Herbstauktionen Genf
Warum geht es uns eigentlich so gut, könnte man angesichts der anhaltend schlechten Nachrichten denken, die uns laufend serviert werden. Ich bin jedenfalls glücklich, dass ich mir, bislang ununterbrochen, das Privileg erhalten konnte, zweimal im Jahr nach Genf zu reisen, um mich meinem geliebten Uhrenhobby zu widmen. Morgen mache ich mich auf den Weg zu den nächsten Herbstauktionen Genf, stehen doch noch folgende wichtige Auktionen an:
Termine der Herbstauktionen in Genf
Phillips, Geneva Watch Auction XVI, 5. und 6. November, Hotel La Reserve
Antiquorum Geneva Watch Auction, 5. und 6. November, Hotel Beau Rivage
Christies’, Rare Watches, 7. November, Grand Hotel Des Bergues
Sotheby’s Important Watches, 9. November, Mandarin Oriental Hotel
Es hat sich einiges getan seit meiner letzten Reise. Seine vorläufige Klimax hat der Hype um Nautilus & Co., während der New York Auktion von Phillips am 15. Dezember letzten Jahres erfahren, als eine Tiffany 57-11‘ für nicht weniger als $ 6,5 Mio. ihren Besitzer wechselte.
Auch bei Christies in Genf kann nächste Woche eine Tiffany 57-11‘ ersteigert werden (Los 34). Sollte sich der erzielte Preis innerhalb der taxierten Range von CHF 1,5 bis 3 Mio. bewegen, besteht für den Gewinner der Phillips Auktion ein Abschreibungsbedarf von bis zu $ 5 Mio. oder 80%. Ein hoher Preis, um für kurze Zeit mit Jay-Z und Leonardo di Caprio auf Augenhöhe zu agieren.
Insgesamt ist viel Luft aus den ‚kryptischen‘ Bewertungen neuwertiger, knapper Modelle entwichen. Die Einführung der ‚58-11‘ Nautilus darf niemanden überraschen. Auch die zuletzt so rasante Entwicklung der unabhängigen Uhrmacher, angeführt von F.P. Journe hat deutlich an Fahrt verloren, selbst wenn zu erwarten ist, dass das Los 27 bei Phillips, ein außerordentliches Ergebnis erzielen wird. Diese Uhr wurde von niemand anderem als George Daniels, einem der Urväter der unabhängigen Bewegung, selbst realisiert.
Diesen Entwicklungen steht der Markt für Vintage Uhren gegenüber, der eigenen Gesetzen folgt und auf den ich mich in diesem Beitrag konzentrieren möchte. Das Auktionshaus ‚Monaco Legends Group‘ um den renommierten Händler Davide Parmegiani zeigte sich sehr zufrieden mit den Ergebnissen seines diesjährigen October Sales.
Eine goldene Rolex der Referenz 6238 ‚Pre-Daytona‘ mit silbernem Zifferblatt erzielte einen Preis von € 266,500, während gut erhaltene Exemplare für gewöhnlich zwischen € 70,000 und 100,000 gehandelt werden. Eine Cartier Tortue in Weißgold mit Minuten Repetition erzielte € 162,500 und eine weitere goldene Rolex Daytona Ref. 6241 mit schwarzem ‚Paul Newman John Player Special‘ Zifferblatt brachte es auf € 1,43 Mio.
Goldstandard
Daytonas sind so etwas wie der Goldstandard in der Welt der Vintage Armbanduhren. Wie immer, sind auch diesen November mehr Uhren zu bestaunen als hier erwähnt werden könnten. Nimmt man die oben beschriebene ‚John Player Special‘ zum Ausgangspunkt, setzt Christies noch einen obendrauf.
Los 125 ist eine goldene Rolex Referenz 6263 mit einem ‚Paul Newman Lemmon Dial‘. Dieses Stück ist die ultimative ‚Paul Newman‘, da sie mit Ihrer Acryl Lünette und den verschraubten Drückern über eine größere Präsenz am Handgelenk verfügt als Modelle mit Pumpdrückern. Dazu ist sie aus 18-karätigem Gold, was die Exklusivität ins Unsagbare steigert.
