COSC führt zum Titel Chronometer
Ob Uhrenliebhaber im Allgemeinen oder Besitzer der Tudor Black Bay Ceramic im Besonderen – sie schätzen den Qualitätsnachweis des Zertifikats der Offiziellen Schweizer Chronometerkontrolle. Nach 15-tägiger Prüfung in fünf unterschiedlichen Positionen bescheinigt die kurz COSC genannte Institution, dass sich die Ganggenauigkeit eines Uhrwerks im maximal zulässigen Delta zwischen täglich minus vier und plus sechs Sekunden bewegte. Nur so darf es sich auch Chronometer nennen.
Der Check gilt ausschließlich dem mit standardisiertem Prüfgehäuse, Normkrone, Testzifferblatt und nur einem Sekundenzeiger ausgestatteten Werk. Etwas anderes darf zur Kontrolle gar nicht antreten. Dieses Verfahren besitzt Tradition, ist aber auch in die Jahre gekommen. Keineswegs gewährleistet ist nämlich, dass der erfolgreich getestete Proband nach dem Fertigstellen und Einbau des Kalibers noch genauso exakt geht.
Weil dem gegenwärtig unabänderlich so ist, prüfen Rolex und die Konzerntochter Tudor ihre fertigen Uhren mit COSC-zertifiziertem Werk zusätzlich noch auf der Grundlage eigener Verfahren und Normen. Das mehrtägige Programm umfasst Wasserdichte, Gangautonomie und natürlich die Ganggenauigkeit. Täglich maximal zwei Sekunden darf ein Tudor Chronometer nach- und vier Sekunden vorgehen. Und das ist deutlich strenger als die COSC erlaubt. Das Gangverhalten bei oder nach dem Einwirkung eines starken Magnetismus bleibt hingegen außen vor.
Magnetismus von Nivarox-Spiralen und Silizium-Spiralen
So reagieren die Spiralen im Magnetfeld, setzt man sie der Wirkung eines Magneten aus.
Kampf dem Magnetismus
Das erdumspannende Magnetfeld schützt, wie einst schon Johann Karl Friedrich Gauß konstatierte, zuverlässig vor Weltraumstrahlung. Nicht zuletzt deshalb ist eine von mehreren Maßeinheiten für die magnetische Feldstärke nach dem deutschen Universalgelehrten benannt.
Zur Darstellung der magnetischen Flussdichte (Flux) hat sich in der Wissenschaft das Tesla eingebürgert. Ein Tesla, zurückgehend auf den Serben Nikola Tesla, entspricht 10.000 Gauss. In Ampère pro Meter (A/m) oder Oerstedt bemisst sich hingegen die magnetische Feldstärke.
Heutzutage tragen artifiziell erzeugte, also elektrisch hervorgerufene Magnetfelder nicht unerheblich zur magnetischen Kontaminierung ihrer Umgebung bei. Bekannte Beispiele sind starke Elektromotoren, Metalldetektoren an Flughäfen und Scanner zur Magnetresonanztomographie (MRT). Letztere übertreffen das Magnetfeld von Mutter Erde um mehr als das Zehntausendfache. Ihnen ausgesetzte Uhren bleiben wie angewurzelt sofort stehen.
Eine Möglichkeit, Uhrwerke vor Magnetfeldern bis zu 1000 Gauss zu schützen, besteht in der Verwendung von komplett umschließenden Weicheisenkapseln. Schon kleine Öffnungen wie jene für die Zeiger oder ein Datumsfenster mindern jedoch den Umleitungseffekt. Die bei Mechanikfreaks äußerst beliebten Sichtböden verbieten sich deshalb komplett. Prominente Vertreter dieser Spezies Zeitmesser sind zum Beispiel IWC Fliegeruhren wie Mark 11 oder die Milgauss von Rolex.
Eine allgemeinverbindliche Norm für antimagnetische Uhren gibt es natürlich auch: Solche dürfen in einer magnetischen Flussdichte von 60 Gauss oder 4.800 A/m nicht stehen bleiben. Entfernt man sie aus dem Magnetfeld, sind im Vergleich zum vormaligen Zustand täglich nicht mehr als +/- 30 Sekunden Gangabweichung tolerabel.
Tudor Black Bay Ceramic
Beim brandneuen Black Bay Ceramic Master Chronometer, Referenz 79210CNU, folgt Tudor nicht dem Beispiel der Mutter Rolex, welche den Chronometer der Superlative propagiert, sondern jenem des Konkurrenten Omega.
