Uhrenkosmos: Lieber Niels Eggerding, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen. Schaut man auf die Entwicklung der letzten Jahre, so präsentiert sich Frederique Constant als einer der Gewinner der Schweizer Uhrenindustrie. Was ist Ihr Erfolgsrezept in einem so umkämpften Markt?
Niels Eggerding: (lacht) Das ist eine gute Frage. Ich denke, es sind im Grunde zwei Dinge. Erstens – wir haben sehr viel in unsere Marke und ihr Storytelling investiert. Wir haben uns so von Anfang an sehr klar differenziert und dabei stark auf Innovation gesetzt. Damit führen wir das Erbe der Frederique Constant Gründer Peter und Aletta Stas fort.
Zweitens – für uns ist unsere Preisstrategie in den letzten Jahren mit entscheidend. Während der Pandemie hatten wir zwar eine schwierige Phase mit der weltweiten Logistik. Doch als die Nachfrage wieder stieg, waren wir sehr preisaggressiv unterwegs. Viele unserer Konkurrenten haben ihre Preise dreimal im Jahr erhöht und stehen jetzt vor einem Problem, denn man kann die Preise nicht einfach wieder senken. Das würde die Marke beschädigen. Wir jedoch sind wettbewerbsfähig geblieben und sehen darin jetzt einen großen Vorteil.

Uhrenkosmos: Die weltweite Lage bleibt angespannt. Der US-Markt ist für die Schweizer Uhrenindustrie sehr wichtig. Sie sagten, Sie seien im Gegensatz zu anderen CEOs nicht ganz so nervös. Warum?
Niels Eggerding: Der US-Markt macht 25 bis 30 Prozent unseres Geschäfts aus. Er ist also enorm wichtig. Ich bin allerdings sehr zuversichtlich, weil wir schnell reagiert haben. Nach der Uhrenmesse war die Zuweisung von Uhren eine Herausforderung, aber im Juli hatten wir einen Rekordmonat und wir haben im Voraus Waren für vier Monate in die USA geschickt, um potenziellen Zöllen vorzugreifen.
Uhrenkosmos: Wie würden Sie auf dauerhaft hohe Zölle reagieren? Würden Sie die Preise erhöhen?
Niels Eggerding: Wenn solche Zölle kommen, würden wir die Preise in den USA um sagen wir mal 10 Prozent erhöhen. Ich glaube nicht, dass ein Kunde bei einer Uhr für 2.000 Euro deshalb auf den Kauf verzichtet. Anders sieht es bei Marken im 20.000-Euro-Segment aus: Eine Preiserhöhung von 10 Prozent könnte dazu führen, dass die Kunden in die Schweiz, nach Kanada oder Mexiko reisen, um die Uhr dort zu kaufen. Das würde den US-Handel massiv unter Druck setzen.
Unsere Zugehörigkeit zur Citizen Group ist hierbei ein riesiger Vorteil. Citizen US ist die Uhrenmarke Nummer zwei, die Nummer eins ist Rolex. Dies verschafft uns einen Wettbewerbsvorteil bei der Geschäftstätigkeit in den USA. Das US-Team ist stark und verfügt über mehr als 500 Mitarbeiter, die das Geschäft täglich vorantreiben. Wir können auf diese riesige Infrastruktur und ihre finanzielle Unterstützung zurückgreifen. Ich bin sehr froh, dass ich nicht mehr allein kämpfen muss, wie es vor neun Jahren der Fall war, als ich zu Frederique Constant kam.


Uhrenkosmos: Das Produkt-Portfolio von Frederique Constant ist sehr breit aufgestellt. Welche Rolle spielen die sehr komplexen Uhren wie der Ewige Kalender oder das Tourbillon in Frederique Constant Kollektion?
Niels Eggerding: Diese Uhren sind für unser Storytelling entscheidend, auch wenn unser Hauptgeschäft – über 90 Prozent unseres Umsatzes – mit Uhren zwischen 1.000 und 3.000 Euro stattfindet. Diese Komplikationen sind eine Art Anziehungspunkt. Ein Kunde, der eine unserer komplexen Uhren kauft, kommt oft mit seiner Frau zurück, die dann eine Damenuhr kauft. Später kommt vielleicht der Sohn und kauft eine unserer klassischen Drei-Zeiger-Uhren.
Es ist unglaublich zu sehen, wie sehr die Kunden die Marke schätzen. Wir haben Fans, die fünf bis zehn unserer Uhren besitzen. Sie sind so engagiert, dass sie uns sogar sagen, welche Modelle wir einstellen sollten, weil sie der Marke schaden könnten.
Uhrenkosmos: Gibt es aktuell ein bestimmtes Modell, das besonders erfolgreich ist?
Niels Eggerding: Absolut. Bei den Damen ist es die Frederique Constant Manchette. Ich habe in meiner ganzen Karriere noch nie einen so schnellen und anhaltenden Erfolg bei einem neuen Modell gesehen. Bei den Herren ist es die klassische Open Heart mit dem typischen „FC-Look“. Peter Stas hat sie vor 20 Jahren entworfen und sie ist bis heute in der Kollektion. Das ist ein zeitloses Design.



