Das ist so eine Sache mit Vintage-Uhren
Es ist schon komplex und verlangt Sachverstand, Vintage-Uhren und Sammleruhren zu bewerten. Ob Original, Marriage und Frankenwatch oder kaschierte Pseudo-Original Uhr – die verschiedenen Qualitätsstufen und Veränderungsniveaus sind selten eindeutig und müssen erkannt werden. Denn es gibt bei Vintageuhren viele unterschiedliche Daseinszustände zwischen Original und Fälschung. Entsprechend unterschiedlich ist ihr Wert.
Erfahrene Uhrenliebhaber und kluge Uhrensammler gehen deshalb mit Bedacht vor und machen sich zunächst ein genaues Bild der Lage. Dazu gehört zunächst die optische Prüfung der Uhr, des Gehäuses, des Bands und des Zifferblatts. Weiterhin gilt es die Bestimmung der Marke, des Modells, Kalibers, Materialien und falls möglich des Herstellungsjahres vorzunehmen. Hierzu gehört ein konzentrierter Blick in die Papiere, ggf. ein Abgleich mit Auslieferungsverzeichnissen zum notwendigen Prüfen.
Versierte Sammler verfolgen überdies vergangene Versteigerungsergebnisse und kennen grob die Anzahl der sich noch im Umlauf befindlichen Uhren. Bei höherwertigen, teuren Uhren ziehen diese mitunter einen Uhrwerkexperten zu Rate . Er öffnet die Uhr und prüft das Werk genauestens auf seinen Zustand, Abnutzungsgrad und möglich Schäden. Weiterhin gilt es festzustellen, ob die Teile der Uhr wirklich original sind, bzw. wo Teile ersetzt oder verändert wurden.
Liegen all diese Informationen vor, haben Uhrensammler in der Regel ein klares Bild des Werts einer gebrauchten Uhr wie Vintage Uhr vor Augen.
Was bei Vintage Uhren und SammlerUhren erlaubt ist
Alte Uhren oder Uhren die länger im Gebraucht sind, müssen gewartet werden. Dazu gehört auch der Wechsel von Verschleißteilen. Denn natürlich ist eine alte ungetragene Vintage-Uhr das Ziel aller Uhrensammler und Uhrenfreunde, aber solche Modelle sind sehr rahr. Entsprechend unfassbar hoch sind dann die Preise für eine ungetragene alte Rolex Daytona, eine im perfekten Zustand befindliche Audemars Piguet Royal Oak oder auch frühe Patek Philippe Nautilus. Hierbei ist wichtig zu wissen, dass auch aus heutiger Sicht unvollkommene Teile dieser Uhren wie etwas Plexiglas-Uhrengläser oder das mitunter klemmende Uhrenarmband unbedingt original sein sollen.
Bei alten Golduhren mit hohem Goldanteil spielt überdies auch das Gewicht der Uhr eine Rolle. Mitunter ist das Werk gewöhnlich, jedoch der Goldanteil groß. Entsprechend haben auch solche Uhren einen ansehnlichen Wert.
Gebrauchte und getragene Uhren im guten Zustand sind somit bei erfolgten Inspektionen und auch dem Einbau neuer Verschleißteile von Wert. Sie haben jedoch nicht den Glanz des neuen Alten.
Sollten Sie überdies bei einer alten Uhr gefragt werden, ob das Gehäuse gereinigt und Kratzer und Schrammen beseitigt werden sollen, dann überlegen Sie gut und antworten Sie ruhig gegebenenfalls mit nein. Das Glätten und Polieren einer schönen alten Uhr wird oft als wertmindernd angesehen, da die natürlich Patina verloren geht. Ob nun ungetragen oder getragen aber im guten Zustand – Uhren und Modelle der richtigen Marke waren gesucht, sind gesucht und werden gesucht bleiben.
