Seiko Meilensteine
Im Dezember 1881 startetet Kintaro Hattori seinen Weg in die berufliche Selbständigkeit und setzte die ersten Meilensteine in der langen Geschichte der Seiko Uhren. In seinem Tokioter Uhrengeschäft verkaufte und reparierte er zunächst Zeitmesser unterschiedlichster Art. Die meisten davon stammten von Importeuren aus der Hafenstadt Yokohama. Schneller als die Konkurrenz erkannte der 22-Jährige jedoch die Bedeutung einer eigenen Uhrenproduktion. Daher eröffnete er schon 1892 ein Werk in Ishiwara-cho, Honjo-ku. So konnte er selbstgefertige Uhren preisgünstiger als zugekaufte Zeitmesser offerieren.
Die Leitung oblag einem einschlägig erfahrenen Ingenieur. Mit Blick auf seine vorwiegend präzisen Uhren taufte Hattori sein neue Fabrik Seikosha. Japanisch bedeutet Seiko dabei exquisit oder genau. Sha wiederum bedeutet auf Deutsch Haus.
Beim markanten Seiko TIME KEEPER von 1895 handelte es sich um die erste Seikosha-Taschenuhr, knapp 55 mm groß und 16,2 mm hoch. Drei Zeiger rotieren vor einem Emailzifferblatt. Das 22-linige Handaufzugswerk mit Zylinderhemmung besitzt sechs funktionale Steine. Ebenfalls japanischer Produktion entstammt das massive Silbergehäuse. Wer im Zuge einer Japan Reise die Gelegenheit hat, sollte einen Besuch im Seiko Museum einplanen.
Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass Hattori wichtige Komponenten aus der Schweiz bezogen hatte. Außerdem kam die Wahl einer englischen Signatur nicht von ungefähr. Unter anderem zielte sie bereits auf einen Export.
Meilenstein 1913: Laurel Armbanduhr
Zu den Visionen Hattoris gehörte die Entwicklung der Seikosha zu einem Massenproduzenten, der es vor allen Dingen mit dem US-amerikanischen Wettbewerb aufnehmen konnte. Schneller als gedacht gingen die Pläne in Erfüllung. Bereits gegen 1910 besaß die K. Hattori & Co. Ltd. im Land der aufgehenden Sonne eine herausragende Position. Quasi in der Rolle eines Monopolisten produzierte Seikosha gleichzeitig Wand-, Tisch- und Taschenuhren, während sich die Konkurrenz noch mehr oder minder stark auf einzelne Sparten konzentrierte. Somit hatte Kintaro Hattori den Grundstein für ein weltumspannendes Uhrenimperium gelegt. 1906 reiste der Gründer einmal mehr gemeinsam mit Chefingenieur Yoshikawa nach Amerika und Europa. Dort suchten, fanden und erwarben sie moderne Produktionsmaschinen. 1908 liefen erste Automaten zur Produktion von Wellen und Zapfen. 1910 startete die Herstellung eigener Unruhspiralen und Zugfedern.
Auf diese Weise entstand 1913 die erste japanische Armbanduhr. Laurel, so ihr Name, verfügte über ein 29,6 mm großes und elf mm hoch bauendes Silbergehäuse sowie ein eigenes Emailzifferblatt. Sieben funktionale Steine besaß das 12-linige Brücken-Handaufzugswerk. Von diesem Zeitmesser stellte Seikosha täglich zwischen 30 und 50 Exemplare her.
Seiko Uhren
Anschließend beschäftigten sich Hattoris Designer und Techniker intensiv mit der Kreation neuer Kleinuhren. Dabei maßen sie Erzeugnissen fürs Handgelenk besondere Bedeutung zu. 1916 machten Taschen- und Armbanduhr insgesamt zwölf Prozent der Stückzahlen aus. Bis 1922 wuchs dieser Anteil auf stattliche 60 Prozent. Nachdem die Hattori-Zeitmesser voluminöser waren als die Importware und die Qualität deren Level auch noch nicht erreichte, kamen die Abverkäufe zeitweise ins Stottern. Steigende Lagerbestände zogen sinkende Preise nach sich.
Im Jahr 1923 vernichtete das große Kanto-Erdbeben Fabrik und Lagerbestände. Obwohl die Produktion zum Erliegen kam, resignierte Hattori nicht. Allen Warnungen zum Trotz präsentierte er 1924 erste Seiko signierte Armbanduhren mit 24,2 mm Durchmesser. Ihr Nickelgehäuse maß 9,3 Millimeter hin der Höhe. Wiederum mit sieben Steinen stattete Seikosha das 9-linige Handaufzugswerk aus. Um die bei Japanern beliebtere Importware zu suggerieren, hatte Hattori zuvor neben Laurel auch Empire, Excellent und Right noch weitere englischsprachige Signaturen genutzt. Mit der eigenen Marke Seiko im Jahr 1924 wollte der Firmenchef seinen Landsleuten beweisen, dass Japanisches deutlich besser war als sein Ruf.
