Lieber Peter C. Stas, blicken wir ein wenig zurück auf 30 Jahre Uhrenmarke und Manufaktur Frédérique Constant. Gibt es ein Highlight, das Ihnen besonders gut in Erinnerung ist?
Peter C. Stas: Die spannendste Phase durchlebte ich, als wir 2001 mit der Entwicklung unseres ersten Manufakturkalibers begannen. Das Heartbeat Manufacture. 2004 brachten wir es auf den Markt. Zuvor hatten wir noch nie mit CNC-Maschinen gearbeitet. Das Thema Toleranzen hatten wir aus einer anderen Perspektive betrachtet. Bei Gehäusen oder Zifferblättern sie das nämlich ganz anders aus. Bei den Zeichnungen entdeckten wir Fehler und mussten nachbessern. Diese drei Jahre hatten es wirklich in sich. Aber ich habe sie in sehr positiver Erinnerung. Im Vergleich zu den Armbanduhren, die wir bis dahin unter Verwendung zugekaufter Werke gemacht hatten, war das ein komplett neues Produkt.
Das Gegenteil, wie sah das denn aus? Gab es etwas, das Sie wirklich sehr frustriert hat?
Ja absolut. Wir reden von einer Entwicklung in den frühen 1990-er Jahren. Als erster Hersteller machte Frédérique Constant die Oszillationen der Unruh durch Öffnungen in der Platine und dem Zifferblatt sichtbar. Und diese Idee ließen wir uns in keiner Hinsicht schützen. Daher dauerte es nicht lange, bis uns andere Marken nachahmten. Und wir konnten absolut nichts dagegen tun. Das waren echt vertane Chancen.
Damals waren wir in der Uhrenwelt noch nicht so richtig angekommen. Ich arbeitete hauptberuflich bei Philips, Aletta kümmerte sich um die Produktion der ersten Serienuhren. Wir hatten anderes im Kopf, als uns um Schutzrechte kümmern.
Hatten Sie denn keine Berater oder Anwälte?
Nein, wir waren ein kleines Startup. Das gab es wirklich ganz andere Sorgen. Wir freuten und über ein hübsches einfallsreiches neues Produkt und brachten es mit gewisser Gedanken- und Sorglosigkeit auf den Markt. Dass das Interesse anderer Marken derart groß sein und unsere Armbanduhr so schnell kopiert werden würde, haben wir wirklich nicht vorhergesehen.
Haben Sie mit Blick auf 30 Jahre Frédérique Constant ein Erfolgsrezept, für Firmengründer, das Sie vermitteln können?
Ich kann nur den Ratschlag geben, Schritt für Schritt zu wachsen und mit beiden Füßen am Boden zu bleiben. Also nicht im Übereifer zu schnell marschieren, sondern mit Gefühl für die Produkte. Außerdem muss man Werte schaffen, welche sich vorteilhaft auswirken auf die Positionierung der Firma. Außerdem sollte man es unterlassen, die Firmenstrategie fortwährend zu ändern. Wir begannen unter dem Motto erschwinglicher Luxus, und um den geht es uns bis heute. Alles, was wir gemacht haben, baute auf Vorherigen auf. Man kann vielleicht auch von einer Schwungrad-Strategie sprechen. Schließlich darf man nie anfangen, im Wolkenkukucksheim zu leben. Wer damit aufhört, die Kundenwünsche ernst zu nehmen, katapultiert sich selbst ins Aus. Schließlich muss man die Märkte genau beobachten, wach sein für Neues und, falls nötig, schnell genug reagieren.
Wir sprachen schon über die Registrierung der Innovation. Heutzutage besitzt das Recht in unserer Welt einen zunehmenden Stellenwert. Wenn wir zu Anfang etwas bestellt haben, gab es eine einseitige Bestätigung, und diese meist auch noch ohne Unterschrift. Dann kam die Ware mit Rechnung und wir haben bezahlt. Heute kommen lange Verträge. Risiken lauern überall. Früher haben wir diese Fallstricke möglicherweise ignoriert. Und in 99 Prozent aller Fälle ging das gut. Heute kann das teuer werden.
Sie haben Ihre Unternehmen 2016 an die japanische Citizen Gruppe verkauft, weil Ihre Kinder sich lieber der Wissenschaft widmen. Haben Sie den Verkauf zwischenzeitlich einmal bereut?
Nein, bereut haben wir das mit Sicherheit nicht. Mein Sohn macht nächstes Jahr seine Master in Physik und elektronischem Ingenieurwesen an der Universität Stanford. Er möchte sich danach mit erneuerbaren Energien beschäftigen. Er gehört zu einer neuen Generation Menschen, die sich mit unserer Zukunft beschäftigen und etwas Gutes tun wollen. Meine Tochter nahm ihr Studium mit biotechnologischem Hintergrund in Holland auf. Auch sie möchte in der Zukunft auf ihrem Gebiet Gutes für die Menschheit bewirken. All das kann man als Eltern nur vollumfänglich unterstützen.
Könnten Sie sich vorstellen, eines Tages mit einer neuen eigenen Uhrenmarke auf den Markt zu kommen?
Diese Frage stellt sich gegenwärtig nicht, denn Aletta und ich unterliegen während der kommenden drei Jahre noch einem vertraglichen Wettbewerbsverbot. Diesen Sommer haben wir erstmal einen dreiwöchigen zusammenhängenden Urlaub genossen. Das hat sehr gut getan.
Um Himmelswillen nein. Nach den drei Wochen verspürte ich jede Menge Energie und viele Ideen für Neues. Aber das ist im Augenblick wirklich noch nicht spruchreif. Im Augenblick sitze ich neben meiner Tätigkeit für die Frédérique Constant SA auch noch im Verwaltungsrat zweier weiterer Firmen.
Wann ist dann definitiv Schluss bei der Frédérique Constant SA?
In drei Jahren, wenn ich mich richtig entsinne.
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