Genf ist zurück
Wer nach dem Aus der Basler Uhrenmesse an der Sinnhaftigkeit von Messen zweifelte, wurde durch die Neuheiten und die Watches and Wonders Trends 2022 positiv überrascht. Der Genfer Uhrenmesse ist nach zweimaligem Ausfall wieder da. Größer, opulenter und erfolgreicher denn je, machte die Watches & Wonders ihrem Namen alle Ehre und zeigte ein Feuerwerk an Luxusuhren. Auch die Messestände, soweit diese neu gebaut wurden, beeindruckten durch eine gekonnte, mitunter ausgesprochen kreative Gestaltung.
Dazu trugen neben den bekannten Ausstellern der Richemont-Gruppe die Integration der LVMH Gruppe und bedeutender Uhrenmarken wie Rolex, Patek, Chopard erheblich bei. Aber auch die preisliche Einstiegsliga mit Marken wie Tudor oder Oris trug erheblich zur Belebung der Messe bei.
Die Watches & Wonders 2022 in Genf war für die Messe wie für die Aussteller ein großer Erfolg. Ein Ort des Luxus, der Superlativen und großen Zuversicht in eine blühende Zukunft. Allerortens berichtete man von ausgezeichneten Umsätzen und einem schnellen Abverkauf – und zwar in einer Weise, die über das übliche „alles wunderbar“ deutlich hinausging.
Trend 2022
Versucht man die Vielzahl der Modelle auf einen Nenner zu bringen ist zu sagen, dass insbesondere teure, limitierte Modelle schnell vergriffen waren und erkennbar viele der großen Hersteller mit Modellen im hochpreisigen Luxusbereich zu punkten suchten. Waren Uhren jenseits der 100.000 Euro-Grenze früher noch eine Rarität, gehören sie für fast jede Marke inzwischen zum festen Inventar.
Wenig überraschend waren auch waren Stahluhren und Titanmodelle stark nachgefragt und aufwendige Schmuckuhren zeigten den Besuchern, dass auf Asien und die USA in puncto Umsatz offenbar Verlass ist.
Von sehr guten Umsätzen sprachen auch die kleinen, feinen Aussteller mit ihren aufwendigen Kreationen. Hier zahlte sich die Idee der Messe aus, diese Marken in einer Art Piazza zu bündeln. Entsprechend zufrieden waren deren Markenverantwortlichen.
Blickt man nun technisch und gestalterisch auf die Neuheiten der Watches & Wonders 2022 wäre man geneigt zu sagen, dass einigen Marken die heruntergefahrene Betriebsamkeit der letzten zwei ausgefallenen Jahre sogar gut getan hat. Viele Neuheiten beeindruckten technisch wie konzeptionell. Wohlwollend werden viele Uhrenenthusiasten auch zur Kenntnis nehmen, dass die Mehrzahl der Uhren wieder kleiner werden, ohne dass es allerdings den Trend zu sichtbaren Komplikationen und skelettierten Uhren stoppt.
Angesichts der Vielzahl der Neuheiten können wir natürlilch nicht alle diese wichtigen Neuheiten vorstellen. Wir glauben zudem, dass es ganz unterschiedliche Perspektiven der Sichtweise auf die diesjährige Genfer Uhrenmesse gibt. Hierbei lohnt zum Beispiel der Blick auf einen der besten asiatischen Uhrenblogs SJX Watches oder etwa die in Japan unangefochten führende Uhrenseite Webchronos.net und deren Bewertung der Trends und Tendenzen.
Trotzdem soll dieser schnelle Streifzug schon einmal einige der bemerkenswerten Genfer Messeneuheiten 2022 kurz vorstellen und einen Eindruck der stilistischen Bandbreite der Modelle und der hohen Qualität der gezeigten Uhren vermitteln.
Watches and Wonders Trends 2022
Hier kommen 6 besondere Uhren von groß und marktbreit bis ausgefallen und handverlesen, die die Unterschiedlichkeit der Uhren und die durchaus mehrschichtigen Trends und Tendenzen dieser Uhrenmesse in Genf aufzeigen sollen.
Rolex Air-King
Die Einsteiger-Uhrenlinie der Rolex Air-King ist nicht unbedingt jung. Schließlich wurde die erste Generation bereits im Jahr 1945 vorgestellt. Furore machte erst die 2016 lancierte erneuerte Version der Rolex Air-King Referenz 116900, war sie doch im Grunde ein echtes Schnäppchen. Mit dem gleichen Kaliber ausgestattet, bzw. in gleicher Weise bis 1.000 Gauss vor Magnetfeldern geschützt kostete sie deutlich weniger als ihr prominentes Pendant mit gezacktem Zeiger. Überdies war das Modell in den Anfangsjahren durchaus erhältlich. Entsprechend viele Exemplare der Air-King kamen in Umlauf.
