Uhrenmarke Bovet

Der Mann der Bovet Uhren liebt

Manche Uhrensammler leben ihre Leidenschaft aus vollem Herzen. So auch der französische Unternehmer Pascal Raffy, der die Pläne für seinen Vorruhestand aufgab und kurzerhand die Uhrenmarke Bovet kaufte. Die Geschichte einer nicht alltäglichen Passion für Uhren und ein Schloss.

von | 16.03.2022

Konsequente Zuneigung

Es gibt im Falle der Bovet Uhren und ihres Eigentümers eine Parallele, an die sich allenfalls Menschen eines gewissen Alters erinnern. Denn vor gut  40 Jahren, genauer gesagt im Jahr 1979, gab es einen im Fernsehen ausgestrahlten Werbespot für den Elektrorasierer von Remington, in dem der US-amerikanische Geschäftsmann Victor Kiam bewies, dass er seinen Worten auch Taten folgen lassen würde. „Der Rasierer hat mir so gut gefallen“, erklärte er freudestrahlend im Werbespot, „dass ich die Firma gekauft habe“.

Kiam starb 2001, im selben Jahr, in dem der französische Unternehmer Pascal Raffy in ähnlicher Weise seine Pläne für den Vorruhestand aufgab und „die Firma kaufte“, nachdem er in ähnlicher Weise von dem im Vergleich zu Remington eher verhaltenen  männlichen Charme des historischen Uhrenhauses Bovet beeindruckt war.

Denn während der Remington-Rasierer für seine „Zwillings-Mikroscreens“ berühmt war, hatte der Uhrmacher Edouard Bovet Erfolg mit der Herstellung von identischen Zwillingsuhren, die mit passenden Miniaturmalereien verziert waren – und in vielen Fällen Blumensträuße darstellten.

Bovet Geschichte

Die Geschichte der Marke Bovet ist recht schnell erzählt. Sie beginnt mit dem in der Schweiz geborenen Eduard Bovet, der im Alter von 17 Jahren nach London zog, um dort eine Ausbildung zum Uhrmacher zu absolvieren. Während seiner Lehrzeit bei Ilbury und Magniac wurde er nach Kanton in China geschickt, wo er innerhalb kürzester Zeit ein Quartett von Taschenuhren für umgerechnet 1 Million US-Dollar verkaufte.

Der asiatische Markt für teure „Juwelen, die die Zeit anzeigen“, war bereits gut etabliert, was Bovet dazu ermutigte, im Jahr 1822 gemeinsam mit seinem Bruder Charles Alphonse sein eigenes Unternehmen zu gründen. Der Absatzmarkt lag fast ausschließlich in China, wo sich Bovet-Uhren eine treue Fangemeinde für die mit identischen, exquisit emaillierten Bildern verzierten Taschenuhrenpaare aufbaute, deren Gehäuse und bügelförmige Aufzugskronen mit Perlen besetzt waren.

Bovet starb bereits im Jahr 1850, so dass er die Schwierigkeiten und die fehlende Rentabiltiät durch die Konkurrenz französischer und amerikanischer Uhren, die Zunahme chinesischer Fälschungen und die Auswirkungen des Opiumkriegs nicht mehr miterleben musste. Die Familie Bovet verkaufte das Unternehmen schließlich im Jahr 1864 an neue Schweizer Eigentümer.

Doch dabei sollte es nicht bleiben. Im Jahre 1918 wurde Bovet von der Firma J. Ullmann & Co. gekauft, nur um im Jahr 1932 an Albert Bovet und Jean Bovet weitergereicht zu werden. Aber auch diese Beziehung hielt nicht lange und im Jahr 1948 kaufte Favre Leuba den Namen und die Fertigungsanlagen. 1966 ging es an eine freie Gemeinschaft von Uhrmachern, die es 1989 an Parmigiani Fleurier weiterreichten, die die Marke an die Investoren Roger Guye und Thierry Oulevay weitergaben. Doch dies sollte nicht der letzte Akt bleiben.

