Chronographen von A. Lange & Söhne
Während der diesjährigen Watches and Wonders schickte A. Lange & Söhne zwei Varianten des Datograph ins Rennen um die Käufergunst. Einmal den A. Lange & Söhne Datograph Auf/Ab und zum anderen den Datograph Perpetual Tourbillon Honeygold Lumen. Ganz neu sind beide Armbanduhren nicht, anders aber schon. Und sie gelangen in limitierter Edition zum 25. Jubiläum des speziell konstruierten Chronographen auf den Markt.
Zum besseren Verständnis braucht es einen Rückblick ins Jahr 1999. Damals hieß der CEO Günter Blümlein. Und die Glashütter Nobelmanufaktur präsentierte seine Neuheiten noch im Rahmen der Baselworld. Im Foyer des Messestandes gab es das brandneue Kaliber L951.1 in monumentaler Ausführung zu sehen. Selbiges ermögliche ein genaues Studium der konstruktiven Besonderheiten und technischen Zusammenhänge des während vier langer Jahre entwickelten Uhrwerks.
Während der Präsentation wies Günter Blümlein expressis verbis auf die Notwendigkeit hin, vieles anders, manches jedoch auch wieder so gut machen zu müssen, wie schon mehr als 100 Jahre zuvor. Das erste Dutzend Taschenuhren mit Schaltrad-Chronograph offerierte A. Lange & Söhne im Jahr 1868, Seriennummern 5.739 bis 5.750. Aus technischen Gründen findet sich die in der Schweiz zugekaufte Kadratur noch unter dem Zifferblatt. Und der Stundenzeiger rotiert exzentrisch bei „12“. Bis 1928 verkaufte A. Lange & Söhne insgesamt 292 Chronographen ohne und mit Minutenzähler. Allesamt für die Tasche. Exemplare fürs Handgelenk gab es nicht.
Der Datograph
Das änderte sich erst im Jahr 1999 mit dem Lancement des Datograph. Dessen Kaliber L951.1 mit Flyback-Funktion und exakt springendem Minutenzähler besteht aus 390 Einzelteilen.
Überdies besitzt das Manufakturkaliber eine separate Sekundenradbrücke, einen Chrono-Schalthebel mit beidseitig gelagerter Welle, eine justierbare, im Zentrum des Sekundenrads positionierte Kupplungswippe, einen beidseitig -wie ein Rad- in Steinen gelagerten und geführten Minutenzähler-Schalthebel, eine Stufenschnecke zum exakten Auslösen des Minutenzähler-Schalthebels mit Gleitstein aus Rubin.
Die große Glucydur-Schraubenunruh und die mit ihr kooperierende Breguetspirale vollziehen für präzise Fünftelsekunden-Stoppungen pro Stunde klassische 18.000 Halbschwingungen. Hinzu kommt das bestens bekannte Großdatum, welches dieser Armbanduhr als Namenpate diente. Wie bei Lange üblich, bestehen Platinen, Brücken und Kloben des 30 Millimeter großen und 7,5 Millimeter hoch bauenden Oeuvre aus naturbelassenem Neusilber.
A. Lange & Söhne Datograph Auf/Ab
Die Kalender zeigten 2012, als A. Lange & Söhne in Genf den Datograph Auf/Ab zeigte. Kenner der deutschsprachigen Uhrenterminologie wussten sofort, dass hier eine Gangreserveanzeige ins Spiel gelangte. Eine zusätzliche Indikation bei „6“, lässt wissen, wie es um den Spannungszustand der deutlich vergrößerten Zugfeder bestellt ist. Ganze 24 Stunden läuft das gründlich überarbeitete und aus 451 Komponenten assemblierte Kaliber L951.6 länger als das L951.1 von 1999. Will heißen: Erst nach 60 Stunden bleibt dieser Zeitmesser stehen.
Die große, von Lange selbst entwickelte und gefertigte Unruh mit sechs Exzentergewichten besitzt eine variable Trägheit. Für präzisen Rückschwung sorgt die gleichfalls hauseigenen Unruhspirale. Beim Schwingen hat das Ensemble weiterhin keine Eile. Nur 18.000 Halbschwingungen vollzieht es jede Stunde.
Die Weißgoldschale des 2024 in Genf vorgestellten Datograph Auf/Ab besitzt einen Durchmesser von 41 Millimetern. Am Handgelenk trägt sie wie gehabt 13,1 Millimeter auf. Erkennbar sind die summa summarum 125 Exemplare an einem blauen Zifferblatt. Über eine weißgoldene Dornschließe verfügt das handgenähte Armband aus Alligatorleder.
Einen Preis für die Referenz 405.028 nennt A. Lange & Söhne nicht. Erhältlich ist er wie bei vielen anderen Zeitmessern der sächsischen Marke nur noch auf konkrete Anfrage hin. Daher blicken wir vom Uhrenkosmos für eine Preisfindung etwas zurück. Mit Rotgold-Gehäuse kostete diese Armbanduhr 2022 unverbindliche 86.000 Euro. Platin schlug mit 100.500 Euro zu Buche. Angesichts allfälliger Preissteigerungen darf man davon ausgehen, dass der limitierte Newcomer nach einem Investment von schätzungsweise 120.000 Euro verlangt.
