Lang & Heyne Anton Manufaktur Edition
Gisbert L. Brunner: Im Uhrenkosmos Watch Talk Alexander Gutierrez Diaz wollen wir am besten mit der absoluten Premiummarke Lang & Heyne beginnen und sagen ganz offen: Gratulation zur neuen Lang & Heyne Anton Manufaktur Edition. Wie kam es dazu, diese Armbanduhr mit Tourbillon anzubieten?
Alexander Gutierrez Diaz: Herzlichen Dank! Da gab es verschiedene Ansätze. Einmal hat dieses Produkt meiner Meinung nach grundsätzlich gefehlt. Wir haben die Georg, unser Flagship-Modell, mit einer wunderschönen Architektur auf der Rückseite. Man kann das komplette Uhrwerk mit den mechanischen Abläufen vom Federhaus über die Räder bis hin zum Gangregler bewundern.
Unsere Anton, im gleichen Gehäuse, hat das Tourbillon auf der Vorderseite, so dass die Rückseite im Gegensatz zu Georg etwas zu aufgeräumt wirkt. Die optische Aufwertung bei der Anton Manufaktur Edition besteht darin, dass wir den Drehgang von allen Seiten sichtbar machen. Aber es blieb nicht bei einer Modifikation. Technisch sprechen wir von einer kompletten Neukonstruktion. Wir mussten die Kloben anders anordnen. Dadurch wurden sie paralleler, was der Ästhetik einen riesigen Schub verschaffte.
Ist besagte Georg eigentlich euer Bestseller?
In Sachen Stückzahlen ist die Georg gleichauf mit der Friedrich. Aufgrund des etwas höheren Durchschnittspreises möchte ich sie jedoch als unser kommerziellstes Produkt bezeichnen. Er ist und bleibt das Markengesicht von Lang & Heyne.
Warum Lang & Heyne angesichts der doch sehr bemerkenswerten Unterschiede die Kaliberbezeichnung beibehalten?
Wir wollen die Anzahl unserer Lang & Heyne Caliber nicht aufblasen und am Ende von zig Kalibern mit vielleicht manchmal nur kleinen Unterschieden sprechen. Hier handelt es sich um ein Derivat des Caliber IX. Ähnlich wie bei der Friedrich III mit Remontoir. Auch hier sprechen wir weiterhin vom Caliber VI.
Weitere Aspekte für die Anton Manufaktur Edition?
Hier möchte ich technologische Beweggründe nennen. Mit der Uhr wollte ich als eine Art Speerspitze demonstrieren, was wir in den letzten Jahren aufgebaut haben. Das betrifft einerseits die Technik und die Verfeinerung. Bei Lang & Heyne überarbeiten wir sukzessive alle Caliber. Ein Caliber VI oder VIII von vor drei Jahren ist nicht mehr das gleiche wie das heutige.
Andererseits können wir mit unserer Porzellanmalerin hinsichtlich unserer Zifferblätter wirklich tolle Sachen machen. Bei dieser Anton Manufaktur Edition wollten wir unsere Keramiktechnologie umsetzen. Und das ist bei der Manufaktur Edition sehr gut gelungen. Bleiben die High Ceram-Zeiger. Auch sie befördern die Ästhetik.
Die Auflage der Anton Manufaktur Edition ist extrem limitiert
Ganz bewusst – auf nur fünf Zeitmesser. Damit sich die Kunden nicht um die Uhren streiten müssen, erfolgt der Vertrieb direkt durch Lang & Heyne und sie sind nicht im Handel erhältlich.
Mehr zur Anton Manufaktur Edition findet sich hier im Uhrenkosmos
Vertrieb, Personal und Produktion
Wird Lang & Heyne einen Onlineshop einrichten, wo neben der klassischen Kollektion immer auch spezielle Stücke erhältlich sind?
Alexander Gutierrez Diaz: Nein, definitiv nicht. Aber wir haben immer schon gewisse Stücke ab Werk verkauft, und zwar speziell in solche Länder, wo es keine Fachhandelspartner gibt, denn wir haben nicht in jedem Land dieser Welt Niederlassungen oder Handelspartner. In diesen Ländern bedienen wir im Direktvertrieb.
Es kommen auch interessierte Leute zu uns, welche die Manufaktur besichtigen, dieses nahbare Erlebnis haben und dann gleich vor Ort kaufen wollen. Wir sind eine Marke, die einen klassischen Vertrieb pflegt und diesen auch gut behandelt. Das wird sich nicht ändern, auch wenn wir im Jahr einige wenige Manufaktur-Editionen direkt vermarkten werden.
