Ein Lob dem Retro
Retrolook kommt gut. Genau darum wissen die Produktverantwortlichen bei Eberhard & Co.. Hanhart und Junghans. Wenn die Zukunft angesichts konjunktureller Sorgen, Klimawandel und geopolitischer und sonstiger Verwerfungen zunehmend ungewiss erscheint, ist Rückbesinnung angesagt. Eine Retrospektive auf glanzvolle Epochen, in denen vieles vermeintlich besser war. Ob Armbanduhren vor Jahrzehnten technisch tatsächlich besser waren als heutzutage, sei hier und jetzt dahingestellt. Aber viele Designs hatten ihren speziellen Charme, der auch heutzutage noch verfängt und Blicke auf sich lenkt.
Speziell mechanische Chronographen, wie die 3 vorzustellenden Chronographen Junghans Telemeter Edition, Hanhart 415 ES Pure und Eberhard & Co. Chronographe 1887, die man, Hand aufs Herz, im Elektronik-Zeitalter nicht mehr wirklich braucht, standen und stehen hoch im Kurs. Im gekonntem Retrolook neu aufgelegt üben sie insbesondere dann eine besondere Faszination aus, wenn sie von renommierten Marken stammen und auf eine authentische Geschichte blicken können.

Eberhard & Co.
250 Stück fertigt die Schweizer Traditionsmarke Eberhard & Co., welche 2025 erstmals im Rahmen der Münchner Inhorgenta ausstellt, vom Chronographe 1887 Édition Limitée. Dieser Zeitmesser ist einer von drei Nominierten in der Kategorie Luxury Watch bei den diesjährigen Inhorgenta Awards. Für all jene, welche die Marke nicht so gut kennen, rasch ein paar Fakten: Die Geschichte begann 1887 in der Schweizer Uhrenmetropole La Chaux-de-Fonds mit Georges-Emile Eberhard. Schon kurz nach der Firmengründung brachte er Taschenuhren mit Chronograph auf den Markt. Armbanduhren mit Stoppfunktion folgten 1919. Ab den 1930-er Jahren erfreute sich die Marke speziell in Italien großer Beliebtheit. 1942 wurde Maurice Eberhard Alleininhaber des Unternehmens. 1950 brachte das erfolgreiche Chronographenmodell Extra-Fort.
Nach dem tragischen Unfalltod seiner Tochter zog sich Maurice Eberhard ab 1962 sukzessive aus dem aktiven Geschäft zurück. 1969 übernahm Palmiro Monti die Firma Eberhard & Co. 1987 feierte die Marke ihr 100-jähriges Jubiläum. 2019 verlegte die italienische Eigentümerfamilie den Firmensitz wieder in das altehrwürdige Gebäude in La Chaux-de-Fonds. Logischerweise verfügt die Traditionsmarke über ein gut ausgebautes Absatznetz in Italien. Seit 2024 versucht Mario Peserico, der aktuelle Geschäftsführer neben Barbara Monti als CEO, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen.

Dabei soll auch besagter Chronographe 1887 Édition Limitée helfen. Das Kaliber EB 280 im stählernen Handaufzugsmodell mit 41,5 mm Durchmesser liefert AMT, die für exklusive Kreationen zuständige Abteilung des Werkefabrikanten Sellita zu. Zur Schaltradsteuerung gesellt sich bei diesem Uhrwerk, dessen Unruh stündlich 28.800 Halbschwingungen vollzieht und dessen Zugfeder Kraft für ca. 63 Stunden Gangautonomie speichert, auch eine Flyback-Funktion zum unverzüglichen Nullstellen und Neustart des Stoppers.

Neben der äußeren Telemeterskala trägt das Zifferblatt auch eine spiralige Tachymeterskala. Beide und die Anordnung des Nullstelldrückers in der Krone unterstreichen den Retro-Charakter dieser Armbanduhr, welche für unverbindliche 7.080 Euro erhältlich ist.
Mehr zu den genannten logarithmischen Skalen am Zifferblatt von Chronographen findet sich in den folgenden beiden Uhrenkosmos-Artikeln:
Telemeter Skala bei Uhren: So misst man mit Schall die Entfernung

