IWC Uhren
Für die Schaffhausener Uhrenmanufaktur mit ihren weltbekannten „3P“ IWC Uhren – IWC Pilot’s Watch, IWC Portugieser und IWC Portofino – waren die 90-er Jahre von einem starken Aufschwung geprägt. Gestützt vom Mannesmann-Investment in die „LMH Les Manufactures Horlogères“ Gruppe im Jahr 1993 arbeitete die Schweizer Uhrenmarke an ihrer technischen Weiterentwicklung. Dabei konnte sie auf der Technik der IWC Grand Complication des Jahres 1990 aufbauen und eindrucksvoll ihre Uhrmacher-Kompetenz unter Beweis stellen.
Meilenstein 1993: IWC Il Destriero Scafusia
Pünktlich zum 125. Firmenjubiläum wartete die Uhrenmarke IWC mit ihrer bis dahin kompliziertesten Armbanduhr auf, dem so genannten „Schlachtross aus Schaffhausen“. Sein aus 750 Teilen montiertes Uhrwerk gründet sich auf demjenigen der 1990 lancierten IWC Grande Complication. Von deren insgesamt 659 Werkskomponenten entfallen 568 allein auf das 54 Gramm wiegende Automatikwerk mit Chronograph, ewigem Da-Vinci-Kalendarium und modularer Minutenrepetition. Als Basis verwendete IWC einmal mehr das Kaliber Valjoux/Eta 7750.
Im opulenten Gold- oder Platingehäuse der IWC II Destriero Scafusia gesellten sich zu den bereits genannten Funktionen auch noch ein Schleppzeiger für den Chronographen und ein fliegend gelagertes Minutentourbillon. Letzteres realisierten die Techniker erstmals in der Geschichte des Drehgangs mit vier Hertz Unruhfrequenz. Der kugelgelagerte Käfig besteht aus Titan, die entscheidenden Hemmungsteile aus einer paramagnetischen Speziallegierung. Der Aufzug des liebevoll dekorierten und auf dem Valjoux 7750 basierenden Uhrwerk erfolgt auch aus Gründen der Bauhöhe manuell. Jedes der 125 Rotgold-Exemplare kostete umgerechnet rund 220.000 Euro.
Meilenstein 2000: IWC Kaliber 5000
Vier Jahre dauerte bei IWC die Entwicklung des opulenten, aus 286 Teilen assemblierten IWC Automatikkalibers 5000. In mancherlei Hinsicht erinnert es an das legendäre Kaliber 8541. Für regelmäßigen Energienachschub sorgt ein Zentralrotor mit eingelegtem Goldmedaillon. Zwölf Rotorumdrehungen führen bei diesem Kaliber der Zugfeder Energie für eine Stunde zu. Theoretisch beträgt die Gangautonomie stattliche 204 Stunden. Aber nach sieben Tagen oder 168 Stunden beendet ein intelligenter Mechanismus die Oszillationen des Gangreglers. Über den aktuellen Energievorrat informiert eine Gangreserveindikation.
Beachtlich sind auch die Dimensionen: Durchmesser 38,2, Höhe 7,2 mm. Die Verwandtschaft zu den hauseigenen Automatik-Vorläufern repräsentiert dabei der Pellaton-Aufzug mit Kurvenscheibe, Exzenterwechsler und gefedertem Rotorlager. Vom Kaliber 8541 stammt die Feinregulierung für den Rücker ab, vom Handaufzugskaliber 89 das Schwing- und Hemmungssystem mit entschleunigten 2,5 Hertz Frequenz.
Meilenstein 2003: IWC Portugieser Doppelmond
Ganze 577 Jahre müssen verstreichen, bis die von Kurt Klaus und seinem Team entwickelte Mondphasenanzeige dieser IWC Portugieser Doppelmond Uhr einer manuellen Korrektur bedarf. Überdies zeigt sie erstmals in der Geschichte der Armbanduhr den Lauf des bleichen Erdtrabanten über beiden Hemisphären. Bekanntlich bewegt sich der mystische Himmelskörper über der Süd-Halbkugel in umgekehrter Richtung.
Aus 109 Komponenten besteht ewige Kalendarium vom Typ Da Vinci. Das Plus von 27 Teilen gegenüber der originären Konstruktion erklärt sich aus einem größeren Durchmesser und der daraus resultierenden Notwendigkeit etlicher Zwischenräder. Den Zeittakt liefert das Mammut-Automatikwerk IWC Kaliber 5011 aus eigener Manufaktur. Sein Durchmesser beträgt 38,2 mm, die Gangautonomie ganze sieben Tage.
