Schwierige Uhren-Ära
Eine Jubiläumsedition zum 50. Geburtstag einer Uhr – wie im Falle der Porsche Design Chronograph 1 – 1972 Limited Edition – ist etwas Besonderes, denn sie steht für den dauerhaften Erfolg der Uhr. Wegen ihres außergewöhnlichen Auftritts konnte sie nicht einmal jene massive Krise aus der Bahn werfen, welche die Uhr-Schweiz beim Lancement erfasste. Düstere Wolken am östlichen Horizont hatten sich schon in den späten 1960-er Jahren abgezeichnet.
Das damit einhergehende Gewitter sollte die erfolgsverwöhnten und deshalb träge gewordenen Hersteller mechanischer Zeitmesser einmal mehr bis ins Mark erschüttern. In den 1970-er Jahren führte die Quarz-Revolution am Handgelenk nämlich zu einem veritablen Desaster. Konkret erlitten die Schweizer Uhrenexporte 1971 erstmals seit 15 Jahren einen stückzahlmäßigen Rückgang um 1,8 Prozent. Selbiger verknüpfte sich jedoch auch mit einer deutlichen Aufwertung des Schweizerfrankens. Bei Stoppuhren verzeichneten die Fabrikanten ein quantitatives Minus von 13 Prozent. Die damit verknüpften Umsätze reduzierten sich um elf Prozent.
Anders als andere
Exakt in dieser bewegenden Epoche, als der Ölpreisschock auch die Autoindustrie massiv erschütterte, betrat Ferdinand A. Porsche zeitschreibendes Neuland. Der gestalterische Vater des legendären Porsche 911, dessen Familie sich im Zuge des Börsengangs aus operativen Tätigkeiten in der Zuffenhausener Sportwagenschmiede zurückgezogen hatte, suchte nach neuen Herausforderungen.
Und die sah er in der Gründung eines Studios zur Produktgestaltung. Zu den ersten Auftraggebern gehörte das weiterhin mehrheitlich im Familienbesitz befindliche Auto-Unternehmen. Für Jubiläen und Ruhestandsversetzungen verdienter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigte die Porsche AG angemessene Geschenke. Für „Eff-A“, der sich um das Thema Uhren kümmern sollte, kam Elektronik nicht in Betracht. Und das, obwohl Digitaluhren mit grellen roten LED-Anzeigen gerade als letzter Schrei galten.
So James Bond 007 blickte im Streifen Leben und Sterben lassen auf eine digitale Hamilton Pulsar. Das gleiche Modell setzte auch Lieutenant Kojak per Knopfdruck publikumswirksam in Szene. F. A. Porsche beeindruckte der Quarz-Hype jedoch nicht. Sein nachgerade visionäres Credo: zu klobig, nicht unbedingt verlässlich und wenig nachhaltig.
Im Mittelpunkt gestalterischer Interessen stand dabei logischer Weise das Zifferblatt. Schließlich trägt jene Scheibe, vor der die Zeiger drehen, rund 80 % zum Gesamteindruck von einer Uhr bei.
Vom Design zur Uhr
Als der vom exakt 50 Jahre zuvor gegründeten Uhrenlabel Orfina produzierte Porsche Design Chronograph mit dem soeben vorgestellten Automatikkaliber Valjoux 7750 ab 1974 für 695 Mark in den Schaufenstern lag, schüttelten etliche ungläubig den Kopf. Für weniger, nämlich rund 580 Mark gab es schon eine Rolex Oyster Perpetual Air King mit Stahlband. Etwa 720 Mark kostete die Rolex Submariner Taucheruhr. Größte Ablehnung und Häme stand in einer englischen Zeitung zu lesen. „Der Chronograph von Porsche Design ist nur auf einer Beerdigung tragbar.“ Und es folgte der wohlmeinende Ratschlag, dass Porsche gefälligst bei seinem Leisten bleiben und sich auf den Bau schneller Automobile konzentrieren möge.
Ferdinand A. Porsche, der seinen durchaus sturen Kopf beim Design durchgesetzt hatte, focht das alles nicht an. Aller Unkenrufe zum Trotz reüssierte der schwarze Stopper. Als ihn auch noch als Mario Andretti, Emerson Fittipaldi, Ronnie Peterson, Clay Regazzoni und Carlos Reutemann ans Handgelenk schnallten, entwickelte er sich zu einem echten Renner.
Letztgenanntes Credo verlangte nach heller, also stark kontrastierender Indexierung auf schwarzem Grund. Und der charakteristische rote Zeiger des Sekundenchronographen korrespondierte verblüffend mit den Pendants des Drehzahlmessers oder Tachometers. Zusammen mit dem zentralen Stoppzeiger gestattete die Tachymeterskala rund ums Zifferblatt das unkomplizierte Ermitteln von Durchschnittsgeschwindigkeiten über einen Kilometer oder eine Meile hinweg.