Allerdings polarisierte die Uhr mit ihrem ungewöhnlich gestalteten Zifferblatt und seiner Mischung aus Stundenanzeige und Minutenanzeige enorm. Es gab und gibt Air-King Liebhaber und Air-King Kritiker – und wenig dazwischen.
Zur Watches & Wonders 2022 lancierte Rolex nun ein Nachfolgemodel. Zu erkennen ist die neue Rolex Air-King Referenz 126900 an der 0, welche die Rolex-Designer der vormals einsamen 5 vorangestellt haben. Nach mehr „Rolex“ sieht auch die neue Krone mit dem hinzugekommenen Flankenschutz aus. Nicht unbedingt verbessert hat sich hingegen das Innenleben der Uhr. Denn im neuen, superpräzisen Automatikkaliber 3230 ist zwar eine effiziente Chronergy-Hemmung integriert und die Gangautonomie von 70 Stunden ist ebenfalls vorzüglich. Aber der Wegfall des Magnetschutzes ist wohl kein Fortschritt. Aber diese kleinen Änderungen werden die grundsätzliche Unterscheidung in puncto Zifferblatt nicht ändern: Love it or leave it.
Cartier Privé Tank Chinoise
Cartier ist im High-End Business durchaus breit aufgestellt. Angefangen von hochkomplexen Komplikationen, über hochauflagige Klassiker bis zu kleinauflagigen Sammelstücken bietet Cartier dem Publikum unterschiedlichste Luxusuhren an.
Für ebensolche Sammler edler Zeitmessers wurde in der Cartier Privé Linie anlässlich des hundertjährigen Bestehens der ursprünglichen Tank Chinoise eine kleine Serie von Chinoise-Modellen herausgebracht.
Die Spitze der Pyramide ist hierbei sicher die Platinversion mit ihren 161 Brillanten besetzt ist, es gibt jedoch auch alltagstauglichere Modelle in Gold und Roségold. Dem einstigen Japan- und Chinatrend folgend erzeugt die Chinoise Serie durch achitekturartige Zierelemente einen fernöstlichen Eindruck. Dem folgt auch das von Cartier entwickelte und skelettierte Uhrwerk, das durch ein chinesisches Fenstermotiv in blauem und rotem Lack auch dem Asien-Unkundigsten mitteilt, dass Asien als Inspiration wie Absatzmarkt von hohem Belang ist. Angesichts der Cartier Umsatzzahlen in Asien ist dies durchaus ein nachvollziehbarer Gedanke. Den Preis der Cartier Tank Chinoise erfährt der Interessierte auf Anfrage.
Hublot Big Bang Integral Time Only
Im Jahr 2020 gehörte die Big Bang Integral mit ihrem in das Gehäuse integrierten Gliederarmband noch zu den markanten Neuheiten. Schließlich hatte es das in der erstmals 2005 vorgestellten Big Bang Linie vorher nicht gegeben. Beim neuen Modell Big Bang Integral Time Only konzentriert sich Hublot hingegen auf das Wesentliche, nämlich das Anzeigen von Stunde, Minute und Sekunde.
Die weiteren Merkmale der 40 mm großen Uhr sind ein Titangehäuse mit entspiegeltem Saphirglas sowie ein Saphirglasboden zum Bestaunen des Uhrwerks. Die Zeitmessung vollzieht das Kaliber MHUB1710 mit beidseitig aufziehendem Kugellagerrotor. Es liefert eine Gangautonomie von ca. 50 Stunden.
Kenner der Materie werden bei diesem Kaliber unschwer erhebliche Gemeinsamkeiten mit dem Zenith Kaliber Elite 670 erkennen. Allerdings sorgt Hublot bei dafür, dass das aus 185 Komponenten bestehende Kaliber im Stile von Hublot modifiziert wird. Entsprechend erhielt das Werk einen skelettierten Aufzugsrotor sowie eine Hublot spezifische Dekoration. Zu dieser durchbrochen gestalteten rückwertigen Ansicht gehört auch die vorderseitige, durch das Weglassen des Zifferblatts Einsicht in die Mechanik gewährende Gestaltung der Uhr. Dies erleichtert zwar nicht unbedingt das Ablesen der Uhrzeit, aber gibt Technikfreunden einen schönen Blick ins Herz der Uhr. Zum Ablesen der Uhrzeit hat man schließlich immer noch das Handy.
Die Hublot Big Bang Integral Time Only – wir haben sie übrigens auch schon breiter vorgestellt – kostet in Titan 17.500 Euro, mit Keramikgehäuse 19.600 Euro und die Goldversion kostet 48.700 Euro.
Van Cleef & Arpels Dame Arpels Heures Florales Cerisier
Nachdem auch die verschlafenste Uhrenmanufaktur des Jura ihr Heil mitunter in doch immer irgendwie an Patek Philippe und Audemars Piguet erinnernde Stahluhren sucht, ist es wohltuend zu sehen, dass es auch anders geht. Ein imposanter Beweis hierfür ist die ausgesprochen kreative, künstlerisch beeindruckende und technisch hochkomplexe Van Cleefs Poetic Complication Lady Arpels Heures Florales Cerisier. Die Automatik-Uhr sieht auf den ersten Blick wie ein Schmuckstück am Armband aus, das den Betrachter mit einem blütenerfüllten Zifferblatt erfreut.
