Chrono Sapiens: Uwe Ahrendt

Uwe Ahrendt über Gegenwart und Zukunft von Nomos, den Uhrenmarkt und Stückzahlen

Uwe Ahrendt ist ein Glashütter U(h)r-Gestein. Mit klarer Perspektive führt er Nomos Glashütte durch Gegenwart und Zukunft. Im Uhrenkosmos spricht er über den gegenwärtigen Uhrenmarkt, die Messepräsenz und die Klientel der nach Stückzahlen größten deutschen Uhrenmanufaktur

von | 18.11.2024

Die Uhr als wichtiges Mode-Accessoire, das einen Look komplettiert 

Gisbert L. Brunner: Nomos ist seit dem Start im Jahr 1992 bekannt für klare und scharfe Preiskalkulation. Über den Daumen gepeilte Preise gibt es bei Nomos nicht.

Uwe Ahrendt: Nomos hat transparente Preise. Was mehr kostet, bietet auch mehr. In unserer Preisgestaltung spiegelt sich auch, dass wir fast alles in unser Produkt investieren und nur wenig in Werbung. Daran werden wir auch weiter festhalten.

Merkst du in der heutigen Zeit, dass Bemühen um Preiswürdigkeit von der potenziellen Klientel honoriert wird?

Ja, das wird durchaus honoriert. Deutliche Preiserhöhungen wie bei anderen Marken gibt es bei uns nicht. Und das zahlt sich auch aus: Mit dieser Preispolitik sind wir in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen.

Wie siehst du denn momentan den Uhrenmarkt? Fast jeder redet von aktuell schwierigeren Marktbedingungen.

Überraschenderweise war die Nachfrage nach unseren Uhren in den Corona-Jahren und danach deutlich erhöht. Jetzt sind wir auf dem gleichen Niveau stabil wie 2019. Die Lage hat sich normalisiert. Mit der limitierten Sonderedition Tangente 38 Datum in 31 Farben konnten wir uns aber einen neuen Markt erschließen. Die Uhr als wichtiges Mode-Accessoire, das einen Look komplettiert .

Nomos Tangente Datum 31 Colors

Hingucker während der Watches and Wonders 2024: Nomos Tangente 38 Datum 31 Colors

Basel war sehr traditionell

Tangente 31 Colors war ja eines der bewegenden Gesprächsthemen während der Watches and Wonders in Genf. Hat es sich für Nomos gelohnt, in Genf vertreten zu sein?

Uwe Ahrendt: Ja. Deswegen sind wir nächstes Jahr auch wieder vertreten.

Was hat euch von Nomos bei der Watches and Wonders besonders beeindruckt?

Das Konzept ist stimmig, und die Messe ist bestens organisiert, von der Zeitplanung bis zu den Vorträgen. Fachhändler, Journalisten, Influencer und Endkunden aus der ganzen Welt haben unseren Stand besucht. Auch unsere Botschaft von Transparenz und Zugänglichkeit wurde verstanden. Wir sind sehr zufrieden.

War es ein schwieriges Unterfangen, dort reinzukommen?

Wir waren mit der Fondation schon länger im Gespräch. 2021 war Nomos bereits online dabei, 2024 nun erstmals live.

Wie fällt der Vergleich zwischen der Baselworld und der Watches and Wonders aus?

Basel war sehr traditionell. Die Watches and Wonders ist exklusiver, international die bedeutendste Messe, bietet aber dennoch kleinen Manufakturen eine Bühne, das ist besonders.

 

Nomos Glashütte Bahnhof

Nomos Glashütte im ehemaligen Glashütter Bahnhof

Messen und Foren

Es gibt ja auch in München eine Messe. Wie stehst du zur Inhorgenta?

Uwe Ahrendt: Früher stellte Nomos auch bei der Inhorgenta aus. Der Aufwand, an mehreren Messen im Jahr teilzunehmen, ist aber enorm und sehr kostspielig. Viele von unseren Fachhändlern und PR-Kontakten besuchen neben der Inhorgenta auch die Watches and Wonders, insofern ist es gut möglich, sich für eine der beiden Messen zu entscheiden. Dieses Jahr waren wir auch in Shanghai auf der Watches and Wonders vertreten.

Ende September 2024 ging in Glashütte schon das fünfte Nomos-Forum über die Bühne. Würdest du sagen, das ist jetzt eine etablierte Veranstaltung für Fachhändler und Journalisten?

Auf jeden Fall. Du bist ja auch immer gekommen. Im Laufe der Jahre sind wir immer größer geworden. Mehr als 120 Gäste aus 17 Ländern an drei Tagen waren es diesmal. Die Veranstaltung ist bereits ein fester Termin im Kalender der Branche. Vielleicht ist der Erfolg auch in der Zweiteilung begründet: Vormittags präsentieren wir neue Uhrenmodelle oder eben wie heuer auch ein neues Werk. Und nachmittags werden relevante Themen der Branche diskutiert. Wir liefern Inspiration und Denkanstöße und vor allem die Möglichkeit zum direkten Austausch.

Während dieses Forums hat Nomos das neue Handaufzugskaliber DUW 4601 als Weiterentwicklung des Alpha vorgestellt. Was waren die Beweggründe für die Tangente 2date?

