Zeiten-Blicke
Ein paar Tage noch, dann ist das 2024 Geschichte und damit Zeit für einen besonderen Uhren-Rückblick 2024. Es war ein turbulentes Jahr, das die Welt einmal mehr reichlich durcheinanderwirbelte. Auch die Uhrenindustrie bekam zu spüren, dass so manches stark im Fluss ist. Aus ökonomischen, ökologischen oder geopolitischen Gründen liefen die Geschäfte bei vielen Marken teilweise deutlich schleppender. Weil die Show trotzdem oder gerade deshalb weitergehen muss, gelangten mit schöner Regelmäßigkeit Neuheiten auf den heißt umkämpften Markt. Mit Blick auf die immer härtere Konkurrenz stehen wettbewerbsfähige Modelle hoch im Kurs.
Der Uhrenkosmos blickt zurück und stellt im ersten Teil der Retrospektive sechs bemerkenswerte Armbanduhren von Bell & Ross, Bulgari, Chanel, Chopard, Hublot sowie Jaeger-LeCoultre vor, die in den vergangenen Monaten neu auf den Markt gekommen sind, hier aber noch kein Forum fanden. Für einen Platz am Gabentisch ist es nun zu spät. Aber in den kommenden Wochen gibt es sicher hinreichend Gelegenheiten, sich selbst oder jemand anderem eine tickende Freude zu bereiten.
Polare Landschaften
Eingeführt 2019 von Bell & Ross, steht die Uhrenlinie BR-05, eine Art Quadratur des Kreises, für einen modernen urbanen Lebensstil, geprägt von sportlicher Eleganz. Mit ihrem 40 Millimeter messenden Stahlgehäuse, einer Wasserdichtigkeit bis zu zehn bar Druck und dem integrierten Gliederband passt sie zu allen Situationen des Alltagslebens. Die Landschaften der Polarregionen standen Pate für das Zifferblatt der auf 250 Exemplare limitierten BR-05 Skeleton Arctic Blue. Der zarte und subtile Blauton spiegelt die eisigen Farben der Arktis augenfällig wider.
Bei näherer Betrachtung zeigt sich schnell, dass das Zifferblatt voller Überraschungen steckt. Es besteht aus einer blau getönten Glasplatte, in die oben und unten unregelmäßige Linien graviert sind, um die Tiefe von Rissen in gefrorenen Flächen zu simulieren. Dieser beeindruckende Effekt entsteht durch eine Kombination aus Lasergravur und Tampondruck. Besonderes Augenmerk richteten die Produktgestalter auch auf die Optik der stählernen Schale mit abwechselnd polierten und satinierten Oberflächen.
Die graue Farbe von Gehäuse und Armband verstärkt den Eindruck einer eingefrorenen, sprich mit Eis gefüllten Uhr. Die Transparenz des Zifferblatts lässt Licht diffundieren und bringt so das skelettierte Automatikkaliber BR-CAL.322-1 besonders zur Geltung. Die 3,6 Millimeter flache Mechanik mit Kugellagerrotor basiert auf dem bewährten Sellita SW300-1 mit 54 Stunden Gangautonomie. Optional lässt sich das Gliederband übrigens durch ein weißes Kautschukband ersetzen.
Alu-Stopper
Von der Leichtigkeit des chronographischen Seins zeugt einmal mehr Bulgari. Und zwar durch die Verwendung des keineswegs alltäglichen Gehäusematerials Aluminium. Um eine Premiere handelt es sich dabei freilich nicht. 1998 setzte die italienische Traditionsmarke mit Schweizer Uhrenproduktion erstmals auf diesen Werkstoff, kombiniert mit einem geschmeidigen Kautschukband. Die Provenienz des Zeitmessers stand gleich doppelt auf dem Glasrand zu lesen.