Datograph Perpetual Tourbillon Honeygold Lumen
Eine Uhr, drei Komplikationen lautete die Datograph-Devise im Jahr 2016. Jede für sich sind die drei Zusatzfunktionen im Datograph Perpetual Tourbillon schon seit längerem bekannt. Zu ihnen gehören der Schaltrad-Chronograph mit Flyback-Funktion und Großdatum. Hinzu gesellt sich das, was der Namensbestandteil Perpetual deutlich zum Ausdruck bringt: Ein ewiges Kalendarium bis 2100 mit exakt springenden Indikationen. Natürlich gibt es Korrektoren, welche das Einstellen des Kalenderwerks nach längerem Liegen zu einem Kinderspiel machen.
Besonders komfortabel ist eine Schnellkorrekturtaste bei der „10“, welche auf alle Anzeigen zugleich einwirkt. Erst nach 122,6 Jahren weicht die Präzisions-Mondphasenanzeige um einen Tag von den astronomischen Gegebenheiten ab. Bleibt das Tourbillon zur Kompensation negativer Schwerkrafteinflüsse auf die Ganggenauigkeit der zeitbewahrenden Mechanik. Bei A. Lange & Söhnen sorgte der Drehgang bereits 1994 im Tourbillon pour le mérite für Furore.
Wer den kleinen Wirbelwind im 2016 erstmals lancierten Datograph Perpetual Tourbillon begutachten möchte, muss die Armbanduhr vom Handgelenk nehmen und durch den Sichtboden blicken. Mit von der Partie ist die 2008 von Lange entwickelte Stoppvorrichtung für das Drehgestell. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Zeit sekundengenau einstellen.
Die Kombination hochrangiger Komplikationen in einem Uhrwerk gestaltet sich seit jeher besonders anspruchsvoll. Den Glashütter Technikern und Handwerkern ist dieses Kunststück trefflich gelungen. Nicht weniger als 684 sorgfältig feinbearbeitete Bauteile brauchte es für eines der Uhrwerke vom Kaliber L952.4 mit Platinen und Brücken aus naturbelassenem Neusilber sowie handgraviertem Zwischenrad- und Tourbillon-Kloben.
Mit Blick auf den Fünftelsekunden-Chronographen oszilliert die Unruh im filigranen Drehgestell mit klassischen 2,5 Hertz. Sechs Exzenter zur Veränderung der Trägheit gestatten den Verzicht auf einen Rücker. Nach manuellem Vollaufzug stehen rund 50 Stunden Gangautonomie zur Verfügung.
Lumen und Honiggold
Ins Auge sticht der Datograph Perpetual Tourbillon Honeygold Lumen durch sein halbtransparentes Zifferblatt sowie die nachleuchtende Beschichtung. Mit ihrer Hilfe tritt dieser Zeitmesser bei Dunkelheit besonders eindrucksvoll in Erscheinung. Highlight in diesem Zusammenhang ist das Großdatum mit ausgeklügeltem Scheibenmechanismus. 2013 präsentierte es sich erstmals in der imposanten Lumen-Ausführung.
Schutz für die komplexe Mechanik bietet eine Schale aus sogenanntem Honiggold. Der Name des von A. Lange & Söhne für einige Armbanduhren verwendeten Edelmetalls resultiert aus dem speziellen Farbton. Als Basis für diese Sonder-Legierung dient 18-karätiges Weißgold ohne Beimischung von Palladium, Nickel oder Silber. Für den dezent honigfarbenen Schimmer wird etwas Kupfer, Zink und Silizium beigemischt.
Darüber hinaus bewirkt ein abgestimmtes thermisches Verfahren die beachtliche Härte von 320 HV. Trotzdem lassen sich bei täglichem Gebrauch Kratzer kaum vermeiden. Aber die bringen eine individuelle Note. Mehr über die Herstellung von Gehäusen aus Gold und die unterschiedlichen Goldvarianten finden Sie hier zu lesen.
Über den Preis kann man auch in diesem Fall nur mutmaßen. 2021 verlangte A. Lange & Söhne für die auf 100 Exemplare limitierte Weißgold-Variante ohne Lumen-Ausstattung unverbindliche 285.000 Euro. Dem Vernehmen nach soll jedes der 50 Honiggold-Exemplare mit nachtleuchtenden Eigenschaften stolze 620.000 Euro kosten.
Sehr geehrter Herr Brunner,
ich bin seit ca. 7 Jahren zunehmend Uhrenliebhaber, kein Sammler.
Es bereitet mir immer wieder große Freude Ihre Artikel zu lesen, weil diese einen außergewöhnlichen Tiefgang haben und ich mit zunehmenden Kenntnissen immer wieder dazu lernen darf.
Herzlichen Dank und liebe Grüße.
Rüdiger Debes aus Moers
1000 Dank für Ihre freundlichen und motivierenden Worte, lieber Herr Debes. Wir geben uns alle Mühe, unsere geschätzte Leserschaft umfassend zu informieren. Bleiben Sie uns bitte gewogen. Herzliche Grüße Gisbert Brunner