Chrono Sapiens: Sascha Moeri, CEO Carl F. Bucherer

Sascha Moeri , CEO Carl F. Bucherer: „Nur das „Wie“ hat sich gewandelt!“

Was tun, wenn wie im vergangenen Jahr die Welt aus den Fugen gerät? Für Sascha Moeri, den Carl F. Bucherer CEO ist das klar. Er setzt auf die Marke und sucht die Balance von alter und neuer Welt.

von | 13.01.2021

Carl F. Bucherer: Vom Händler zur Uhrenmanufaktur

Der Carl F. Bucherer CEO Sascha Moeri weiß, dass er eine Schweizer Institution führt. Denn bereits 1888 eröffnete Carl Friedrich Bucherer am Luzerner Schwanenplatz sein erstes Uhren-Fachgeschäft. Weitere Läden brachten ein beständiges Wachstum. Ab dem Jahr 1919 offerierte Carl F. Bucherer dann auch Uhren mit eigener Signatur. Zu diesem Zweck richtete der Unternehmer in Cortébert eine eigene Etablissage zur Herstellung von Uhren aus zugekauften Komponenten ein. Nach einem Intermezzo mit preiswerten, lediglich Bucherer signierten Uhren kehrte im Jahr 2002 das traditionelle Label zurück. Mit diesem Schritt erwies der gegenwärtige Firmeninhaber Jörg Bucherer seinem erfolgreichen Großvater die gebührende Referenz. Seinen Kundinnen und Kunden bietet Carl F. Bucherer heute eine umfassende Kollektion an Armbanduhren unter anderem unter den Linien Manero und Patravi. an. 2008 betrat Carl F. Bucherer schließlich den Zirkel der echten Manufakturen. Eintrittskarten waren der Erwerb eines kleinen Ateliers für uhrmacherische Komplikationen und das im Jurabogen entwickelte Automatikkaliber CFB A1000 mit peripher drehender Schwungmasse. 

Das Jahr 2020 war wirklich kein Jahr wie jedes andere und auch das Jahr 2021 ist bereits von einigen Fragezeichen geprägt. Jede Veränderung ist jedoch auch eine Chance. Entsprechend wollten wir die Gelegenheit nutzen und haben den Carl F. Bucherer CEO Sascha Moeri gefragt, wie er das abgelaufene Jahr 2020 erlebt hat und welche Ziele er sich mit Carl F. Bucherer für das noch junge Jahr setzt.

Uhrenkosmos:
Das Jahr 2020 hatte keiner so erwartet. Wie haben sich die durch Corona verursachten disruptiven Veränderungen ausgewirkt? Gibt es noch Ziele aus dem vergangenen Jahr, die unverändert blieben?

Sascha Moeri:
2020 war ein Jahr wie kein anderes und eines, das vollkommen anders verlief als erwartet. Nie zuvor war die Bereitschaft bestehende Konzepte zu überdenken und neue Wege einzuschlagen wichtiger als in den vergangenen Monaten. Wir haben deshalb von Beginn an die heftigen Herausforderungen auch als Chance gesehen. Als Familienunternehmen sind wir agil und effizient in der Umsetzung.

So haben wir die Zeit des weltweiten Stillstands u.a. für Forschung und Entwicklung genutzt. Die angeordnete Schließung unserer Verkaufspunkte weltweit, hat uns und die ganze Bucherer Gruppe natürlich hart getroffen. Gleichzeitig boten uns diese Wochen auch die Möglichkeit den Bereich E-Commerce weiter zu stärken und mit neuen, frischen Konzepten auszubauen.

Der Ausfall der großen Messen im vergangenen Jahr hat uns gezwungen neue Ansätze zu suchen, um unsere Produkte adäquat global zu präsentieren. Das Resultat ist ein neuer Lancierungs- und Eventansatz, der vor allem auf regionale Markenerlebnisse setzt – wie zu den Geneva Watch Days oder während exklusiver CFB Live Sessions, wie wir sie im Herbst durchgeführt haben.

Mit diesen frischen Ideen und einem positiven Mindset konnten wir Potentiale im letzten Jahr optimal nutzen, unsere Neuheiten erfolgreich vorstellen und unsere Kunden einmal mehr positiv überraschen.

Lock-downs, Home office – was sagen Sie Ihren Mitarbeitern, wenn Sie von der Zukunft sprechen? Gibt es einen Weg zurück zum alten System?

Die Veränderungen, die Covid 19 im Arbeitsalltag mit sich gebracht hat, werden uns sicher noch eine Weile begleiten. Grosse Meetingrunden vor Ort, der Austausch im Team oder persönliche Besuche in den Märkten, wie sie früher die Regel waren, werden auch in den kommenden Monaten vorwiegend nur digital stattfinden können. Das bringt wie fast alle Covid-Entwicklungen Chancen aber natürlich auch Herausforderungen mit sich.

