Keine Überraschung
Wirklich überraschend sind die Zahlen aus der aktuellen Exportstatistik des Verbands der Schweizer Uhrenindustrie (FH) im September 2025 nicht. Vor allem ein massiver Rückgang der Ausfuhren in die Vereinigten Staaten von Amerika war nach den vom US-Präsidenten verordneten Zöllen auf Schweizer Erzeugnisse, darunter auch Uhren, zu erwarten gewesen.

Verständlicherweise hatte die Industrie bis zum Eintritt des unliebsamen Zollgeschehens noch zu den alten Tarifen in die USA verschickt, was immer möglich war. Die Quittung dafür gab es im zurückliegenden Monat. Und vermutlich wird sich diese Situation auch im Oktober 2025 nicht wesentlich bessern.
Mit 157,7 Millionen Schweizerfranken Exportpreis nahmen im September 55,6 % weniger Zeitmesser ihren Weg aus der Eidgenossenschaft in die Neue Welt jenseits des Großen Teichs. 2024 waren es im neunten Monat des Jahres noch 354,8 Millionen Schweizerfranken gewesen.

Gegenüber September 2023 liegt das USA-Minus bei 54,2 %. Damals hatte die Schweiz Uhren im Wert von 344,6 Millionen Franken in die USA geliefert. Von Januar bis September 2025 verzeichnet die Statistik hinsichtlich der USA gegenüber dem Vorjahreszeitraum noch ein Plus von 10,4 %. Gegenüber 2023 liegen die Exportzuwächse bei 15,9 %.
Nachdem die Importeure in den USA nun jene Lagerbestände räumen müssen, die in den Monaten vor der Zollerhöhung um 39 % aufgebaut wurden, ist zu erwarten, dass sich der negative US-Trend im wegen des Weihnachtsgeschäfts besonders bedeutsamen letzten Quartal fortsetzen wird. Somit könnte die überseeische Wachstumslokomotive tatsächlich zum Stillstand kommen.

Neuer Spitzenreiter
Freuen kann sich die Uhr-Schweiz über die Ausfuhren ins Vereinigte Königreich. Gegenüber September 2024 kletterten sie um bemerkenswerte 15,2 % auf 173,3 Millionen Schweizerfranken. Damit steigt dieser Markt im Ranking erstmals auf Platz 1, gefolgt von Japan, das Uhren im Wert von 158 Millionen Franken importierte. Weil dieser Wert jedoch um 7,9 % unter dem Vorjahresmonat liegt, setzt sich der Negativtrend im Land der aufgehenden Sonne fort – wenn auch entschleunigt. Positive Dynamik zeigte sich in Hongkong (+20,6 %), China (+17,8 %) und Singapur (+8,3 %). Diese drei Märkte rangieren auf den Plätzen vier, fünf und sechs.

Wenig erfreulich ist das Bild in wichtigen Ländern der EU. Deutschland als größter Markt büßte 14,6 % gegenüber dem Vorjahresmonat ein. Seit Beginn des Jahres 2025 ist ein Einfuhrminus von 6,5 % aufgelaufen. Das spiegelt die Situation und Konsumstimmung hierzulande treffend wider: Viele Menschen haben konjunkturelle Sorgen, der Kauf von Uhren und anderen Luxusgütern tritt in den Hintergrund. Auch hier ist kurzfristig keine Verbesserung absehbar. Von den Top 10 der Schweizer Exportmärkte in Sachen Uhren schwächeln auch Frankreich (-3,5 %) und Italien (-3,9 %). Alle genannten EU-Länder haben seit Januar 2025 weniger importiert als im Vorjahreszeitraum.


Licht ins Dunkel brachten die September-Exporte unter anderem nach Spanien (+11,7 %), Portugal (+23,5 %), Südkorea (+21,5 %), Australien (+14,2 %), Mexiko (+44,1 %), Indien (+28,3 %) und Brasilien (+134,6 %). Das insgesamt negative Wachstum der Ausfuhren konnten diese Märkte jedoch nicht ins Positive drehen. Summa summarum schrumpften Schweizer Uhrenexporte im September um 3,1 % auf 2,0 Milliarden Franken. Dieser Abwärtstrend führte dazu, dass sich die kumulierten Ausfuhren in den ersten neun Monaten des Jahres 2025 auf 19,0 Milliarden Franken reduzierten – ein Rückgang von 1,2 % gegenüber den ersten drei Quartalen 2024.


