Wissenswertes über Quarzwerke

Standardfrequenz von Quarzuhren: 1971 definierte Girard-Perregaux die Hertz-Vorgabe

Die Geschichte der Zeitmessung durch elektrisch angeregte Quarzkristalle reicht beinahe 100 Jahre zurück. Vor 50 Jahren war es schließlich Girard-Perregaux, die bis heute gültige Standardfrequenz von Quarzuhren bei Armbanduhren festlegte. So kam es zu den 32.768 Hertz.

von | 14.08.2024

Groß, heiß, aber sehr präzise

Im Jahr 1927, also genau vor 94 Jahren nahm eine echte Zeitmess-Revolution und die Definition der Standardfrequenz von Quarzuhren ihren Anfang. Joseph W. Horton und Warren A. Marrison machten sich die Entdeckung eines französischen Wissenschaftlers zunutze. Pierre Curie hatte 1880 die piezoelektrischen, und deshalb für die Uhrenindustrie nutzbaren Eigenschaften von Siliziumdioxid erforscht. Beim Schmelzen nimmt es die Form eines Quarzkristalls an, welcher zum einen mit der Frequenz einer angelegten Wechselspannung vibriert.​

 

Chrystal Clock von W.A. Marrison und Joseph W. Horton

Joseph W. Horton und Warren A. Marrison entwickelten die 1927 vorgestellte Crystal Clock. Als Oszillator dient ein ringförmiger Schwingquarz.

Zum anderen generieren mechanisch zum Schwingen angeregte Quarze eine solche Frequenz. Die Resonanzfrequenz resultiert aus der Größe des Kristalls oder eines daraus geschnittenen Teils. Und sie hängt ab von der Ausrichtung besagten Schnitts. 1928/1929 mutierte der quarzstabilisierte Frequenzgenerator des US-amerikanischen Duos zur so genannten Crystal Clock. Zwar war damals weltweit präziseste Uhr groß und wegen vieler Röhren glühend heiß, dafür jedoch ging sie täglich aber nur etwa eine Tausendstelsekunde falsch.​

Deutsche Quarzuhr von 1934 von Adolf Scheibe und Udo Adelsberger

Dr. Adolf Scheibe (links), Dr. Udo Adelsberger und die deutsche Quarzuhr von 1934

1934 präsentierten die deutschen Physiker Adolf Scheibe und Udo Adelsberger eine deutlich präzisere Version. Mit ihrer Hilfe fand der englische Astronom H. Spencer Jones 1939 Unglaubliches heraus: Ende Mai geht Mutter Erde rund 3/100 Sekunden nach, Anfang Oktober dagegen etwa um den gleichen Wert vor. Dieses Faktum zerstörte den Glauben an die Präzision dieser größten astronomischen Uhr so nachhaltig, dass die 1820 amtlich definierte Sekunde nicht mehr 1/86.400 eines mittleren Sonnentags sein konnte.
Ab 1956 definierte man sie als den 31.556.925,9747sten Teil jenes Umlaufjahres der Erde um die Sonne, welches am Mittag des 1. Januar 1900 begonnen hatte. Nur zehn Jahre später zwangen Atomuhren jedoch zu abermaligem Nachdenken. Seit 1967 entspricht die Dauer von Secunda Diminutiva Pars jener von 9.192.631.770 elektromagnetischen Schwingungen in der Elektronenhülle des Cäsiumatoms.
Erste tragbare Quarzuhr des Quarzuhrenpioniers Longines aus dem Jahr 1953

Die erste tragbare Quarzuhr von Longines. Gewicht 35 Kilogramm, davon 23 Kilo Akkumulator. Gangautonomie circa zehn Stunden.

Immer kleiner

1953 stellte Longines die erste transportable Quarzuhr vor. Weil Transistoren noch in den Kinderschuhen steckten, kamen in dem 35 Kilogramm schweren und 21,6 Kubikdezimeter großen Instrument weiterhin auch Elektronenröhren zum Einsatz. Die Gangautonomie lag bei rund zehn Stunden. 1964 präsentierte das Unternehmen ein „kaltes Instrument“ mit Transistoren und analoger Zeitanzeige in den Dimensionen von nur noch 70 x 67 x 82 Millimetern.

