Zeit hören heißt Zeit zählen
Uhren mit Repetitionsschlagwerk offerieren zwei ganz unterschiedliche Möglichkeiten des Wahrnehmens der kostbaren Zeit: eine optische durch konventionell rotierende Zeiger und dazu eine akustische durch das Zählen der verschiedenen Zeit-Schläge. Höchstmögliche Genauigkeit bietet hier die Minutenrepetition, welche zuerst die Zahl der Stunden mit einem tiefen Ton darstellt. Die Viertelstunden repräsentieren Doppeltöne. Für jede der nach der letzten vollen Viertelstunde vergangenen Minuten erklingt danach noch ein hoher Ton. Um 12 Uhr 59 heißt es besonders aufgepasst. Hier erklingen anfangs zwölf tiefe Töne, dann folgen drei Doppelschläge und anschließend nochmals 14 hohe Töne. Macht summa summarum 29.
Eine Minutenrepetition in Aktion – mit Blick auf die Hämmer und das Schlagwerk
Wie alle anderen, weniger präzisen Ausprägungen klassischer Repetitionsschlagwerke verlangt auch die Minutenrepetition zunächst nach dem Spannen der unter einer zentralen Brücke gelagerten Antriebsfeder des komplexen, aus mehr als 100 Teilen bestehenden Repetiermechanismus. Die Energiezufuhr für einen Repetiervorgang geschieht durch Betätigung des Drückers oder Schiebers im Gehäuserand. Daneben löst dieser Handgriff auch den Vorgang der Zeit-Repetition aus.
Stufenscheiben, Stern, Rechen
Voraussetzung für präzises Repetieren der Zeit ist eine exakte Synchronisierung der Kadratur mit der Zeigerstellung. Zu diesem Zweck montieren die Uhrmacher die Zeiger ganz zum Schluss in Übereinstimmung mit dem, was der Repetitionsmechanismus gerade schlägt. Mit Hilfe spezieller Nockenräder reicht das Uhrwerk die Zeit an das Repetierwerk weiter. Wie der Name bereits andeutet, ist die Stundenstaffel zusammen mit dem Stundenrechen für das Schlagen der vollen Stunden zuständig. Das mit einem Stern gekoppelte schneckenförmige Gebilde mit insgesamt zwölf Stufen, welche sich über 360 Bogengrade verteilen, sitzt unter dem Zifferblatt des Uhrwerks. Alle zwölf Stunden vollzieht es eine volle Umdrehung.
Beim Auslösen des Schlagwerks touchiert ein kleiner Stift die augenblicklich zutreffende Stufe der Schnecke. Mit zunehmender Stundenzahl steigt das Treppenniveau.
Beispielsweise ist zwischen acht Uhr und acht Uhr 59 Minuten die achte Stufe an der Reihe. Nun tritt der so genannte Einfallhebel in Aktion. Er begibt sich in den zugehörigen, in diesem Fall also achten Zwischenraum einer komplex geformten Zahnstange, welche in der Fachsprache Rechen heißt. Die Kraftquelle des Schlagwerks bewegt diesen Rechen bis zum Anschlag und bewirkt ein achtmaliges Anheben der Hammerhebewelle, welche den kleinen Hammer acht Mal nacheinander gegen die tief gestimmte Tonfeder schlagen lässt.
Den Schwung liefert eine flache, genau auf den Mechanismus angestimmte Stahlfeder. Die Fallbewegung des Hammers spannt ein kleines Zusatz-Federwerk, welches diesen nach nur kurzem Anklopfen der Tonfeder wieder abhebt. Das gestattet freies, wohlklingendes Schwingen.
Staffeln und Vorfall
Die Viertelstundenstaffel sitzt auf dem Minutenrohr. Sie verfügt über drei Doppelnocken für das erste, zweite und dritte Viertel jeder Stunde. Das vierte Viertel ist logischer Weise entbehrlich, weil der Mechanismus die auf jede volle Stunde folgenden Minuten unmittelbar schlägt. Das Abtasten erfolgt nach Abschluss des Ertönens der jeweiligen Stundenzahl analog zur Stundenstaffel. Allerdings muss das Schlagwerk zur Darstellung der Viertelstunden per Doppelschlag die beiden Hämmer kurz nacheinander anheben.
Bei der nicht minder wichtigen Minutenstaffel handelt es sich um eine Art Stern. Der besitzt vier geschwungene Arme mit jeweils 14 winzigen Zähnen, rotiert gleichfalls mit dem Minutenrohr und tritt erst ganz zum Schluss in Aktion. Jeder der 14 Zähne repräsentiert eine Minute nach der vollen Stunde oder vollen Viertelstunde, dargestellt durch Anschlagen der hell gestimmten Tonfeder.
Eine wichtige Komponente hochwertiger Repetitionsmechanismen besteht im so genannten Vorfall. Dabei handelt es sich um eine kleine Platte unter der Minutenstaffel. Sie schiebt sich beim Schlagen der ersten Minute nach vorne, vergrößert die naturgemäß winzige Abtastfläche für die erste Minute und steigert so die Zuverlässigkeit.
Isolator und Tempomat
Der für die korrekte Funktion bedeutsame Isolator legt einen der beiden Hämmer still, während der andere seine schlagende Arbeit absolviert. Er sorgt also für eine wesentlich zuverlässigere und weniger kräftezehrende Funktion.
Weil das Wahrnehmen der Zeit mit Hilfe von Repetitionsuhren eifriges Zählen verlangt, beschränkt sich die Schlagzahl auf ungefähr eineinhalb pro Sekunde. Die akustische Dimension von 12 Uhr und 59 Minuten nimmt also 20 bis 25 Sekunden in Anspruch.
