Repetitions-Armbanduhren
Spätestens seit der Erfindung des elektrischen Lichts braucht niemand mehr Repetitions-Armbanduhren, also Uhren mit Schlagwerk. Ein Knopfdruck genügt, und man sieht sofort, wie spät es gerade ist. Allerdings hielt Thomas Alva Edisons Erfindung die Uhrenmarken und Uhrmacher nicht davon ab, dem Thema der klingenden Armbanduhr weiterhin Beachtung zu schenken.
Repetitions-Uhrwerke wurden immer kleiner und flacher. Damit passten sie auch in Gehäuse fürs Handgelenk. Allerdings, und das darf bei dieser Gelegenheit keineswegs vergessen werden, blieb dieser Typus Zeitmesser wegen des hohen technischen Aufwands grundsätzlich der gesellschaftlichen und finanziellen Upperclass vorbehalten. An weniger betuchte, aber dennoch hinreichend zahlungskräftige Zeit-Genossen wandten sich nur ganz wenige Uhrenfabrikanten. Zu ihnen gehörten Driva, Angelus, Kelek, Chronoswiss und Nivrel.
Driva Repeater
Die Geschichte der Erfindungen und technischen Entwicklungen ist gekennzeichnet von Schicksalen und Fehlschlägen. Andererseits bedingte geschäftlicher Erfolg schon immer ein gerütteltes Maß an Kreativität und Risikobereitschaft. Das trifft auch auf den Driva Repeater zu. Seine technische Entwicklung startete in den frühen 1930-er Jahren. Das bereits 1875 gegründete Familienunternehmen Driva ging seinen Geschäften noch in La Chaux‑de‑Fonds nach.
Auf der Suche nach interessanten Neuigkeiten stießen Vater und Sohn Hirsch auf einen Typ Zeitmesser, der, wie man 1937 in einer Zeitschrift lesen konnte, früher die „Modeuhr der Elite” war. Gemeint ist eine Armbanduhr mit Repetitionsschlagwerk. Weil sich klassischen Armbanduhren aus besten Häusern auf sehr hohem Preisniveau bewegten, setzten die beiden auf etwas Neues mit robustem Mechanismus.
Techniker konzipierten das Viertelstunden-Schlagwerk als Modul, das sich auf ein gängiges Handaufzugskaliber montieren ließ. Nachdem die Mode jener Jahre rechteckige Modelle favorisierte, wählte die Driva Watch Co. ein Formwerk der A. Michel SA, Grenchen, auf das die Schlagwerksplatine mit den Maßen 20 x 28 mm exakt passte. Nur aus dem unbedingt Erforderlichen assemblierten Uhrmacher die Form-Kadratur mit einer einzigen Tonfeder. Infolge der extrem simplen Konstruktion verlangten die Komponenten kaum Nacharbeiten.
Als der Driva Repeater 1937 endlich seine Serienreife erlangt hatte, schrieb ein Journalist im Journal Suisse d’Horlogerie:
„Die Armbanduhr ist ein untrennbarer Weggefährte ihres Besitzers geworden, bei Tag ebenso wie während der Nacht. Der Driva Repeater bietet die Möglichkeit, die Zeit am frühen Morgen noch vor der Dämmerung durch einfache Betätigung des Schiebers zu erfahren. Und die Armbanduhr gibt die Zeit auf einer Ebene mit dem Kissen kund. Mit Hilfe des Driva Repeaters kann es vermeiden, durch den Blick auf seine Uhr unhöflich zu erscheinen.”
Wegen der schwierigen Wirtschaftslage gehörten Armbanduhren mit Repetitionsschlagwerk damals nicht unbedingt zu den vorrangigen Anschaffungen. Außerdem war der aus heutiger Sicht sehr gering erscheinende Preis von 45 Schweizerfranken für die Version mit Nickelgehäuse jedoch relativ hoch. Folglich hielten sich Akzeptanz und Umsatz in überschaubaren Größenordnungen. 1944 hatten rund 1500 Exemplare die Fertigungsstätte verlassen. Meist mit einfacher Nickelschale. Goldgehäuse gab es auch, aber nur auf besondere Bestellung. Weil sich eine Neuauflage nicht rentierte, emdete die Geschichte des Driva Repeater eher sang- und klanglos.
Angelus Tinkler
Keinen Deut besser ging es dem Tinkler. Auf gut Deut bedeutet das englische Wort nichts Anderes als Klingler. Mit der Wahl dieses Namens ließ die 1891 in Le Locle gegründete Uhrenmanufaktur Angelus bei ihrer neuen Armbanduhr keinen Zweifel an deren besonderen Fähigkeiten aufkommen. Sie war imstande die Zeit zu schlagen, und zwar wie beim Driva Repeater auf die Viertelstunde genau.
1957/58 wagte sich Angelus an diese Armbanduhr mit Viertelrepetition. Nachdem damals die Automatik eine erste Blütephase erlebte, brauchte der klingelnde Newcomer natürlich einen komfortablen Selbstaufzug.
Die Entwicklung des Tinkler erfolgte bei Angelus in Kooperation mit dem renommierten Grenchener Rohwerkehersteller AS. Den Technikern oblag die Entwicklung einer Schlagwerks-Kadratur, welche sich unproblematisch auf das bereits verfügbare Kaliber AS 1580 mit beidseitig wirkendem Rotor montieren ließ. Für die Aufnahme der Serienfertigung verlangte AS von Angelus die Mindestabnahme von 10.000 Modulen samt Basiswerken verlangt. Nur bei dieser Menge hätten sich die Werkzeugkosten rentiert, wäre ein halbwegs akzeptabler Publikumspreis realisierbar gewesen.
