Dünnste Armbanduhr der Welt

Bulgari Octo Finissimo Ultra: 8 Patente für 1,80 mm Bauhöhe

Insgesamt acht Patente schützen die aktuell weltweit flachste Armbanduhr der Welt. Von der Bulgari Octo Finissimo Ultra wird es zunächst nur 10 Exemplare geben. Allerdings glaubt man kaum, was 1,8mm Bauhöhe für einen Aufwand machen und welch gewaltigen Preis Bulgari hierfür aufruft.

von | 21.03.2022

Weltrekorde

Kurz vor der Genfer Uhrenmesse Watches & Wonders 2022 stellte Bulgari mit der extrem dünnen Bulgari Octo Finissimo Ultra den 8. Weltrekord in Sachen minimalistischer Bauweise mechanischer Uhrwerke vor. Und der hebt den ewigen Rivalen Piaget bei flachen Kalibern aus dem Thron. Bis auf Weiteres jedenfalls. Ob das Mitglied des Richemont Konzerns nun bei seiner insgesamt nur zwei Millimeter hoch bauenden Piaget Altiplano Ultimate Concept nochmals nachlegt, bleibt abzuwarten. Schließlich setzt tickende Mechanik Grenze, welche sich nur mit erheblichem und vor allem kostspieligem Aufwand überwinden lassen.

Am Ende ziehen derart teure Armbanduhren nur einen extrem kleinen Kreis von Menschen an. In diesem Sinne wendet sich Bulgari mit seiner brandneuen Octo Finissimo Ultra an gerade einmal zehn Zeit-Genossen, denen der ultimative Kick am Handgelenk genau 400.000 Euro inklusive Steuern wert ist.

 

Bulgari Octo Finissimo Ultra

Insgesamt nur 1,8 Millimeter baut die neue Bulgari Octo Finissimo Ultra hoch. Die ersten zehn Exemplare kosten jeweils 400.000 Euro

Für diesen Betrag bekommen die Käufer einer Octo Finissimo Ultra die gegenwärtig weltweit flachste Armbanduhr der Welt. Samt Gehäuse trägt sie nur 1,8 Millimeter am Handgelenk auf. Das sind 0,2 Millimeter weniger als bei der Manufaktur Piaget, die für ihr in homöopathischen Mengen gefertigtes Kunstwerk den ebenfalls nicht eben geringen Kaufpreis von 417.000 Euro verlangt.
Schrägansicht der Octo Finissimo Ultra

Tickender Hauch fürs Handgelenk: Bulgari Octo Finissimo Ultra, 1,80 mm flach

Indessen zeigt sich beim Blick in die Vergangenheit, dass es sich strenggenommen weder bei Piaget noch bei Bulgari um das flachste mechanische Uhrwerk handelt. Jenes wohl bis heute flachste Manufakturkaliber mit italienischen Wurzeln namens BVL 180 misst in der Höhe 1,5 Millimeter. Den Durchmesser des Uhrwerks gibt Bulgari nicht an, sondern nur den der ganzen Armbanduhr.
Die ungewöhnliche Frontalansicht der ultraflachen Bulgari Armbanduhr

Bulgari Octo Finissimo Ultra - die ganze Mechanik auf einen Blick

Selbiger beträgt 40 Millimeter. Zieht man die aus den Fotos ermittelte Flankenstärke der typischen Octo-Schale ab, ergeben sich ca. 37 mm Werksdurchmesser. Daraus errechnen sich ca. 1.075 mm² Oberflache und 1.612 mm³ Werksvolumen. Diese Werte sind maßgeblich für eine differenzierte Bewertung des neuen Superlativs.
Ultraflache Taschenuhr von LeCoultre aus dem Jahr 1907

Weltrekord 1907: das 17-linige Kaliber LeCoultre, hier in einer Jaeger signierten Taschenuhr, baut 1,38 Millimeter hoch. Volumen: 1593 mm³

Ultraflache Taschenuhren

1903 machten sich die Uhrmacher des Werkefabrikanten LeCoultre an die Konstruktion des 17-linigen Handaufzugskalibers 145 mit 38,35 mm Durchmesser. Ab 1907 schrieb das nur 1,38 mm hohe Oeuvre unter dem Beinamen Rasierklinge Geschichte. Ein erster Weltrekord. Nachdem es sich um ein konventionell konstruiertes Handaufzugswerk mit Platine, Brücken und Kloben handelte, gesellten sich freilich noch Zifferblatt und Zeiger hinzu. Gleiches gilt für das nach gegenwärtigem Kenntnisstand flachste mechanische Uhrwerk aller Zeiten. Zu finden ist es bei Vacheron Constantin.

