Japanische Mechanik-Premiere
Im Sommer 2025 überraschte Casio mit seiner Edifice EFK100, der ersten mechanischen Armbanduhr dieser Marke. Alle fünf Premieren-Modelle bewegen sich im preislichen Einsteigerbereich und konkurrieren deshalb unter anderem mit Produkten der japanischen Giganten Citizen und Seiko. In Deutschland wird man in diesem Segment beispielsweise bei Pointtec mit den Marken Ruhla und Zeppelin fündig.

Weil Casio Neuland betritt, habe ich mir die Top-Referenz Casio Edifice Automatic EFK-100XPB-1A gekauft, um diese ausgiebig am Handgelenk zu testen. In diesem Fall besteht die Außenhaut des Gehäuses aus geschmiedetem Karbon. Selbiges entsteht durch das Einbetten kurzer Karbonfasern in Kunstharz und das Pressen des Ganzen in die gewünschte Form. Durch ihre marmorierte Textur besitzt jede Schale den Charakter eines Unikats. Niedriges Gewicht und Steifigkeit betrachtet Casio als Teil der Edifice-Designsprache, Sports-Car-Worldview genannt.

An dieser Stelle gilt es zu wissen, dass ein Kubikzentimeter Stahl acht Gramm auf die Waage bringt. Bei Karbon sind es hingegen nur deren zwei. Von selbst mag sich verstehen, dass man für 449 Euro kein Vollkarbon bekommt. Das Automatikwerk agiert in einem verschraubten Stahl-Container, der Wasserdruck bis zu zehn bar standhält. Dessen glatte vordere Lünette, die ein kratzfestes Saphirglas hält, trägt ebenso eine schwarze PVD-Schicht wie der mit einem Mineralglas ausgestattete Schraubboden und die Krone. Rückwärtig, und das ist sehr löblich, spricht Casio übrigens Klartext. „Cased in China“ steht dort zu lesen. Will heißen: Das aus Kostengründen im Reich der Mitte hergestellte Gehäuse der Casio Edifice Automatic EFK-100XPB-1A wird auch dort mit dem mechanischen Innenleben bestückt.

Mit der Edifice Automatic möchte Casio de facto zwei Hauptgruppen erreichen: Zum einen sind es die zahlreichen Fans und Freunde unserer Marke Casio beziehungsweise Edifice, die wie ich schon immer davon geträumt haben, dass es eines Tages eine mechanische Armbanduhr von Casio geben würde. Und zum anderen ist es die Gruppe derer, die nach einer mechanischen, sehr verlässlichen und erstklassig verarbeiteten sowie attraktiven Uhr auf einem fairen Preispunkt suchen.

Casio Edifice Automatic EFK-100XPB-1A
Wer darauf gehofft hat, dass sich in der neuen Casio Edifice Automatik ein hauseigenes Kaliber findet, mag vielleicht enttäuscht ein. Aber für Casio ergibt die Entwicklung eines eigenen Automatikwerks zum gegenwärtigen Zeitpunkt herzlich wenig Sinn. Im Gegensatz zu zeitbewahrender Elektronik besitzt das Unternehmen auf dem Gebiet der Feinuhrmacherei keine Kompetenz. Natürlich hätte man solche durch die Einstellung qualifizierten Personals natürlich sukzessive erwerben können. Dann jedoch wären Publikumspreise ab 279 Euro angesichts anfangs überschaubarer Stückzahlen schwerlich realisierbar gewesen. Höhere Preise hätte die potenzielle Kundschaft bei dem Mechanik-Newcomer mit Blick auf das Wettbewerbs-Umfeld auch schwerlich akzeptiert.

Unter diesen Vorzeichen fiel die Wahl auf Seiko als Lieferanten des intern als Module 5755 geführten Uhrwerks. Dass es sich um ein NH35A, der Time Module Inc. handelt, lassen Rotor-Gravuren wissen. Die Gründung der TMI als Fabrikant elektronischer und mechanischer Werke, welcher weltweit ganz unterschiedliche Uhrenfabrikanten beliefert, erfolgte 1987 durch die Seiko Watch Company, die Seiko Instruments Inc. und die Seiko Epson Corp. Seit 2015 erfüllt TMI seine Aufgaben als hundertprozentige Tochter der Seiko Group Corporation.
Bei der 2008 lancierten NH-Serie handelt es sich um robuste, zuverlässige und dazu auch kostengünstige Automatikwerke. Die Vorstellung des von Casio verbauten NH35 mit 24 funktionalen Steinen erfolgte im Februar 2011. Folglich blickt es auf viele Jahre praktischer Bewährung und Evolution zurück. Wie sich einer Rotorgravur entnehmen lässt, erfolgt die Herstellung im südostasiatischen Malaysia.