Rechnet man die massiven Wertverluste bei den Ausfuhren in die USA aus der Bilanz heraus, hätte die Schweizer Uhrenindustrie im September ein Plus von knapp 8 % erzielt. Der zollbedingte Rückgang in die USA korreliert also keineswegs mit einer gesunkenen Nachfrage in anderen Exportmärkten.

Sinkende Stückzahlen
Bei den Quantitäten lässt sich das Bild nicht beschönigen. Insgesamt exportierte die Industrie im September 2025 genau 93.820 Fertiguhren – 7,6 % weniger als im gleichen Monat des Jahres 2024. In den ersten neun Monaten 2025 summierten sich die Stückzahlverluste auf 698.572 Einheiten, was einem Minus von 6,2 % entspricht. Der Löwenanteil entfiel auf Zeitmesser mit elektronischem Innenleben: Hier sank die Stückzahl um 457.593 Einheiten bzw. 6,35 %. Bei mechanischen Armbanduhren gingen die Exporte von Januar bis September 2025 um 240.979 Einheiten zurück, ein Minus von 5,97 %.

Für die Uhrenindustrie und ihre Beschäftigten ist das kein gutes Zeichen. Nach Angaben des Schweizer Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) stammen über 80 % aller Voranmeldungen zur Kurzarbeit derzeit aus der Uhren- sowie der Maschinen-/Metallindustrie. Im Kanton Jura haben bereits mehrere Dutzend Zulieferunternehmen Kurzarbeit beantragt. Betroffen sein könnten rund 2.000 Menschen. Von einer veritablen Krise zu sprechen, ist noch zu früh. Doch der Gegenwind frischt weiter auf.

Wenig positive Zahlen
Mit einem Wertverlust von 10,4 % gaben Bimetall-Produkte im September den Ton an. Uhren mit stählernen Schalen büßten 3,8 % ein. Angesichts dieser Größenordnungen konnten 1,5 % Wachstum bei Uhren mit Edelmetallgehäusen das Gesamtbild nicht drehen. Der stückzahlmäßige Rückgang ist vor allem auf die Kategorie sonstige Gehäusematerialien (-16,2 %) und Stahluhren (-6,1 %) zurückzuführen.

Bleiben die Preiskategorien: Abgesehen von Uhren mit einem Exportpreis zwischen 500 und 3.000 Franken (+4,2 %) weist die September-Statistik nur negative Zahlen aus. Uhren mit einem Exportpreis von weniger als 500 Franken gaben mit -15,6 % deutlich nach. Um moderatere 3,4 % sanken Produkte jenseits 3.000 Franken, was in der Regel Publikumspreisen ab 8.000 bis 9.000 Franken entspricht.
Mit Blick auf all diese Zahlen bleibt der Branche vorerst nur der Faktor Hoffnung: Hoffnung, dass sich die geopolitische Lage bessert, bestehende Konflikte abflauen, der Zollstreit beigelegt wird, die Konjunktur weltweit dreht und die Lust auf hochwertige Uhren wieder das gewohnte Maß erreicht.

Conclusio
Nachdenklich stimmt schließlich, was Deloitte Mitte des Jahres 2025 in seiner elften Studie zur Schweizer Uhrenindustrie verlautbart hat. Ihr zufolge bleibt die Zahlungsbereitschaft für traditionelle Uhren begrenzt: 58 % der befragten Konsumenten wollen höchstens 1.500 Franken ausgeben. Nur 5 % weltweit wären zu Investitionen über 50.000 Franken bereit – mit deutlich höheren Anteilen in Festlandchina (16 %) und Hongkong (18 %).