Erst bei näherem Hinsehen erkennt man, dass in der floralen Landschaft 12 aus feinen Einzelteilen bestehend Miniaturblumen enthalten sind. Diese zeigen die Zeit dergestalt an, als dass sich im Verlauf von 12 Stunden jede Stunde eine Blüte mehr öffnet und man über das Zählen der geöffneten Blüten die Zeit erfährt. Die Minutenanzeige ist hingegen klassisch über eine retrograde Minutenanzeige durch ein seitliches Saphirfenster ablesbar. Das schöne an dieser poetischen Zeitanzeige besteht darin, dass sich die Blüten nicht stets an der gleichen Stelle öffnen, sondern wechselnd an unterschiedlichen Stellen. Erst nach dem dritten Ablauf wiederholt sich der Blütenzauber. Der Preis für dieses Blütenwerk einer Van Cleefs Poetic Complication liegt bei 258.000 Euro und die Uhr ist nicht limitiert.
Van Cleef & Arpels Dame Arpels Heures Florales Cerisier
Montblanc Minerva Monopusher Chronograph LE18
Oft sind die Dinge eine Frage der Perspektive. So auch bei der neuen Montblanc Minerva Kreation. Wo skelettierte Uhren mit Glasboden erst das Ablegen der Uhr zum Bestaunen des Werks verlangen, findet Montblanc ein fast schon geniale Lösung in dem es einfach das Uhrwerk umdreht. Diese Umkehrung der Dinge hat einen simplen Grund. Durch das Umdrehen des hochwertigen MB 16.29 Monopusher-Chronographen Kalibers zeigt sich die technisch faszinierende Bauweise des Manufakturkalibers. Auch die edle Schwanenhals-Regulierung und die feine Finissierung aller Komponenten liegen nun offen zu Tage und bieten Einblick in die komplexen Abläufe des Uhrwerks.
Natürlich ist diese offene Zifferblattgestaltung nichts für hektische Menschen mit dem Wunsch nach sekundenschnellem Ablesen. Stattdessen werden die 18 Uhren sicher von Uhrenliebhabern gekauft, die sich mit Muße und Kennerschaft den Feinheiten der Konstruktion und dem präzisen Spiel der Komponenten und damit einem der nachhaltenden Watches and Wonders Trends 2022 widmen werden.
Der Montblanc Minerva Monopusher Chronograph LE18 Preis mit Goldgehäuse liegt bei 45.000 Euro.
Vacheron Constantin Historiques 222
Endlich, werden Sammler und Uhrenliebhaber der Uhrenmanufaktur Vacheron Constantin sagen. Endlich ist die „Triple Two“ zurück. Dabei meinen sie das ganz eigen gestaltete Modell 222. Die Zahl weist hin auf das Alter der Schweizer Traditionsmanufaktur im Premierenjahr 1977. Beim Design dieser sportlich-eleganten Armbanduhr spielte der deutschstämmige Produktgestalter Jörg Hysek eine wichtige Rolle. Sein Gehäuse sollte ein Problem der 1972 vorgestellten Royal Oak eliminieren. Mit 39 Millimetern war sie für damalige Verhältnisse fast zu groß. Also reduzierte Vacheron Constantin den Durchmesser um zwei auf 37 Millimeter.
Den Zeittakt bei der bis 1985 in Stahl, Stahl/Gold und Massivgold produzierten Referenz 44018 lieferte einst das flache Automatikkaliber 1121. Für Sammler interessant ist die Tatsache, dass von besagtem „Triple Two Jumbo“ insgesamt deutlich weniger als 1.000 Exemplare entstanden. Die Modelle 333, Phidias und Overseas traten später das Erbe der Vacheron 222 an.
Zu letztgenanntem Modell gesellt sich nun die vorerst nur in Gelbgold erhältliche Vacheron Historiques 222, Referenz 4200H/222J-B935. Optisch kann man dabei mit Fug und Recht von einem echten Retromodell sprechen, denn Unterschiede sind am Handgelenk nur bei sehr genauem Hinsehen erkennbar. Im Gegensatz zu einst besitzt der bis zu fünf bar wasserdichte Retrostyle-Zeitmesser einen Sichtboden, durch den sich das aus 194 Teilen zusammengefügte Manufakturkaliber 2455/2 mit gelbgoldener Schwungmasse, 40 Stunden Gangautonomie und vier Hertz Unruhfrequenz zeigt. Ausdruck der Vacheron Constantin typischen Qualität des Ganzen ist das Genfer Siegel. Der Vacheron Constantin 222 Historiques Preis liegt bei 61.500 Euro
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