2020 feierte die Bvlgari Bvlgari Aluminium ein Comeback. Ausgestattet mit einem Automatikwerk. 2024 debütierte unter anderem der Chronograph Smeraldo, welcher am Handgelenk jede Menge italienisches Flair verstrahlt. Sein Zifferblatt changiert von intensivem Smaragdgrün in Weiß. Und das erinnert an die mediterranen Farbtöne Sardiniens. Passend hierzu trägt der massive Titan-Gehäuseboden mit widerstandsfähiger DLC-Beschichtung eine Windrose. Dahinter kümmert sich das Kaliber B130 ums Messen, Bewahren und Stoppen der Zeit.
Als Basis dieses Uhrwerks dient das Eta 2894-2. Dessen Chronographen-Kadratur agiert direkt unter dem Zifferblatt. Durch Betätigung des Start-Drückers lassen sich Zeitintervalle zwischen einer Achtelsekunde und zwölf Stunden erfassen. Zwischen „4“ und „5“ findet sich ein Fensterdatum. Insgesamt 40 Millimeter misst die Schale mit Glasrand aus grünem Kautschuk. Dieses Material und dazu Aluminium finden auch für das Armband Verwendung. Abtauchen kann man mit jedem der 1.000 Exemplare rein theoretisch bis zu 100 Metern Tiefe.
Bald 25
Im kommenden Jahr feiert die Chanel J12 ihren 25. Geburtstag. Zweifellos hat sich diese Armbanduhr innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit internationales Ansehen verschafft. Beim Design dachte Jacques Helleu, der 2007 verstorbene Kreativdirektor des 1910 von Gabrielle „Coco“ Chanel gegründeten Modellabels u.a. an schnittige IACC-Yachten des America’s Cup. Eines der Rennboote, die J12, diente als Namenspate für den schwarzen Newcomer. Diese Farbe stand in der Gunst von Mademoiselle Chanel ganz oben. Mit Blick auf ewige Schönheit wählte Chanel kratzfeste Keramik für Gehäuse und Armband. 2003 gesellte sich ein weißes Pendant hinzu. Obwohl ursprünglich von Mann zu Mann gedacht, punktete die J12 primär beim zarten Geschlecht. 2018 debütierte die zweite Generation.
Etwa 70 Prozent des Sichtbaren mussten sich einem gründlichen Re-Design unterziehen. Bei genauerer Betrachtung fällt beispielsweise ein feiner gerändelter Glasrand auf, oder das stärker bombierte Lünetten-Inlay. Auch die Eisenbahn-Minuterie im Zifferblatt-Zentrum unterlag behutsamer Evolution. Bedingt durch das von Kenissi hergestellte und bezogene Automatikkaliber 12.1 mit 70 Stunden Gangautonomie entschied sich Chanel für eine Monocoque-Konstruktion mit Sichtboden.
2024 mixte Chanel Gelbgold mit funkelnden Steinen. Die Lünette dieser J12 ist ausgefasst mit 50 Diamanten im Brillantschliff. Das Zifferblatt trägt ein Dutzend davon. Besagtes Uhrwerk mit speziell gestalteter Schwungmasse kommt seinen zeitbewahrenden Aufgaben hinter einem Sichtboden nach.
Grüner Luxus
In der L.U.C XPS Forest Green aus dem Hause Chopard leben gleich mehrere Epochen. Die von stilvoller Sachlichkeit geprägten 1930-er Jahre verstrahlt das dezent waldgrüne Zifferblatt, vor dem drei Zeiger für Stunden, Minuten und Sekunden rotieren. 1963 übernahm die Familie Scheufele das 1860 im Westschweizer Jurabogen gegründete Unternehmen. Karl-Friedrich, der gegenwärtige Co-Präsident begeistert sich für feine Uhrmacherkunst, Innovationen und Nachhaltigkeit. Das wiederum führte zur Gründung der Chopard Manufaktur, die 1996 mit der Basis des flachen Manufakturkalibers L.U.C 96.12-L aufwartete. Mehr zu Karl-Friedrich Scheufele und zur Gründung der Manufaktur finden Sie hier auf Uhrenkosmos zu lesen.
