Männlichkeit statt Machogehabe
Eine 1999 lancierte Werbekampagne mit dem Slogan „Fast so kompliziert wie eine Frau. Aber pünktlich“ hatte zuvor für Aufsehen gesorgt. Obwohl für Kern außer Frage stand, das Image der IWC als männliche Armbanduhr weiter zu festigen, so provokativ wollte der neue Chef nicht weiterfahren. Chauvinistisch angehauchte Werbesprüche wichen dezenteren Aussagen und die Uhrenkollektion bekam nach und nach einen neuen Schliff verpasst. Vor allem aber setzte Kern auf eine klar strukturierte Globalisierungsstrategie.
Mit Georges Kern Auf internationalem Kurs
Als Kern die Leitung von IWC übernahm, erwirtschaftete der Hersteller Schätzungen zufolge mit rund 40.000 Uhren einen Umsatz von 100 Millionen Schweizer Franken pro Jahr. Doch nur ein Fünftel der Uhren wurde außerhalb des deutschsprachigen Raums verkauft. Durch seine ausgefeilte Globalisierungsstrategie jedoch erschloss Kern erfolgreich den internationalen Markt. Bei seinem Weggang wurden zwei Drittel aller IWC-Uhren außerhalb des deutschsprachigen Raums verkauft. Eine wichtige Erfahrung, die er 2017 nach seinem Wechsel zu seiner aktuellen Wirkungsstätte Breitling in Grenchen in gleicher Weise fortführt.
Kern begriff allerdings auch schnell die Skalierungsmöglichkeiten in Asien. Ohne die Expansion in „Greater China“ wäre ein Wachstum auf deutlich mehr als 100.000 Uhren per annum schlicht unmöglich gewesen. Als Katalysatoren wirkten dabei Kerns ausgewiesene Marketingkenntnisse, aber auch viele prominente Markenfreunde, etwa aus der Welt des Films oder des Sports. Die Fähigkeit Weltstars von den Vorzügen der Marke als Markenbotschafter zu gewinnen, gehört sicher zu den Stärken des versierten Uhren-Managers.
Der Wert der Schöpfung
Zusätzlich setzte Kern auf eine verbesserte Manufaktur. „Als ich damals anfing, generierte IWC aus der eigenen Werkefertigung nur fünf Prozent Wertschöpfung. Inzwischen sind wir bei mehr als 50 Prozent angelangt und wir führen dieses Jahr unseren ‚Basis-Chrono‘ sowie unser ‚Basis-Automatik-Kaliber‘ ein“, erinnert sich Kern. Wenn diese Kaliber ihren Weg in Gehäuse finden, die sich derzeit noch in der Entwicklungs-Pipeline befinden, ist bei 50 Prozent Wertschöpfung sicher noch nicht Schluss. Darüber hinaus kümmert sich Georges Kern und sein Team bei IWC wie Breitling sehr konsequent um die Kollektion. Jedes Jahr kommt eine Uhrenfamilie auf den Prüfstand und wird gestalterisch (und falls nötig auch technisch) überarbeitet. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist auch, dass jede Uhrenfamilie ihre eigene Geschichte erzählt. Ein Beispiel für dieses Vorgehen ist zum Beispiel die 2017 bei IWC vorgestellte, gründlich überarbeitete und nun wieder runde IWC Da Vinci-Linie. Aber auch bei Breitling agiert Kern in gleicher Weise und hat 2020 die Breitling Modelle Top Time und Navitimer entschlackt und neu aufgelegt.
König der Luxusuhren
Dass sich harte Arbeit auszahlt, beweist Kerns jüngster Karrieresprung: Zum 1. April 2017 avancierte er bei Richemont zum Chef aller spezialisierten Uhrenmarken von A. Lange & Söhne bis Vacheron Constantin – und damit zum „König der luxuriös gemessenen Zeit.“ Allerdings blieb es bei einem kurzen Leitungs-Intermezzo.
Eine bessere Chance bot Georges Kern der Verkauf von Breitling an den 1981 gegründeten Finanzinvestor CVC Capital Partners. Unter dessen Dach befindet sich das ehemalige Familienunternehmen seit Mai 2017. Zwei Monate später übernahm der uhr-erfahrene Georges Kern dort die Aufgabe des Breitling CEO. Im Cockpit verantwortet er einerseits die angemessene Würdigung jahrzehntelanger Tradition. Andererseits hat er sich zum Ziel gesetzt, Breitling als Pilot in eine deutlich umsatzstärkere Zukunft zu lenken.
Mehr über die „Chrono Sapiens“ – die Herren der Zeit – erfahren Sie hier:
0 Kommentare
Trackbacks/Pingbacks