Meilenstein 1929: Seikosha Railway
Im Zuge des Produktions-Neubeginns nach dem großen Erdbeben stellte Seiko auf das metrische Maßsystem um. Weil das allein nicht in vollem Umfang zufrieden stellte, ließ Hattori von 1928 bis 1933 nicht nur alle Fabrikationsstätten neu errichten, sondern er stattete diese mit dem modernsten Maschinenpark aus. In der East Hall erzeugte Taschenuhren, hießen Seikosha. Vom gewaltigen finanziellen Kraftakt zeigten sich die Behörden tief beeindruckt. Nicht zuletzt deshalb zählte ab 1929 die Eisenbahnverwaltung ebenso zu den Kunden wie das Ministerium für Post- und Telegraphendienste. Zunehmend verdrängte die Seikosha Railway amerikanische und eidgenössische Lieferanten. Mit Blick auf die Rolle als funktionaler Zeitmesser rangierten beste Ablesbarkeit und größtmögliche Zuverlässigkeit ganz oben. Großen arabische Ziffern standen in bestem Kontrast zum selbst gefertigten Emailzifferblatt. Das galt auch für die gebläuten Stahlzeiger. Im 50,7 mm großen, 13,6 mm hohen Nickelgehäuse tickte ein 19-liniges Handaufzugswerk mit sieben Steinen.
Meilenstein 1956: Seiko Marvel
Ins Deutsche übersetzt heißt Marvel kurz und bündig Wunderwerk. Ab 1956 führte die Armbanduhr dieses Namens Seiko in deutlich höhere Genauigkeitsdimensionen. Tsuneya Nakamura, der spätere Seiko-Epson-Präsident gilt als Vater des bemerkenswerten Wendepunkts in der illustren Seiko-Biographie. Erstmals bewahrte ein 11½-liniges Präzisions-Handaufzugskaliber (Durchmesser 26 mm) mit Schraubenunruh und Zentralsekunde die Zeit.
Hinter hochrangigen Schweizer Uhrwerken wie zum Beispiel Omega 30T2, Peseux 260 oder Zenith 135 musste sich das japanische Oeuvre nicht verstecken. Die Daini-Seikosha-Fabrik fertigte es mit 17, 19 oder gar 21 Steinen, wobei rund 85 Prozent der Produktion auf erstgenannte Variante entfiel. Bei heimischen Genauigkeitswettbewerben demonstrierte Seiko noch im gleichen Jahr die bemerkenswerte Leistungsfähigkeit unter Beweis. Als erste japanische Armbanduhr gewann eine Marvel 1957 den Contest des fernöstlichen Ablegers der American Horological Society. Neidvoll musste sich die eidgenössische Konkurrenz geschlagen geben. Im Folgejahr eroberte dieses Modell bei einer Prüfung des Central Inspection Institute of Weights an Measures of Japan sogar die ersten neun Plätze.
Meilenstein 1959: Gyro Marvel mit Magic Lever
Eine Automatik-Variante der zu diesem Zeitpunkt bereits legendären Marvel brachte 1959. Beim Kaliber 290 der Seiko Gyro Marvel handelte es sich um das erste Seiko-Erzeugnis mit direkt angetriebener Zentralsekunde und hauseigener Automatik-Baugruppe. Allerdings stammte die verwendete Plattform noch vom Schweizer Rohwerkegiganten Eta. Nicht mehr nachvollziehen lässt sich indessen, ob es sich dabei Importe oder Nachbauten handelte.
Übrigens hatte Seiko 1955 sein erstes Selbstaufzugskaliber noch komplett als 1382 vom eidgenössischen Ebauchesfabrikanten AS bezogen. Die Besonderheit des 12¾-linigen 290, Bauhöhe 5,5 mm, bestand neben dem Kugellagerrotor im Magic Lever. Beim so genannten magischen Anker handelt es sich um einen sehr effizient wirkenden Exzenterwechsler zur Polarisierung der Rotorbewegungen. Allerdings war die die Idee keineswegs den Köpfen der Seiko-Techniker entsprungen. Schon 1954 hatte in Otero mit dem Eppo-System etwas Ähnliches vorgestellt. Die Leistung des Hauses Seiko bestand in einer gründlichen Optimierung, welche den legendären Magic Lever in die Zukunft und damit in die meisten Automatikkalibern der Manufaktur trug.
Meilenstein 1960: Grand Seiko
Auch die Grand Seiko, das unangefochtene Seiko-Flaggschiff geht auf besagten Tsuneya Nakamura zurück. In den Armbanduhren dieses Namens debütierte 1960 das aus dem Marvel-Kaliber abgeleitete. Jedoch deutlich verfeinerte 3180. Bei der Entwicklung hatten der Präzisionsuhrmacherei verpflichtete Seiko-Mitarbeiter in Suwa, einer Fertigungsstätte westlich von Tokio ihr Augenmerk auf eine merkliche Verbesserung der Ganggenauigkeit gelenkt. Das Resultat sorgfältiger Entwicklung, Fertigung und Regulierung zeigte sich in der äußerlich eher schlichten, innen jedoch extrem aufwändig ausgestatteten Grand Seiko. Eine große Ringunruh vollzog im 12¼-linigen 3180 mit 25 Steinen stündlich 18.000 Halbschwingungen.
Vor der Lieferung hatte sich jeder Zeitmesser strengen Tests zu unterziehen. Die selbst gesteckten Genauigkeitsanforderungen überstiegen jene der amtlichen Schweizer Kontrollbehörde COSC. Das 35-Millimeter-Gehäuse trug eine dicke Auflage aus 14-karätigem Gold. Kein Wunder, dass die Grand Seiko in Japan rund 25.000 Yen und damit zwei Monatsgehälter eines Akademikers kostete. Nie zur Debatte stand damals ein Export der Grand Seiko. Bis 1965 war das erste Modell erhältlich.
Hier geht es zum zweiten Teil der Seiko Uhren Meilensteine und zu den Erfolgsmodellen der 1960er Jahre sowie der ersten weltweit erfolgreichen Quarzuhr
Die Erfolgsmodelle von Seiko der Jahre 1975 bis heute finden Sie hier im dritten Teil der Seiko Meilensteine.
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