Audemars Piguet: Umsatzrekord und Neubau
Es ist ein Thema, das uns nicht nur in dieser Uhrenkosmos Wochenschau beschäftigen wird. Der Abschied von François Bennahmias naht. Und in Person von Ilaria Resta, siehe hier im Uhrenkosmos, steht die neue Chefin auch schon fest.
Aber noch lässt der bis Ende 2023 amtierende CEO das Ruder bei Audemars Piguet nicht los. Und seine Nachfolgerin muss in immer größere Fußstapfen treten. Wie er bei einem Interview mit Bloomberg nicht ohne Stolz verkündete, soll der Verkauf von circa 50.000 Armbanduhren, im Jahr 2023 voraussichtlich rund 2,4 Milliarden Schweizerfranken in die Kassen der Manufaktur spülen. So viel waren es noch nie im Zeitraum von zwölf Monaten.
Mit diesem Wert und zweistelligem Wachstum setzt der auf eigenen Wunsch scheidende Firmenlenker zum Abschluss seiner Karriere eine starke Wegmarke. In besagtem Interview sprach Bennahmias auch davon, dass Audemars Piguet Ende Juli 2023 den niedrigsten Lagerbestand aller Zeiten besessen hätte. Das alles zu toppen, und davon gehen die Eigentümerfamilien mit Sicherheit aus, stellt für seine branchenfremde Nachfolgerin eine riesige Herausforderung dar.
Bekanntlich stützt sich das florierende Geschäft des Traditionsunternehmens einmal zu mehr als 80 Prozent auf die 1972 lancierte Royal Oak und ihre Nachfolger. Andererseits verkauft Audemars Piguet seine Produkte nur noch über ein exklusives Vertriebssystem. Zum ihm gehören so genannte AP Houses und Boutiquen, die zum großen Teil selbst oder von ausgewählten Partnern betrieben werden. Der solcherart generierten Einzelhandelsumsätze haben Audemars Piguet trotz geringerer Stückzahlen bei Jahresumsatz an Patek Philippe vorbeiziehen lassen.
Sollte es Ilaria Resta gelingen, das Umsatzwachstum in der gehabten Dynamik voranzutreiben, könne sie über kurz oder lang auch Omega, die Nummer drei im Ranking der eidgenössischen Uhrenproduzenten, hinter sich lassen. Jährlich sollen die Publikumspreise der Uhren um zwei bis drei Prozent nach oben klettern. Für zusätzlichen Schub hat François Bennahmias ebenfalls schon gesorgt.
Neue Produktionsstätte in Genf Meyrin
Wie Audemars Piguet in der zurückliegenden Woche mitteilte, sollen ab Ende 2025 etwa 350 Menschen im Genfer Stadtteil Meyrin arbeiten. Dadurch könnte die Jahresproduktion auf 60.000 Uhren klettern, Der neue Standort liegt in der Nähe von Chopard. Konkret handelt es sich um die ehemalige Liegenschaft von Uhlmann-Eyraud.
Zwischen 1963 und 1965 errichtete das Pharmaunternehmen ein u-förmiges, historisch bedeutsames Gebäude. AP erwarb es 2023 und startete sogleich mit der Renovierung. Zudem entstehen in den kommenden zwei Jahren ein zentral gelegener Neubau mit drei Etagen für die Produktion sowie zwei Flügel im Erdgeschoss.
Beherbergen wird der imposante Komplex die Gehäuse- und Armbandfertigung von Audemars Piguet sowie das neue Technologiezentrum. Ziel ist es, architektonisches Erbe und technische Innovation miteinander zu verbinden. Nach den Arbeiten erhält das historische Gebäude, dessen Fassade renoviert, gedämmt oder teilweise ganz erneuert wird, das Minergie-Renovation-Zertifikat. Der Neubau erfolgt nach den Kriterien Minergie-P Eco-Labels.
Bleibt schließlich nur zu hoffen, dass die geopolitische Situation und die angespannte wirtschaftliche Lage auch in China keine Striche durch die hochfliegenden Pläne machen. François Bennahmias dürften die nicht unbedingt erfreulichen Entwicklungen rund um den Globus sowie die sinkenden Preise am Parallelmarkt nicht sonderlich tangieren. Spätestens am 31. Dezember nimmt er seinen Hut und überlässt das Spielfeld Ilaria Resta. Während seiner elf Jahre als CEO hat er Audemars Piguet (ein spannendes Interview mit dem sehr klar kommunizierenden Ex-CEO gibt es hier zu lesen) in einsame Höhen geführt. Seine Leistungen haben sich unauslöschlich ins Gedächtnis geprägt.
TAG Heuer: Flagship Boutique und Chronosprint
Ob TAG Heuer unter der Ägide von Frederic Arnault eines Tages in die bemerkenswerten Umsatzregionen von Audemars Piguet vorstoßen oder zumindest die Milliardenschwelle überschreiten wird, lässt sich schwer voraussagen. 2022 erlöste das Mitglied des LVMH-Konzerns geschätzte 729 Millionen Schweizerfranken. Das sind 15 Millionen weniger als die Schwester Hublot und 618 Millionen mehr als die andere Schwester Zenith. Wäre TAG Heuer mit seiner Münchner Boutique nicht kürzlich in die Weinstraße 11 umgezogen, würde die Marke ihre Uhren in der Theatinerstraße künftig ziemlich exakt gegenüber der neuen Zenith Boutique verkaufen.