 

Ultraflache Taschenuhr von Vacheron Constantin von 1931 mit einer Werkbauhöhe von 0,94 mm

1931 und nie mehr unterboten: Dieses 17-linige Handaufzugswerk von Vacheron Constantin misst in der Höhe gerade einmal 0,94 mm. Das Gesamtvolumen dieses minimalistischen Oeuvre: 1.085 mm³

Von 1931 bis 1938 stellte das 1755 gegründete Unternehmen unter Verwendung des 17-linigen Kalibers Typ 5/12 minimalistisch flache Taschenuhren in unbekannter Quantität her. Lediglich 0,94 Millimeter baut das LeCoultre-Rohwerk hoch. Samt Zifferblatt und Zeiger dürften es 1,1 Millimeter gewesen sein.
Lassale Kaliber 1200 2000 Relation C Uhrenkosmos

1,2 mm flach und 392 mm³ Volumen. Das Handaufzugskaliber Lassale 1200 im Größenvergleich

Ewiger Volumen-Weltmeister

Der mit Blick auf das Werksvolumen runder ultraflacher Kaliber vermutlich uneinholbare Superlativ gehört Jean Lassale. Für ihn entwickelte der Uhrmacher Pierre Mathys aus La Chaux-de-Fonds Mitte der 1970-er Jahre den Prototyp eines revolutionären mechanischen Kalibers. Das Ziel bestand in der damals weltweit flachsten Armbanduhr.
Die Idee, fast alle Rotationen mithilfe winziger Kugellager zu bewerkstelligen, ging zurück auf Robert Annen. Mathys griff sie auf und verzichtete abgesehen vom Unruhkloben auf Brücken und Gegenlager.

Jean Lassale Handaufzug Kaliber 1200 RS C Uhrenkosmos

Mini-Kugellager und fliegend gelagerte Räder ermöglichten die Konstruktion des 1976 vorgestellten Kaliber Lassale 1200

Die 1,2 Millimeter flache Platine des Kalibers 1200 mit 20,4 Millimeter Durchmesser trägt insgesamt 14 Kugellager japanischer Provenienz mit je fünf 0,2 mm kleinen Kugeln. Jedes Lager ist 0,38 Millimeter stark. Sieben besitzen 2,0, weitere sieben 1,6 mm Durchmesser. Für die bündig drehenden Räder und das Federhaus sah Mathys entsprechende Fräsungen vor. Die konventionell gelagerte Unruh mit 7,5 mm vollzieht stündlich 21.600 Halbschwingungen Und das nach manuellem Vollaufzug 36 Stunden lang. Insgesamt nur 392 mm³ Volumen des von 1976 bis 1979 in einer eigens errichteten Genfer Fabrik der Bouchet-Lassale SA produzierten Handaufzugswerks dürften auch in Zukunft unschlagbar sein.
Unterzifferblatt-Ansicht des Lassle Kalibers 1200

Das Kaliber Lassale 1200 unter dem Zifferblatt

Von den ebenfalls in Genf ansässigen Ateliers réunis stammten die etwa 3,1 Millimeter flachen Sichtboden-Goldgehäuse. 1978 beteiligte sich die Lemania-Lugrin SA, L’Orient, an der Werkefertigung. Trotzdem ging die Rechnung nicht auf. Mangelnde Zuverlässigkeit u.a. hervorgerufen durch klemmende Kugellager führten die Bouchet-Lassale SA im September 1979 in den Ruin. Seiko übernahm die Marke Jean Lassale und versuchte sich an flachen Schweizer Luxusuhren mit Quarzwerk.
Jean Lassale Handaufzug Kaliber 1200 Profil C Uhrenkosmos

Etwa 3,1 Millimeter baute die Referenz 1201 Y von Jean Lassale hoch. Zu flach, um sich im Alltagsbetrieb am Handgelenk nicht zu verwinden und stehen zu bleiben.

Claude Burkhalter, der 1982 die Nouvelle Lemania SA gründete, erwarb die Rechte am Kaliber 1200 sowie der 2,08 mm flachen Automatik-Version 2000. Kunden für die fortan 1210 und 2010 genannten Uhrwerke waren Piaget und Vacheron Constantin. Aber auch hier ließen nur teure Wartungsarbeiten in kurzen Abständen die entsprechend ausgestatteten Armbanduhren halbwegs verlässlich laufen. Glücklich mit diesem Weltrekord wurde deshalb niemand, da er die Grenzen der Mechanik offensichtlich überreizte.
Jean Lassale Uhr Kaliber 1200 mit Handaufzug von 1978

Sammlerstück eher für den Tresor als fürs Handgelenk: Jean Lassale Referenz 1201 Y, 1978

Bulgari Octo Finissimo Ultra

Über die ultraflache Piaget Altiplano Ultimate Concept mit zwei Millimetern Bauhöhe hat der Uhrenkosmos an dieser Stelle bereits ausführlich berichtet. Daher richten sich die folgenden Betrachtungen auf den Newcomer von Bulgari. Spektakulär ist sie auf jeden Fall, die Bulgari Octo Finissimo Ultra.

Um die 1,5 mm Werks- und bislang einzigartige 1,8 mm Gesamthöhe bei einer mechanischen Armbanduhr realisieren zu können, mussten die Produktentwickler auf ein Konstruktionsprinzip zurückgreifen, welches 1986 schon das erste serienmäßig hergestellte und zugleich auch ultraflach ausgeführte Automatik-Tourbillon von Audemars Piguet kennzeichnete. Bzw. nutzen auch die Quarzmodell von Swatch und Piaget diesen konstruktiven Trick.