Lang & Heyne ist ja eine kleine, aber feine Manufaktur. Ist Personalmangel in Dresden ein Thema?
Also wir haben das Glück, dass wir in den letzten eineinhalb, zwei Jahren einige Talente dazu gewinnen konnten. Die Mannschaft ist aktuell mit 35 Personen auch vollständig. Als Highlight konnten wir Theodor Prenzel gewinnen. Er kommt von Nomos und war dort Konstrukteur. In den kommenden zwei, drei Jahren wird er sich zusammen mit Jens Schneider in die Themen Konstruktion und technisches Development einarbeiten. Wenn Herr Schneider irgendwann seinen verdienten Ruhestand antritt, haben wir folglich wieder einen leitenden Konstrukteur.
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Lang & Heyne hat in Glashütte eine kleine Dependance eröffnet. Was gibt es dazu zu erzählen?
Ja, Dependance ist tatsächlich das richtige Wort. Viel mehr ist es auch ganz bewusst nicht, denn das Atelier ist relativ unscheinbar. Wir haben in Glashütte die Möglichkeit, Personal zu gewinnen, das nicht aus dem Müglitztal nach Dresden fahren möchte. Für diese Mitarbeiter halten wir eine vollausgestattete Werkstatt mit vier Arbeitsplätzen vor.
Sind die Plätze besetzt, wenn ich dazwischenfragen darf?
Aktuell arbeiten dort zwei Leute. Beide sind im Wechselmodell, pendeln also zwischen Radeberg und Glashütte. Der ursprüngliche Gedanke, dass das der große Anlaufpunkt für Glashütte wird, hat sich nicht bewahrheitet.
Macht Lang & Heyne Werbung für euren Standort Glashütte?
Nein. Wir handeln da ganz bewusst relativ dezent. Bei Stellenausschreibungen haben wir aber durchaus kenntlich gemacht, dass es auch die Möglichkeit gäbe, in Glashütte zu arbeiten. Aber publiziert habe ich das nicht groß, denn die Dependance entspricht nicht dem Dresdner Aushängeschild von Lang & Heyne. In Glashütte gibt es nur eine einfache technisch ausgerichtete Werkstatt ohne jeden Schick-Schick.
Erfolg mit Hektor
Wenn du jetzt zurückblickst auf gut drei Jahre als CEO bei Lang & Heyne: Was sind deine persönlichen Highlights in dieser Epoche?
Also da fällt mir zunächst die Hektor ein. Damals, als ich angekommen bin, haben wir mit einem weißen Blatt Papier gestartet. Eineinhalb Jahre später war diese Armbanduhr da und sofort ein Verkaufsschlager. Inzwischen sieht man bei der einen oder anderen Auktion, wie hoch unsere Hektor gehandelt wird.
Welche Preise werden denn erzielt?
Manche der verlangten Preise sind vielleicht ein bisschen träumerisch. Wirklich verkauft werden Exemplare zwischen 35.000 und 40.000 Euro. Erst kürzlich in New York waren es 39.000 Dollar.
Den Uhrenkosmos-Artikel zur Lang & Heyne Hektor gibt es hier
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Nach so einem Erfolg wird es sicher einen Nachfolger geben …
… das erste und wichtigste Projekt des eben genannten Theodor Prenzel ist die Entwicklung der Hektor Edition II. Und ich klopfe jetzt mal auf Holz. Wenn alles wunschgemäß läuft, werden wir in etwa einem Jahr die Hektor Edition II zumindest mal der Öffentlichkeit vorstellen. Die Auslieferungen sollten dann ab 2025 beginnen.
Gibt es einen kleinen Teaser zur Hektor II?
Uns ist es wichtig, sonst wären wir deutlich schneller, dass es jetzt nicht nur ein neues viertes Zifferblatt gibt. Das wäre etwas armselig und würde die Besitzer der Hektor Edition I verunsichern oder sogar verärgern. Gehäuse und Stahlband, sprich die grundlegende Optik, bleiben. In Sachen Werk gehen wir dagegen wie bei der neuen Anton Manufaktur Edition vor und entwickeln es weiter. Es wird zudem ein paar technische Finessen geben und wir arbeiten an der Materialität des Uhrwerks.
Lange & Heyne hat die Hektor I zu einem moderaten Preis von rund 17.000 angeboten. War das retrospektiv betrachtet zu günstig?