Das ist bei Vintage nicht ok
Hat eine alte, angeblich wertvolle Uhr nun ein anderes, zumeist seltenes Zifferblatt und etwas eine besondere Lünette erhalten, die nicht echt sind und nicht in die Modellreihe oder den Produktionszeitraum dieser Uhr passen, dann bewegen wir uns bereits im dunkelgrauen bis schwarzen Bereich. Es handelt sich dann um eine sogenannte Frankenwatch oder Mariage Uhr. Hier wurden originale und auch nicht-originale Teile wie bei Frankensteins Monster wiederbelebt. Solch eine neukonstruierte Uhr hatte der Uhrenhersteller weder im Sinn noch im Programm. Entsprechend hoch ist die Wertminderung. Wurde solch eine Uhr vom Verkäufer schriftlich gar als Original angepriesen, besteht die Möglichkeit des Regresses oder vom Kauf zurückzutreten. Allerdings muss man derlei Veränderungen erkennen – und das ist nicht einfach. Nicht umsonst sei hier nochmals der technische Beistand angesprochen.
Es ist eben nicht einfach, mal schnell bei Vintage Uhren ein Schnäppchen zu machen. Dafür sind im Uhren Sammlerbereich eben schon zu viele Kenner und aufmerksame Beobachter des Marktes unterwegs. Umso wichtiger, die unterschiedlichen Zustände von Vintage- und Sammleruhren zu kennen und grob bewerten zu können.
1. Das perfekte Original oder auch das The New Old Stock Sammlerstück
Solch eine New Old Stock Uhr ist natürlich ein Sechser im Lotto. Denn eine Original Uhr im sehr guten Zustand und nicht oder kaum getragen, womöglich noch originalverpackt – da glänzen die Augen der Uhrensammler und Vintage-Freunde. Entsprechend teuer ist solch ein Vintage Modell. Allerdings ist trotz des Originalzustands eine Reinigung, Prüfung und Aufbringung von neuen Schmiermitteln zu empfehlen.
Neben den New Old Stock Uhren sind auch die Tresor Queens (siehe dazu eine wunderbar zugespitzte Auflistung von Kürzeln) und zu erwähnen. Dabei handelt es sich um Uhren neueren Datums, die ungetragen in Safes verwahrt wurden und bei denen der Uhrenkäufer von Anbeginn an auf einen späteren Weiterverkauf gesetzt hat. Hier ein Schnäppchen zu erwarten, wäre wohl arg optimistisch gedacht. Allerdings haben diese Uhren einen besonderen Vorteil. Zum einen hat sich die Uhrentechnik enorm weiterentwickelt und diese Youngtimer Uhren sind in puncto Uhrwerk präziser und robuster wie ältere Uhren. Zum anderen ist im Fall der Fälle die Ersatzteilbeschaffung kein Problem.
2. Die getragene, gewartete Uhr im guten Zustand
Der Markt der Uhren ist trotz mitunter heftiger Schwankungen der Märkte über die letzten Jahrzehnte gewachsen. Entsprechend gut ist das Angebot an gebrauchten und guten Uhren. Solch ein Vintage-Modell ist nicht zu teuer, in einem guten, aber auch nicht perfekten Zustand und wurde auch gewartet oder ggf. repariert. Selbst eine kleine Reparatur mit einem Austausch eines kaputten Uhrwerksteils sollte bei Verwendung der Originalteile des Uhrenherstellers kein Problem sein. Wurde die Uhr beim Hersteller generalüberholt und das Werk in den Originalzustand versetzt steigert das den Wert zusätzlich.
Trotzdem ist es eben keine New Old Stock Uhr, denn echte Sammler schätzen den historischen Originalzustand, selbst wenn dieser kleine Fehler. Dies trifft zum einen für das Gehäuse zu – hier sollte man sich tunlichst überlegen, ob man das Gehäuse ausbessern und polieren lässt. Auch eine möglicher Austausch von Uhrwerksteilen, die heutzutage zwar technologisch besser, aber eben nicht original sind, ist nicht zu empfehlen.
