Naoya Hida und seine Armbanduhren

Naoya Hida: Europäische Uhrmacher-Tradition in Japan

Winzige Stückzahlen zeichnet die Uhrenproduktion von Naoya Hida aus. Aktuell sind alle Armbanduhren der drei verschiedenen Typen ausverkauft. Das sollte allerdings kein Grund sein, das Lesen dieses Artikels an dieser Stelle zu beenden. Die Geschichte ist durchaus spannend.

von | 05.09.2022

Klassische Armbanduhren aus Tokyo

Am deutschen Markt ist Naoya Hida nur wenigen Uhrenliebhabern bekannt. Der Grund ist auch darin zu suchen, dass der 1963 in Kyoto Geborene seine eigenen Armbanduhren erst seit 2018 anbietet. Und das außerdem nur in homöopathischen Mengen. Per annum entstehen lediglich 70 Exemplare zu Preisen ab umgerechnet 14.000 Euro. Beim Eintreffen in Europa wird auf diesen Preis noch die in den jeweiligen Ländern geltende Mehrwertsteuer fällig. Manche Liebhaber der im Stil alter Patek Philippe-Referenzen wie 96 oder 570 gestalteten Zeitmesser holen ihren Einkauf aber auch direkt während einer Japanreise in Tokio ab.

 

Patek Philippe Ref 96 Stahl

Eines der Vorbilder für Naoya Hida: Patek Philippe Referenz 96

Mal eben bei der NH Watch Co. Ltd. in der Nihonbashi Tomizawa-cho vorbeischauen und ein Modell Typ 1, 2 oder 3 erwerben, ist freilich absolut unmöglich. Lagerware gibt es schlichtweg nicht. Die Produktion des kleinen Unternehmens ist nämlich auf Jahre hinweg ausverkauft. Wer ein Exemplar sein Eigen nennen möchte, muss sich dann, wenn Naoya eine neue Serie auflegt, mit entsprechenden Kaufargumenten im Internet bewerben.

Naoya Hida Type 1D mit Patek Philippe Modellen

Die Uhrengeschichte von Naoya Hida & Co. begann 2019 mit der Type 1. Hier die Version 1D von 2022.

Das nächste Fenster für weitere Armbanduhren wird sich vermutlich irgendwann in Jahr 2023 öffnen. Die bisherigen Editionen waren mehrfach überzeichnet, weshalb Naoya persönlich entscheiden musste, wer eine Anzahlung leisten darf, um später seine Uhr entgegennehmen zu können.

Uhrmacher und Unternehmer Naoya Hida

Naoya Hida, Gründer und CEO

Passion und Karriere

Die Leidenschaft für das Thema Zeitmessung entwickelte sich schon während des ersten Jobs. Nach dem Abschluss der High School arbeitete der 1963 in Kyoto Geborene bis 1990 für eine auf die Anfertigung maßstabsgetreuer Modelle und Prototypen spezialisierte Firma. Seitdem war und ist er durchgängig im Uhrenbusiness tätig. Bis 1994 agierte Naoya als Großhandelsvertreter Deso Japan K.K., einer Tochtergesellschaft des Schweizer Handelshauses Desco in Zürich, später aufgegangen in der DKSH-Gruppe. Die Zuständigkeit erstreckte sich auf Jaeger LeCoultre, Eterna und Maurice Lacroix als. Übrigens repräsentierte Desco damals in Japan auch die Audemars Piguet. In jener Epoche erlangten mechanische Luxusuhren eidgenössischer Provenienz im Land der aufgehenden Sonne wieder die einstige Popularität.

Als ersten Schweizer Uhrmacher traf er Jean-Marc Keller, der zum Lancement der Jaeger-LeCoultre Master-Kollektion nach Japan gereist war. 1994 trat Naoya in die Dienste von Siber Hegner Japan. Dieses Schweizer Handelshaus ging später in der DKSH Japan auf. Während zwei Jahren betreuter er die Vacheron Constantin, Breguet, Daniel Roth, Ebel. In seiner Zeit als Marketingleiter und Produktmanager konnte er bis 2004 limitierte Armbanduhren planen, gestalten und am Markt einführen. Überdies führte er neben den genannten noch weitere Marken wie Ulysse Nardin, Roger Dubuis, Harry Winston Timepiece, Dubey & Schaldenbrand, Wenger Watch ein. In dieser Ära entwickelte sich eine Freundschaft mit Max Büsser.

