrmacher das Werk der Grand Seiko Elegance Referenz SBGW305 auf -3 bis +5 Sekunden pro Tag. Das ist jeweils eine Sekunde weniger als die COSC Prüfstelle für eingereichte Uhrwerke toleriert. Für Tauchgänge eignet sich die mit boxförmigem und entspiegeltem Saphirglas sowie einem Reisperlen-Metallband ausgestattete Armbanduhr allerdings nicht. Ihre Wasserdichte reicht nur bis drei bar Druck.
Erhältlich ist die von Hand aufzuziehende, schlichte Schönheit aus Japan ab Dezember in Seiko-Boutiquen und beim konzessionierten Fachhandel zum Preis von unverbindlichen 5.800 Euro.
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