Meilenstein 2009: IWC Da Vinci Perpetual Calendar Digital Date-Month
Mit dieser Armbanduhr trat IWC ins groß-digitale Zeitalter. Datum und Monat des ewigen Kalendariums erscheinen bei der Da Vinci Perpetual Calender Digital Date-Month oberhalb der „9“ bzw. der „3“ in zweiteiligen Fenstern. Für die springende Anzeige waren zwei jeweils übereinander angeordnete Scheibenpaare zuständig. Beim dabei verwendeten IWC Basis-Automatikkaliber 89360 handelte es sich um eine exklusive Eigenentwicklung.
Zu den technischen Merkmalen dieses IWC Chronographen gehören klassisches Schaltrad, Schwingtrieb-Kupplung, konzentrisch angeordnete Totalisatoren für 60 Minuten und zwölf Stunden sowie ein beidseitig wirkender Exzenter-Selbstaufzug mit stoßgesichertem Rotorlager. Die Zugfeder der IWC Da Vinci Perpetual Calendar Digital Date-Month speichert Kraft für mindestens 68 Stunden. Dieser Motor treibt besagte Kalender-Kadratur an. Damit das Fortschalten der digitalen Indikationen die Unruh-Amplitude nicht über Gebühr strapaziert, wird die erforderliche Energie sukzessive entnommen, in einer Schneckenscheibe gespeichert und in geballter Form freigesetzt. Das komplexe Kalender-Kaliber 89800 mit vier Hertz Unruhfrequenz besteht aus 474 Komponenten.
Meilenstein 2011: IWC Portuguese Sidéral Scafusia
Nur auf individuelle Bestellung hin fertigt man im hübschen Rheinstädtchen die IWC Portuguese Sidéral Scafusia mit Manufakturkaliber und 96 Stunden Gangautonomie sowie Anzeigen auf Vorder- und Rückseite. Auf der Zifferblatt-gewandten Seite dominiert ein großes Tourbillon. Die darin verbaute Hemmung arbeitet mit konstanter Kraft. Ein zweites, kleines Zeigerpaar bei „12“ bildet die mittlere Sternzeit ab. Rückwärtig sticht hingegen ein kunstvoll gestalteter Sternenhimmel ins Auge, welcher sich im Takt der Sternzeit dreht.
Weil der jeweils sichtbare Himmel vom Wohnort abhängt, berechnet ein Gelehrter der Universität Zürich das Abgebildete jeweils ganz individuell. Dank zwei Polarisationsfiltern präsentiert sich der Taghimmel in Grau, der nächtliche in Blau. Eine gelbe Zone markiert den Sicht-Horizont, eine rote Linie zeigt die Ekliptik. Nach individueller Berechnung verlangen auch die Zeiten des Sonnenaufgangs und Sonnenuntergangs. Schließlich bildet die Rückseite nochmals die mittlere Sonnenzeit und die Sommerzeit ab.
Zum korrekten Einstellen gibt es ein ewiges Kalendarium, dessen Anzeige sich auf die Zahl der Tage seit Jahresbeginn sowie die Jahre des Schaltjahreszyklus beschränkt. Nicht ganz verwunderlich, dass diese bemerkenswerte Entwicklung des aus mehr als 520 Teilen zusammengefügten Uhrwerks gut zehn Jahre in Anspruch nahm.
Meilenstein 2014: IWC Aquatimer Deep Three
Zu den herausragenden technischen Merkmalen des IWC Aquatimer Deep Three gehören ein mechanischer Tiefenmesser sowie ein konsequent weiterentwickeltes Drehring-System, das Tauchgänge gefahrloser machen soll. Die neue Lünette zum Einstellen und Ablesen der verbleibenden Tauchzeit vereint in sich alle Vorteile des bekannten Innen-Drehrings mit der leichteren Handhabbarkeit eines außen angebrachten Pendants. Das ausgeklügelte IWC SafeDive-System schützt die bei „4“ unter einer Abdeckung verborgene Mechanik vor Salzwasser und Schmutz.