Weil Angelus dazu der Mut fehlte, entstand zur Auslotung der Marktchancen zunächst eine Pilotserie. Insgesamt 100 Tinkler entstanden mit 38 Millimeter messendem Schraubboden-Stahlgehäuse. Zifferblätter gab es in verschiedenen Ausführungen. Das Schlagwerk löst ein Drücker bei „9″ aus. Zunächst verkünden einfache Schläge die Zahl der Stunden, dann folgten die Viertelstunden per Doppelschlag. Eine Alles-oder-nichts-Sicherung besaß diese vergleichsweise simple Konstruktion nicht. Bei nicht hinreichender Betätigung des Bedienelements verkündete der Tinkler irgendeine Zeit, nur nicht die richtige.
Zum Stückpreis von rund 300 Schweizer Franken gelangte die Versuchsserie vorwiegend in den deutschen und schweizerischen Fachhandel. Für diesen Betrag, der damals mehr als die Hälfte des Monatseinkommens eines Angestellten ausmachte, war der Angelus Tinkler jedoch nur sehr schwer verkäuflich. So blieb es aus 1958/1959 verständlichen Gründen bei besagten 100 Exemplaren.
Angelus 5-Minuten-Repetition
Erstaunlicherweise wagte sich Angelus trotz des Tinkler-Flop 1978 an ein weiteres Repetitionsprojekt. Damals kämpfte die weiterhin in le Locle ansässige Angelus SA infolge der Quarzrevolution ums Überleben. Im Fall der Répétiton getauften Armbanduhr geben zwei Hämmer die Zahl der Stunden und der danach zudem verstrichenen 5-Minuten-Intervalle auf zwei unterschiedlich gestimmte Tonfedern wieder.
Als Lieferant fungierte die in La Chaux-de-Fonds beheimatete Kelek SA. Gabriel Feuvrier, Eigentümer von Kelek, hatte die Entwicklung des Schlagwerksmechanismus 1975 beim Spezialisten Dubois-Dépraz geordert und bezahlt. Insofern verfügte Kelek über das exklusive Recht, diesen in Uhren zu verwenden und natürlich an Dritte wie zum Beispiel Angelus zu verkaufen. Die Bewahrung der Zeit oblag einem 11½-linigen und 3,35 Millimeter hoch bauenden Handaufzugswerk vom Kaliber Eta 2801. Davon entstanden von 1971 bis 1979 insgesamt 54.960 Stück.
Die akustische Dimension steuerte wie gesagt Dubois-Dépraz aus Le Lieu im Vallée-de-Joux bei. Wegen seiner 36 Millimeter Durchmesser verlangte das Repetitionsschlagwerk zwangsläufig nach einer für damalige Verhältnisse recht opulenten Schale. 41 Millimeter misst das Gehäuse mit Goldauflage. Am Handgelenkt trägt es 14 Millimeter auf.
Die Auslösung des Schlagwerks, welches sogar eine Alles-oder-Nichts-Sicherung besitzt, erfolgt über einen Drücker bei „2“. Von oben nicht sichtbar ist die bei „4“ angeordnete Aufzugs- und Zeigerstellkrone. Folglich verlangt das Spannen der Zugfeder einige Fingerfertigkeit. Weil nachhaltige Erfolge anders aussehen, gehört auch die Angelus Répétition zu den seltenen Vertreterinnen dieser Spezies Zeitmesser. Gleiches gilt für die technisch nahezu baugleiche Kelek Déesse, zu Deutsch Göttin.
Chronoswiss und Nivrel Répétition
Deutlich mehr Fortune besaß Gerd-Rüdiger Lang. Für seine Münchner Uhrenfabrikation Chronoswiss kaufte er in den späten 1980-er Jahren ebenfalls bei Kelek das Modul mit 5-Minuten-Repetition. Als Antrieb verwendete er das flache Automatikkaliber Eta 2892-A2. Außerdem entstand ein komplett neues, diesmal rundes, 42 mm großes Gehäuse mit beweglichen Bandanstößen und durchaus handschmeichlerischen Qualitäten. In diesem Fall obliegt die Auslösung des Schlagwerks einem Drücker bei „6“.
Diese Armbanduhr gab es als Referenz CH 8737 mit Rotgoldauflage (mehr über die verschiedenen Arten von Gold und seine Herstellung gibt es hier auf Uhrenkosmos zu lesen) oder als CH 8731 in Massivgold. 1988 kostete sie umgerechnet rund 2.000 bzw. 4.000 Euro. In ordentlichem Zustand ist sie heutzutage am Gebrauchtuhrenmarkt ab ca. 2.500 Euro erhältlich. Somit lässt sich bei dieser Repetitions-Armbanduhr durchaus von einer Volks-Repetition sprechen.
Wer etwas Neues haben und preislich unter 10.000 Euro bleiben möchte, kann zur Nivrel Répétition Classique greifen. Hinsichtlich Innenleben und Technik entspricht dieser Armbanduhr weitgehend der Chronoswiss. Mit Sichtbodenschale aus Edelstahl werden gegenwärtig unverbindliche 8.500 Euro fällig.
0 Kommentare