Chrono Sapiens Dr. Jan Becker, Porsche Lifestyle Group

Jan Becker, CEO Porsche Lifestyle Group: „Eine Synthese aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“

Die Porsche Lifestyle Group nutzt den ikonographischen Sportwagen Porsche 911 als Markenkern und Ideenstifter. Im Interview mit Jan Becker, dem CEO des Unternehmens wird klar, welch Markenstärke aus dieser kompromisslosen Haltung und dem Bekenntnis zum Markenkern für die Marke Porsche Design und insbesondere die Porsche Design Uhren entsteht.

von | 28.02.2022

Uhrenkosmos: Herr Dr. Jan Becker, Sie sind CEO der Porsche Lifestyle Group. Welche Stellung besitzt der Bereich Uhren für Sie im breiten Spektrum von Porsche Design?

Dr. Jan Becker: Ich würde schon sagen, dass Uhren eine ganz zentrale Rolle spielen. Das hat mehrere Gründe. Als Kenner der Szene sind Ihnen diese auch geläufig. Wir alle wissen, dass eine Uhr das erste Produkt war, mit dem die Marke Porsche Design vor 50 Jahren gestartet ist. Anschließend gab es im Laufe der zurückliegenden Jahre auch immer wieder Uhren, die als Meilensteine gelten können. Folglich sind Uhren historisch betrachtet ein ganz wichtiges Thema. Sie sind es aber auch wirtschaftlich, weshalb wir uns entschieden haben, das Thema in Eigenregie voranzutreiben. Ergo kann nicht alle Kapazitäten und Budgets an einen Lizenzpartner übertragen werden, sondern ich muss mich selbst um die Dinge kümmern und eigene Strukturen aufbauen.

… und das bedeutet?

Wenn man eine Uhrenmanufaktur mit dem dazugehörigen Vermarktungs- und Vertriebsapparat betreiben will, benötigt man gewisse Setups. Dabei spielt es keine Rolle, ob ich 1000 oder 10.000 Uhren verkaufe. Erst einmal müssen die grundlegenden Strukturen vorhanden sein. Ein weiterer Punkt ist, dass wir uns vor einigen Jahren entschieden haben, die Symbiose mit unserer Muttergesellschaft dort zu suchen, wo sie Sinn macht. Die historisch gesehen strikte Trennung, dass wir mit Porsche nichts zu tun haben, wurde aus meiner Sicht in eine sinnvolle Konstellation überführt. Bei Wahrung der Eigenständigkeit beider Marken profitiert man überall dort voneinander, wo es Sinn ergibt.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Gerne. Ein sehr gutes Beispiel ist das Porsche Design Custom-Built Timepieces Programm. Sie wissen, ich war früher selbst im Autobereich tätig. Deshalb kenne ich kenne beide Seiten. Das ist ein Programm, von dem wirklich beide Seiten profitieren. Hier unterstreichen die Porsche AG und unsere Vertriebskollegen, dass dies auch im Autobereich ein zusätzliches Angebot ist, welches es so im Wettbewerb nicht gibt und den aktuellen Individualisierungstrend aufgreift. Kurzum Uhren besitzen eine zentrale Bedeutung, und sie werden diese auch künftig haben.

Welche Bedeutung besitzt für Sie Herr Dr. Becker, der Sachverhalt, dass TAG Heuer im vergangenen Jahr eine offizielle Partnerschaft mit Porsche eingegangen ist?

Porsche Design kooperiert durch spezielle Editionen für neue Fahrzeuge und so weiter.

Wirkt das nicht verwirrend?

Die Partnerschaft von TAG Heuer mit Porsche geht über Uhren weit hinaus. Das ist eine sehr breit angelegte Kooperation, die in den Motorsport reicht, dazu auch in die Clubszene. Ich glaube, wir haben dahingehend richtig reagiert, das gesamte Feld aufzuteilen. Wir beschäftigen uns mit den fahrzeugnahen Porsche Design Uhren mit individualisierten Uhren und bedienen damit sehr stark die Kundengruppe rund um Porsche Fahrzeuge.
TAG Heuer besetzt vor allem auch historische und motorsportliche Themen, um die Marke im Fachhandel aufzuladen. Insofern ist das ein Koexistenz-Modell, welches aus meiner Sicht bisher gut funktioniert. Das beißt sich also nicht.