Das auf jeden Fall. Wenn ich den Herstellungsprozess betrachte, stand sie den andern Calibern von Lang & Heyne nicht wirklich nach. Es war einfach ein etwas anderer Look. Weil der Aufwand der Produktionsabläufe ähnlich hoch ist und wir die Werksteile weiterhin im eigenen Haus fertigen und weiterbearbeiten sowie montieren, müssen wir den Preis für die neue Hektor Edition II in Richtung Friedrich II/III anpassen.
Aber, und das ist uns wichtig: Wir machen das auf eine für den Endverbraucher nachvollziehbare Art und Weise. Irgendwelche Mondpreise kommen für uns nicht in Betracht. Ich gehe davon aus, dass die Uhr – Stand heute – zwischen 22.000 und 23.000 Euro inklusive Mehrwertsteuer kosten wird.
Für eine Lang & Heyne ist das ja immer noch moderat. Wieder 99 Stück?
Ja, kein Exemplar mehr. Die Gehäuse für die Hektor Edition II sind bereits fertig. Dort steht zu lesen „one out of 99“.
Aufgabenfülle
Gibt es weitere Karriere-Highlights bei Lang & Heyne?
Auch dank Hektor haben ja die Stückzahlen auf unserem bescheidenen Niveau merklich erhöht. Als ich angefangen habe, waren es knapp 50 Uhren per annum. 2023 sind wir bei 160 Uhren angelangt. Und ich komme meinem Ziel, dass die Marke maximal 200 Uhren pro Jahr herstellen darf, immer näher. Übrigens hat sich die Herstellung der Hektor über zwei Jahre erstreckt. Sie hat nur etwa die Hälfte unserer Jahresproduktion ausgemacht.
In der Tempus Arte Gruppe bist durch übergeordnet ja auch noch für Stowa und für eure Blaken-Beteiligung zuständig. Somit hast du ein breites Spektrum an Aufgaben.
Das Spektrum ist tatsächlich sehr umfangreich. Es macht die Aufgabe auch sehr interessant und immer spannend. Um das doch enorme Arbeitspensum bewältigen zu können, habe ich bei den Marken starke Kolleginnen und Kollegen eingesetzt sowie eine belastbare Struktur innerhalb des Unternehmens und Abteilung installiert.
Zeitlich intensiv ist das Reisen zwischen meinem Wohnsitz und den einzelnen Betriebsstätten, die in ganz Deutschland verteilt sind. Dazu kommen etliche internationale Reisen. Das ist intensiv und fordernd. Letztlich freue ich mich dann besonders, wenn wir bei einer Marke wieder einen Erfolg oder Meilenstein erreicht haben.
Was dürfen eure Kunden noch an Neuheiten erwarten, was steckt schon konkret in der Pipeline?
Parallel zur Hektor Edition II werden wir möglicherweise schon für 2024 ein anderes Caliber als Manufaktur-Edition planen. Dann aber in einem Friedrich-Gehäuse. Auch diese Lang & Heyne wird mit einem technischen Leckerbissen aufwarten. An dieser Umsetzung arbeiten wir noch, daher kann es auch etwas später werden.
Mindestens genauso wichtig ist uns nämlich die permanente Weiterentwicklung der Basis-Caliber und das Vorantreiben interner Technologien, die Prozesssicherheit und das Bedienen der üppigen aktiven Bestellungen.
Marktgeschehen
Welches sind gegenwärtig die stärksten Märkte für Lang & Heyne? Wahrscheinlich Asien, oder?
Alexander Gutierrez Diaz: Aufgrund der proportional meisten Händler vor Ort tatsächlich immer noch Asien. Denn in Asien ist Lang & Heyne (hier ist eine Vorstellung der Manufaktur) sehr bekannt, nicht zuletzt, weil der Charakter der Marke sehr gut in diese Region passt. Hier liebt man das Feinteilige.
Japan zum Beispiel ist bekannt für hochpräzise kleine Dinge, beispielsweise Korkschnitzereien. Japaner mögen diese Dinge einfach. Da passen unsere Uhren sozusagen wie die Faust aufs Auge. Jedoch auch die USA allein wäre problemlos in der Lage, unsere gesamte Jahresproduktion allein verkaufen.
Den Mittleren Osten bauen wir seit diesem Jahr ebenfalls sukzessive auf. Ich denke, dass z.B. Saudi-Arabien sehr stark wird. Europa ist im internationalen Vergleich recht klein. Da wir aber nicht mit Uhren in den Markt drücken oder aktiv nach schnellen Umsätzen suchen, wird sich das auch so schnell nicht ändern. Hinzu kommt, dass ich neue Partner gar nicht mit Uhren ausstatten könnte, da wir für die aktuelle Distribution schon zu wenig Stücke haben und unsere Partner auf fest bestellte Uhren jahrelang warten. Somit kommen eben nur sehr ausgesuchte Partner neu dazu.