 

Assemblage des Kalibers BVL 180 3 von Bulgari

Der Gehäuseboden dient bei Bulgari Octo Finissimo Ultra als Platine für das Kaliber BVL 180

Damit sich der schlanke Zeitmesser nicht wie die Lassale am Handgelenk verwindet und so seinen Dienst einstellt, verlangte die charakteristische Achteck-Schale nach spezifischer Ausführung. Zu Titan als Werkstoff auch für das flache Gliederband mit eigens gestalteter Faltschließe gesellt sich Wolframkarbid, eine besonders dichte, harte und dazu auch noch extrem widerstandsfähige Wolfram-Kohlenstoff-Kombination.
Unterwassersport sollte man mit dieser Armbanduhr nicht betreiben. Ihre Wasserdichte reicht nämlich nur bis zu einem bar Druck. Händewaschen geht also, mehr jedoch nicht.

 

Montage des Saphirglas der Finissimo Ultra

Das von vorne verschlossene Gehäuse der Bulgari Octo Finissimo Ultra widersteht dem Druck des nassen Elements bi zu einem bar

Teamarbeit für einen Superlativ

Verantwortlich für Forschung und Konstruktion über drei Jahre hinweg zeichneten mehrere technische Teams einmal bei Bulgari selbst im Vallée de Joux und in Neuchâtel. Ferner brachte der Werke-Spezialist Concepto in La Chaux-de-Fonds seine Kompetenz ein. Beim Blick auf die Vorderseite des Newcomers erlebt man Federhaus, Räderwerk, Gangregler und die notwendiger Weise exzentrisch angeordneten Indikationen von Stunden, Minuten und Sekunden wie auf einem Tablett ausgebreitet. Manuelle Energiezufuhr nach spätestens 50 Stunden erfolgt per rechtsseitig angeordnetem Drehrad. Auf das obere Zeigerpaar wirkt ein weiteres horizontal agierendes Bedienelement ein. Dabei gewährleistet ein patentiertes Differentialgetriebe die Zeiteinstellung ohne Beeinflussung des Räderwerks.

 

Anbringung der Bedienelemente der ultraflachen Bulgari Ultra

Die beiden Bedienelemente der Bulgari Octo Finissimo Ultra

Weitere sechs Patentanmeldungen beziehen sich auf das vordere Glas, das Federhaus, den Gangregler mit vier Hertz Unruhfrequenz, die modulare Struktur, das Armband und die Bimetall-Konzeption der Schale. Für die Aufzugs- und Zeiteinstellräder des aus insgesamt 170 Komponenten assemblierten Kalibers BVL 180 verwendet Bulgari Edelstahl.
Zusammenbau Kaliber BVL 180

Einsetzen des Gangreglers ins Kaliber BVL 180 der Bulgari Octo Finissimo Ultra

Dieser fabelhafte Rekord, den wir mit der Octo Finissimo Ultra aufstellen, ist für mich und für alle Teams ein nur scheinbar unmöglicher Traum, der nun in Erfüllung geht. Ein Traum, der garantiert, dass Bulgari für immer als ein Unternehmen anerkannt wird, welches einige der schönsten Seiten Schweizer Uhrmacherkunst geschrieben hat. Und die Tatsache, dass es sich um ein Haus mit italienischen Wurzeln handelt, macht uns besonders stolz.
Jean-Christophe Babin

CEO, Bulgari

Kunst in der Uhr

Mit einem QR-Code ist das Sperrrad graviert. Er verweist auf ein exklusives NFT-Kunstwerk, welches alle zehn Kunden bekommen. Letzteres bestätigt die Echtheit der Uhr und die Verbindung zu ihrem Käufer. Angesichts der hohen mechanischen Komplexität muss man sich um Fälschungen allerdings keine Gedanken machen. Das achte Patent gilt schließlich der Bvlgari Singvlarity-Technologie.

 

QR-Code für das Kaliber BVL 180

Lasern des Sperrrads der Bulgari Octo Finissimo Ultra Kaliber BVL 180 mit einem QR-Code

Diese wirkt wie eine Art Tresor, in dem alles Hinterfründige zur Uhr verborgen ist. Damit es spannend bleibt, wird Bulgari das gesamte digitale Ökosystem erst in einigen Monaten enthüllen. Dann nämlich, wenn die Octo Finissimo Ultra zu ihrem erlesenen Kundenkreis findet.
Extremer Flachbau bei Bulgari

Ausgebreitet wie auf einem Tablett: das Kaliber BVL 180 in der Bulgari Octo Finissimo Ultra

Abschließend ist davon auszugehen, dass es nicht bei dieser einen Edition der Bvlgari Octo Finissimo Ultra bleiben wird. Besagtes NFT-Kunstwerk und die damit verknüpfte Blockchain-Technologie werden, wie Bulgari explizit betont, nämlich nur den ersten zehn Käufern zuteil.

 

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