Einem innovativen Kupplungssystem mit nur einseitig wirkender Sperrverzahnung obliegt die Verbindung von außen nach innen. Besagter Tiefenmesser befindet sich dagegen in der zweiten, durch einen Bügel geschützten Krone auf der linken Gehäuseseite. Hier wirkt das Wasser direkt auf eine Membran und schiebt einen Stift mit zunehmendem Druck ins Gehäuseinnere. Diese Bewegung betätigt ein Hebelwerk mit insgesamt zwei Messzeigern. Während des Tauchgangs stellt der blaue die aktuelle Tauchtiefe bis zu 50 Meter dar. Der rote Zeiger verharrt hingegen bis zur Nullstellung durch die Keramikdrücker oberhalb der Krone bei der während des Tauchgangs erreichten maximalen Tiefe. Aus diesen Informationen können geschulte Taucher zusammen mit dem Sekundenzeiger das Aufstiegstempo kontrollieren. Das 46 Millimeter große Titangehäuse schützt ein Automatikwerk vom Kaliber 30120 mit Fensterdatum und 42 Stunden Gangautonomie.
Meilenstein 2017: IWC Da Vinci Perpetual Calendar Chronograph
Gegenüber dem ewigen Kalendarium in der IWC Da Vinci von 1985 hat sich beim Meilenstein des Jahres 2017, IWC Da Vinci Perpetual Calendar Chronograph, nicht viel getan. Datum, Wochentage und Monate befinden sich an der gleichen. Geblieben ist auch die voll ausgeschriebene Jahresszahl zwischen „7“ und „8“. Bei der Mondphasenindikation erfolgt nun durch einen runden Zifferblattausschnitt. Eine Verbesserung gab es auch im Nachjustieren. Erst nach 577,5 Jahren ist im neuen Modell eine Abweichung um einen Tag zu erwarten, zuvor waren es 122,6 Jahre. Die IWC-eigene Mechanik mit konzentrisch angeordneten Zählzeigern des Chronographen nennt sich Kaliber 89630. Der Stopp-Mechanismus birgt in sich tradierte Elemente wie Schaltradsteuerung, Schwingtrieb-Kupplung und Flyback-Funktion.
Den berüchtigten Startsprung konnten die Techniker durch ein Chrono-Zentrumsrad mit 240 speziell geformten Zähnen weitgehend eliminieren. Die Effizienz der zeitschreibenden Mechanik lässt sich einfach daraus ableiten, dass die Gangautonomie von 68 Stunden selbst bei permanent eingeschaltetem Chronographen kaum beeinträchtigt wird. Über vier außen liegende Regulierschrauben verfügt die Glucydur-Unruh. Zusammen mit der frei schwingenden Anachron-Flachspirale vollzieht sie stündlich 28.800 Halbschwingungen. Anstelle des IWC-typischen Pellaton-Aufzugs besitzt dieses Uhrwerk ein innovatives, in beiden Drehrichtungen wirkendes System, bei dem vier Klinken die kinetische Energie des stoßgesicherten Schwermetall-Rotors in potenzielle umwandeln. Die Schwungmasse zeigt sich durch den Sichtboden des bis drei bar wasserdichten Rotgoldgehäuses.
IWC Meilenstein 2021: IWC Big Pilot’s Watch Shock Absorber XPL
Auch dem härtesten Alltag die Stirnfläche bieten kann die IWC Big Pilot’s Watch Shock Absorber XPL. Ihr innovativer Werk- und Gehäusebau mit seiner modularen Bauweise setzt auf eine federnde Lagerung und Hightech-Materialien sowie das notwendige Spiel fürs Werk und seine Kraftübertragung. Über diese hoch belastbare Armbanduhr hat der Uhrenkosmos bereits ausführlich berichtet.
Übersicht über Beiträge dieser Serie
- Artikel Nummer 1 zu dieser Serie
- Artikel Nummer 2 zu dieser Serie
- Artikel Nummer 3 ist der hier vorliegende Teil der Serie
Sehr geehrter Herr Brunner, vielen Dank für Ihren Artikel über die IWC–Meilensteine. Nur blieb leider das Flaggschiff der „Ingenieur“ Baureihe, die IW 5005 unerwähnt. Dieses Modell wurde bedauerlicherweise nur von 2007 bis 2012 produziert, war am Stahlband aber im Jahre 2010 ca. 2.000 € teurer als die Royal Oak und ungleich robuster und auch präsenter am Handgelenk. Es gibt leider kaum zeitgenössische Berichte über diese außergewöhnliche Uhr und ich wäre Ihnen sehr verbunden, würden Sie dieses Modell einmal kommentieren oder auf entsprechende Informationsquellen hinweisen. Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ulrich Jahn