2004 lockte der Job als Direktor der Montre Journe Japan. Naoya sammelte Erfahrungen bei der Einführung einer Nischenmarke am japanischen Markt und beim Verkauf von Armbanduhren der höchsten Liga. Der von ihm am meisten respektierte Uhrmacher ist Francois-Paul Journe. Von 2009 bis 2018 agierte Naoya bei Richemont als Markenchef von Ralph Lauren Watch and Jewelry Japan.

 

Vacheron Constantin Japan Editionen von Naoya Hida von 2001 und 2000

Limitierte Editionen von Vacheron Constantin für den japanischen Markt, 2001 und 2000 (rechts), gestaltet von Naoya Hida

Der langjährige Fan engagierte er sich stark im Uhrengeschäft des amerikanischen Modelabels. Im Laufe der neun Jahre entwickelte Naoya Japan zum weltweit erfolgreichsten Markt für Ralph Lauren Uhren. Der Enthusiast liebt moderne und alte Uhren gleichermaßen. Seine Lieblingsmarken sind Patek Philippe, Audemars Piguet, Vacheron Constantin, Breguet, Ebel, Rolex, Cartier, Jaeger Le Coultre, Movado, Omega, Longines, Universal Geneve, IWC, F. P. Journe, Roger Dubuis, Seiko usw…
Naoya Hida Type 1D

Naoya Hida Type 1D, 2022

Naoya Hida

2018 realisierte Naoya, wie gesagt, nach fünfjähriger leiser Vorbereitung seinen lang gehegten Traum. Zu diesem Zweck kooperiert er mit verschiedenen Zulieferern. Gehäuse aus dem austenitischen, auch von Rolex verwendeten Edelstahl 904L kommen zum Beispiel von der auf hochwertige Luftfahrt-Komponenten spezialisierten Yuki Precision Co. Das Finish, sprich die Politur und Satinierung erfolgen jedoch im eigenen Atelier. Auch für die Uhrwerke samt deren Finissage ist ein externer Partner zuständig.

Damit, wie in guten alten Zeiten, die Mechanik den Innenraum der Schale möglichst optimal ausfüllt, entschied sich Naoya Hida für das altbekannte und -bewährte Valjoux 7750 als Plattform. Bekanntlich liegt der Durchmesser des 1973 lancierten Klassikers bei 30 Millimeter. Entsprechend weit außen dreht die bei „9“ angeordnete Permanentsekunde. Nachdem Hida keinen Selbstaufzug und auch keine Stoppfunktion benötigt, wird das Werk von den entsprechenden Komponenten befreit. Eine eigene, mit Kreisschliff versehene Dreiviertelplatine deckt Federhaus und Räderwerk ab.

 

Hida Cal 3019 SS-1

Von der Basis Valjoux 7750 ist beim Naoya Hida Handaufzugskaliber 3019 SS-1 nicht mehr viel zu erkennen.

Dadurch sinkt die Bauhöhe beim exklusiven Kaliber 3019 SS-1 von 7,9 auf nur noch 4,3 Millimeter. Alternativ dazu gibt es ein fünf Millimeter messendes Handaufzugswerk mit Zentralsekunde.
Naoya Hida Cal 3020 CS-1

Mit Zentralsekunde, erkennbar an der kleinen Auswölbung in Zentrum: Naoya HidaKaliber 3020 CS-1

Man erkennt dieses Kaliber 3020 CS-1 am kleinen Buckel im Zentrum. Bleibt als Drittes im Bunde das 5,6 Millimeter hoch bauende 3021 LU-1. Seine Basis ist das Valjoux 7751, welches bekanntlich über eine einfache Mondphasenindikation verfügt.