So bietet Home-Office auf der einen Seite eine höhere Flexibilität, auf der anderen Seite fehlt der direkte, soziale Austausch und das Miteinander mit den Kollegen. Außerdem liebe ich die persönliche Interaktion mit unseren Kunden und meinem Team. Wir haben diesem Thema auf kreative Art und Weise entgegengewirkt, beispielsweise mit Online-Kochkursen und Online-Yoga-Sessions die mein Team organisiert hat. Auch haben sich die Teams zu „After Work Apéros“ in der digitalen Welt getroffen. Maßnahmen, die sehr wichtig sind, um den Zusammenhalt im Unternehmen auch in schweren Zeiten aufrecht zu halten. Es ist mir ein zentrales Anliegen, dass meine Mitarbeiter Vertrauen spüren und für unsere gemeinsamen Ziele einstehen. Sie sind stolz im CFB Boot zu sein und gemeinsam navigieren wir dies auch in der Zukunft erfolgreich.
Einige Projekte lassen sich konzentriert und vor Ort aber dennoch schneller und besser voranbringen als auf digitalem Weg. Ich denke, die Zukunft wird eine neue Mischform mit dem Besten aus dem „alten“ und dem „neuen“ System sein.

Haben sich im Verkauf und im Umgang mit dem Handel und den Juwelieren neue Möglichkeiten ergeben, aber auch Grenzen verschoben? Und hat 2020 den Handel verändert?

Natürlich haben sich im letzten Jahr durch den stärkeren Fokus auf E-Commerce und die digitale Kommunikation generell neue Möglichkeiten ergeben. Nicht nur für uns, sondern auch für unsere Partner, die wir auf diesen Kanälen so gut es geht mit unseren Assets unterstützen. Bei Carl F. Bucherer war E-Commerce bereits vor Covid-19 ein wichtiger Vertriebskanal. Wir haben diesen Trend früh erkannt und verkaufen seit einigen Jahren unsere Uhren erfolgreich über den E-Commerce von Bucherer und Tourneau sowie in unseren eigenen digitalen CFB Boutiquen auf JD.com oder T-Mall in China. Unsere starken traditionellen Verkaufsplattformen – der stationäre Handel – werden dennoch von größter Bedeutung für uns bleiben.
Es geht darum, die Balance zu halten und dabei zu bedenken, dass das persönliche Erlebnis beim Kauf einer Luxusuhr nicht zu ersetzen sein wird. Unsere Kunden und Partner wünschen sich nach wie vor eine individuelle Beratung und persönliche Gespräche. Wir glauben, daher dass es nicht nur eine rein digitale oder rein physische Präsentation unserer Uhren geben kann. Auch in Zukunft wird die Balance zwischen beiden Welten entscheidend sein.

Wie hat sich durch die aktuelle digitale Kommunikation Ihre Kommunikation verändert? Werden Sie noch persönlich zu Juwelieren, Händlern und Messen gehen oder werden Zoom, Teams und Facetime das in Zukunft übernehmen?

Jörg G. Bucherer hat einmal gesagt: „Nichts kann einen Handschlag ersetzen.“ Ich sehe dies genauso, aber natürlich ist die digitale Kommunikation wichtiger denn je. Dass sich ausschließlich digitale Konzepte, zumindest im Luxussegment, durchsetzen werden, ist hingegen schwer vorstellbar. Gerade dieser Bereich lebt vom persönlichen Kontakt und dem individuellen Austausch – das kann eine digitale Plattform allein nicht ersetzen.

Was war ihr größtes Learning in diesem Jahr? Für das Unternehmen, aber auch für Ihren Erfahrungsschatz in der Führung des Unternehmens?

Uns ist einmal mehr klar geworden wie viel Kraft in der einmaligen Geschichte unserer Firma liegt. Als Carl Friedrich Bucherer 1888 seine erste Boutique für Uhren und Schmuck in Luzern eröffnete, legte er den Grundstein für unser Unternehmen und die Werte, die bis heute Bestandteil unseres Selbstverständnisses sind. Als gänzlich im Familienbesitz stehende Schweizer Uhrenmanufaktur, die bis heute von der Gründerfamilie geführt wird, stehen wir auf einem sehr kräftigen und soliden Fundament! Auf dieser Basis haben wir in den vergangenen 133 Jahren bereits viele schwierige Zeiten gemeistert. Der Hashtag #cfbfamily – wird aus tiefstem Herzen und mit Liebe gelebt. Mit Herrn Jörg G. Bucherer, der das Unternehmen heute in dritter Generation führt, haben wir zudem einen erfahrenen Visionär mit Weitsicht in den eigenen Reihen. All dies stimmt mich positiv, dass wir auch aus der aktuellen Krise gestärkt hervorkommen werden.