Rolex Daytona Paul Newman
Zunächst war nicht geglaubt worden, dass diese Rolex Daytona Referenz in Gold überhaupt mit exotischen (Paul Newman) Zifferblättern ausgeliefert wurde. Bis jetzt ist weniger als eine Handvoll aufgetaucht. Das angebotene Exemplar befindet sich in einem sehr guten Zustand und hat damit gute Chancen, die ‚John Player Special‘ auszustechen.
Neben diesem Exemplar finden sich noch weitere attraktive goldene Daytonas mit Handaufzug im Angebot. Phillips bietet eine 6241 in 18-karätigem Gold mit creme farbigem Paul Newman Blatt an; zusätzlich eine Referenz 6262, ebenfalls in 18 Karat Gold und Paul Newman Blatt. Beide Uhren ähneln sich sehr. Sie unterscheiden sich aber optisch durch die Färbung der Indexe in den Registern. Zusätzlich tickt in der Referenz 6262 ein optimiertes Werk mit einer erhöhten Unruhfrequenz von 4 Hz (Kaliber 727).
Eine Daytona 6241 in 14 Karat, ohne Paul Newman Blatt, aber nicht weniger attraktiv, bietet Sotheby’s an.
Automatische Rolex Daytonas
Rolex hat lange gebraucht, um Chronographen mit automatischem Aufzug auf den Markt zu bringen. Als es 1988 so weit war, waren nahezu 20 Jahre vergangen, seitdem die ersten Automatik Chronographen von Zenith und Seiko (mehr über den ersten automatischen Chronographen gibt es hier zu lesen) eingeführt wurden. Zunächst griff man bei Rolex dann auch auf die bereits bewährten Uhrwerke von Zenith zurück. Freilich wurden diese erheblich modifiziert, um den Ansprüchen des Hauses zu genügen.
Der Erfolg war augenblicklich und überwältigend. Ich erinnere mich selbst noch gut, wie ich vergeblich versuchte eine abzubekommen, um mich für mein eben bestandenes Examen zu belohnen. Sieben Jahre Wartezeit versprach man mir!
Mittlerweile sind fast 35 Jahre ins Land gegangen und die frühen Modelle mit Zenith-basiertem Uhrwerk sind fest in der Welt der Vintage Sammler etabliert.
Wie bei Rolex Daytonas mit Handaufzug spielt auch bei den Automaten das Zifferblatt die Hauptrolle. Bei den frühen Modellen hängt der ‚Cosmograph‘ Schriftzug ein wenig unterhalb der restlichen Modellbezeichnung (‚Floating‘). Diese Variante gibt es für Stahluhren in Weiß und in Schwarz. Dabei sind die weißen Modelle im Schnitt wertvoller. Handelt es sich bei der Anordnung der Information auf dem Blatt schon um ein Detail, liegt die Begründung für den unterschiedlichen Wert buchstäblich noch tiefer.
Viele – nicht alle – dieser Rolex Zifferblätter werden mit ‚Porzellane‘ bezeichnet, weil sie in mehreren Schichten lackiert sind. Dadurch erhalten sie eine erhöhte Plastizität, was besonders bei den weißen Modellen die Attraktivität erhöht. Auf die ‚Floating Dials‘ folgten die ‚Four Liners‘ bei denen der ‚Officially Certified‘ Schriftzug komplett entfällt. Auch dafür zahlt der Markt eine Prämie.
Runde Knöpfe
Daytonas sind letztlich auch deshalb so beliebt, weil sie Chronographen sind, die gleichzeitig sportlich, maskulin und elegant wirken. Dabei wurde der Chronograph im Oyster Gehäuse zu einer Zeit entwickelt, in der es weniger um Sportplätze, als mehr um Schlachtfelder ging.