Hida Cal. 3021LU-1

Rückwärtig unterscheidet sich das Naoya Hida Kaliber 3021LU-1 von 3019SS-1

Kaliber Eta-Valjoux 7751 Mondphase unter Zifferblatt

Von der Kadratur des Valjoux 7750 nutzt Naoya Hida beim Kaliber 3021LU-1 nur den Antrieb für die massivgoldene gravierte Mondscheibe.

Die Gangregler aller dieser Werke oszillieren mit vier Hertz. Rund 48 respektive 45 Stunden beim Mondphasen-Modell beträgt die Gangautonomie. In sechs Lagen erfolgt die Regulierung auf maximal 15 Sekunden Vorgehen am Tag. Stellt sich die Frage, warum der Aufwand, wenn Hida mit dem Peseux 7001 sowie den Unitas-Kalibern 6497 (kleine Sekunde bei „9“) oder 6498 (kleine Sekunde bei „6“) fix fertige Schweizer Alternativen gehabt hätte? Die Antworten sind einfach: Ersteres ist mit 23,3 Millimetern eindeutig zu klein für das intendierte Unisex-Gehäusemaß von 37 Millimetern. Die letztgenannten Handaufzugswerke mit 36,6 Millimeter würden unter keinen Umständen in die vorderseitig mit Saphirglas ausgestatteten Schalen passen. Deren Wasserdichte reicht nunmehr bis zu fünf bar Druck.

Poliertes Stahlgehäuse der Hida Typ 3B mit Mondphase

Das polierte und satinierte Stahlgehäuse von Naoya Hida im Profil

Handwerkskunst bei Naoya Hida

Filetstücke aller Armbanduhren von Naoya Hida sind zweifellos die selbst gefertigten Zifferblätter und Zeiger. Perfekte Proportionen und Längen zeugen vom hohen ästhetischen Feingefühl des Japaners. Weil die Rohlinge der Zifferblätter aus Neusilber bestehen, ist keine galvanische Oberflächenbehandlung erforderlich.

In überlieferter Weise graviert Keisuke Kano, seines Zeichens ausgebildeter Uhrmacher und autodidaktischer Graveur von Hand die Indexierungen. Danach legt er die solcherart entstandenen Vertiefungen mit japanischem Urushi-Lack aus. Seine manuelle Handwerkskunst führt auch zu den feinen Zeigern, welche vor diesen Zifferblättern drehen. Natürlich ist auch die massivgoldene Mondscheibe von ihm manuell gestochen,

 

Keisuke Kano, Naoya Hida, Kosuke Fujita, Gisbert L. Brunner

Keisuke Kano, Naoya Hida, Kosuke Fujita und im Hintergrund Gisbert L. Brunner beim Uhrenkosmos-Meeting in Tokio

Zum dreiköpfigen Team gehört des Weiteren Kosuke Fujita. Der erfahrene Uhrmacher kümmert sich um CAD, die Assemblage aller Zeitmesser, die Regulierung und eine gewissenhafte Kontrolle vor der Auslieferung. Nur 20 Prozent der gefertigten Uhren bleiben in Japan, der Rest nimmt seinen Weg in alle Welt.
Naoya Hida Type 1D Uhr Unterseite

Evolution: Bei den neuesten Modellen von Naoya Hida ist der gebürstete Stahlboden mit dem Gehäusemittelteil verschraubt.

Evolution, nicht Revolution

Natürlich stehen die mit Naoya Hida signierten Zeitmesser, egal ob Typ 1, 2 oder 3, im Zeichen gleichermaßen kontinuierlicher wie subtiler Evolution. Um den trotz des minimalistischen Erscheinungsbilds durchaus hohen Wiedererkennungswert zu wahren, gibt es aber keine gestalterischen Revolutionen.

Die neueste Serie der dreiteiligen Schalen verfügt über etwas anders geformte Bandanstöße zur Steigerung des Tragekomforts. Während die ersten Serien über einen aufgesprengten Stahlboden verfügten, kommt nun ein massiver Schraubboden mit gebürsteter Oberfläche zum Einsatz. Diese Entwicklung gab es in den 1950-er und 1960-er Jahren auch bei Patek Philippe zu Steigerung der Wasserdichte.