Zugleich wächst der Gebrauchtuhrenmarkt weiter, was vielen Herstellern neuer Produkte nicht unbedingt hilft. 31 % planen den Kauf eines Zeitmessers aus Vorbesitz, bei Millennials sind es 40 %. Treibender Faktor sind unter anderem stark gestiegene Preise für neue Ware, welche potenzielle Kunden nachdenklich stimmen oder sogar abschrecken. Parallel dazu verschiebt sich das Nutzungsverhalten: Lediglich 26 % tragen regelmäßig eine traditionelle Uhr; in der Studie 2020 waren es noch 46 %. Und die Rolle nicht in der Schweiz produzierter Smartwatches nimmt zu.

Zum Glück bleibt die Begehrlichkeit traditioneller Uhren mit mechanischem oder elektronischem Innenleben vergleichsweise hoch: Bei einem geplanten Neukauf liegt die Präferenz mit 54 % knapp vor Smartwatches (53 %). Immerhin. In vier Wochen wird der Uhrenkosmos über die Exportstatistik für den Monat Oktober berichten.
Noch mehr Zahlenmaterial gibt es auf der Offiziellen Seite der FHS.swiss.








Hallo,
das ist ein sehr spannender und interessanter Bericht. Ich denke das die Uhrenindustrie in den letzten 5-10 Jahren einfach deutlich mit ihrer Modell und Preispolitik übertrieben hat. Wenn wir uns Rolex oder Omega anschauen, dann wird schnell klar wo die Reise hingehen sollte. Exklusiv / Abheben / eigene Community der leisten könner. Meine erste Rolex Quartz habe ich mir mit 20 Jahren für 1.500 DM gekauft, es hat nicht lange gedauert, dann konnte ich diese durch eine Submariner Stahl ersetzen mit einem akzeptablen Aufpreis. Meine Anlaufstelle war immer ein kleiner Laden in München Schwabing der An und Verkauf angeboten hat. So konnte man sich eigentlich immer wieder mal ein anderes Modell leisten und beide ( Händler / Kunde ) hatten etwas davon. Heute ist es ein undurchsichtiger Markt mit weiß Gott wie vielen Super Komplikationen und künstlichen Begehrlichkeiten. Viele Marken zeigen auch nicht wirklich das Interesse, das ein Uhrenkäufer / Liebhaber der etwas Geld immer wieder zur Seite legt auch zu seiner begehrten Marke kommen kann / soll. Ich kann nur aus meiner Erfahrung sagen, es gibt wirklich ganz viele Uhrenhersteller die ihren Job bestens verstehen und ausserhalb der Mainstream- Marken perfekte Uhren bauen, zu einem wirklich tollen Preis. Es frustriert sicher auf Dauer, wenn man nur einmal in der Hand halten und anschauen darf und wieder weglegen und auf seltsamen Listen sein da sein fristet. In der Zeit die man mit warten verbringt sollte man auch gleich weiter kräftig in das Sparbuch einzahlen, denn die Wartezeit bringt sicher 3-5 Preiserhöhungen mit sich!! Wenn man aber seinen Frieden mit sich macht und auch anderen Uhren eine Chance gibt, kann man sogar vom ersparten Geld wieder einen Teil mit nachhause nehmen und sich durch einen gegebenen Rabatt bald eine zweite Uhrenliebe anlachen. Ich denke nicht das die Umsatzrückgänge und Exportrückgänge die Mainstream Firmen wirklich ins wanken bringen werden, aber es gibt ihnen vielleicht ein wenig Zeit zum Nachdenken wo die zukünftige Reise für ihre noch und ehemaligen Kunden hingehen wird. Aber jetzt genug Gedanken kund getan, ich muss jetzt los meine neu bestellte Uhr abholen.
Hallo Christian Forstner
spannend zu lesen und nicht langweilig. Einfach gesagt auf den Punkt gebracht! Mich würde es schon interessieren um welche neu bestellte Uhr ew sich handelt?
viele Grüße aus Hessen
eche
Hallo Klaus,
es hätte sich um eine Tudor Black Bay gehandelt, die ich aber nochmal abgesagt habe. Zu Zeit bin ich doch sehr unschlüssig und so gar nicht kauflustig. Das wird sich wohl noch ein Weilchen ziehen, bis ich das passende gefunden habe. Momentan liebäugelt ich mit der Formex Reef GMT, mal schauen.
Christian