Auf und Ab
Wenn ich die aktuelle Preisentwicklung von Luxusuhren am Parallelmarkt für neue Uhren und Uhren aus zweiter Hand betrachte, kommt mir spontan ein Song des Alan Parsons Project aus dem Jahr 1978 in den Sinn. Zu hören ist er auf der Platte Pyramid:
„What goes up, must come down
What must rise, must fall
What goes up, must come down
What must stand alone?“
Alles, was nach oben geht, kommt zwangsläufig irgendwann wieder herab. Wir erleben es momentan bei Kauf-Immobilien, die nicht zuletzt auch wegen steigender Zinsen selbst in Metropolen wie München ihren Zenit überschritten haben. Die Zahl von Menschen, welche mehr als zwei Millionen Euro für ein Reihenhaus in guter Wohnlage ausgeben können, ist schlichtweg überschaubar.
Ähnlich verhält es sich bei gesuchten Armbanduhren von Audemars Piguet, Omega, Patek Philippe, Rolex oder Vacheron Constantin, um nur einige der Raketenmarken zu nennen. Muss einem leidtun, wer Mitte April, also sechs Wochen nach Ausbruch des Ukrainekriegs mehr als 180.000 Euro für eine stählerne Patek Philippe Nautilus Referenz 5711/1A-010 mit blauem Zifferblatt ausgegeben hat und jetzt dafür gerade einmal 140.000 Euro bekommen würde? Ich persönlich sage nein. Denn es stellt sich schlicht und einfach die Frage, ob diese Armbanduhr das etwa Sechsfache des letzten Publikumspreises wert war und ist. Der gewaltige Goodwill resultiert aus dem Drang und möglicherweise dem Zwang, etwas besitzen zu wollen, was andere nicht haben.
Profitgier, nicht Leidenschaft
Die Bereitschaft, in meinen Augen unsinnige, weil völlig überzogene Parallelmarktpreise zu zahlen, resultiert auch aus der Tatsache, dass der Handel mit Aktien oder Kryptowährungen schnelle Profite eintrug. Selbige ließen sich leicht in Luxuriöses fürs Handgelenk investieren. Und zwar in der Hoffnung, denn Gewinn auf diese Weise weiter zu maximieren. Nun kommt es bekanntlich erstens anders und zweitens als man denkt. Preisrückgänge um bis zu 30 Prozent in den zurückliegenden sechs Monaten sind fast schon an der Tagesordnung.
Preisentwicklung
Und damit stellt sich die Frage, ob man jetzt noch am Sekundärmarkt in tickende Kleinodien investieren soll, welche im offiziellen Fachhandel nur mit längeren Wartezeiten verfügbar sind? Auch hier sage ich nein.
Angesichts geopolitischer Probleme und weltwirtschaftlicher Verwerfungen dürfte die Talsohle gegenwärtig noch nicht erreicht sein. So lange der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Spannungen rund um Taiwan nicht beendet sind, wird die Lage bei Uhren aus zweiter Hand wie auch der Uhrenmarkt selbst angespannt und fragil bleiben.
Natürlich ist rund um den Globus genügend Geld unterwegs, um die Lust auf schwer Erhältliches zu befriedigen. Aber es sitzt längst nicht mehr so locker. Und die Tatsache, dass der preisliche Stern von Stahlmodellen wie Royal Oak Jumbo, Nautilus, Daytona, GMT-Master, Submariner oder Overseas gegenwärtig teils kräftig im Sinken ist, lässt sich beim besten Willen nicht verheimlichen. In Zeiten wie diesen trennt sich die Gruppe derjenigen, welche Uhren aus Spaß an der Freude und aus Leidenschaft gekauft haben, von Flippern, Maximierern und Spekulanten. Tradition und Uhrmacherkunst bedeutet ihnen herzlich wenig, wenn handfeste finanzielle Vorteile winken.
Keine Panik
Uhrenkauf ist vor allem dann wunderschön, wenn er langfristig zur Befriedigung der persönlichen Passion dient. Feine Armbanduhren werden auch künftig ein Thema bleiben. Bei Männern sind sie neben Ehering und Manschettenknöpfen das einige legitime Schmuckstück. Und Frauen wollen ihren Uhr-Hedonismus immer seltener verstecken.
Die abgebildeten Grafiken sprechen eine deutliche Sprache. Sie stammen von WatchCharts, einer Zahl-Plattform, welche sich ausschließlich mit der Preisentwicklung des Uhrenmarkts, der dort verlangten und bezahlten Preise beschäftigt. Ob man seine Luxusuhr jetzt schnell verkaufen soll, um noch möglichst viel dafür zu erlösen, würde ich dann verneinen, wenn dafür kein Kredit aufgenommen werden musste oder wenn kein zwingender Notfall eingetreten ist.
Was in aller Welt tut man angesichts drohender Inflationsraten im zweistelligen Prozentbereich mit dem vereinnahmten Geld? Wenn ich nachdenke, fallen mir sogar einige Dinge ein: Das eigene Haus, sofern man eines besitzt, mit einer Wärmepumpe ausstatten. Ein Auto mit elektrischem Antrieb kaufen. Oder luxuriös in Urlaub fahren. Aber dann hat man keine Armbanduhr mehr, über die man sich bei jedem Blick aufs Handgelenk freuen kann. Dorthin schauen Männer und sogar Frauen im Laufe eines Tages öfter als in den Spiegel.
Mal wieder ein exzellenter Artikel mit klaren Darstellungen und Analyse. Danke!
Der Sekundärmarkt von farbikneuen Luxusuhren ist ein Ärgerniss. Beim Konzessionär sind die begehrten Uhren nicht verfügbar , der gewillte Käufer der zig-tausende von Euros für seine Wunschuhr ausgeben will wird auf eine endlose Warteliste gesetzt und vertröstet. Im Internet findet man dagegen auf mehreren Portalen diese so begehrten und knappen Luxusuhren zuhauf angeboten , natürlich nicht zum Publikumspreis sondern oft zum doppelten oder dreifachen Preis. Frage ist wer da sich die Taschen füllt ? Und gut so wenn es jetzt mal wieder runter geht und die Preise am Sekundärmarkt fallen !
Sehr gute Zahlenbasis, die jedoch hauptsächlich den amerikanischen Markt abbildet (Watchcharts ist nicht weltweit aufgestellt). Der Trend ist trotzdem auch in Deutschland zu beobachten.
Und wie in jeder Krise gilt: Wer es sich leisten kann, nicht verkaufen zu müssen, hat nach der Krise noch mehr als vorher und kauft während der Krise billig ein.
Denn „what goes down, must come up“.
Diese Einschätzung, dass sich die Kurse in absehbarer Zeit wieder nach oben bewegen werden, sehen wir genauso.
Insbesondere bei den angesagten Luxusmarken ist die Nachfrage deutlich größer als das Angebot.
Entsprechend folgt die Preisentwicklung …
🙂