Vive la difference!
Die Rückblende verlangt natürlich auch hier nach differenzierender Betrachtung: Wohl Ende 1973 stellte Orfina einige Armbanduhren mit allerersten Exemplaren des gerade aus dem Prototypenstadium getretenen Automatikkalibers Valjoux 7750 fertig. Erst 1974, als endlich auch die Serienproduktion startete, erfolgte die Belieferung des Fachhandels. Die Ur-Edition des gut 40 mm messenden Stoppers mit Mineralglas lässt sich leicht erkennen an den beiden Signaturen Orfina und Porsche Design über bzw. unter den Zifferblattausschnitten für Wochentag und Datum. Auf der Krone fand sich bereits das erste Porsche Design-Logo. Letzteres und der Schriftzug Porsche Design an gehabter Stelle kennzeichnen die zweite Version. Auch nach dem Start der Zusammenarbeit mit IWC offerierte die Orfina weiterhin den Porsche Design Chronographen im altbekannten Design.
Nach der Vorstellung des Automatikkalibers Lémania 5100 im Jahr 1978 stattete der Etablisseur die F.A. Porsche Kreation mit dem vom Omega 1045 abgeleiteten Economy-Uhrwerk aus. Erkennbar sind diese Zeitmesser am zentralen 60-Minuten-Totalisator und einem zusätzlichen 24-Stunden-Zeiger dort bei der „1“, wo beim Valjoux 7750 der 12-Stunden-Zähler dreht. Permanentsekunde, 30-Minuten-Totalisator, Wochentags- und Datumsfenster befinden sich indessen jeweils an der gleichen Stelle.
Hinsichtlich der verschiedenen Versionen sind Fans betagter Porsche Design-Chronographen geteilter Meinung. Ein Teil schwört auf das klassische Erstlingswerk mit dem 7750, andere schätzen die spezielle Funktionalität des seit 2002 nicht mehr produzierten 5100. Weil die Beschichtungstechnologie seinerzeit noch weit entfernt war von aktuellen Standards, nutzte sich die Farbe nach Jahren intensiven Tragens merklich ab. Schwarz mutierte allmählich zu Grau. Dem Reiz dieser Armbanduhr tat und tut das aber keinen Abbruch. Geteilter Meinung kann man in diesem Zusammenhang über eine neue Beschichtung des stählernen Gehäuses und Gliederbands sein.
Comeback unter neuen Vorzeichen
Die 1976 gestaltete Kompassuhr führte Ferdinand A. Porsche und IWC ab 1978 für 20 Jahre zusammen. 1998, drei Jahre zuvor hatten Ferdinand A. Porsche und sein Sohn Oliver, ein passionierter Uhrensammler die Schweizer Traditionsmarke erworben, feierte der technisch optimierte, optisch jedoch unangetastete Porsche Design Chronograph 1 sein Comeback. Erhältlich im Fachhandel für 3.600 DM oder umgerechnet 1.840 Euro.
Unverwechselbares Kennzeichen der auf 1998 Exemplare limitierten und sehr schnell ausverkauften Re-Edition in Edelstahl mit matter und wirklich haltbarer Schwarzchrom PVD-Beschichtung ist die Signatur des Designers auf Gehäuseboden und Ursprungszeugnis. Wer sich damals ein Exemplar der Referenz P.6625.11 – 25 Years zugelegt hat, kann und darf sich freuen. Am Certified Pre-Owned Markt kosten gut erhaltene Exemplare mehr als vor 24 Jahren. Damals zu spät Gekommene konnten sich mit einer unbeschichteten Edelstahl-Version des P011 trösten. Überdies präsentierten Eterna und Porsche Design eine gleichermaßen leichte wie hautfreundliche Variante aus jenem Material, das Ferdinand Alexander Porsche schon 1980 als Werkstoff zum Einsatz brachte: Titan. Am Gestaltungs-Statement des Designers hatte sich nach all den Jahren nicht das Geringe geändert:
Ein formal stimmiges Erzeugnis braucht keine Verzierung, keine Erhöhung. Es soll durch die reine Form erhöht werden. Die Form sollte durch das Minimum leben, sich verständlich präsentieren, nicht ablenken vom Produkt und dessen Funktion.