Genau dieses Automatikwerk beseelt die bis zu drei bar wasserdichte Dresswatch. Zu seinen Merkmalen gehören ein massivgoldener Mikrorotor, zwei Federhäuser und circa 65 Stunden Gangautonomie. Die hauseigenen Uhrmacher assemblieren das chronometerzertifizierte Oeuvre aus 172 Komponenten. Schutz bietet ein 40 Millimeter großes und 7,2 Millimeter flach bauendes Sichtboden-Gehäuse aus Lucent Steel.
Dieser Werkstoff gab 2019 nach vier Jahren Entwicklung seinen Einstand. Dank einer hypoallergenen Legierung besitzt er die Qualitäten hautfreundlichen Chirurgenstahls. Mit 223 Vickersgraden Härte ist das Material 50% abriebfester als herkömmliche Stähle. Bedingt durch die homogene Kristallstruktur und die damit einhergehende Reinheit erinnert dieser Werkstoff an Platin oder Weißgold.
Nur Zeit und Datum
Der Reduktion auf das im täglichen Leben Wesentliche huldigt die Hublot Big Bang Integrated Time Only. Neben den Stunden, Minuten und Sekunden zeigt das aus insgesamt 117 Komponenten assemblierte Automatikkaliber HUB1115 nur noch das Datum durch einen Zifferblattausschnitt an. Nach Vollaufzug stehen 48 Stunden Gangautonomie zur Verfügung. Lieferant dieses Uhrwerks ist die Manufakturabteilung AMT des Werkespezialisten Sellita. AMT3000 zeigt sich beim Blick auf die entsprechende Punze unter der mit vier Hertz oszillierenden Unruh. Der skelettierte Rotor aus dem Schwermetall Wolfram befüllt den Energiespeicher in beiden Drehrichtungen.
Erstmals nur 38 Millimeter Gehäusedurchmesser machen diese Armbanduhr mit integriertem Gliederband zu einer zuverlässigen Begleiterin für Menschen beiderlei Geschlechts. Wählen heißt es zwischen sechs verschiedenen Modellen. Zur Palette gehören zwei Versionen aus satiniertem Titan, davon eine mit schwarzem und die andere mit blauem Zifferblatt. Mit denselben Zifferblattfarben sind zwei weitere Ausführungen mit Gehäusen aus warmem King Gold erhältlich.
Nachdem die Zifferblätter aus Weicheisen bestehen, bieten sie einen erhöhten Schutz gegen Magnetfelder. Bleiben zwei Modelle mit kratzfestem Keramik-Outfit. Hier heißt es entscheiden zwischen Marineblau oder den charakteristischen Black Magic. So oder so bleibt Wasser bis zu zehn bar Druck außen vor.
Getrennte Wege
Bei klassisch konstruierten mechanischen Uhrwerken zweigen eventuell vorhandene Zusatzfunktionen wie Kalendarium oder Chronograph die nötige Kraft direkt vom Räderwerk ab. Das kann die Unruh-Amplitude und damit auch die Ganggenauigkeit beeinträchtigen. Beim 2007 von Jaeger-LeCoultre lancierten Duometre-Prinzip ist das hingegen nicht der Fall. Zwei Getriebeketten mit jeweils eigenem Federhaus teilen sich einen Gangregler. Dadurch erreichen die Techniker eine weitgehend konstante Energieversorgung.
Dieses Geschehen spielt sich auf der Rückseite des neuen Duometre Quantieme Lunaire ab. Richtig dynamisch geht es am Zifferblatt zu. Die seconde foudroyante, ein charakteristisches Element der Duometre-Armbanduhren, tanzt jede Sekunde mit sechs Sprüngen im Kreis. Im Zentrum rotiert ein langer Sekundenzeiger. Rechts oben drehen die Zeit-Zeiger des aus 374 Teilen assemblierten Handaufzugskalibers 381. Links gegenüber lassen sich das Datum per Zeiger sowie die Mondphasen im Fenster ablesen. Mit von der Partie sind bei “6” zwei Gangreserveanzeigen. Sie informieren, wie es um den jeweils 50 Stunden betragenden Energievorrat der beiden Räderwerke bestellt ist. 42,5 mm misst das Stahlgehäuse.
Demnächst folgt der zweite Teil der Uhrenkosmos Zeiten-Blicke
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