Profitieren Sie denn auch von den TAG Heuer Verkäufen?

Zwischen TAG Heuer, Porsche und uns gibt es Lizenz- und Sponsoring-Vereinbarungen.

Uhrenkosmos: Sie feiern 2022 ein wirklich großes Jubiläum. 1972 brachtes das Design des ersten Porsche Design Chronographen. Aus der Not geboren, denn es war ja eine ganz schwierige Zeit, als diese Uhr entstand und auf den Markt gelangte. Hatten Sie irgendwann persönlichen Kontakt zu Ferdinand A. Porsche?

Dr. Jan Becker: Nein, das hatte ich leider nicht. Ich habe ihn persönlich nicht mehr getroffen. Aber Ich kenne andere Mitglieder der Familie gut.

Dr. Oliver Porsche etc.?

Genau, Oliver Porsche, Hans-Peter Porsche. Daher kenne ich auch viele Geschichten. Aber selbst durfte ich ihn leider nicht kennenlernen.

Herr Porsche war ja eine sehr große, teils aber auch eigenwillige Persönlichkeit. In bestimmten Dingen konnte man ihm einfach nicht widersprechen, denn da hatte er seinen Kopf. Sie bringen zum Jubiläum eine Re-Edition des 1972 gestalteten Chronographen. Was hat Sie dazu bewogen, abgesehen von Titan für Gehäuse und Band sowie einem Concepto-Kaliber doch sehr dicht an das Modell von 1972 zu gehen, also eine Art Retro-Modell zu machen?

Wir haben uns überlegt, wie wir das 50-jährige Jubiläum begehen wollen und haben uns dann dafür entschieden, Bögen zu spannen. Zum einen werden wir von der Porsche AG mit entsprechenden Fahrzeugen beschenkt. Wir werden einen 72er Targa historisch komplett restauriert auflegen, den wir dann durchs Jahr mit begleiten und am Ende dann hoffentlich zu einem sehr schönen Anlass auch versteigern.

Den neuen, limitierten Porsche 911 Targa begleitet ein Porsche Design Chronograph. Darüber hinaus bringen wir das auf 750 Exemplare limitierte Sondermodell 911 Edition 50 Jahre Porsche Design. Das war ja nicht nur die erste Uhr, sondern auch das erste Produkt und damit die Geburtsstunde von Porsche Design. Retrospektiv betrachtet war dieser Chronograph für die damaligen Verhältnisse kommerziell sehr erfolgreich. Immer wieder wurden wir gefragt, ob wir diese Uhr nicht wieder auflegen können. Wenn man das 50. Jubiläum feiert, ist es legitim, sich auf seine Wurzeln zu besinnen und nicht mehr ganz Zeitgemäßes anpasst.

Wenn Sie beide Uhren in den Händen halten, merken Sie sehr schnell die Unterschiede beim aktuellen Armband. Wir haben es im Detail optimiert und sind sehr stolz auf dieses Jubiläums-Produkt von Porsche Design. Mit Blick auf die Geschichte wollten wir aber auch nicht zwingend etwas völlig Neues machen.

Darf man also von einer Synthese aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sprechen?

Genauso dürfen Sie das formulieren. Auch weil es das Motto unserer gesamten Reise ist, die wir dieses Jahr in verschiedensten Dimensionen mit unseren Kunden und unseren Geschäftspartnern unternehmen werden. Begleitet von unserem Porsche Design Coffee Table Book zu unserem 50. Jubiläum.
Auch dort haben wir uns gefragt, wollen wir nur zurück oder auch in die Zukunft blicken? Wir haben uns dafür entschieden, alle drei Themenfelder anzuschauen: Wo waren wir, wo befinden wir uns heute und wo werden wir morgen stehen.