Für Rolex war es konsequent, den großen Erfolg der ‚Rolex Oyster Kollektion‘ auch auf Chronographen zu übertragen, selbst wenn die kaum wasserfesten Drücker das Konzept auf die Probe stellten. Aus der Zeit des Ersten Weltkrieges hatte man jedoch gelernt, dass sich die Nachfrage nach Chronographen während bewaffneter Konflikte stark erhöht.
Als dann 1939 das Modell 3525 lanciert werden konnte, war es gelungen, mit dem richtigen Angebot zum richtigen Zeitpunkt aufzutreten. Dieser erste, in Serie gefertigte Rolex Oyster Chronograph war für Rolex der Durchbruch im Wachstumssegment der Chronographen.
Herbstauktionen Genf – Phillips Los 38
Vielleicht veranlasste genau der obengenannte Rolex Erfolg Patek dazu, die Patek Philippe Referenz 1468 zu entwickeln. Dieses Modell stand im starken Kontrast zum sonstigen Angebot des Hauses.
Komplizierte Uhrwerke in filigranen Gehäusen, verarbeitet in perfektem Kunsthandwerk bildeten schon immer das Fundament der Marke, die wie keine andere die Verbindung der Genfer Traditionen von Goldschmiede- und Uhrmacherkunst ausdrückt. Ein Chronograph in wasserfestem Gehäuse, dazu noch erhältlich in Stahl war also ein absolutes Novum, als die Patek Philippe Referenz 1468 im Jahr 1945 eingeführt wurde.
Bis Mitte der 1960er Jahre wurden um 750 Stück hergestellt, die meisten in Gelbgold, viel weniger in Stahl und eine verschwindend geringe Menge in Roségold.
Ein Exemplar in Stahl bleibt oft auch für betuchte Sammler ein unerfüllter Traum. Zwei können in den kommenden Tagen ersteigert werden. Das Hauptstück bei Antiquorum ist eine Referenz 1468 mit aufgesetzten Breguet Zahlen auf dem Zifferblatt.
Bei Phillips ist Los 114 ein Modell mit sogenanntem Sektor Blatt ausgestattet, das zusätzlich noch über den Aufdruck des argentinischen Händlers ‚Walser Wald‘ verfügt.
Es ist schwer zu sagen, welche der beiden Uhren attraktiver ist. Einerseits ergeben die Breguet Zahlen einen fast schon femininen Akzent, der die verlockende Antithese zwischen der Marke Patek Philippe und Instrumenten für militärische Zwecke auf den Punkt bringt. Andererseits ist das Sektor-Zifferblatt durch seine Geradlinigkeit besser seiner Bestimmung angepasst und wirkt durch die verschiedenen Silbertöne in Verbindung mit den emaillierten Ziffern ungemein attraktiv.
Das Gehäusedesign dieser wasserfesten Uhren stammt von Tauber & Fils, Nachfolgeunternehmen von Borgel, einem Pionier der Konstruktion wasser- und staubgeschützter Gehäuse. Ebenso wie das Modell 3525 von Rolex ist es im Calatrava Stil gehalten. Die gravierten Drücker (‚Tasti Tondi‘) und die gewölbte Krone verleihen dem Design einen einmaligen Charme.
Patek Philippe Chronograph in Stahl bei den Genfer Herbstauktion des Auktionshauses Philipps:
Rolex Monoblocco
Als die Referenz 1463 von Patek auf den Markt kam, begann man sich bei Rolex auf die, bis heute wiederekennbare Tonneau-Form einzuschießen. Etwa parallel zur epochalen Rolex Datejust Jubilee tauchten auch die ersten Chronographen in diesem Design auf. Zwischen Mitte der 1940er und 1950er Jahre erschienen drei Generationen in der neuen Gehäuseform. Alle hatten gemein, dass Carrure und Lünette aus einem einzigen Teil bestanden (‚Monoblocco‘).
Ein bemerkenswertes Beispiel der dritten Generation ist das Los 40 bei Phillips. Diese Uhr mit der Referenz 6034 stammt aus dem Besitz von Eric Clapton und wartet mit einem schön gealterten, schwarzbraunen Zifferblatt auf.