Herr Raffy sucht das Glück

Ob Pascal Raffy diese turbulente Vorgeschichte bekannt war, ist nicht überliefert. Jedoch entdeckte Herr Raffy im Jahr 2000, dass es auf der Suche nach neuen Herausforderungen und Investitionen war. Denn obwohl er damals erst 36 Jahre alt war, hatte sich Raffy bereits in den Ruhestand zurückgezogen, nachdem er ein Jahrzehnt zuvor in ein kleines pharmazeutisches Unternehmen investiert hatte. Dieses fusionierte mit Synthlabo, dem Herr Raffy, ein ausgebildeter Jurist, wiederum bei der Expansion nach Nordafrika half, bevor es Teil des Pharmariesen Sanofi wurde.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen war Pascal Raffy also ein wohlhabender Mann, der regelmäßig Angebote zum Kauf von Anteilen an Uhrenfirmen erhielt, da er als ernsthafter Sammler wertvoller Zeitmesser (letzter bekannter Stand waren 212 Sammlerstücke) bekannt geworden war. Doch erst als er seine erste Bovet Uhr sah, die immer noch wunderschön verarbeitet war und ihren charakteristischen Bügelaufsatz trug, entschloss er sich, die Chance zu ergreifen – und das, obwohl das Unternehmen damals nur noch weniger als 150 Uhren pro Jahr herstellte.

Pascal Raffy

Pascal Raffy machte seine Passion zur Profession und kaufte die Uhrenmarke Bovet 1822

Doch eine 2001 getätigte Mehrheitsbeteiligung (angeblich 5 Millionen Dollar) erwies sich nur als die Spitze des Eisbergs in puncto Invest. Bis 2003 hatte er seine Partner aufgekauft, und 2006 erwarb er nicht nur den Zulieferer von Bovet, den Hersteller von Zifferblättern und einen Teil des Gehäuseherstellers, sondern wurde auch vom Schweizer Kanton Neuenburg gefragt, ob er Interesse am Kauf eines Schlosses aus dem 14. Jahrhundert zu kaufen.
„Ich hatte keine Lust, ein Schloss zu besitzen – aber als ich entdeckte, dass es von 1835 bis zur Schenkung an den Kanton 1957 der Familie Bovet gehörte, musste ich es natürlich haben“, erklärte er freudestrahlend.

Heute ist ein Teil des 5 800 Quadratmeter großen Chateau de Motiers mit Blick auf das Val de Travers der Uhrenmontage gewidmet. Alle Bovet-Zifferblätter, Zeiger, Werke, Gehäuse und sogar Spiralfedern werden eine Stunde entfernt in einem hochmodernen Werk in Tramelan hergestellt, das auch Teile für andere Marken sowie für Unternehmen aus den Bereichen Elektronik, Luftfahrt und Medizin liefert.

Bovet Schloss Chateau de Motiers

Das Schloss zu den Bovet Uhren: Chateau de Motiers

Es erfüllt mich mit Stolz, wenn ich all unsere Graveure, Miniaturmaler und Uhrmacher zusammenarbeiten sehe

Pascal Raffy

Uhrensammler und Unternehmer, Bovet

Respekt für die Marke und Handwerkskunst

Auch wenn Gewinn und Verlust für den erfolgreichen Unternehmer Raffy durchaus eine Rolle spielen müssen, nachdem er geschätzte 35 Millionen Dollar in das Unternehmen gesteckt hat, ist es sein Hauptanliegen, den „Respekt“ für das Haus Bovet und die Beherrschung der verschiedenen Handwerke durch die 92 Mitarbeiter der Manufaktur zu bewahren, die traditionell der Schlüssel zur Herstellung einer Bovet-Uhr sind.

Gleichwohl wurde auch Bovet von der Corona-Krise und der vorrübergehenden Schließung der Manufaktur heftig getroffen. Nach eigener Schätzung führte der pandemiebedingte Produktionsrückgang dazu, dass im Geschäftsjahr 2020/21 nur rund 800 Uhren hergestellt wurden, also etwa 1.000 Exemplare weniger als sonst.

Bovet 19 Thirty Turquoise Engraved

Höchste Verarbeitungsqualität und viel Handarbeit - die Bovet 19 Thirty Turquoise Engraved

Bovet Uhren

Da es sich bei 35 Prozent der Bovet Modelle um Maßanfertigungen handelt und die komplexesten dieser Uhren (die Raffy als „big, big babies“ bezeichnet) bis zu 1 Mio. CHF pro Stück kosten, bleibt Bovet stark und hält sich an das Versprechen, dass selbst die günstigsten Uhren – die Modelle der Kollektion Bovet 19Thirty beginnen bei 18.500 CHF – genauso hochwertig verarbeitet sein sollen wie die Uhren im siebenstelligen Bereich.

Im Moment konzentriert sich seine Aufmerksamkeit jedoch auf die Entwicklung eines hochwertigen Modells, das anlässlich des 200-jährigen Jubiläums von Bovet im Jahr 2022 vorgestellt werden soll. „Das“, sagt Herr Raffy, „muss in der Tat ein sehr großes Baby sein…..“.

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