Kleine Kupplungs-Kunde
Horizontal gekuppelt
Die älteste Form der Kupplung in einem Uhrwerk besteht in einem schwenkbaren Hebel mit daran befestigtem Zahnrad. Auf Knopfdruck stellt er eine Verbindung her zwischen dem auf der nach hinten verlängerten Welle des Sekundenrads befestigten Mitnehmerrad und dem Chrono-Zentrumsrad. Bedingt durch eine ungerade Zahl von Zahnrädern bewegt sich der Chronographenzeiger so in gleicher Richtung wie die Permanentsekunde.
inem zittrigem Drehen der Räder wirkt dabei traditionsgemäß eine kleine Friktionsfeder entgegen. Dieser Kunstgriff bedingt allerdings zusätzliche Reibung und ein Absinken der Unruh-Amplitude bei eingeschaltetem Chronographen. Die Kunst des Feinstellens besteht also darin, einen ausgewogenen Kompromiss zwischen Bremswirkung und Drehmomentverlust zu finden.
Eine weitere Schwierigkeit formschlüssiger Räderkupplungen besteht im Ineinandergreifen der Zähne beim Einkuppeln. Wenn Zahnspitze auf Zahnspitze trifft, springt der Chronographenzeiger beim Start. Dem begegnen die Uhrmacher durch dreieckige Zahnprofile und ein besonders fein verzahntes Chrono-Zentrumsrad. Bei 2,5 Hertz Unruhfrequenz, sprich fünf Halbschwingungen pro Stunde besitzt es 300 Zähne. Der große Vorteil für Technik-Voyeure: Nichts vom Kupplungsvorgang bleibt ihrem Auge verborgen. Die horizontale Räderkupplung zeigt alles mit größter Offenherzigkeit.
Schwingtrieb
Wesentlich simpler ist der 1887 für Edouard Heuer und seine Taschen-Chronographen patentierte Schwingtrieb in Gestalt einer beweglich montierten Welle mit zwei Ritzeln. Der zifferblattseitig angebrachte Zahntrieb greift unmittelbar ins Sekundenrad des Uhrwerks, der gegenüberliegende mit feiner Verzahnung nach Betätigung des Start-Drückers und kurzem Schwenk ins Chrono-Zentrumsrad. Bei Armbanduhren kam dieses System erstmals 1946 zur Anwendung. Im Zuge einer Ökonomisierung verbaute Valjoux besagten Schwingtrieb im Schaltrad-Kaliber 77 ECO. Aktueller Vertreter dieser Spezies Kupplung ist das weit verbreitete Eta/Valjoux 7750. Sehen kann man den Schwingtrieb unter normalen Umständen allerdings nicht.
Vertikalsysteme
Einen ganz anderen Kupplungsweg beschritt Henri-Alfred Lugrin in den 1870-er Jahren. Genau genommen handelte es sich um einen Hybrid aus Horizontal- und Vertikalkupplung. Mit von der Partie waren wie gehabt Mitnehmer-, Kupplungs- und Chrono-Zentrumsrad. Die Kraftübertragung erfolgte dabei mittels schräger, sehr fein verzahnter Flächen. Im Gegensatz zur klassischen Räderkupplung erfolgt das Ein- und Auskuppeln durch leichtes Absenken bzw. Anheben des Chrono-Zentrumsrads. Gegenüber dem Standard konnte sich diese Art der Kupplung allerdings nicht durchsetzen. Der Exot verschwand Anfang des 20. Jahrhunderts still und leise von der Bildfläche.
Unkonventionell vertikal gingen auch die Manufactures des Montres & Chronographes Pierce S.A. bei ihrem 1936 lancierten Kaliber 130 ans Werk. Ihre Kupplung bestand aus einer kleinen Gummischeibe, in die nach dem Starten spitze Dornen einer Mitnehmerscheibe greifen. Das System funktionierte zwar, aber bei häufiger Benützung verlangte die hoch belastete Gummischeibe nach regelmäßigem Austausch. Der Vorteil bestand in geringerer Reibung und dadurch reduzierten Drehmomentverluste bei eingeschaltetem Zeitschreiber.
Moderne Vertikalkupplung
Als Wegbereiter der modernen Vertikalkupplung Seiko gelten. Das 1969 vorgestellte und in Europa kaum beachtete Automatikkaliber 6139 verfügte über eine innovative, vertikal allein durch Kraftschluss agierende Kupplung. Selbige zeichnet sich durch deutlich geringeren Energiekonsum aus. Überdies entfällt der mit Zahnrad-Lösungen beinahe zwangsläufig einhergehende Startsprung des zentralen Chronographenzeigers. Auf diese Weise hatte der japanische Uhrengigant still und kaum kommuniziert das heute weit verbreitete Kupplungssystem geschaffen. In der Schweiz kann er erstmals 1987 beim Kaliber 1185 der Frédéric Piguet S.A. zum Einsatz. Rolex stattete das 2000 vorgestellte Automatikkaliber 4130 ebenfalls damit aus. Und viele weitere Marken folgten. Bei allen technischen Vorteilen besitzt die vertikale Friktionskupplung jedoch ein optisches Manko: Sie arbeitet komplett im Verborgenen. Chronographenfans bekommen also nicht zu sehen, was beim An- und Auskuppeln vor sich geht.