Die Entwicklung und Weiterentwicklung eigener Werke stand bei Nomos schon immer im Vordergrund. In den letzten Jahren haben wir uns auf unsere superflachen neomatik-Werke konzentriert. Jetzt war der Handaufzug mit Datum an der Reihe. Das neue Werk verfügt als erstes Handaufzugswerk über unseren patentierten Datumsmechanismus, bei dem der Datumsring um das Werk herumgelegt wird. Es bietet eine Schnellverstellung des Datums und eine längere Gangdauer von 52 Stunden. Auch ein Luxus: Man legt die Uhr ab, und nach mehr als zwei Tagen läuft sie immer noch.

Nomos Tangente 2date weiß und blau

Die neue Nomos Tangente 2date mit weißem oder blauem Zifferblatt

Mehr zur Nomos Tangente 2date mit Doppel-Datum findet sich hier im Uhrenkosmos

China und Japan

Würdest du für Nomos die Watches and Wonders im Frühjahr und das Herbst-Forum auf einem Level für Nomos sehen?

Uwe Ahrendt: Beide Veranstaltungen haben ihre Vorteile. Hier in Glashütte nehmen sich Journalisten und Fachhändler einen ganzen Tag Zeit für uns. Wir tauschen uns mit ihnen persönlich aus und bieten Einblicke in unsere Manufaktur. In Genf sind die Zeiten konsequent durchgetaktet. Dort sind uns die neuen Kontakte wichtig, viel Presse, viel Aufmerksamkeit, und dazu auch neue weltweite Fachhändler. Das ergänzt sich gut.

Wie viele Fachhändler hat Nomos gegenwärtig?

Weltweit sind es rund 500.

Seid ihr damit am Ziel angekommen oder gibt es noch Wünsche hinsichtlich stärkerer Fachhandelspräsenz?

In Deutschland sind wir sehr gut vertreten. Das gilt auch für Italien, wenn wir in Europa bleiben. In den USA und in Asien wollen wir weiterwachsen.

Der US-amerikanische Markt ist momentan der weltweit stärkste.

Für Nomos sind die USA der zweitstärkste und ein stark wachsender Markt. Auch auf der anderen Seite der Erdkugel haben wir aber eigene Niederlassungen, in Hongkong und Shanghai. Dort sehen wir noch großes Potential.

Der chinesische Markt schwächelt seit zwei Jahren. Merkt ihr das?

Ganz klar merken wir das auch. Der Markt hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Aus dem Grund sind eigene Niederlassungen dort für uns besonders wichtig.

Festlandchina und Hongkong, was ist wichtiger?

Beides ist gleich wichtig, aber mit völlig unterschiedlichen Marktgegebenheiten. Und auch Japan ist sehr wichtig für uns. Durch den schwachen Yen boomt Japan zurzeit regelrecht.

 

Habt ihr die Preise für Japan wechselkursbedingt entsprechend angepasst?

Wir haben die Preise dort in der Tat angepasst. Wir folgen immer dem Grundsatz, dass unsere Uhren im deutschen Heimatmarkt am preiswertesten sein sollen.

 

 

Uwe Ahrendt

Uwe Ahrendt im Uhrenatelier

Made in Germany

Blicken wir nochmal nach China. Versteht man dort eure Philosophie deutscher Uhrmacherei? Fast 100 Prozent Manufaktur Made in Glashütte und so weiter? Kommt das da an? Oder besteht da noch ein hoher Erklärungsbedarf aus deiner Sicht?

Uwe Ahrendt: Made in Germany ist zwar noch nicht so bekannt wie Swiss Made, hat aber bereits auch ein sehr gutes Image. Marketingmaßnahmen wie unsere hochwertigen, kurzen Filmsequenzen aus unserer Manufaktur helfen, die Botschaft zu transportieren. Von der Reihe mit dem Titel „Made in Glashütte“ gibt es bereits fünf Staffeln.

 Hongkong ist  traditionsgemäß ein Durchgangsland. Viele Uhren kommen an und fließen umgehend wieder raus.

Es gibt keine Mehrwertsteuer. Ja, das ist so ein spezieller Markt.

Hongkong hat ja in den letzten Jahren durch die ganzen politischen Repressionen massiv verloren. Merkt ihr das auch?

Klar. Es ging immer tüchtig rauf und runter. Erst die politischen Unruhen, dann kam Corona. Viele Fachhändler haben ihre Geschäfte geschlossen. Aktuell arbeiten wir mit der Oriental Watch Company zusammen, dem größten Fachhändler in Hongkong, und haben soeben eine limitierte Sonderedition gelauncht

Nomos Glashütte Teilefertigung Schlottwitz

Nomos Glashütte Teilefertigung in Schlottwitz

Qualität dominiert

Wenn ich zurückblicke bis 1992, fällt mir auf, dass Nomos traditionsgemäß eine sehr spezielle Stammklientel besitzt. Menschen, die auf besondere Art und Weise denken und ticken, welche die auch ein sehr spezielles Empfinden für Uhren und deren Design haben. Nomos ist darauf eingestiegen, hat die Marke, ihre Philosophie und die Produkte dementsprechend konsequent weiterentwickelt.