Fakten zum Uhrwerk
Nach Vollaufzug beträgt die Gangautonomie mindestens 40 Stunden. Das von mir getragene Exemplar blieb nach 42 Stunden stehen. Allerdings sank die Unruh-Amplitude schon nach 38 Stunden beträchtlich ab. Bei regelmäßigem Tragen stellt das jedoch kein Problem dar. Dank dem von Seiko schon vor Jahrzehnten entwickelten Magic Lever spannt der Kugellagerrotor die Zugfeder in beiden Drehrichtung. Per Krone lässt sich der Energiespeicher auch manuell befüllen.
Mit drei Hertz oszilliert der Gangregler, was stündlich 21.600 Halbschwingungen entspricht. Sekundengenaues Einstellen der Uhrzeit gestattet ein Unruhstopp. Die nächtliche Fortschaltung des Fensterdatums erfolgt innerhalb von gut zwei Stunden. Selbstverständlich gibt es eine aufwärts gerichtete Schnellschaltung. Wer über das Ziel hinausschießt, musst also nochmals eine Runde drehen.


Nachdem das Uhrwerk in allen Versionen der Edifice Automatik gleich ist, darf man sich keine Augenweide erwarten. Scharfe Kalkulation gestattet keine gebläuten Schrauben und edle Schliffe. Durchschnittliche tägliche Gangabweichungen im Spektrum zwischen minus 35 und plus 45 nennt TMI. Über mehrere Wochen hinweg ging der von mir getragene Zeitmesser innerhalb 24 Stunden 20 bis 25 Sekunden vor. Deshalb konnte ich ihn durch entsprechend langes Ziehen der Krone problemlos wieder mit einer Funkuhr synchronisieren.


Fazit
Damit kommen wir zur Ablesbarkeit. Das Karbonmodell besitzt ein Zifferblatt mit Oberfläche aus dem gleichen Material. Schiefer-Assoziationen liegen aber auch nicht fern. Von Wertigkeit zeugen applizierte Stabindexe mit gebrochenen und polierten Kanten. Von den drei silberfarbenen Zeigern sind die für Stunden und Minuten mit nachleuchtender Masse ausgestattet. Allerdings ist die Leuchtkraft sehr gering. Hier hätte man sich etwas mehr „Power“ gewünscht.

Das weiß auf Schwarz gedruckte Datum passt perfekt zur Uhr, verlangt jedoch nach genauem Hinsehen. Von Vorteil wäre hier ein breiteres segmentförmiges Fenster, in dem gleichzeitig zwei Ziffern oder Zahlen zu sehen sind.



Das aber nur am Rande, denn im Großen und Ganzen gibt es am mechanischen Erstlingswerk von Casio nichts Gravierendes auszusetzen. Mit 86 Gramm Gesamtgewicht inklusive Urethanband und PVD-beschichteter Faltschließe bietet die 40 Millimeter große und 12 Millimeter hohe Edifice EFK-100XPB-1A von Casio bemerkenswerten Tragekomfort. An der Haptik gibt es ebenfalls nichts zu bemängeln, denn Manschetten werden geschont.

Hinsichtlich seiner Länge ist das geschmeidige Armband, Gewicht mit PVD-beschichteter Faltschließe 27 Gramm, sehr großzügig bemessen. In meinen Augen könnte es problemlos einen oder gar zwei Zentimeter kürzer sein. Selbst dann würde es auch breite Handgelenke noch reichlich umfangen.
Als preisgünstigere Alternativen offeriert Casio die Edifice in Edelstahl mit stählernem Gliederband. Mit klassischem Zifferblatt werden 279 Euro fällig. Eine vorderseitige Karbonschicht kostet 20 Euro mehr.

Wir bewegen uns in einem sehr kompetitiven Marktsegment. Und dennoch sind wir überzeugt, neben den Fans und Freunden von Casio auch neue Interessenten aufgrund des attraktiven Uhrendesigns, der erstklassigen Verarbeitung sowie technischen Eigenschaften und nicht zuletzt auch dank des authentischen und positiv besetzten Markenimages von Casio für uns gewinnen zu können.
Für Serviceleistungen rund um die Casio Edifice Automatik ist selbstverständlich gesorgt. Sollte am Uhrwerk etwas sein, erfolgt ein Tausch des gesamten Mikrokosmos. Der kostet nämlich weniger als das Zerlegen, Austauschen von Komponenten und Remontieren.
Somit macht Casio den Einstieg in die Welt der zeitbewahrenden Mechanik leicht. Und schämen muss man sich mit dieser preiswerten Armbanduhr definitiv nicht. Mehr Informationen und weitere Modellvarianten finden Sie auf der Seite des Herstellers.









Erinnert mich optisch sehr an die Formex Essence Leggera.