Gratulation zum Jubiläum

Valjoux 7750 und Porsche Design Chronograph 1: Es begann vor 50 Jahren

Im Porsche Design Orfina Chrono 1 startete das Chronographenkaliber Valjoux 7750 seine Karriere. Der Uhrenkosmos blickt zurück auf die frühen 1970-er Jahre und die Entwicklung dieses Automatikwerks mit Stoppfunktion

von | 18.12.2023

Prolog

Auf 50 Jahre blickt das 1973 lancierte Chronographenkaliber Valjoux 7750 im Jahr 2023 zurück. Und das ist in unserer schnelllebigen Zeit eine ganze Menge. Seine Karriere in der Uhrenwelt startete dieses Uhrwerk im schwarzen Chronograph 1 von Porsche Design und Orfina. Ferdinand A. Porsche kreierte diese Armbanduhr 1972. Im folgenden Jahr gelangte sie mit besagtem 7750 auf den Markt. Eine Uhrenkosmos-Rückblende.

 

Orfina Porsche Design Chronograph 1 mit Kaliber Valjoux 7750

Bella figura am Handgelenk: der mit dem Kaliber Valjoux 7750 ausgestattete Orfina Porsche Design Chronograph 1

Porsche Design Chronograph 1 mit Kaliber Valjoux 7750

Im Porsche Design Orfina Chronograph gab das Kaliber Valjoux 7750 im Jahr 1973 seinen Einstand

Mut in schwierigen Zeiten

Funktionalität und Ökonomie lauteten die Prämissen bei der Entwicklung des Kalibers Valjoux 7750 in den frühen 1970-er Jahren. Bekanntlich war Ende der 1960-er Jahre das Quarz-Zeitalter über die Uhrenwelt hereingebrochen. Überlieferte Mechanik befand sich damit auf dem absteigenden Ast.

Ausgesprochen mutig war daher die Entscheidung des Rohwerkfabrikanten Valjoux, neben dem Breitling-Heuer-Hamilton Kaliber 11, dem Seiko 6139, dem Zenith El Primero und dem Lémania/Omega 1040 ein weiteres Uhrwerk dieser Art zu auf den Markt zu bringen. Die gleichermaßen kostengünstige, robuste, zuverlässige und auf Präzision bedachte Konstruktion des Valjoux 7750 bedingte logischer Weise eine Abkehr von den üblichen Technologien. Diese Erkenntnis musste auch der 1946 geborene Edmond Capt machen.

Edmond Capt, Vater des Kalibers Valjoux 7750

Edmond Capt heißt der Vater des Kalibers Valjoux 7750

Anfangs arbeitete der studierte Uhren-Ingenieur ganz allein. Als konstruktive Basis diente ihm das Handaufzugskaliber Valjoux 7733. Die Vorstellung des Managements, das bewährte Oeuvre rückseitig mit einem Selbstaufzugsmodul zu versehen, ließ sich nicht realisieren. Es brauchte eine Neukonstruktion.

Handaufzugskaliber Valjoux 7733 mit Chronograph

Auf der Rückseite des Handaufzugskalibers Valjoux 7733 ließ sich keine Automatik-Baugruppe mit Rotor montieren

Daher gelangte 1970 zunächst Gérald Gander ins Boot, der während eines Kurses an der Uhrmacherschule in Le Sentier überaus positiv aufgefallen war. Dort hatte Capt vorübergehend nebenberuflich Uhrwerksdesign unterrichtet. Weiterer im Bunde wurde Donald Rochat. Schließlich vervollständigten eine technische Zeichnerin und ein Uhrmacher das von Capt geleitete Team.

In ihrem Pflichtenheft war ein anzustrebender Rekord hinsichtlich flacher Bauweise ebenso wenig zu finden wie der Ansatz der Miniaturisierung. Vielmehr bestand das Ziel in der Kreation eines soliden Mikrokosmos mit Selbstaufzug und integrierter Stoppfunktion. Derartige Uhrwerke für breitere Kundenkreise mussten sich aus wirtschaftlichen Gründen vorwiegend maschinell produzieren, sowie von Anlernkräften assemblieren lassen.

Automatikkaliber Valjoux 7750: das Schaltwerk des Chronographen als Zeichnung

Automatikkaliber Valjoux 7750: Zeichnung des Chronographen-Schaltwerks mit Nockensteuerung

Chronographenkaliber Valjoux 7750 Zeichnung Rückseite

Zeichnung des Chronographenkalibers Valjoux 7750

Konstruktive Kniffe beim 7750

Daher wies beispielsweise das Aufzugs- und Reguliersystem gewisse Ähnlichkeiten mit dem nahezu gleichzeitig entwickelten Automatikwecker AS 5008 auf. Hinsichtlich wichtiger Baugruppen brach der Newcomer konsequent mit den 14-linigen Vorgängern vom Kaliber Valjoux 7730 bis 7736. Bei besagten Handaufzugswerken handelte es sich um Economy-Chronographen mit einteiliger Schaltkulisse und horizontaler Räderkupplung. Erstere musste einem mehrschichtigen schwenkbaren Schaltnocken, letztere einer Schwingtrieb-Kupplung à la Edouard Heuer weichen.