Will heißen: Diese Armbanduhr gelangt mit gleich doppelter amtlicher Zertifizierung auf den Markt. Damit sie sich überhaupt Chronometer nennen darf, muss ihr Werk zwingend erst einmal zur COSC, welche sich als Hüterin dieses klangvollen Titels versteht.
Als zweiter unbestechlicher Kontrolleur agiert das Eidgenössische Institut für Metrologie, kurz METAS genannt. Amtliche Uhrenprüfungen sind dort seit 2015 ein Thema.
die zusätzliche METAS-Prüfung der mittleren täglichen Ganggenauigkeit
Der 9-tägige Test gilt der täglichen Präzision bei Temperaturen von 23 und 33 Grad Celsius unter gewöhnlichen Tragebedingungen.
Funktionstüchtigkeit des COSC-zertifizierten Uhrwerks in einem Magnetfeld von 15.000 Gauss
Der Magnetfeld-Test geht an einem Band mit starken Magneten über die Bühne. Ein erster Testschritt gilt dem Werk in zwei um 90 Grad gedrehten Positionen (Flach- und Senkrechtlage). Während der 30 Sekunden in jeder Position erfolgt die Prüfung der Funktionstüchtigkeit des Uhrwerks im Magnetfeld von 15.000 Gauss akustisch mithilfe eines Mikrofons.
Funktionstüchtigkeit der ganzen Uhr in einem Magnetfeld von 15.000 Gauss
Hier wird anstelle des Uhrwerks der ganze Zeitmesser unter den gleichen Bedingungen gecheckt. Ein Mikrophon stellt fest, ob die Uhr währenddessen einwandfrei weiterläuft.
Abweichung der täglichen Ganggenauigkeit nach dem Kontakt mit einem Magnetfeld von 15.000 Gauss
Hier ermitteln Tudor und METAS in den eigens eingerichteten Genfer Prüfräumen die mittlere Abweichung der Uhr zwischen dem 2. und 3. Tag des ersten Tests. Das Resultat zeigt die mittlere tägliche Präzision der Uhr vor und nach dem direkten Kontakt mit einem Magnetfeld von 15.000 Gauss
Wasserdichtigkeit
Bei diesem Test muss auch die Tudor Black Bay Ceramic tatsächlich ins Wasser. Dort wird der Druck so lange schrittweise erhöht, bis die angegebene Wasserdichtigkeit erreicht ist. Dieses Verfahren gewährleistet die Prüfung jedes Probanden unter realen Bedingungen. Abschließend kommt ein Tropfen kalten Wassers aufs Glas der angewärmten Uhr. Beschlägt sie innen, ist das Gehäuse nicht dicht.
Gangautonomie
Mithilfe von Fotos, welche zu Beginn und am Ende des erwarteten Grenzwerts gemacht werden, überprüft Tudor die Gangautonomie jeder Black Bay Ceramic Uhr. Eine erneute Überprüfung der Abweichung stellt sicher, dass jede Uhr hinsichtlich der ausgewiesenen Zeit präzise arbeitet. So können sich die Käuferinnen und Käufer darauf verlassen, dass ihre Uhr auch nach einem Wochenende ohne Bewegung immer noch hinreichend präzise funktioniert.
Video der METAS Prüfungen der Tudor Black Bay Ceramic
Abweichung der Laufzeit bei einer Gangautonomie zwischen 100 % und 33 %
In sechs verschiedenen Positionen ähnlich den sechs Seiten eines Würfels erfolgt diese Überprüfung der fertigen Uhr. Während die komplett aufgezogene Uhr jeweils 30 Sekunden in einer Lage verharrt, überprüft eine akustische Messvorrichtung die durchschnittliche Ganggenauigkeit. Danach wird die Gangautonomie auf ein Drittel des Maximalwerts reduziert. Ein weiterer Test unter den gleichen Bedingungen stellt sicher, dass selbst unvollständiger Aufzug die Präzision nicht beeinträchtigt.
Abweichung der Laufzeit wiederum in sechs Positionen
Dieser Test ähnelt dem vorangegangenen. Die Uhr verbleibt 30 Sekunden in jeder Position, wobei die Gangleistungen wiederum akustisch gemessen werden. Die Überprüfung in sechs verschiedenen Lagen stellt sicher, dass die Uhr wirklich in allen Lebenslagen, also im Bett, am Schreibtisch oder beim Sport einwandfrei und präzise funktioniert.