Nie zuvor war die Bereitschaft bestehende Konzepte zu überdenken und neue Wege einzuschlagen wichtiger als in den vergangenen Monaten. 

Sascha Moeri

Was planen Sie für dieses Jahr an neuen Modellen und Strategien. Können Sie sich noch einen klassischen Forecast vornehmen oder bringen Sie einfach zwei, drei neue Uhren und fahren ansonsten auf Sicht?

Die andauernden Lockdowns und wechselnden Regularien, um die Pandemie in Schach zu halten, machen es nicht einfach. Soviel aber vorweg: wir werden 2021 wieder fantastische Zeitmesser „Made of Lucerne“ vorstellen und dabei an unserer erfolgreichen Strategie aus dem vergangenen Jahr festhalten. Die Vorstellung unserer Neuheiten wird sich nicht mehr an einem einzigen globalen Grossevent orientieren, sondern auch zukünftig an mehreren Markenerlebnissen, bei denen – nach Möglichkeit – der persönliche Austausch im Vordergrund steht. Durch die Organisation dieser regelmäßigen, exklusiven Austauschplattformen können wir gezielter über die Marke sprechen. Genf war 2020 Auftakt, jetzt geht es weiter. Und damit dürfen sich Uhrenliebhaber unter anderem auf eine Kapselkollektion, eine neue Blue Edition und spannende Projekte im Rahmen neuer Partnerschaften freuen.

Was werden Sie im kommenden Jahr nicht mehr machen, weil Sie neue Schwerpunkte setzen?

Unsere Werte und Ziele sind die gleichen wie zuvor: Wir produzieren Zeitmesser auf höchstem Niveau, und stellen unsere Kunden dabei stets in den Mittelpunkt. Nur das „Wie“ hat sich gewandelt. Wir haben die Kanäle für die Ansprache von Partnern und Uhrenliebhabern weltweit ausgebaut, neue Ansätze für die Präsentation unserer Zeitmesser etabliert und mit unseren langjährigen Partnern wie beispielsweise Manta Trust neue, nachhaltige Projekte realisiert. Daran werden wir auch 2021 anknüpfen.

Darüber hinaus werden wir in diesem Jahr weiter und auf verschiedenen Plattformen über unsere besondere Geschichte sprechen, neue Kooperationen bekanntgeben und damit verbunden auch neue Uhren „Made of Lucerne“ präsentieren. Wir freuen uns auf 2021.

Schauen Sie positiv in die Zukunft und sehen Sie den rosa Streifen am Horizont? Oder ist der Sturm für die Uhrenindustrie noch nicht vorbei?

Wenn man sich die aktuellen Nachrichten anschaut, erkennt man, dass die Situation weltweit weiterhin sehr angespannt bleibt. Die Folgen der Lockdowns, von Kurzarbeit, Lieferengpässen und dem eingebrochenen Travel Retail werden die nächsten Monate, noch sehr stark spürbar sein. Wir werden die Krise weiterhin erfolgreich meistern, Chancen nutzen, Potentiale ausbauen und unsere Kunden positiv überraschen. Deswegen schaue ich zwar nicht überschwänglich, aber optimistisch in die Zukunft.

Wie hat Sie persönlich das anstrengende Jahr 2020 weitergebracht? Hat sich das Miteinander verändert? Sei es beruflich wie im Privaten?

An jeder Krise wächst man natürlich auch. Und 2020 bot in der Tat besonders viel Wachstumspotential einschliesslich Raum für frische Ideen und neue Perspektiven auf bestehende Strategien und Konzepte. Ich denke, ich spreche nicht nur für mich, wenn ich sage, dass man nach den letzten Monaten das vorher oft so Selbstverständliche neu zu schätzen gelernt hat: ein Händedruck, eine Umarmung, persönliche und direkte Gespräche mit dem Team oder Kunden, aber natürlich auch der Familie. Diese vermeintlich kleinen Dinge haben enorm an Wert gewonnen und bisherige Prioritäten bei dem einen oder anderen sicher neu definiert. Obwohl das Jahr emotional anstrengend gewesen ist und ich stets stark gefordert war, bin ich voller Energie und Elan.

Wenn Sie drei Wünsche für 2021 frei hätten. Was würden Sie sich wünschen?

Sicher gibt es viele kleine und grosse Dinge, die ich mir nach dem vergangenen Jahr mit seinen zahlreichen Einschnitten generell wünsche. Aber nichts davon hat dabei eine so hohe Priorität, wie der Wunsch, dass mein Team samt allen Angehörigen, unsere Partner und Kunden weltweit bei bester Gesundheit bleiben.

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