Gangreserveanzeige, was ist das?
Auch bei der neuen MeisterSinger Primatic zeigt sich die Uhren-Philosophie des Hauses MeisterSinger so eindeutig wie unmissverständlich: Ein Zeiger reicht, um die Zeit hinreichend Genau vor Augen zu führen. Daran zu rütteln, hieße die Marke verfälschen.
Aus dem genannten Grund ist Kreativität gefragt, wenn die Armbanduhren ein etwas anderes Gesicht oder mehr als einen Zeiger erhalten sollen. Bei der brandneuen Primatic setzen Manfred Brassler und sein Team auf eine zusätzliche Indikation, welche die Uhrmacherei seit mehr als 220 Jahren kennt. Gemeint ist das Auf- und Abwerk, heute meist Gangreserveanzeige genannt.

Zum Beispiel am Zifferblatt von Seechronometern signalisierte die Indikation den jeweiligen Spannungszustand der Zugfeder. Oder, mit anderen Worten, wann der Marinechronometer zwingend Energienachschub braucht. Wachhabende, die einst das Aufziehen des Marinechronometers auf hoher See vergaßen, mussten mit schwerer Bestrafung rechnen.

Genese der Armbanduhr mit Selbstaufzug und Gangreserveanzeige
Vor genau 100 Jahren präsentierten Leroy & Fils die erste Armbanduhr mit Selbstaufzug durch eine spitzovale Pendelschwungmasse. Mehr zur Geschichte des Automatik-Aufzugs von Armbanduhren findet sich hier im Uhrenkosmos.

1929 startete bei der A. Schild S.A. die Serienproduktion des von John Harwood konstruierten Kalibers Harwood 648. Eine nachhaltige Zukunft hatte jedoch keine der beiden Entwicklungen. Ganz im Gegensatz zu Rolex, wo im Jahr 1932, also vor genau 90 Jahren das Kaliber 620 NA debütierte. Die Energiegewinnung besorgte ein einseitig wirkender Rotor.

Logischer Weise ließen sich Hans Wilsdorf und Emil Borer das Ganze patentrechtlich schützen. Ebenfalls in den frühen 1930-er Jahren kreierte Breguet für Sir Percival Victor David Ezekiel David die weltweit erste Armbanduhr mit automatischem Aufzug durch Pendelschwungmasse und sektorförmiger Gangreserveanzeige im oberen Teil des Zifferblatts. Als Basiswerk diente das 1931 vorgestellte und modular aufgebaute Kaliber 20 Auto der Bieler Glycine Watch.

Der Verkauf des Unikats mit der Nummer 2926 erfolgte am 31. Mai 1933 für 8.500 Französische Francs. Jaeger-LeCoultre kann sich rühmen, 1948 mit dem 481 das erste Serienkaliber mit Selbstaufzug durch Pendelschwungmasse und digitaler Gangreserveanzeige vorgestellt zu haben.

Als Powermatic schrieb diese Kreation Geschichte. 1949 inserierte Zodiac seine neue Autographic. Das durch ein Differenzialgetriebe ergänzte Automatikkaliber 1225 basiert auf dem von 1949 bis 1950 hergestellten AS 1298 mit Pendelschwungmasse.

An unterschiedliche Uhrenmarken wandte sich der 1918 gegründete Rohwerkehersteller Felsa, ein Mitglied der Ebauches S.A. Dort verkörperte die 1947 lancierte Kaliberfamilie 69x die zweite Generation des Bidynator mit bi-direktionalem Rotoraufzug. Über eine Gangreserveanzeige verfügte das ab 1951 erhältliche Kaliber 699 Permutator mit rund 44 Stunden Gangautonomie.

In deutschen Landen hieß es 1952: „Die Junghans Automatik ist da“. Für das Automatikkaliber 80/12 mit beidseitig wirkendem Rotoraufzug, Gangreserveanzeige und 36 Stunden Gangautonomie hatte der deutsche Uhrengigant viele Produkte konkurrierender Unternehmen studiert.

Das ist nur ein kleiner Auszug aus dem breiten Spektrum damaliger Armbanduhren mit Gangreserveanzeige. In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage nach Sinn und Zweck der mit technischem Aufwand verknüpften Indikation. Die Antwort: Mit der Gangreserveanzeige wollten die genannten wie viele weitere Hersteller die Wirksamkeit des Selbstaufzugs unter Beweis stellen, dem Misstrauen potenzieller Kundenkreise entgegenwirken und so den Verkauf der teureren Automatikuhren ankurbeln.

MeisterSinger Primatic
Längst sind unterschiedlichste Bedenken gegen die Effizienz des automatischen Aufzugs bei Armbanduhren ausgeräumt. Das gilt auch für die Primatic Zeitmesser. Die aktuell verbauten Sellita-Kaliber mit beidseitig wirkendem Kugellagerrotor zeichnen sich aus durch zuverlässigen Energienachschub. Eine Gangreserveanzeige bräuchte es daher nicht unbedingt.

Aber die Münsteraner dachten an den zusätzlichen Gangreserve „Kick“ in Gestalt einer Art Tankuhr. Und genau diesen bietet das Sellita SW270 in Gestalt eines Zeigers bei „6“. Zeigt dieser ganz nach rechts, reicht die Gangautonomie der Uhr ungefähr 38 Stunden. Ohne weitere Bewegung wandert seine Spitze sukzessive nach links. Erreicht sie den gelben Bereich, ist die Zufuhr von Aufzugsenergie gefragt.

Die Zufuhr neuer Energie erfolgt entweder durch Drehen der Krone oder durch das Bewegen der Uhr. Dabei sind die neuen Modelle des Einzeigerspezialisten MeisterSinger mit ganz unterschiedlich gefärbten Zifferblättern erhältlichen. So oder so lässt sich anhand der Anzeige der Gangreserve verfolgen, wie durch das Aufziehen oder durch lebhafte Bewegung der Uhr die Kraftreserven wieder steigen.
Bei genauem Betrachten des Zifferblatts der Primatic zeigt sich übrigens ein äußerer Ring, welcher die halben Stunden im Zeitrhythmus hervorhebt. Bei „3“ lässt sich durch ein kreisrundes Fenster hingegen das Datum ablesen. Ans Handgelenk findet das neue Modell mit einem 41,5 Millimeter messenden Stahlgehäuse, dessen Sichtboden das fein dekorierte Uhrwerk zeigt.

MeisterSinger Primatic Preis
Selbstverständlich verwendet das Familienunternehmen vorderseitig ein kratzfestes Saphirglas. Bis zu fünf bar Druck reicht die Wasserdichte. Tragekomfort versprechen Armbänder entweder aus veganem Leder oder aus tierischem Leder in markantem Vintage-Look. Wohlfeil zu erwerben ist die neue Uhr aus der malerischen Universitätsstadt zum Preis von 2.190 Euro.


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