Wir alle wissen, dass eine Uhr das erste Produkt war, mit dem die Marke Porsche Design vor 50 Jahren gestartet ist. 

Dr. Jan Becker

CEO, Porsche Lifestyle Group

Uhrenkosmos: Nochmals zur Uhr: Bildet diese eine Grundlage für weitere Schritte in die Zukunft?

Dr. Jan Becker: Im Zentrum diese Jahres 2022 steht die wie gesagt in zwei Varianten erhältliche Uhr. Eine Version bleibt nur den Käufern des Porsche 911 Targa vorbehalten. Die andere ist frei verfügbar, zwischenzeitlich aber bereits ausverkauft. Unsere Produktplanung sieht vor, dass auf dieser Basis in den nächsten Jahren weitere Derivate entstehen. Teilweise werden diese wieder einen Bezug zu ganz besonderen Fahrzeugmodellen haben, welche bei Porsche anstehen.

Können Sie beziffern, wie viel Prozent der Fahrzeugkäufer auch eine der zugehörigen Uhren nehmen?

Die Anzahl derer, welche eine dieser Uhr kaufen, liegt zwischen 35 und 50 Prozent. Die Preise der fahrzeugbezogenen Uhren liegen immer in einer Größenordnung von rund 10.000 Euro.

Nutzen Ihre Kunden die verschiedenen Individualisierungsmöglichkeiten?

Sehr rege, denn das sind ja die Käufer. Das erste Fahrzeug, mit dem wir das Programm gestartete haben, war der 911 Turbo S Exclusive. Der Porsche Targa, welcher jetzt kommen wird, ist nicht ganz so exponiert, aber liegt auch bei knapp 190.000 Euro als Grundpreis ohne Sonderausstattung. Wir bewegen uns hier in einem Preisbereich, wo die Kunden dann schon sehr darauf achten, dass die Uhr, welche sie zu dem Auto erwerben, dem Fahrzeug auch möglichst nahekommt. Bekanntlich bieten wir über Felgenrotor, Nähte etc. entsprechende Möglichkeiten der Individualisierung. Praktisch nicht gekauft wird die angebotene Standard-Basisversion zum Fahrzeug.

Customizing ist fortan also ein wichtiges Thema für Sie?

Absolut ja. Im Moment binden wir unser Custom-Built-Programm noch sehr stark an den Porsche 911, der weltweit eine sehr ähnliche Klientel besitzt. Oft sind das Kunden nahe am Rennsport. Das gilt auch für Asien und die USA.

Sie haben und pflegen also diesen sportlichen Kern?

Ja. Überall besteht eine hohe Affinität zum Porsche 911. Wenn wir über die Affinität zu einem Cayenne oder Macan sprechen, gibt es sicherlich Unterschiede zwischen z.B. den USA und Europa. Beim 911er ist das anders, denn das ist nach wie vor ein Auto, welches die Kunden kaufen, weil sie es per se gut finden. Hier sind der Grad der Individualisierung des Fahrzeugs und jener der Uhr über alle Marktregionen relativ ähnlich.

Uhrenkosmos: Sie haben sich mit Concepto für die Entwicklung und Fertigung spezieller Uhrwerke zusammengetan. War die Abwendung vom ursprünglichen Valjoux 7750, das den ersten Chronographen beseelte, eine ganz bewusste Entscheidung? Fahren Sie diese Strategie eines exklusiven Uhrwerks konsequent weiter?

Dr. Jan Becker, CEO Porsche Lifestyle Group:  Grundsätzlich ist es so, dass wir auf eigene oder zumindest durch uns eigenständig konfigurierte und weiter veredelte Werke hinauswollen. Hiermit bedienen wir ein ganz klares Kaufkriterium unserer Kunden. Was die Zusammenarbeit angeht, würde ich daraus nicht ableiten, dass dies der einzige Pfad ist, den wir künftig beschreiten wollen. Diesbezüglich würde ich unterscheiden wollen zwischen mit wem wir in welchem Umfang kooperieren und was wir im eigenen Haus veredeln. Aber die grundsätzliche Abkehr von Standardwerken wollen ist ein Thema für die Zukunft.

