Die Geschichte des allgemein verbreiteten Kalendersystems und damit auch der Uhren mit ewigem Kalender geht zurück auf Gaius Julius Caesar. Dem römischen Imperator verdankt die Menschheit unter anderem die Schaltjahre. Obwohl Papst Gregor XIII. 1582 nachbessern muste, gilt der Julianische Kalender im Grunde genommen weiter. Die komplette Kalender-Geschichte findet sich hier im Uhrenkosmos.
Julianisches aus Sachsen
Allgemein bekannt sein dürfte die Tatsache, dass mit dem Comeback der Uhrenmanufaktur A. Lange & Söhne im Jahr 1994 auch die Geburt des tickenden Klassikers Lange 1 einherging. Seitdem hat ihr damals ungewöhnlicher und für viele Uhrenliebhaber durchaus auch gewöhnungsbedürftiger optischer Auftritt nicht nur Geschichte geschrieben, sondern auch etliche Epigonen gefunden. Aufsehen erregte dabei vor allem das asymmetrisch gestalte Zifferblatt mit dem keineswegs neuen, aber nach Jahren diesbezüglicher Abstinenz schon wieder neuartigen Großdatum. Im Laufe von 27 Jahren sind in Glashütte viele unterschiedliche Varianten dieses anhaltend erfolgreichen Uhrenmodells entstanden. Dazu gehört auch ein 2012 lanciertes Lange 1 Tourbillon mit ewigem Kalender, Referenz 720.032.
Damals stellte vor allem Integration der kalendarischen Indikationen ins charakteristische und deshalb unantastbare Zifferblattdesign eine echte gestalterische Herausforderung dar. Noch am einfachsten machte es das unübersehbare Großdatum. Indessen verlangten aber auch noch die Monate, Wochentage, Mondphasen und der Schaltjahreszyklus ihren Platz.
Nach reichlichen Überlegungen realisierte das Entwicklungsteam einen ganz außen rotierenden Monatsring. In seine Unterseite programmierten Techniker die unterschiedlichen Monatslängen. Für die neuartige Lösung eines alten Kalender-Problems erlangte die Manufaktur auch ein Patent. Die Wochentage stellt ein retrograder Zeiger dar. Bei der „6“ erscheinen fürs Einstellen und Korrigieren wichtige Informationen zum Schaltjahreszyklus. Rein theoretische verlangt die Mechanik erst im Februar 2100 nach einer manuellen Korrektur. Demgegenüber geht die Mondphasenindikation erst nach 122 Jahren um einen Tag falsch.
Hohen technischen Aufwand verlangte das Bestreben, alle Indikationen pünktlich springen zu lassen. Die dazu erforderliche Kraft wird im Laufe des Tages kontinuierlich eingesammelt und um Mitternacht geballt freigegeben. Wie es sich aus technischen Gründen eigentlich korrekter Weise gehört, dreht das mit patentiertem Unruhstopp ausgestattete Tourbillon des Automatikkalibers L082.1 unbehelligt von UV-Strahlen im Versteckten seine Runden. Über allen leistet der leicht exzentrisch positioniere Goldrotor mit äußerem Platinsegment seine energiespendende Arbeit. Vor rund zehn Jahren kostete die mit Platingehäuse auf 100 Exemplare limitierte Armbanduhr rund 270.000 Euro.
A. Lange & Söhne Lange 1 Ewiger Kalender
Wer kein Tourbillon haben, geschweige denn zahlen will, auf ein intelligent gestaltetes ewiges Kalendarium Langescher Provenienz nicht verzichten möchte, findet mit der neuen Lange 1 Ewiger Kalender von 2021 womöglich das Richtige. Natürlich ist auch sie unverkennbares Mitglied dieser Modellfamilie.
Bei den unlimitiert in Rotgold für 98.000 Euro und in einer 150-er Weißgold-Edition für 109.000 Euro erhältlichen Uhren mit ewigem Kalender verzichtete das deutsche Traditionsunternehmen auf die oben geschildete Kombination mit einem Tourbillon. Neben der Anzeige von Stunden und Minuten konzentriert sich das aus 621 Komponenten assemblierte Automatikkaliber L021.3 auf das immerwährende Kalendarium. Wie gehabt umfasst selbiges ein akkurat springendes Großdatum, die retrograde Darstellung des Wochentags, einen peripher drehenden Monatsring, die digitale Indikation des Schaltjahreszyklus und schließlich auch die Mondphasen.
Das Basis-Uhrwerk mit vorderseitig montierter Kalender-Kadratur kommt etwa 50 Stunden lang ohne Energienachschub aus. Nicht exakt in der Mitte des Uhrwerks gelagert ist die in einer Richtung aufziehende Gold-Platin-Schwungmasse. Stündlich 21.600 Halbschwingungen vollzieht die Unruh mit variabler Trägheit. Die auf dem handgravierten Unruhkloben montierte Schwanenhals-Feinregulierung dient zum Einstellen eines gleichmäßigen Lauf des Uhrwerks.