Damit die Repetitionsmechanismen nicht zu schnell ablaufen, besitzen sie einen Regler. Hochwertige Konstruktionen früherer Jahre besaßen eine kleine, allerdings vernehmbar schnarrende Ankerhemmung. Zentrifugalregler, die in vielen Repetitionsuhren unserer Tage zu finden sind, bewegen sich dagegen nahezu lautlos.
Minutenrepetition
Spätestens jetzt sollte klar geworden sein, dass Repetitions-Armbanduhren von ihrer Klangqualität leben. Und die, hervorgerufen durch zwei Paare von Hämmern und Tonfedern, bereitet den Uhrmachern immer schon erhebliches Kopfzerbrechen. Die auf Länge und Stärke der Tonfedern abgestimmten Hämmer dürfen nur einige Sekundenbruchteile lang möglichst hart anschlagen. Damit die Schwingungen nicht gedämpft werden, haben sie anschließend sofort wieder einen gebührenden Abstand einzunehmen.
Die stählernen, ums Werk gewundenen Tonfedern müssen in Material, Länge und Durchmesser so definiert sein, dass ein harmonischer, hinreichend lauter Klang entsteht. Modernes Material und moderne Technologien führen nicht zwangsläufig zu akzeptablen Resultaten. Top-Qualität verlangt nach Tonfedern, die aus einem Stück gefertigt werden. Der Gong darf also nicht mit dem kleinen Halteblock verlötet sein. Exemplare vom Typ Kathedral sind mehr als eineinhalbfach so lang wie konventionelle. Dadurch senden sie mehr hörbare Wellen aus, nähert sich der Klang demjenigen einer Taschenuhr. Allerdings müssen die doppelt gewendelten Tonfedern extrem präzise gefertigt werden, damit sie nicht aneinanderschlagen und so das Klangerlebnis stören.
Leichte Schalen oder Gehäusematerial trägt zur Verbesserung des Klanges bei. In diesem Sinne erweisen sich Titan oder Karbon als akustisch optimaler Werkstoff. Stahl wäre ebenfalls sehr gut, wird allerdings kaum genutzt. Gold verkörpert einen akzeptablen Kompromiss. Platin mit hohem spezifischem Gewicht dämpft hingegen das Klangvolumen.
Repetition des komplexen Themas in aller Kürze:
Repetitionsschlagwerke geben die aktuelle Zeit auf Wunsch mehr oder minder genau akustisch wieder. Je nach Ausführung des Schlagwerks unterscheidet man die
Viertelstunden-Repetition oder kurz Viertelrepetition
Sie schlägt auf Anforderung die Stunden und Viertelstunden. Für jede Stunde erfolgt ein Schlag auf eine tief gestimmte Tonfeder. Die Viertelstunden werden durch Doppelschläge auf die tief und eine höher gestimmte Tonfeder dargestellt. Beim Blick auf die Rückseite eines klassischen Repetitions-Uhrwerks kann man übrigens nicht feststellen, um welchen Schlagwerkstyp es sich handelt.
7½-Minuten oder Achtelrepetition
Diese Repetitionsart sagt neben den vollen Stunden auch die Viertel- und Achtelstunden an.
Erstere werden wiederum durch das Anschlagen einer tief gestimmten Tonfeder wiedergegeben. Für jede Viertelstunde erfolgt ein Doppelschlag. Die zusätzlich verstrichenen Achtelstunden-Intervalle repräsentieren Schläge auf eine höher gestimmte Tonfeder. Einer bedeutet, dass sich der Minutenzeiger in der ersten Hälfte der folgenden Viertelstunde (null bis 7½ Minuten) befindet. Zwei besagen, dass er die zweite Hälfte dieser Zeitspanne erreicht hat. Diese Art der Repetition wird heutzutage in Armbanduhren nicht mehr verwendet.
Fünf-Minuten-Repetition
Hiervon existieren zwei Varianten:
Diejenige, welche die volle Stunde per tiefem Ton sowie anschließend die Zahl der danach verstrichenen Fünf-Minuten-Intervalle per hohem Ton verkündet, und diejenige mit Stunden- (tiefer Ton), Viertelstunden- (tiefer und hoher Ton) sowie Fünf-Minuten-Schlag (hoher Ton).
Minutenrepetition
Sie verbreitet die Stunden, Viertelstunden sowie die anschließend verstrichenen Minuten analog zur zuletzt beschriebenen Fünfminuten-Repetition.
Repetition mit Carillon (Spielwerk)
Diese Repetition unterscheidet sich von den anderen dadurch, dass sie die Viertelstunden mit drei Hämmern auf drei unterschiedlich gestimmte Tonfedern schlägt. Ein Gong-Quartett gestattet die berühmte Westminster-Tonfolge.
Wer nicht das durchaus beträchtliche Budget besitzt für eine aktuelle Armbanduhr mit Repetitionsschlagwerk, kann sich auf dem Markt der so genannten Mariagen umsehen. Hier haben heimatlose Uhrwerke ein neues Gehäuse erhalten, das sich am Handgelenk befestigen lässt. Sofern man mit dem Mix aus alt und neu leben kann, bleibt das Ganze durchaus bezahlbar. Mit Geduld und etwas Glück ist Derartiges für weniger als 10.000 Euro erhältlich.
Demnächst geht es weiter mit Selbstschlags-Armbanduhren (Grande und Petite Sonnerie)
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