Unter Experten wird die Uhr aber heiß diskutiert. Während Modell- und Seriennummer die Herstellung im Jahr 1953 verorten, signalisiert der Schriftzug ‚T Swiss T‘ am unteren Rand des Zifferblattes den Gebrauch von Tritium als Leuchtmasse. Diese wurde aber erst in den 1960er Jahren eingeführt, also etwa 10 Jahre nachdem die Uhr hergestellt wurde. Der Markenschriftzug ist dagegen für Anfang bis Mitte der 1950er Jahre periodengerecht. Zusätzlich kann man im Katalog lesen, dass im Gehäuse ein Werk mit der internen Bezeichnung 72B schlägt. Diese Weiterentwicklung des 13‘‘-Basiskalibers von Valjoux wurde ebenfalls erst in den 1960er Jahren mit den Referenzen 6238 und 6239 (Daytona) eingeführt.
Es fällt schwer sich vorzustellen, wie diese Besonderheiten zustande gekommen sein könnten. Ich habe mir vorgenommen, das Zifferblatt zu untersuchen, um festzustellen, ob die beiden ‚T‘s‘ möglicherweise nachträglich aufgedruckt wurden. Dann könnte die Erklärung ein späterer Service sein, bei dem Leuchtmasse und Werk gewechselt wurden.
Marrone
Braun gealterte Zifferblätter, wie bei der Rolex von Eric Clapton üben auf Vintage Enthusiasten einen besonderen Reiz aus. Die Marrone-Zifferblätter beweisen das Alter der Uhr auf charmante Weise und nehmen den schwarzen Zifferblättern ihre ursprüngliche Härte. Es finden sich noch weitere schöne Beispiele im Angebot der Auktionshäuser.
Wie bei Patek Philippe denkt man aus heutiger Sicht auch bei Breguet nicht gleich an funktionale Zeitmesser. Allerdings wurde der Markenname bereits im 19. Jahrhundert an einen Mitarbeiter übertragen. In der Folge durchlebte das Unternehmen Höhen und Tiefen, bis es schließlich, unter den Schirm der Swatch AG aufgenommen, seine heutige Formensprache entwickelte, die an die große Vergangenheit des Namens rezitiert.
Wahrscheinlich ist es einem Nachfahren des großen Abraham Louis Breguet (mehr zu seinen Erfindungen gibt es hier) zu verdanken, dass die Marke Mitte der 1950er Jahre mit der Anfertigung von 2,000 Typ XX Flieger Chronographen mit permanenter Nullstellung (‚Flyback‘) beauftragt wurde.
Das Los 24 von Antiquorum ist ein schönes Beispiel der Zivilversion dieses legendären Chronographen, der in letzter Zeit im Wert gut zugelegt hat. Daytonas mit ‚tropical Dial‘ haben sich dagegen längst ihren Platz in der Champions League gesichert. Das Los 167 der Herbstauktionen Genf beim Auktionshaus Phillips ist Stoff für Sammlerträume.
Omega Speedmaster Chronograph
Für Fans der Marke Omega sind ‚Speedmaster‘ Chronographen zweifellos das wichtigste Modell. Nicht nur wurde sie im Jahr 1958 bereits Jahre vor der Daytona mit gravierter Lünette eingeführt, sie gewann auch noch das Rennen zum Mond. Das muss zweifellos als Triumph über Rolex gelten, wo man die höchsten Höhen und die tiefsten Tiefen mit Modellen wie Explorer und Submariner für sich beanspruchte. Das Los 202 bei Phillips ist ein frühes Beispiel. In der, 1960 ausgelieferten Uhr tickt noch ein Lemania-basiertes Kaliber 321 mit Säulenrad. Dazu befindet sich die Uhr augenscheinlich in einem sehr schönen Zustand.
Herbstauktionen in Genf
Das Angebot der Herbstauktionen ist ausnehmend spannend. So gut, dass wir nun doch nicht alle Uhren in einem Bericht unterbrachten.
Deshalb morgen mehr in einem zweiten Teil der Uhrenhighlights der Genfer Herbstauktionen.
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