Die Überprüfung der erreichten Präzision geschieht objektiv durch Vergleich mit der amtlichen Universal-Zeit (UTC).
Am Ende legt METAS deutlich strengere Maßstäbe an als die COSC, denn ein Nachgehen wird keinesfalls akzeptiert. Der strikt vorgegebene Toleranzbereich liegt zwischen täglich null und plus fünf Sekunden in sechs Lagen sowie bei den genannten Temperaturen. Damit beträgt das zulässige Delta nur die Hälfte des von der COSC vorgegebenen. Der Tudor-eigene Korridor wird um eine Sekunde unterschritten. Und zwar in Magnetfeldern bis hin zu 15.000 Gauss.
Bekanntes Uhrwerk mit Besonderheiten
Diese Widerstandsfähigkeit ist nur möglich durch die Verwendung amagnetischer Komponenten im altbewährten Automatikkaliber MT5602. Die Zusatzbezeichnung 1U der geschwärzt auftretenden Version weist hin auf die amagnetischen Eigenschaften, hervorgerufen einmal durch die Verwendung einer Silizium-Unruhspirale. Für die Unruh mit variabler Trägheit nutzt Tudor gleichfalls einen amagnetischen Werkstoff abseits vom üblichen Glucydur, dessen Legierung aber nicht bekanntgegeben wird.
Auch über die anderen Komponenten, welche die Resistenz bis zu 15.000 Gauss gewährleisten, hüllt sich Tudor in Schweigen. Es ist davon auszugehen, dass der Körper des mit Steinpaletten bestückten Ankers und das Hemmrad im LIGA-Verfahren aus amagnetischen Nickel-Werkstoff entstehen. Seinen durchbrochen gestalteten, beidseitig wirkenden Rotor fertigt Tudor aus dem Schwermetall Wolfram. Vermutlich kommt auch zur Herstellung der sieben Kugeln des Rotorlagers amagnetisches Material wie beispielsweise Keramik zum Einsatz. Bekanntlich besitzt das mit vier Hertz oszillierende Kaliber MT5602 beruhigende 70 Stunden Gangautonomie.
Doppelt zertifiziert und kratzfeste Keramik
Wie der Modellname Black Bay Ceramic schon andeutet, wagt sich Tudor auch hinsichtlich des Gehäusematerials erstmals in größerem Umfang auf Neuland. Ein Tudor Black Bay Unikat mit Keramikgehäuse gelangte 2019 bei der Only Watch Auktion für wohltätige Zwecke unter dem Hammer. Sie erlöste sensationelle 350.000 Schweizerfranken.
Der Korpus des bis zu 20 bar druckdichten 41-Millimeter-Gehäuses besteht aus kratzfester, mikrogestrahlter Keramik. PVD-beschichteter Edelstahl ist der Werkstoff der einseitig verstellbaren Drehlünette, der Schraubkrone und des Schraubbodens. Bei Letzterem gestattet ein integriertes Saphirglas den Blick aufs Automatikwerk.
Die Lieferung erfolgt mit zwei Armbändern. Das aus Leder und Kautschuk gefertigte Hybridband besitzt eine stählerne Sicherheitsfaltschließe mit schwarzer PVD-Beschichtung. Eine Dornschließe aus dem gleichen Material ist dem schwarzen Textilband mit cremefarbenem Streifen zu Eigen.
Viel Uhr fürs Geld
Selbstverständlich gewährt Tudor ohne Wenn und Aber fünf Jahre internationale Garantie. Je nach Trage-Intensität wird ein erster Service spätestens nach zehn Jahren empfohlen. Wer die genauen Prüfresultate seiner Armbanduhr in Erfahrung bringen möchte, kann das mit Hilfe der neuen Tudor Watch-ID App tun. Hält man ein NFC-fähiges Smartphone an die Garantiekarte, gelangt man zu den gewünschten Daten.
Mit 4.410 Euro ist der Preis für diese Armbanduhr bemerkenswert moderat angesetzt. Für einen Seamaster Diver Master Chronometer mit Keramikschale und Titanlünette ruft Omega 7.600 Euro auf. Somit ist absehbar, dass auch für den Tudor Black Bay Ceramic Master Chronometer Wartezeiten an der Tagesordnung sein werden.
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