Chronographenkaliber Valjoux 7750 Schaltnocken des Chronographen

Chronographenkaliber Valjoux 7750: mehrschichtiger Schaltnocken des Chronographen

Chronographenkaliber Valjoux 7750 Schwingtrieb-Kupplung

Chronographenkaliber Valjoux 7750, die Schwingtrieb-Kupplung

Natürlich besaß die beim 7750 betriebene Ökonomisierung auch ihre Schattenseiten. Schönheit und übermäßige Ästhetik genossen keine sonderliche Priorität. Das neue Werk sollte und musste vielmehr auf Anhieb funktionieren.
Anfang der 1970-er Jahre waren Computer mit Konstruktionssoftware noch echte Raritäten. Lediglich der technische Direktor von Valjoux verfügte über einen Rechner. Der stand in Neuenburg, wohin sich Edmond Capt nach der Übernahme des Entwicklungsjobs regelmäßig begab. Dort konnte der Techniker mit Erfahrungen im Hause Rolex Zeichnungen digitalisieren sowie Bewegungs- und Funktionsabläufe rudimentär simulieren.

Erstes Chronographenkaliber Valjoux 7750 unter Zifferblatt

In der Standardversion keine Augenweide: das Chronographenkaliber Valjoux 7750 unter dem Zifferblatt

Valjoux 7750

Alles in allem entpuppte sich die recht kurzfristige Entwicklung eines preisgünstig in Großserie produzierbaren Automatikchronographen als echte Herkulesaufgabe. Folglich standen die Jahre bis 1972 oftmals im Zeichen von Frustrationen sowie Versuch und Irrtum. Dann tickten erste Exemplare.
Als weitere Herausforderung entpuppte sich die Überführung ins Stadium der Serienproduktion. Die Lieferung an sehnsüchtig wartende Erstkunden startete 1973. Zu ihnen gehörte Orfina. Dort harrte der schon 1972 von Ferdinand A. Porsche gestaltete Chronograph auf seinen Markteintritt. Mit dem Valjoux 7750 konnte der ganz in Schwarz gehaltene Stopper mit Gliederband endlich debütieren.

Valjoux 7750

Das Chronographenkaliber Valjoux 7750 in seiner Verkaufsbox

Schnelles Ende und Renaissance

Obwohl die Jahresproduktion sehr schnell Dimensionen von circa 100.000 Exemplaren erreichte, war das Kaliber 7750 alles andere als ein Verkaufsschlager. Deshalb drohte dem preiswerten Automatikstopper bereits 1975 das gleiche Schicksal wie dem El Primero. In dieser Situation handelte Edmond Capt wie Charles Vermot bei Zenith (die besondere Geschichte des Uhrmachers finden Sie hier).
In der Hoffnung auf bessere Zeiten verstaute der Vater des 7750 alles Wichtige an sicherem Ort. Mit der Renaissance mechanischer Armbanduhren ab 1983 entwickelte sich dann das Kaliber Valjoux 7750 zum unangefochtenen Bestseller.

Chronographenkaliber Valjoux 7750 mit demontiertem  Rotor

Chronographenkaliber Valjoux 7750 mit demontiertem Rotor

Die schwierige wirtschaftliche Situation in den 1970-er Jahre verdeutlichen einige Zahlen: 1971 erlitten die Schweizer Uhrenexporte erstmals seit 15 Jahren einen stückzahlmäßigen Rückgang um 1,8 %. Selbiger war aber auch auf die Aufwertung des Schweizerfrankens zurückzuführen. Bei Stoppuhren verzeichneten die Fabrikanten ein quantitatives Minus von 13 %. Die damit verknüpften Umsätze reduzierten sich um 11 %.

1974 arbeiteten allein in Biel noch 6.788 Uhrmacher. Bis 1980 sank die Zahl in der zweisprachigen Uhrenstadt um 41,1 % auf 3981 Beschäftigte. Ähnliche Verhältnisse herrschten auch in den anderen eidgenössischen Uhrenmetropolen und Regionen. Einmal mehr führten Insider besagte Krise auch auf eine Überbewertung des Schweizerfrankens um 60 % zurück. 1976 entstanden pro Sekunde weltweit 26 Uhren, davon 12 in der Schweiz, 4 in Japan, 4 in Russland, 3 in Amerika, 2 in Frankreich und 1 in Deutschland.

Zwei Jahre später führten konventionell tickende Zeitmesser bedingt durch die rasante Verbreitung billiger Quarzuhren nur noch ein Schattendasein. 1979 sanken die Exporte der Schweizer Uhrenindustrie um 32 % in Stücken und 9 % im Wert. Die Ausfuhren von Chronographen reduzierten sich um 50 %, jene von Stoppuhren um 16 %. Überdies verlagerte sich die Produktion elektronischer Uhren und Bauteile stark nach Hongkong.
Summa summarum gingen durch die Quarzkrise in der Schweizer Uhrenindustrie mehr als 50.000 Arbeitsplätze verloren.