Uwe Ahrendt: Ja genau. Unsere Kundinnen und Kunden legen Wert auf Qualität und nicht auf  extrovertiertes Design. Beliebt ist Understatement, das Zurückhaltende. Und: Unsere Klientel ist bestens informiert und interessiert sich sehr für Produkt und Herkunft. Nicht die Marke steht im Vordergrund, sondern das Produkt. Nomos hat eine durchaus etwas jüngere Kundschaft und darunter sind verhältnismäßig viele Frauen. Früher galt Nomos als Marke für Grafikdesigner und Architekten. Das hat sich sehr geändert.
Jetzt gibt es auch den Ingenieur, die Beamtin oder die Lehrerin, die sich für eine Nomos entscheiden.  Eine attraktive und qualitativ hochwertige Uhr, ausgestattet mit hauseigenem Manufakturkaliber, die auch noch preislich passt – in unserem Preisbereich 1.000 bis 5.000 Euro sind wir Markführer.

Bei eurer Kundschaft ist also eine spürbare Dynamik zu verzeichnen

Die Marke ist bekannter geworden, das Sortiment breiter. Auch Glashütte als Uhrenmekka wurde bekannter, seit 2022 mit gesetzlich geschützter Herkunftsbezeichnung. Alles hat sich entwickelt: 2005 wurde Nomos zur echten Manufaktur mit einem eigenen Automatikwerk. 2014 erreichten wir mit unserem NOMOS-Swing-System eine ganz neue Dimension. Heute konstruieren und fertigen wir zwölf Uhrwerke und bieten 13 Uhrenfamilien an, darunter die Ikone Tangente, eine weltweit bekannte Uhr. Das Produktdesign folgt den Regeln von Bauhaus und Werkbund, der ja nicht nur eine Produktphilosophie ist, sondern auch eine Produktionsphilosophie. Das alles macht Nomos Glashütte aus und wird von immer mehr Kundinnen und Kunden geschätzt.

Zwei Jahre Glashütte-Verordnung. Die wurde beim dritten Forum ausgiebig vorgestellt. Hat sie einen positiven Einfluss auf die Uhrmacherei hier in der Stadt?

In konkreten Zahlen lässt sich das nicht messen. Wir hatten eine große mediale Aufmerksamkeit. Üblicherweise sind ja eher Produkte aus dem Lebensmittelbereich geschützt, geschützte Industrieprodukte sind außerordentlich selten. Es schützt auch die Arbeitsplätze vor Ort und ist ein Bekenntnis zu Glashütte und der dort seit 1845 gepflegten Qualitätsuhrmacherei. Außerdem ist es von Nutzen für den Kunden, oder wie der Jurist sagt: für den Verkehr. Wenn ich Glashütte auf der Uhr lese, dann muss auch Glashütter Uhrmacherei drin sein. Ein Vorteil für alle Seiten.

 

 

Nomos Orion neomatik new black

Passend für jede Art von Handgelenk: Nomos Glashütte Orion neomatik new black

Einstieg in die Welt der Mechanik

Wenn es um Stückzahlen, nicht um eigene Kaliber geht, ist Nomos inzwischen die größte deutsche Uhrenmanufaktur. Zählt das als Argument bei der Kundschaft?

Uwe Ahrendt: Wir haben eine hohe Nachfrage. Uns ist wichtig, die Qualität zu halten und stetig besser werden – jedes Jahr, jede Woche oder sogar jeden Tag. Höhere Wasserdichtigkeit, mehr Gangautonomie, jetzt die Schnellschaltung für das Datum auch im Handaufzug. Das kommt an. Und dazu eben die Alleinstellung in unserer Preisklasse, dass wir alle   Werke selbst konstruieren und fertigen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, und das eint Nomos auch mit Rolex, ist hohe Kontinuität. Wenn du 1992 die erste Tangente 101 gekauft hast, besitzt du heute weiterhin eine aktuelle Uhr. Sie besitzt ihren Wiedererkennungswert und wird ihn auf Dauer behalten. Das ist in meinen Augen auch ein wichtiges Argument für Kunden. Nomos verkauft keine Uhren, mit denen man irgendwann alt aussieht.

Die Tangente ist eine Ikone. 1992 vorgestellt, ist sie immer noch unser Bestseller. Wir bieten sie in vielen Varianten an: für schmale Handgelenke als Tangente 33 Duo bis hin zu Tangente neomatik Update mit innovativem, superflachem Automatikwerk und einem Durchmesser von 41 Millimetern. Die Referenz 101, also die Tangente mit Handaufzug, ist übrigens nicht nur die Einsteiger-Tangente. Sie verkörpert den Einstieg in die Welt der mechanischen Uhren generell. Man fängt mit einer Nomos an und irgendwann, in zehn Jahren vielleicht, kauft man sich dann eventuell eine Rolex oder eine Lange 1.

Nomos Glashütte Club Sport neomatik 34 DUW 3001

Ganz neu am Markt: Nomos Glashütte Club Sport neomatik 34 DUW 3001

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