Die Höchststrafe erhält man, wenn man das Zifferblatt einer alten Uhr unnötigerweise verändert. Eine Rolex Tropical mit vergilbtem Zifferblatt verliert einen guten Teil ihres Werts, wenn man solch einen Austausch vornimmt. Gleiches gilt für manche Uhren mit Kunstofflünette oder strahlenden Leuchtziffern. Hier gilt es stets beim Original zu bleiben.
3. Mariage oder Frankenwatches: Von allem ein bisschen, aber nichts Ganzes
Zunächst ein Wort zur Beruhigung. Eine seltene schöne Uhr hat nicht ihren kompletten Wert verloren, wenn bei dieser Frankenwatch oder Mariage ein kaputter Zeiger austauscht wurde. Ein Zifferblatt mit verblassten Ziffern oder herabgefallenen Indexen will man natürlich in einen gebrauchsfähigen Zustand setzen und korrigiert das Malheur. Selbst der Austausch einer Hemmung oder Brücke mit Teilen einer anderen Uhr ist per se kein Tabu. Nur – jetzt kommt der Punkt: Auch wenn diese alten Uhren wieder laufen und adrett sind es sind keine Originale, sondern geflickte Uhren. Entsprechend deutlich sinkt ihr Wert, aber dank des coolen Designs der frühen Jahre, kann solch eine Uhr ihrem Träger durchaus Freude bereiten (sofern er den angebrachten Betrag bezahlt hat). Das Thema Mariagen, bei dem alte Werke, deren usprüngliches Gehäuse eingeschmolzemn wurde, eine neue Schale erhalten, ist übrigens keineswegs verwerflich. Wer sich auf diese Art der Vermählung einlässt, kann hochrangige Uhrwerke zu sehr vernünftigen Preisen an Handgelenk spazieren tragen. Ein Original besitzt man halt nicht. Man muss der Qualität des tickenden Innenlebens eine höhere Bedeutung beimessen als dem Gesamtkunstwerk ohne gesamthafte Vergangenheit.
Anders sieht es aus, wenn Uhren in Umlauf gebracht werden, und keine Information über derlei substanzielle Veränderungen mitgeteilt wurden. Oder gar begehrte Uhrenmodelle aus der Vergangenheit bewusst mit „fremden Federn“ geschmückt wurden. Hier kann das Wort Betrug bei Verschweigen solch eines gravierenden Mangels ohne Zögern über die Lippen kommen.
Denn es kommt bei einer Vintage-Uhr nicht darauf an, ob sie läuft, sondern ob sie dem Marken- und Modellversprechen entspricht. Entsprechend aufmerksam sollte ein Käufer bei besonders begehrten Vintage Uhren sein.
Summa Summarum
Manchmal hilft auch ein gesunder Menschenverstand. Ein enthusiatischer Uhrenfreund, der sich für 150 Euro auf einer wilden Digitalplattform ein schnelles Modell ergattert, sollte nicht erwarten, dass Bacs & Russo vom Auktionshaus Phillips den Versteigerungskatalog um eine eigene Seite erweitert. Solch ein Uhr ist cool, witzig, besonders – aber eben keine Wertanlage. Aber warum nicht solch eine coole Uhr tragen?!
Möchte man mehr Geld investieren, gilt es besonnen, mit Ruhe und Verstand und nach guter Prüfung zu erwerben. Dann ist es aufgrund des guten Angebots immer noch möglich, an interessante Vintage- und Sammerleruhren zu kommen, bei denen das Invest lohnt und auch das äußere Erscheinungsbild gewinnt.
Also Augen auf – und Drive carefully, wie auf einer sehr schönen Vintage-Uhr einmal eingraviert wurde!
Ich suchte eine Felco Cronographen Uhr aus den 70iger Jahren