Die 750 Jubiläumsmodelle besitzen ja keinen Glasboden. Das heißt, der wunderschön veredelte Mechanik-Mikrokosmos blüht ja leider im Verborgenen.

Ja. (lacht) Das ist richtig. Aber bei Uhren, in denen der Felgenrotor zum Einsatz kommt, müssen wir einfach eine Entscheidung treffen. Und eine gläserne Felge haben wir bis jetzt noch nicht.

Es ist ein bisschen schade, weil Sie das Uhrwerk ja wirklich sehr, sehr schön veredeln. Es fristet sein Dasein hinter einem massiven Titanboden …

Dann ziehen wir doch an dieser Stelle eine Analogie zu den Motoren in den Sportwagen. Ich fahre im Moment einen 911 Turbo. Wenn Sie hinten den Deckel öffnen und schauen, was alles unter der Haube steckt. Das erahnen Sie die Schönheit der Technik und ihrer Komplexität noch nicht einmal ansatzweise. Hier sind wir auch wieder gleich mit der unserem Mutterkonzern, verhalten uns ein wenig bescheiden und kehren unsere inneren Werte nicht so nach außen.

Akzeptiert. Was können Sie unseren Leserinnen und Lesern zur Beschichtung des von Ihnen genutzten Werkstoffs Titan sagen?

Es handelt sich um DLC. Was Beschichtungen anbetrifft, diskutieren wir momentan gewisse Grundlagenthemen. Es kann also durchaus sein, dass es in absehbarer Zeit nochmals eine echte Innovation geben wird.

Dürfen wir noch eine Frage zum Vertrieb stellen? Wer durfte die 750 Exemplare des fahrzeugunabhängigen Chronograph 1 verkaufen?

Bei den Porsche Design Custom-Built-Timepieces fokussieren wir uns sehr stark auf die Porsche Kunden. Dementsprechend nutzen wir neben den Fachhandelspartnern auch die Porschezentren. Diese limitierte Uhr ohne unmittelbaren und nicht individualisierbaren Fahrzeugbezug erfolgt über unsere Fachhandelspartner, über unsere eigenen Boutiquen und, dabei hatte ich anfangs nicht so richtig dran geglaubt, auch online. Übrigens steigen die Zahlen unserer Online-Verkäufe deutlich an.

Auch dem Coronavirus geschuldet oder generell?

Ganz generell ist der Anteil unseres Online-Umsatzes im zurückliegenden Jahr deutlich gestiegen. Auch gegenüber dem ersten Corona-Jahr, das muss man fairerweise sagen. Die Uhren haben übrigens anfangs lange gar nicht mitgezogen. Ich stecke ja nicht so tief im Metier, aber ich dachte mir immer, dass eine Uhr angefasst werden will, bevor man sie erwirbt. Inzwischen bin ich eines Besseren belehrt. In den vergangenen sechs Monaten hat der Anteil online gekaufter Porsche Design Uhren deutlich zugenommen.

Wir bedanken uns für dieses interessante Gespräch und freuen uns bereits, sicher gemeinsam mit vielen Freunden der Porsche Design Uhren, auf die spannenden Porsche Design Modelle in den kommenden Monaten.

Jan Becker

Werdegang und Ausbildung

Chief Executive OfficerChief Executive Officer
Porsche Lifestyle Group

Chief Operating OfficerChief Operating Officer
Porsche Lifestyle Group

Director Product & Licence Management
Porsche Lifestyle Group

Projektleiter Strategische Projekte 
Dr. Ing. h.c. F. Porsche AGDr. Ing. h.c. F. Porsche AG

Inhouse Consultant
BMW Group

Ausbildung
WHU

Diplom-Kaufmann Wirtschaftswissenschaften

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