Zeppelin Atlantic GMT: Eine Uhr mit GMT-Funktion für weniger als 500 Euro

Gesehen, gekauft

Aufgefallen ist mir die Zeppelin Atlantic GMT Armbanduhr während des Zusammentreffens der Jury zur Kür der Sieger des Inhorgenta Award 2023. Den ersten Platz erreichte die Uhr in diesem Zusammenhang nicht. Aber meine Aufmerksamkeit war geweckt. Während der Uhrenmesse Inhorgenta nahm ich den Zeitmesser dann näher unter die Lupe. Und es bestätigte sich, dass die in Ismaning bei München ansässige Firma Pointtec für 499 Euro mit Lederband in der Tat einiges bietet. Kurzerhand entschloss ich mich zum Kauf, den ich, das sei gleich vorweg konstatiert, bislang noch keine Minute bereut habe.

Im Gegensatz zu vielen GMT-Zeitmessern, in denen beispielsweise das Eta 2893 oder das SW330 von Sellita mit unabhängig verstellbarem 24-Stunden-Zeiger tickt, lässt sich der 12-Stunden-Zeiger bei den drei verschiedenen Zeppelin-Modellen im Handumdrehen auf eine andere Ortszeit umstellen. Genau das brauchen Reisende bei Trips über Zeitzonengrenzen hinweg. Solche unternahmen in den 1920-er und 1930-er Jahren übrigens schon die von Ferdinand Graf von Zeppelin initiierten und nach ihm benannten Starrluftschiffe mit rund 200 Metern Länge.

Tickendes von Miyota

Zurück zur Armbanduhr. Ihr poliertes Stahlgehäuse mit 42 Millimetern Durchmesser zeichnet sich durch bemerkenswert hohe haptische Qualitäten und durch die recht weit heruntergezogenen Bandanstößen auch erfreuliche Ergonomie aus. Liegt die Uhr flach am Tisch, schwebt der Boden. So und nicht anders sahen es früher einmal die Gehäusedesigner. Stellen, welche die Manschetten in Mitleidenschaft ziehen könnten, finden sich bei der Daumenprobe keine.

Zifferblatt und Zeigern schützt ein hoch gewölbtes Sicherheits-Mineralglas. Ein bombiertes Saphirglas kann und darf man in dieser Preisklasse logischer Weise nicht erwarten. Der Schraubboden mit Zentralgewinde besitzt ein Sichtfenster. Dahinter zeigt sich ein Automatikwerk vom Kaliber Miyota 9075. Bei diesem Fabrikanten handelt es sich um einen 1959 gegründeten Ableger des japanischen Uhrengiganten Citizen.

Pro Jahr fertigt Citizen im Land der aufgehenden Sonne und auch im Reich der Mitte mehr als 1,7 Millionen mechanische Uhrwerke. Selbige, vor allem wenn sie der Top-Kaliberfamilie 9xxx entstammen, müssen sich hinter vergleichbaren Kalibern eidgenössischer Provenienz keineswegs verstecken. Rund 26 Millimeter beträgt der Durchmesser dieses Uhrwerks. Sein einseitig im Uhrzeigersinn aufziehender Kugellagerrotor verfügt über ein äußeres Schwermetallsegment. Stündlich 28.800 Halbschwingungen vollzieht die Unruh. Ein Federhaus speichert Kraft für circa 42 Stunden Gangautonomie.

Wie schon gesagt, besteht die Besonderheit in einer GMT-Funktion für fernreisende Kosmopoliten. Per halb gezogener Krone lässt sich der Lokalzeit-Stundenzeiger unabhängig vor- und rückwärts verstellen. Überquert er Mitternacht, folgt das Fensterdatum ebenfalls in beiden Richtungen. Exakt diese Funktionalität ist beispielsweise auch der legendären Rolex GMT-Master II zu eigen, welche in meinen Augen als Mutter aller sportlichen Armbanduhren mit konzentrisch angeordnetem 12- und 24-Stungen-Zeiger zu werten ist.

Gefertigt in Ruhla, Thüringen

Die 1987 von Willi Birk in Ismaning bei München gegründete Firma Pointtec, zu der das Label Zeppelin seit 2002 gehört, belässt es übrigens nicht bei der Standardversion des Miyota 9075. Räderwerksbrücke und Unruhkloben ziert ein Streifenschliff. Ein deutscher Wertschöpfungsanteil jenseits 50 Prozent rechtfertigt das Prädikat Made in Germany. Die Fertigstellung der Uhren erfolgt übrigens seit vielen Jahren schon im thüringischen Ruhla.

