Die Meldung, dass sich die Swatch Marken Blancpain, Breguet und Glashütte Original während der Geneva Watch Days vom 29. August bis 2. September in den Kreis der Messepartner einreihen, überraschte viele. Schließlich hatte sich Nick Hayek bisher nach dem Wegfall der Basler Uhrenmesse allen Messen verschlossen und deren Sinnhaftigkeit angezweifelt. Um den möglichen Hintergrund für dieses Umdenken zu verstehen, hilft ein Blick auf die Swatch Group Halbjahresergebnis 2024. Denn diese sind alles andere als erfreulich. Womit es verständlich erscheint, warum der Swatch CEO von seiner bisherigen Haltung abrückt. Es geht schlicht darum, neues Potenzial zu erschließen und schnell einen Weg aus der Krise zu finden. Denn die Zahlen des ersten halben Jahres 2024 sind alles andere als erfreulich.

Swatch Group Halbjahresergebnis 2024
So verzeichnet die Swatch Group SA in den ersten 6 Monaten des Jahres nur noch Nettoverkäufe im Wert von 3,445 Milliarden Schweizer Franken, was ein Minus von 14,3 % zum Vorjahr bedeutet – wovon allerdings 3,6 % den Schwankungen der Wechselkurse geschuldet waren. Härter traf es das Operative Ergebnis. Dieses fiel um 70,3 Prozent von 686 Millionen CHF auf nur noch 204 Millionen CHF.
Parallel zum Operativen Ergebnis fiel der Swatch Nettogewinn von 498 CHF auf 147 Millionen Schweizer Franken, was ein Minus von über 70 % ist. Damit einher ging ein Rückgang der Umsatzrendite von 12,4 % auf 4,3 %. Sorgen um den Fortbestand der Swatch muss man sich trotz des unbefriedigenden Ergebnisses noch keine machen, denn die Eigenkapitalquote des Unternehmens lag in den ersten 6 Monaten des Jahres bei stattlichen 85,5 %.


Krise im Uhrenmarkt
Dabei ist es nicht so, dass nur die Swatch Group das stark eingetrübte Konsumklima in China und Europa zu spüren bekäme. Selbst der Branchenprimus Rolex spürt die Krise und reduziert, wie immer unbestätigten Meldungen nach, die Herstellungsmenge der verschiedenen Rolex Modellserien. Weiß man doch in Genf, dass ein nicht wesentlicher Erfolgsfaktor von Rolex die stets zu knappe Anzahl an Uhren im Markt ist – vor allem derjenigen Modelle, die Sammlerherzen höherschlagen lassen. Ein vergleichbares Minus zeigen auch die Zahlen des I. Quartals von Richemont, die im Uhrenbereich um satte 150 Millionen Euro oder 14 % nachgaben. Allerdings konnte der Schmuckbereich dieses Minus mit seinen starken Schmuckmarken Cartier und Van Cleef & Arpels und seinen weiteren Geschäftsbereichen ausgleichen. Gleiches ist von der LVMH Gruppe zu erwarten, die ihre Zahlen am 23. Juli ihre Zahlen kommunizieren werden.
Entsprechend gilt es einen kritischen Blick auf die Swatch Group Halbjahresergebnisse 2024 zu werfen. Denn abseits der positiven Entwicklung der Marken Omega, Tissot und Swatch performen einige der Swatch Marken nicht sonderlich gut. (Die Entwicklung im Jahr 2023 hatten wir hier auf Uhrenkosmos genau beleuchtet). Insbesondere die oben genannten Marken Blancpain und Breguet verzeichnen verhaltene Verkaufsergebnisse, bzw. dürfte die in China stark vertretene Marke Glashütte Original das zurückgehende Konsumklima im Land der Mitte deutlich zu spüren bekommen.
Dazu kommt, dass die für die Swatch Group wichtige Marke Longines nach Aussage von Insidern weiter in der Krise steckt. Dies belastet das Ergebnis der Gruppe insofern, als der Rückgang der höherpreisigen und daher umsatzstärkeren Longines Modelle nicht von den steigenden Verkaufsergebnissen von Tissot kompensiert werden kann.


Ausblick auf die 2. Jahreshälfte der Swatch Group
Entsprechend verhalten fällt der Ausblick der meisten Analysten und Finanzinstitute auf die kommenden 6 Monate des Jahres aus. Positiv dürften sich für Omega sicherlich die bevorstehenden Olympischen Sommerspiele in Paris auswirken. Ebenso stehen bei vielen Marken interessante Neulancierungen an. Auch bei im Einsteigersegment der Swatch Uhren soll es erfolgsversprechende Neulancierungen geben. Nur dass diese nicht reichen werden, das erwartbare Minus auszugleichen, mit dem einige der Swatch Marken konfrontiert sind und die auch von den angegangenen Optimierungen in den herstellenden Bereichen nicht kompensiert werden können.
Zu einer zusätzlichen Belastung dürfte in den kommenden Monaten die harte Wettbewerbssituation werden. Denn sowohl die Richemont Marken, die LVMH Group wie Branchenprimus Rolex mit seiner Tochtermarke Tudor spüren die aktuelle Kaufzurückhaltung und kämpfen mit harten Bandagen um Markenpräsenz und die Aufmerksamkeit der Juweliere. Es bleibt also abzuwarten, ob sich für die Swatch Group der Wind schnell dreht.

Krise als Chance
Bevor es zurück zu den hohen Umsatzrenditen alter Tage geht und die Swatch Group Halbjahreszahlen besser werden, muss einiges passieren. Zum einen müssen sich die Märkte entspannen und in ein günstigeres Konsumklima zurückkehren. Zum anderen muss Swatch bei den oben angesprochenen Marken weitr an den Stellschrauben drehen, um die Markenfaszination zu erhöhen und mit neuen Modellen ihrer Top-Modelle beim Käufer punkten.
Zudem gibt es Anlass für Optimismus. Denn zum einen hat man bei Swatch die Probleme erkannt und geht bei den betroffenen Marken mit erheblicher Energie ans Werk. Zum anderen ist es mit den Hochs und Tiefs der Märkte wie mit den Jahreszeiten: Sie kommen und gehen.
Für Uhreninteressierte, die die Gunst der Stunde erkennen, hat die Krise auch ihr Gutes. Denn es ist sicher ein guter Moment, um beim Uhrenhändler seines Vertrauens – was nicht unbedingt eine der in reichlicher Anzahl entstandenen Marken-Boutiquen sein muss – nach der schon lange gewünschten Uhr zu fragen, musste man doch in den vergangenen Jahren oft mit langer Wartezeit rechnen.
Ebenso sollte es ein günstiger Moment sein, nach dem bestmöglichen Preis oder einem attraktiven Angebotspaket zu fragen. Denn ein farblich passendes Kautschukband oder eine gratis Werkinspektion scheint in diesen Tagen leichter zu verhandeln als zu Zeiten, in denen Uhrenhändler bei der Frage eines besseren Angebots nur gelangweilt abwinkten. Ganz abgesehen vom Umstand, dass der Aufbau einer kleinen, so schönen wie privaten Uhrensammlung auch ihrem mobilen Vermögen guttut. So betrachtet hat auch die aktuelle Krise doch ihre guten Seiten.

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