Ferdinand A. Porsche gestaltete 1972 seinen schwarzen Porsche Design Chronographen, in dem das Kaliber Valjoux 7750 debütierte

Ferdinand A. Porsche gestaltete 1972 seinen schwarzen Porsche Design Chronographen, in dem 1973 das Kaliber Valjoux 7750 debütierte

Gestaltet von Ferdinand A. Porsche

Exakt in dieser bewegenden Epoche, welche durch den Ölpreisschock auch die Autoindustrie massive erschütterte, meinte Ferdinand A. Porsche, dass die Zeit reif sei für etwas Neues. Der Designer und Vater des legendären Porsche 911, dessen Familie nicht ganz freiwillig aus der Zuffenhausener Sportwagenschmiede gedrängt worden war, suchte nach neuen Herausforderungen. Und die sah er in der Gründung eines Studios zur Gestaltung ganz unterschiedlicher Produkte.

Einer seiner ersten Auftraggeber war ausgerechnet die Autofirma Porsche. Anlässlich von Jubiläen und Ruhestandsversetzungen verdienter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchte sie adäquate Geschenke. Um die in diesem Zusammenhang benötigten Uhren sollte sich Ferdinand A. Porsche kümmern. Solche mit Quarzwerken kamen für den Produktgestalter nicht in Betracht. Zu klobig, nicht unbedingt verlässlich und zudem, nicht nachhaltig, lautete das für damals nachgerade visionäre Credo.

Ein Quarzwerk hätte niemals zur Funktionalität und Robustheit einer Uhr gepasst. Denn zum Beispiel musste sie unterwegs auf Expeditionen ohne Batterie auskommen.

Ferdinand A. Porsche

Gründer , Porsche Design Studio

Und das, obwohl Digitaluhren mit grellen roten LED-Anzeigen gerade als letzter Schrei galten. 1972, inmitten dieser stürmischen Epoche chronometrischen Umbruchs schwebte Eff-A vermeintlich Reaktionäres vor: Ein wie eh und je mechanischer Armband-Chronograph, außen mattschwarz gefärbt, Zifferblatt und Zeiger im optimal ablesbaren Design der Porsche Cockpitinstrumente und durch diese Ansammlung unkonventioneller Gestaltungselemente auf nachgerade provokante Weise schmucklos.

Orfina Porsche Design Chronograph 1 mit dem Kaliber Valjoux 7750

Passend zum Cockpit des Porsche 911: der Orfina Porsche Design Chronograph 1 mit dem Kaliber Valjoux 7750

Damals ging es mir darum, eine Uhr zum Auto zu kreieren. Schwarz wie die Tachometer und Drehzahlmesser des 911er, weil das beim Ablesen nicht blendet. Außerdem meine ich, dass man nichts verpacken sollte, von dem man nicht weiß, was in ihm steckt. Man muss sich ganz bewusst mit der Funktion des jeweiligen Objekts befassen und damit wachsen.

Ferdinand A. Porsche

Gründer , Porsche Design Studio

Weg zur Unsterblichkeit

Als der vom vergleichsweise unbekannten Label Orfina produzierte Porsche Design Chronograph 1 im Jahr 1973 für 695 Mark erhältlich war, schüttelten viele ungläubig den Kopf. Diese Armbanduhr unterschied sich ganz gewaltig vom Gewohnten. Genau das hatte Ferdinand A. Porsche mit seiner schwarzen Kreation beabsichtigt. Ganz bewusst schwamm er gegen den Strom und schuf dadurch eine Ikone, welche aus der Riege der Uhrenklassiker nicht mehr wegzudenken ist.

Orfina Porsche Design Chronograph 1, Kaliber Valjoux 7750

50 Jahre und jung wie am ersten Tag: Orfina Porsche Design Chronograph 1, Kaliber Valjoux 7750

Porsche Design Chrono All Black Limited Edition

Erhältlich für 8.950 Euro: Porsche Design Chrono All Black Limited Edition

Erfolgreich wie nie zuvor, verschafft sie Ferdinand A. Porsche, der am 5.12. 2012, also 40 Jahre nach der Kreation seines tickenden Erstlingswerks aus dem Leben geschieden ist, definitiv Unsterblichkeit. Untermauert wird diese Aussage durch die Zuerkennung des German Design Award 2024 und den renommierten Red Dot Best of the Best für Uhren im Frühjahr 2023,

Porsche Design Chrono All Black Numbered Edition

German Design Award 2024 für den Porsche Design Chrono All Black Numbered Edition

Red Dot Design Award 2023 Best of the Best: Porsche Design Chrono 1

Red Dot Design Award 2023 Best of the Best für den Porsche Design Chrono 1

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