1969: Kaliber 6139A von Seiko
Frédéric Piguet Kaliber FP 1185
Manufakturkaliber 4130 von Rolex
Reminiszenz ans Kaliber Seiko 6139
Im Jubiläumsjahr 2019 ehrt Seiko seine eigene Chronographengeschichte, welche im Jahr 1964 ihren Anfang nahm, und dazu das 1969 vorgestellte Kaliber 6139 durch zwei limitierte Editionen mit hartbeschichtetem, gegen Kratzer besser geschütztem Edelstahlschale. Erhältlich sind zwei verschiedene Modelle mit stählernem und hartbeschichtetem Gliederband.
links: Seiko „Crown“ Handaufzugs-Chronograph, 1969, rechts: Seiko“Presage“-Chronograph, 2019
Der Linie „Presage“ zugehörig ist die Referenz SRQ031J1 „Chronograph 55th Anniversary Limited Edition“ mit 41 Millimetern Gehäusedurchmesser, schmalem schwarzen Glasrand und Lederband. Die 16 Millimeter hoch bauende Armbanduhr erinnert an den ersten „Crown“ Chronographen von 1964. Dessen Zugfeder mussten die Besitzer täglich manuell spannen.
Das Automatik-Zeitalter begann 1969
Dem Beginn des Automatik-Zeitalters huldigt die 42,2 Millimeter große und 15,3 Millimeter hohe „Prospex“-Referenz SRQ029J1 „Automatic Chronograph 50th Anniversary Limited Edition“.
links: Seiko „Panda“ Automatik-Chronograph, 1969, rechts: Seiko“Prospex“-Chronograph, 2019
In beiden Fällen reicht die Wasserdichte bis zu zehn bar Druck, blickt man durch ein bombiertes Saphirglas mit „Super Clear“-Beschichtung. auf Zifferblatt und Zeiger. Von jedem dieser Modelle fertigt Seiko nur 1.000 Exemplare.
Die im Gehäuseinneren verbaute Mechanik ist selbstverständlich neuzeitlicher Natur. Ihr Debüt erfolgte 2014. Konkret handelt es sich um das Manufakturkaliber 8R48. Mit dem 6139 eint es die traditionelle Schaltradsteuerung für den Chronographen, die vertikale Reibungskupplung sowie den beidseitig wirkenden Selbstaufzug mit dem so genannten „Magic Lever“ zur Polarisierung der Rotorbewegungen.
Das Nullstellen der drei Chronographenzeiger, dazu gehören auch Totalisatoren bis 30 Minuten und 12 Stunden, erledigt ein Dreipunkt-Herzhebel. Vier Hertz Unruhfrequenz gestatten Stoppungen auf die Achtelsekunde genau. Hat der Rotor die Zugfeder des 28,6 Millimeter messenden Uhrwerks mit 7,6 Millimeter Bauhöhe voll gespannt, stehen mindestens 45 Stunden Gangautonomie zur Verfügung.
Seiko „Presage“-Chronograph, Referenz SRQ031J1
Seiko „Prospex“-Chronograph, Referenz SRQ029J1
Uhrenkosmos Modell-Steckbrief
Hersteller |
Seiko |
Name |
Chronograph 55th Anniversary Limited Edition Automatic Chronograph 50th Anniversary Limited Edition |
Referenzen |
SRQ031J1 SRQ029J1 |
Premiere |
Oktober 2019 |
Uhrwerk |
Manufakturkaliber 8R48 |
Aufzug |
automatisch, beidseitig wirkend |
Durchmesser |
28,6 Millimeter |
Bauhöhe |
7,6 Millimeter |
Gangautonomie |
mindestens 45 Stunden |
Unruhfrequenz |
vier Hertz |
Anzeige |
Stunden, Minuten, Sekunden, Fensterdatum |
Zusatzfunktionen |
Schaltrad-Chronograph mit 30-Minuten- und 12-Stunden-Zähler |
Gehäuse |
Edelstahl hartbeschichtet |
Durchmesser |
SRQ031J1: 41 Millimeter SRQ029J1: 42, 2 Millimeter |
Höhe |
SRQ031J1: 16 Millimeter SRQ029J1: 15,3 Millimeter |
Wasserdichte |
zehn bar |
Armband |
SRQ031J1: Leder SRQ029J1: hartbeschichteter Edelstahl |
Preis |
SRQ031J1: 3.400 Euro SRQ029J1: 3.700 Euro |
Limitierung |
Jeweils 1.000 Exemplare |
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