Hanhart 415 ES Pure
Mit dem Namen Hanhart verbinden viele Uhrenliebhaberinnen und -liebhaber aus guten Gründen beinahe zwangsläufig Stoppuhren und Chronographen. Diese vollauf berechtigten Assoziationen unterstreicht die brandneue 415 ES Pure. Diese Armbanduhr basiert auf einem gleichnamigen Modell, das Hanhart Anfang der 1960-er Jahre in den Katalog aufgenommen hatte. Damals, konkret 1962, lief der Vertrag mit dem deutschen Militär aus. Und damit neigte sich auch die Geschichte hauseigener Chronographenwerke dem Ende zu. Die Nachfrage sank, was die weitere Produktion des Kalibers 42 unrentabel machte. Aber auch nach der Einstellung eigener Werke gab Hanhart das Thema Chronographen noch nicht gänzlich auf.
Mit neuem Design, das zum Stil des Jahrzehnts passte, präsentierten sich Modelle mit unterschiedlich gestalteten Zifferblättern. Auffällig ist das Logo mit zwei geflügelten h. Es gleicht jenem, das Hanhart auch auf Stoppuhren verwendete. Im Inneren der Stahlgehäuse tickte unter anderem das hochwertige Schweizer Handaufzugs-Schaltradkaliber Valjoux 23. Beredter zeitschreibender Repräsentant dieser Epoche war das Modell ES 415, zu dessen Merkmalen eine logischerweise beidseitig verstellbare Lünette mit 60-Minuten-Teilung und ausdruckstarkem Merkpfeil gehörte. Letzterer ließ sich im Handumdrehen so positionieren, dass man das Ende der Parkzeit oder einer anderen Begebenheit durch die Annäherung des Zeigers leicht im Auge behalten konnte.

Dieses Erbe greift Hanhart gekonnt auf und bringt es in zeitgemäßer Gestalt ans Handgelenk. Das schwarze Zifferblatt mit Tachymeter- und Hunderterskala trägt ebenso wie das Zeigerpaar zur Indikation der Stunden und Minuten eine strahlend weiße Super-LumiNova-X2-Beschichtung mit hoher Leuchtkraft.

Gleichermaßen authentische wie moderate 39 Millimeter misst das mit massivem Schraubboden ausgestattete Stahlgehäuse. Dem Druck des nassen Elements widersteht es bis zu zehn bar Druck. Tribut an die Gegenwart ist ein kratzfestes Keramikinlay im Glasrand, der sich mit 60 präzisen Klicks drehen lässt. Modernen Ansprüchen an Präzision und Funktionalität genügt das in der Schale stoßgeschützt befestigte Handaufzugskaliber SW510 M aus dem Hause Sellita.

Sein Gangregler oszilliert mit vier Hertz für Achtelsekunden-Stoppgenauigkeit. Hanhart reguliert diese Uhr in Gütenbach in sechs lagen auf eine maximale Gangabweichung im Bereich von null bis plus acht Sekunden. Unpünktlichkeit kann man also nicht auf diese Uhr abschieben.
Erhältlich ist dieser nostalgisch anmutende Chronograph für unverbindliche 2.390 Euro und mehr Infos des Herstellers finden Sie hier.



Junghans Telemeter Edition
Die Schramberger Marke bezieht sich aufs Jahr 1951, als erstmals ein Chronograph Tachy- und Telemeterskala in ihre Kollektion fand.

An diesen betagten Armbandstopper knüpfte Junghans bereits 2024 mit einer ersten Retro-Edition. Kurz vor der Münchner Inhorgenta folgt ein weiteres Duo, das die Markengeschichte aufgreift. Bei den beiden verschiedenen Modellen hat sich das Schramberger Familienunternehmen klare Beschränkungen auferlegt. Nur 150 Exemplare wird es von jeder Ausführung der Telemeter Edition geben. Die mit blauem Zifferblatt besitzt ein puristisches Stahlgehäuse und kostet 2.490 Euro. Eine stählerne Schale mit goldfarbener PVD-Beschichtung ist der für 2.590 Euro erhältlichen Alternative zu eigen. Weitere Junghans Chronographen finden Sie auf Uhrenkosmos hier.
In beiden Fällen besitzt die knapp 41 Millimeter messende und bis zu fünf bar wasserdichte Schale einen Sichtboden. Er zeigt das Automatikkaliber J880.3. Die Bezeichnung suggeriert eigene Mechanik. Das ist aber nicht der Fall. Bei diesem Uhrwerk, man erkennt es an der Permanentsekunde bei „3“ und dem 30-Minuten-Totalisator bei „9“, handelt es sich um ein Sandwich, bestehend aus einem Eta 2892-A2 oder Sellita SW300 und einem vorderseitig befestigten Modul von Dubois-Dépraz. Das mit einer Dornschließe ausgestattete Armband besteht aus geprägtem Kalbsleder. Die grüne Junghans Telemeter Edition gehört zu den drei Nominierten bei den diesjährigen Inhorgenta Awards, Kategorie Watch Design oft the Year.

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