Dort hatten Christian und Georg Thiel 1861/1862 eine Feinmechanik-Firma ins Leben gerufen. Jene Gebrüder Thiel GmbH produzierte ab 1891 vorwiegend preiswerte Uhren in riesigen Stückzahlen. Der Ausstoß ging in die Millionen. Im geteilten Nachkriegs-Deutschland erfolgten die Enteignung der Gründerfamilie und die Umbenennung der dortigen Industrieanlage zum Volkseigenen Betrieb Uhrenwerke Ruhla. Selbiger setzte 1967 Maßstäbe mit einer automatisierten Produktionsstraße für das eigens entwickelte Kaliber 24. Hiervon entstanden vor allem für den Export zum Zweck der Devisenbeschaffung ca. 115 Millionen Exemplare.

Auf die deutsche Wiedervereinigung folgten eine Zerschlagung des besagten VEB und der Abriss aller Bauten bis auf das 1929 errichtete Bauhaus-Gebäude der renommierten Architekten Schreiter & Schlag. Dort setzten leitende Mitarbeiter die Produktion unter dem neuen Firmennamen Gardé Uhren und Feinmechanik fort. Neben eigenen Erzeugnissen entstanden hier vor allem auch Uhren im Lohnauftrag unter anderem für Pointtec. Nach dem im Jahr 2019 Konkurs übernahm Pointtec nicht nur die Uhrenmontage samt aller dort beschäftigten Mitarbeiter der Ruhla Werke, sondern auch das denkmalgeschützte Bauwerk sowie das darin untergebrachte Uhrenmuseum.

Gute Wahl

Seit gut zwei Monaten macht die Zeppelin Atlantic GMT am Handgelenk Bella Figura. Zur Wahl stehen insgesamt fünf verschiedene Ausführungen mit dem Logo der fliegenden Zigarre am Zifferblatt. Nach einigen Überlegungen hatte ich mich für die hinsichtlich des beigefarbenen Zifferblatts eher nostalgisch anmutende Version 100 Jahre Zeppelin entschieden.

Ganz akribische und detailverliebte Zeit-Genossen empfinden womöglich einen kleinen Wermutstropfen in der nicht zu den vier Hertz Unruhfrequenz passenden Sekundenbruchteil-Indexierung. Statt deren vier dürften es hier nur drei kleine Striche sein. Um das zu erkennen, muss man jedoch schon sehr genau hinschauen. Den meisten Menschen fällt das winzige Manko also kaum auf. Nicht ganz erschließen sich auch die zwölf mit Leuchtmasse gefüllten Punkte, denn dazu passende Leuchtzeiger besitzt dieses Modell nicht. Das soll bei den neuesten Produkten jedoch geändert sein.

Abgesehen davon gibt es prinzipiell nichts zu meckern. Auch an der Ganggenauigkeit über nunmehr gut zwei Monate hinweg lässt sich beim besten Willen nichts aussetzen. Bei regelmäßigem Tragen ging mein Exemplar im Durchschnitt täglich höchstens acht Sekunden vor. Störendes Nachgehen war nie zu verzeichnen. Unter die Dusche oder ins Wasser nehme ich meine Zeppelin Atlantic GMT wegen des Lederbands und der nur bis zu fünf bar Druck reichenden Wasserdichte ganz bewusst nicht mit. Mehr über Wasserdichtigkeit bis hin zu den Vorgaben für Taucheruhren gibt es hier zu lesen.

Neben diesem Retrolook-Modell gibt es zwei moderner wirkende Ausführungen mit leicht bombierter Erdhälfte im Zifferblatt-Zentrum. Bei einer ist das Basis-Zifferblatt blau, bei der anderen silberfarben gehalten.

Ohne Erdkugel, dafür mit leichtem Retro-Touch präsentieren sich schließlich die beiden Zeppelin Los Angeles in Blau oder Beige. Für moderate 525 Euro offeriert Zeppelin diese Uhren auch mit einem haptisch angenehmen Milanaise-Armband.

Mein Fazit ist eine klare Kaufempfehlung für Uhrenliebhaberinnen und Uhrenliebhaber mit einem Faible für Uhren mit echter GMT-Funktion. Für rund 500 Euro machen sie definitiv nichts falsch. Und mit dieser Armbanduhr ist man im Büro, Restaurant, Konzert oder bei unterschiedlichen Freizeit-Aktivitäten passend gekleidet. Zu haben ist sie im Online-Shop oder bei Konzessionären der Marke Zeppelin.