Porsche Design Chronograph 1
Dieses bemerkenswerte, weil noch zu Lebzeiten von F. A. Porsche geschriebene Kapitel in der Geschichte des Porsche Design Chronograph 1 liegt nun auch schon wieder rund 25 Jahre zurück. 2022 gilt es nun, jenes Jahr 1972 angemessen zu würdigen, in dem der am 5. April 2012 verstorbene Professor F. A. Porsche diesen unangefochtenen Klassiker gestaltete. 50 Jahre nach ersten Entwürfen zum legendären Chronograph 1 hat Porsche Design eine limitierte Jubiläumsedition der zeitlos-sportlichen Ikone lanciert. 500 Exemplare erinnern an den gestalterischen Anspruch und die niemals endende Passion des international anerkannten Mentors modernen Gebrauchsdesigns.
Bei der nun in eigenen Solothurner Ateliers gefertigten Armbanduhr handelt es sich um eine gekonnte Synthese aus Vergangenheit und Gegenwart, deren Durchmesser wie eh und je 40,8 Millimeter beträgt. Am Handgelenk trägt das zeitschreibende Oeuvre 14,15 mm auf. Logischer Weise war dem von Roland Heiler geleiteten Designstudio in Zell am See das Überlieferte Design prinzipiell heilig. Davon künden auch die Typographie des schwarzen Zifferblatts sowie Form und Farbgebung der Zeiger.
Mit Fug und Recht hat es jedoch einen gestalterischen Fehler der Sekundenskala am Zifferblatt ausgemerzt. Obwohl das Kaliber Valjoux 7750 mit vier Hertz oszilliert, fanden sich bei den Orfina-Modellen zwischen den Sekunden-Indexen jene vier kurzen Bruchteil-Striche, welche korrekt und traditionsgemäß zu den überlieferten 2,5 Hertz Unruhfrequenz mit Fünftelsekunden Stoppgenauigkeit gehören. Bei der aktuellen Ausführung ist diese Zahl, wie es sich rechnerisch gehört, auf nurmehr drei zurückgegangen.
Zeitgemäße Merkmale
Auf das Ensemble aus zeitgemäß mit Super-LumiNova befüllten Zifferblatt-Indexen und Zeigern blickt man durch ein kratzfestes Saphirglas mit Hartbeschichtung und siebenfacher Entspiegelung. Als Hommage an Eff-A, der 1980 zusammen mit der IWC den weltweit ersten Titan-Chronographen entwickelt hatte, bestehen die bis zehn bar druckdichte Schale und das Gliederband auf diesem leichten und antiallergischen Werkstoff.
Obwohl es das Kaliber Valjoux 7750 weiterhin gibt oder ein exakter Klon in Gestalt des Sellita SW500 zum Anzeigen und Stoppen der Zeit verfügbar ist, setzt Porsche Design auf höherwertige Mechanik. Konkret handelt es sich um das Porsche Design Kaliber WERK 01.140, dessen Durchmesser, 30 mm, und 7,9 mm Bauhöhe exakt dem 7750 entsprechen. Zu seinen Merkmalen gehören einseitig wirkender Rotor-Selbstaufzug, ca. 48 Stunden Gangautonomie, Kulissenschaltung, Schwingtrieb-Kupplung, 30-Minuten- und 12-Stunden-Totalisator sowie Datums- und zweisprachige Wochentagsindikation. Die mit vier Hertz tickende Basis liefert der Spezialist Concepto zu.
Im Gegensatz zu früher muss das aktuelle Uhrwerk seine Präzision vor dem Einschalen bei der offiziellen Schweizer Chronometerkontrolle COSC unter Beweis stellen. Wer den exklusiven Erinnerungs-Chronographen sein Eigen nennen möchte, kann ihn für unverbindliche 6.972 Euro bei Konzessionären oder in den Markenboutiquen ewerben. Es ist freilich davon auszugehen, dass die weltweit nur 500 Exemplare des Porsche Design Chronograph 1 – 1972 Limited Edition Ref. 6041.7.01.001.01.5 relativ schnell vergriffen sein werden.
Das Markenvideo von Porsche Design zum Chronographen 1 wie zum 50. Geburtstag gibt es hier:
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Hallo, Herr Brunner,
vielen Dank für den tollen Artikel!
Sie schreiben, dass der Durchmesser unverändert bei 40,8 mm liegt, ich habe jedoch mehrfach gelesen, dass die Orfina Uhren 38mm im Durchmesser waren.
Ergibt sich die Differenz durch unterschiedliche Messmethoden oder war der Original Chronograph 1 wirklich kleiner?
Merci für das Kompliment, lieber Markus,
Habe extra meinen alten Orfina PD Chronograph nochmals nachgemessen.
Er ist in der Tat 40,8 mm groß.
Beste Grüße
Gisbert Brunner