Wie sieht es bei Lang & Heyne mit Parallelmarkt und CPO aus?
Unsere Kundschaft behält ihre Lang & Heyne Uhr in der Regel sehr, sehr lange. Das merken wir auch daran, dass fast keine Uhr ohne Merkmale einer Individualisierung die Ateliers verlassen. Die meisten Menschen, nur bei Hektor war es nicht möglich, wollen eine spezielle Gravur, ein Monogramm, ein Siegel, ein Bild oder einen speziellen Zeiger auf einem individuellen Ziffernblatt. Aktuell wünscht sich ein Pferdeliebhaber ein Pferdemotiv. So eine Uhr bleibt sicher beim Kunden. Zudem passen wir da auch auf. Wir wollen keine Flipper bedienen.
Beispielsweise bei Chrono24 gibt es kaum Lange & Heyne Uhren.
Wenige. Meistens Hektor. Und alle, teils weit, über dem ursprünglichen Verkaufspreis. Das ist für uns sehr wichtig. Angesichts dessen könnte man nun versuchen, die Produktion mit Gewalt auf 200 oder gar 300 Uhren zu pushen. Dann könnte doch die eine oder andere Uhr im Fenster stehen und dann gäbe es vielleicht auch Rabatte – die bei uns bislang völlig unüblich sind.
Aktuell ist es einfach, denn es gibt die Uhren schlichtweg nicht. Und wenn jemand, was selten vorkommt, eine Lang & Heyne verkaufen will, bekommt er auch einen ordentlichen Preis dafür.
Rabatte sind ein Fremdwort, wenn ich das richtig verstehe
Also ich habe bis jetzt noch keine einzige Lang & Heyne im Netz gefunden, die unter dem ursprünglichen Publikumspreis verkauft worden wäre.
Sorgen und Perspektiven
Gibt es auch negative Aspekte in deiner Karriere bei Lang & Heyne?
Es schmerzt die Tatsache, dass wir viel mehr Uhren verkaufen, und ich meine tatsächlich durchverkaufen, könnten. Es tut mir immer sehr weh, dass unsere Produktion derart begrenzt ist. Alles geht mir trotz neuer Maschinen, Technologien und Mitarbeiter ein bisschen zu langsam. Mir wäre es also sehr recht gewesen, wenn wir diese 200 Uhren schon 2023 erreicht hätten. Das ist mir leider nicht gelungen.
Das liegt ja auch am hohen Grad manueller Arbeit bei Lang & Heyne
Am Ende gibt es kein Teil einer Lang & Heyne Uhr, das nicht von Hand intensiv bearbeitet wurde. Wir versuchen durch Technologien, selbstgefertigte Werkzeuge und verfeinerte Prozesse unseren Mitarbeitern Erleichterung zu verschaffen. Aber ungeachtet dessen, ist wirkliche jede Uhr zu hundert Prozent durch die Hände kundiger Fachkräfte gegangen.
Kommen wir zu meinen letzten Fragen im Uhrenkosmos Watch Talk Alexander Gutierrez Diaz:
Mir fehlt bei Lang & Heyne beispielsweise ein ewiger Kalender oder zumindest ein Jahreskalender
Zunächst ist jetzt die Hektor Edition II dran. Danach werden wir uns die Caliber III und IV anschauen.
Lang & Heyne offeriert relativ große Uhren. Der Markt verlangt aktuell jedoch nach eher kleineren Durchmessern. Eure großen Kaliber sind da eher hinderlich.
Genau. Albert, der Chronograph, und die Lang & Heyne Moritz mit Vollkalender müssen kleiner werden. Daher ist das Modell Lang & Heyne Albert, das ich sehr liebe, gegenwärtig in Warteposition. Auch der Chronograph muss mit dem Ziel eines Durchmessers von 40 oder 41 mm dringend überarbeitet werden, ebenso wie auch die Höhe nach Reduktion verlangt. Und zu guter Letzt müsste eine neue Moritz neben den kleineren Abmessungen einen ewigen Kalender besitzen.
Abschließend zurück zur Anton Manufaktur Edition. Wann sind die fünf Exemplare ausverkauft?
Ich denke, dass wir zu Silvester 2023 keine Uhren mehr haben.
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