Das Geheimnis von Herrn Schmidt
Wer dieser Herr Schmidt war, der Familie Stern am 2. Oktober 1940 die Patek Philippe Louis Cottier mit Weltzeituhr und Chronographenfunktion, Referenz 1415-1 5 abkaufte, ist nicht bekannt. Vielleicht ein Arzt? Immerhin wies das Zifferblatt des gelbgoldenen Weltzeitchronographen medizinische Skalen auf. Bestimmen konnte der Träger so die Frequenz von Pulsschlägen und Atemzügen pro Minute.
Das Besondere am Handaufzugskaliber 13-130 HU bestand jedoch in einem zusätzlichen, entgegen dem Uhrzeigersinn rotierenden 24-Stunden-Ring. In Kombination mit der drehbaren Lünette konnte der Träger die Universalzeit ablesen. Diese wurde auf der Uhr durch 33 in den Glasrand eingravierte Städte dargestellt. Auf die Permanentsekunde bei „9“ und den 30-Minuten-Totalisator bei „3“ musste Herr Schmidt aus technischen Gründen verzichten. Dort, wo die zugehörigen Wellen normalerweise durch das Zifferblatt reichen, rotiert nämlich der Universalzeit-Ring.
Der tickende Mikrokosmos mit einem Durchmesser von 35 und einer Höhe von 11,9 Millimetern lässt sich heute im Genfer Museum von Patek Philippe bestaunen.
Der Schöpfer der Weltzeitindikation
Die kosmopolitische Zusatz-Mechanik des Werks stammt vom Genfer Uhrmacher Louis Cottier, dem Erfinder der Weltzeituhr. Geboren am 28. September 1894, machte er eine Ausbildung zum Uhrmacher und arbeitete bis 1931 bei verschiedenen Uhrenmanufakturen. Doch die Folgen der Weltwirtschaftskrise machten den Schritt in die Selbstständigkeit notwendig.
In seinem eigenen Atelier befasste sich Cottier ausführlich mit der Konstruktion und Herstellung komplizierter Uhren. Zeitmesser mit springender Stundenanzeige, Automaten und Spielwerke hatten es dem Uhrmacher angetan. Seine besondere Passion galt jedoch der Weltzeitindikation. Cottier entwickelte Mechanismen, mit deren Hilfe man alle 24 Zonenzeiten dieser Erde von einem Zifferblatt ablesen konnte.
Patek Philippe Louis Cottier
Im Jahr 1937 stellte die Manufaktur Patek Philippe die erste Armbanduhr mit dieser revolutionären Anzeige vor: die rechteckige Rotgold-Referenz 515. Ihr 24-Stunden-Ring und die Städte auf dem Zifferblatt waren für die Greenwich Mean Time synchronisiert – Umstellung ausgeschlossen. Die noch im gleichen Jahr vorgestellte Referenz 542, die weltweit erste Armbanduhr vom Typ „Heure universelle“, mit gravierter Drehlünette litt schon nicht mehr unter diesem Problem.
Wer über eine Zeitzonengrenze hinweg reiste, musste nur der aktuelle Aufenthaltsort oder die entsprechende Zeitzone bei der „12″ platzieren. So konnte er die jeweils aktuelle Zeit für alle 24 Zeitzonen zugleich ablesen.
Vom Uhrmacher zur Patek-Philippe-Legende
1947 hatte sich Louis Cottier endgültig einen Namen gemacht. Agassiz, Rolex und Vacheron Constantin gehörten nun zu seinen treuen Kunden. Cottier vergrößerte seine Werkstatt und zog in die Rue Ancienne 20 um, wo er den größten Teil der Prototypen nach wie vor von Hand fertigte.
Bei Patek Philippe entwickelte sich Cottier zur Legende. Nach der „heure universelle“ mit außen liegender Drehlünette meldete der Uhrmacher 1948 ein weiteres Patent an: Die neue Konstruktion mit dem innen liegendem Städtenamen-Drehring wurde etwa in der 1953 lancierten Referenz 2523 HU verbaut.
Für Globetrotter, nur die Orts- oder Heimatzeit vom Zifferblatt ihrer Armbanduhr ablesen wollten, kreierte Cottier einen einfachen Verstellmechanismus. Cottier kam zugute, dass der Minutenzeiger beim Überqueren der meisten Zeitzonengrenzen nicht verändert werden muss. Hier reichte es, den Stundenzeiger schrittweise vor- oder rückwärts zu bewegen.
So brachte Patek Philippe 1959 die Referenz 2597 HS mit nur einem unabhängig verstellbaren Stundenzeiger auf den Markt. 1962 folgte ein Modell mit zwei Stundenzeigern. Einer für die Heimatzeit und der zweite (unabhängig verstellbar) für die jeweilige Lokalzeit. Daheim ließ sich das Duo zur Vermeidung von Irrtümern exakt übereinander positionieren.
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