Vorstellung der A. Lange & Söhne Lange 1 Ewiger Kalender im Video von Lange & Söhne
Kalendarischer Weltrekord
Den siebten Bulgari Octo Finissimo Weltrekord in puncto flachem Uhrwerk beansprucht das im Rahmen der Watches & Wonders 2021 vorgestellte Modell Bulgari Octo Finissimo Perpetual Calendar mit seinem ewigen Kalender für sich. Lediglich 2,75 Millimeter baut das hauseigene, aus 408 Komponenten assemblierte Mikrorotor-Automatikkaliber BVL 305 hoch.
Das Spektrum an Kalendarischen Indikationen umfasst Wochentag und Monat durch rotierende sowie Datum und Schaltjahr durch retrograde Zeiger.
Mit Hilfe von drei Korrektoren erfolgt die Einstellung besagter Indikationen. Für das Datum ist der in die Gehäuseflanke integrierte Drücker bei „2“ zuständig. Pendants zwischen „8“ und „9“ und „4“ wirken auf die Anzeigen von Wochentag bzw. den Monat ein.
Das 40 Millimeter große, auf Gérald Genta zurückgehende Gehäuse gibt es in zwei sehr konträren Gehäusematerialien Titan oder Platin.
Erstgenanntes Titan-Modell, Preis 60.000 Euro, hält ein Gliederband am Handgelenk. Die deutlich schwerere und dazu auch 30.000 Euro teurere Platin-Variante kommt mit Alligator-Lederband. So oder so misst die bis zu drei bar wasserdichte Schale in der Höhe exakt 5,8 Millimeter. Und das ist definitiv Weltrekord.
Bulgari Octo Finissimo Perpetual Calendar
Videovorstellung und Gespräch mit dem Bulgari Manager Antoine Pin.
Uhren mit Ewigem Kalender Made in Schaffhausen
Bei IWC reicht die Geschichte des ewigen Kalenders in Armbanduhren zurück bis in die frühen 1980-er Jahre. Damals beauftragte der neue CEO Günter Blümlein seinen Chef-Uhrmacher Kurt Klaus mit der Entwicklung einer neuartigen Kadratur. Diese, ausgestattet mit einer Jahresanzeige, debütierte während der Basler Uhrenmesse 1985 im Da Vinci Chronograph.
In adaptierter Ausführung belebt das augenfällige Kalenderwerk seit 2006 auch die markante IWC Big Pilot Linie. Den Anfang machten 25 Exemplare mit Platinschale. Seitdem präsentierte IWC insgesamt 37 Versionen des ikonischen Designs.
Die neueste Ausführung war die IWC Big Pilot’s Watch Perpetual Calendar und gab während der Watches & Wonders 2021 ihren Einstand. Ans Handgelenk findet der ausdruckstarke Bolide diesmal mit 46,2 Millimeter großen Stahlgehäuse. Im Inneren gelangt hauseigene Mechanik in Gestalt des opulenten Automatikkalibers 52615 zum Einsatz. Sein Durchmesser beträgt 37,8, die Bauhöhe 7,5 Millimeter. Hat der Rotor-Selbstaufzug mit Pellaton-Gleichrichter die beiden Energiespeicher prall gefüllt, stehen stolze 168 Stunden oder ganze sieben Tage Gangautonomie zur Verfügung.
Damit Zeit-Piloten nicht ins Trudeln geraten, lässt eine Gangreserveanzeige den jeweiligen Stand der Federspannung wissen. Der immerwährende Kalender zeigt Datum, Wochentag, Monat und das aktuelle Jahr. Beinahe ewige Genauigkeit zeichnet die Anzeige der Mondphasen für die nördliche und südliche Hemisphäre aus. Sie währt 577,5 Jahre.
Für eine der unter dem blauen Zifferblatt angeordneten Kalender-Kadraturen benötigen die Uhrmacher 109 Komponenten. Der Taktgeber, sprich Unruh und Unruhspirale, oszilliert mit vier Hertz. Er und natürlich auch die Schwungmasse lassen sich selbstverständlich durch einen Sichtboden in der bis sechs bar druckdichten Schale beobachten.
Auf das breite Spektrum an Indikationen, darunter natürlich auch Stunden, Minuten und Sekunden, blickt Mann durch kratzfestes Saphirglas. Jede der mit acht Jahren Garantie angebotenen Armbanduhren kostet 29.800 Euro.
Fortsetzung folgt
Im nächsten Teil dieser kalendarischen Betrachtungen stellt der Uhrenkosmos Immerwährendes von Patek Philippe, Parmigiani Fleurier und Vacheron Constantin vor. Wir freuen uns auf Sie.
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