Seiko Astron Quartz Uhr aus dem Jahr 1969 mit dem kompakten Quarzuhrenkaliber

Die Seiko Astron Quartz von 1969

Nun musste die Quarzuhr nur noch ans Handgelenk finden. Den Wettlauf bestritten Techniker in Japan und der Schweiz. Am 25. Dezember 1969 reklamierte Seiko mit seiner Astron 35SQ die weltweit erste Quarz-Armbanduhr für sich.

Patek Philippe Beta 21mit dem Quarz-Kaliber Beta 21

Die Patek Philippe Beta 21 Quartz. Rechts daneben das erste Schweizer Quarzwerk für Armbanduhren, Beta 21 genannt mit seiner Frequenz von mit 8.192 Hertz

Gut drei Monate später starteten 19 Mitglieder der eidgenössischen Interessengemeinschaft BETA, zu der u.a. IWC, Jaeger-LeCoultre, Patek Philippe und Rolex gehörten, den Verkauf voluminöser Schweizer Armbanduhren vom Typ Beta 21. In beiden Fällen oszillierten die Schwingquarze mit 8.192 Hertz.

Girard-Perregaux, gegründet 1791 und damit eine der ältesten Schweizer Uhrenmarken beschritt damals ganz eigene Wege. 1966 hatte der damalige CEO Charles-E. Virchaux einen jungen Ingenieur eingestellt. Zusammen mit einigen Kollegen machte sich Georges Vuffray im firmeneigenen Labor an die Entwicklung des Kalibers GP 350. Der Weg dorthin führte über eine Großuhr mit Quarz-Resonator. Dann folgten Elcron I und Elcron II, Pendulen mit 15.625 Hertz Quarzfrequenz.

Quarzuhr Girard-Perregaux Elcron I

Zwischenschritt auf dem Weg zur eigenen Quarz-Atmbanduhr: Girard-Perregaux Elcron I

Übrigens warfen die konkurrierenden Beta-Aktivitäten das Team keineswegs aus der Bahn. Sein Ziel bestand nämlich nicht in der weltweit ersten Quarz-Armbanduhr, sondern in höherer Frequenz und damit auch größerer Präzision. Mit Hilfe von Technikern aus der Neuen Welt entstanden digitale Schaltungen und ein stabförmiger, im Vakuum arbeitender Quarzresonator. Der oszillierte mit 32.768 Hertz und damit viermal so schnell wie Astron und Beta 21. 1971 erblickte die Girard-Perregaux Quartz mit besagtem Kaliber 350 das Licht der Welt.
Quarz Standardfrequenz

Fertiggestellt 1971: Girard-Perregaux Quartz, Kaliber 350 mit der bis heute gültigen Quarz Standardfrequenz von 32.768 Hz

Standardfrequenz von Quarzuhren

Sie bestach durch moderate Dimensionen und definierte den bis heute gültigen Frequenzstandard für diesen Typus Armbanduhr. Unübersehbares Kennzeichen des 1972 in Basel öffentlich gezeigten Zeitmessers: Ein Zifferblatt, welches die Struktur eines integrierten Schaltkreises abbildet.

Das Schaubild und Funktionsschema eines analogen Quarzwerks

Funktionsschema eines Quarzwerks mit analoger Zeitanzeige

… und so funktioniert ein Quarz-Uhrwerk:

Eine Batterie liefert zunächst die elektrische Antriebskraft. Ein integrierter Schaltkreis (IC) wandelt diese elektrische Energie in Impulse um, welche den von einer Spule umgebenen Quarzkristall mit 32.768 Hertz schwingen lassen. Eben jene Oszillationen unterteilen die Zeit in winzige, exakt gleiche Teile. Zur Zeitanzeige reduziert der Frequenzteiler-IC eben jene 32.768 Schwingungen pro Sekunde, also auf die Standardfrequenz von Armbanduhren. Dieser wiederum wird auf den Schrittschaltmotor, einen elektromagnetischen Mikromotor übertragen, der die elektrischen Impulse in eine Drehbewegung umwandelt.

Bei analogen Quarzuhren steuert ein Räderwerk drei Zeiger für Stunden, Minuten und Sekunden an. Ausgelöst durch den Impuls des Frequenzteilers springt der Sekundenzeiger in akkuraten Sekundenschritten vorwärts.

 

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