Uhrenkosmos: Nach der erfolgreichen Etablierung von Frederique Constant – was ist Ihre Vision für Alpina?
Niels Eggerding: Frederique Constant ist voll etabliert. Alpina hingegen muss noch wachsen. Nach drei Jahren mit dem Fokus auf die Alpina Xtreme ist es Zeit für einen Neuanfang. In den nächsten drei Jahren werden wir zu den Wurzeln von Alpina zurückkehren: den Fliegeruhren. Wir haben ein neues, einzigartiges Gehäusedesign und werden uns stark auf die Geschichte der Marke konzentrieren. Alpina ist eine der wenigen Marken mit einer echten, historischen Schweizer Sportuhren-DNA. Wir werden uns auf ausgewählte Märkte konzentrieren und die Marke dort langsam und strategisch aufbauen, statt zu versuchen, in 100 Ländern gleichzeitig zu sein.
Redakteur: Sie arbeiten auch an einer revolutionären Pilotenuhr? Was können Sie uns darüber verraten?
Niels Eggerding: Wir arbeiten mit dem Uhrmacher Guido Benedini an einer mechanischen Fliegeruhr, die eine Funktion hat, die so noch nie in einer Uhr umgesetzt wurde. Sie wird dem Träger ermöglichen, etwas zu messen, wofür man normalerweise spezielle Instrumente in einem Flugzeug braucht. Das wird ein sehr spannender Startschuss für die Neuausrichtung von Alpina.
Mehr zur 2021 lancierten Alpine Startimer Pilot Heritage Manufacture Uhr gibt es hier zu lesen.


Uhrenkosmos.com: In der Vergangenheit haben Sie sich aus dem Smartwatch-Markt zurückgezogen. War das eine schwere Entscheidung?
Niels Eggerding: Ja, das war es. Aber es war die richtige. Wir haben viel in die Smartwatch investiert, aber es gab ständig Probleme mit der Software, der Wartung und dem Kundenservice. Das hat uns zu viel Kraft gekostet. Und am Ende waren die Verkaufszahlen nicht überzeugend. Manchmal muss man ein Projekt streichen, das funktioniert. Ich habe daraus gelernt, dass man nicht alles machen kann. Wenn man zu viel macht, beherrscht man nie das, was man wirklich machen will.
Unsere DNA ist die klassische, mechanische Uhr. Der Kunde erwartet das von uns. Manchmal muss man sich eingestehen, dass ein Produkt zwar vielversprechend aussieht, aber nicht zur Marke passt. Ich bin froh, dass wir diese Lektion gelernt haben, auch wenn sie teuer war. Wir sind jetzt sehr erfolgreich, daher möchte ich unser Erfolgsrezept nicht ändern.
Uhrenkosmos: Das stimmt. Wir sind schon gespannt, was als Nächstes kommt und sagen vielen Dank für das interessante Gespräch.


Niels Eggerding CEO Frederique Constant und Alpina
Niels Eggerding, Jahrgang 1978, studierte Business Administration an der Eindhoven University und sammelte erste Erfahrungen bei einem niederländischen Uhrendistributor. Es folgten elf Jahre in verschiedenen Brand Management-Positionen der Schweizer Uhrenindustrie, darunter bei der Swatch Group für die Marken Certina und Longines.
2011 lernte er Peter Stas, den Gründer von Frederique Constant, auf der Baselworld kennen. 2012 trat er als Adjunct Commercial Director ein und wurde 2014 zum Vice President of Sales befördert. Am 1. Februar 2018 übernahm Eggerding die Position als Managing Director und CEO.
Als CEO verantwortet er beide Marken – Frederique Constant und Alpina Watches – und führt ein 150-köpfiges Team. Sein größter Erfolg: die 2019 lancierte Highlife Collection, die 2022 bereits 40% des Geschäfts ausmachte. Sein Führungsstil zeichnet sich durch flache Hierarchien und eine offene Tür-Politik aus.









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