Aber die etwa 15 Quadratmeter im winzigen Ladengeschäft waren Frederic Arnault und seinem Deutschland- und Zentraleuropa-Statthalter Davide Lunghi auf Dauer definitiv zu wenig. Die Suche nach repräsentativeren Räumlichkeiten führte etwa hundert Meter weiter in die Weinstraße. Neben Juwelier Wempe, der unmittelbar nebenan übrigens auch TAG Heuer führt und dem Vernehmen nach auch weiterhin führen wird, stehen künftig 120 Quadratmeter auf zwei Etagen zur Verfügung.
Nach Paris ist es der zweite Flagship-Store, zu dessen Eröffnung Frederic Arnault selbstverständlich an die Isar Reise. Begleitet von Patrick Dempsey. Ein Interview mit dem Schauspieler und Rennfahrer lässt sich hier im Uhrenkosmos nachlesen.
Bei so viel Prominenz am offiziellen Eröffnungstag versammelten sich vor der neuen Boutique natürlich zahlreiche Menschen. Zutritt hatten logischer Weise nur eigens geladene Gäste. Diese konnten sich im stylish eingerichteten Geschäft umsehen, Uhren der unterschiedliche Produktlinie betrachten und ganz nebenbei den neuen Heuer Carrera Chronosprint hautnah erleben.
Diese Armbanduhr, welche die 2021 gestartete und vorerst bis 2025 laufende Kooperation zwischen TAG Heuer und Porsche einmal mehr unterstreicht, zelebriert zwei runde Geburtstage.1963, also vor exakt 60 Jahren präsentierte Jack Heuer seinen Carrera Chronographen.
TAG Heuer Chronosprint Kaliber TH20-08
Im gleichen Jahr 1963 brachte Porsche den legendären 911er auf den Markt. Der ursprünglich 901 genannte Sportwagen sprintete in für damalige Verhältnisse sehr flotten 9,1 Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer. Genau dieser Zeitspanne huldigt der in Stahl und Massivgold erhältliche Chronograph auf sehr spezielle Weise. Dabei macht er sich ein Untersetzungsgetriebe zunutze, welches Chefuhrmacherin Carole Forestier eigens für das hauseigene Automatikkaliber Heuer 02 entwickelt hat.
Das Kaliber TH20-08 basiert logischer Weise auf dem Heuer 02 und führt dank gezielter Modifikation den Spurt mit Hilfe der Stoppfunktion deutlich vor Augen. Zu diesem Zweck bewegt sich der zentrale Chronographenzeiger nach dem Starten sehr schnell hin zur 9,1 Sekunden-Marke. Weil eine komplette Umdrehung genau eine Minute benötigen darf, entschleunigt er sich anschließend auf dem Weg in die Senkrechte. Am Ende dreht er tatsächlich in exakt 60 Sekunden um 360 Bogengrade.
Eine entsprechende Skalierung gestattet präzises Ablesen der gestoppten Sekundenintervalle. Dieses funktional eigentlich nutzlose, optisch jedoch augenfällige Schauspiel wiederholt sich bis zur Betätigung des Stoppdrückers. Nach jeder Umdrehung wandert der Zeiger des 30-Minuten-Totalisators um eine Position weiter. Dessen Umdrehungen erfasst der bei „9“ angesiedelte Zähler bis zu 12 Stunden lang.
Stahl oder Gold
Die Herstellung der beiden schneckenförmigen Zahn-Gebilde aus Nickel-Werkstoff geschieht im sogenannten LiGA-Verfahren. Das Kürzel steht für die drei Verfahrensschritte Lithografie, Galvanik und Abformung. Zunächst erfolgt die Konstruktion eines Bauteils am Computer. Die Komplexität spielt nahezu keine Rolle, denn selbst ausgefallene Konturen lassen sich genauestens realisieren. Nach dem Vervielfachen entsteht auf fotolithografischem Weg eine Maske. Dort sind die gewünschten Werkstücke als kleine Gruben erkennbar. Auf galvanischem Wege erfolgt das Auffüllen beispielsweise mit Nickel.
Gags sind die roten Bereiche am Zifferblatt. Die Strichmarkierung im Feld der Permanentsekunde bei „6“ erinnert an das Porsche-Cockpit in den 1970-er Jahren und den Hinweis, die Geschwindigkeit in städtischen Gebieten einzuhalten. Die Markierung im Stundenzähler weist auf den kritischen Drehzahlbereich des Motors ab 6.800 UpM hin.
Zu haben ist dieser Stopper in Edelstahl oder 18-karätigem Roségold. In beiden Fällen misst die bis zehn bar wasserdichte Schale mit vorderseitig hoch gewölbter und entspiegelter (Saphir-)glassbox 42 Millimeter. Saphirglas verwendet TAG Heuer auch für den Sichtboden. 14,9 Millimeter beträgt die Bauhöhe der mit einem Kalbslederband ausgestatteten Uhr. Die unverbindlichen Publikumspreise liegen bei 9.450 Euro in Stahl und 23.900 Euro in Gold. Zu haben ist der TAG Heuer Chronosprint ab sofort natürlich auch in der neuen Münchner Boutique.
Uhrenkosmos Wochenschau
In der 6. Uhrenkosmos Wochenschau ging es rund um den Rolex-Bucherer-Deal. Er wirbelte in der Uhrenindustrie jede Menge Staub auf. Dabei lohnt ein Blick auf die Umsatz und Gewinnzahlen der Konzerne. Außerdem geht es um die Oris AquisPro 4000m vor. So viel Druck hat zuvor noch keine Taucheruhr von Oris ausgehalten. Wer diese Wochenschau von Uhrenkosmos verpasst hat, der kann diese hier nachlesen.
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