 

Uhren von Naoya Hida Typ 1, 2 und 3

Die aktuelle Uhrenkollektion von Naoya Hida im Überblick

Vive la difference

Type 1

Bei der 2019 lancierten Type 1 mit kleiner Sekunde bei „9“ verwendet Hida inzwischen den Buchstaben D. 9,8 Millimeter trägt dieser schlichte Klassiker am Handgelenk auf. Von der 2019 lancierten Type 1 A fertigte man nur ein unverkauftes Exemplar, von der 1 B waren es sieben, von der 1 C zehn und von der aktuellen 1 D sind es 20 Stück.

 

Naoya Hida Type 1D-1 von 2022

Ausgestattet mit Lünette und Zeigern aus massivem Gelbgold: Naoya Hida Type 1D-1, 2022

Rund 5.000 Euro teurer ist die in einer 15-er Auflage erhältliche Type 1D-1. Uhr Erkennungszeichen sind Zeiger und Glasrand aus massivem Gelbgold.
Zentralsekunde der Naoya Hida Typ 2C

Die Zentralselunde ist eines der sofortigen Erkennungsmerkmale der Naoya Hida Type 2C

Type 2

Insgesamt einen Millimeter höher baut die 2020 in einer 10-er Edition vorgestellte Type 2 A mit Zentralsekunde. 2021 brachte zehn Type 2 B. Weitere zehn bereits ausverkaufte Type 2 B zum Stückpreis von 16.000 Euro plus Steuern sind für 2022/2023 vorgesehen. Hierbei ist die Lünette nicht mehr konkav abgerundet, sondern abgestuft, was zu einem etwas markanteren Auftritt des Ganzen führt. Bei genauem Hinsehen fällt ein gestuftes Zifferblatt auf. Die besser zum Glasrand passende Optik resultiert aus einem separaten Ring für die Indexierung, welcher auf das Mittelteil gesetzt wird.

 

Naoa Hida

Zeiteiliges Zifferblatt und gestufte Lünette bei der Naoya Hida Type 2C

Type 3

Auf einen Sekundenzeiger verzichten muss, wer die seit 2021 erhältliche Type 3 mit einem Lederband ans Handgelenk schnallen möchte. In diesem Fall baut die stählerne Schale wegen der zusätzlichen Indikation 10,8 Millimeter hoch. Die mit insgesamt 59 Zähnen versehene Scheibe trägt wie üblich zwei Monde. Die Dauer einer Lunation ist auf 29,5 Tage gerundet. Aus diesem Grund ist in etwa alle drei Jahre eine manuelle Korrektur um einen Tag erforderlich.

Naoya Hida Type 3B von 2022

Naoya Hida Type 3B mit Mondphasenanzeige, 15 Stück, 2022/2023

Neben der modifizierten Lünette verfügt diese Armbanduhr über sehr markante Römer als Stundenindexe. Auf die 15 Exemplare der Serie 3A folgen 2022/2023 weitere 15 nicht mehr für rund 18.00 Euro plus Steuern auf offiziellem Weg käuflich Erwerbbare Type 3B.
Naoya Hida Type 3B von 2022

Mondsüchtig: Naoya Hida Type 3B, 2022

Epilog

Am Schluss dieser Erörterungen werden sich etliche Leserinnen und Leser des Uhrenkosmos fragen, warum dieser Artikel, wenn alle Uhren bereits vergriffen sind? Nun, diese Geschichte soll die durchaus enge und von langer Tradition geprägte Verknüpfung der japanischen Uhrmacherkunst mit der europäischen Uhrmacherkunst aufzeigen.

Gestalterische Werte, wie sie beispielsweise Patek Philippe ab 1932 nach der Übernahme durch die Familie Stern und die Einführung des bis heute genutzten Referenznummern-Systems pflegte, stehen in Japan hoch im Kurs. Derartige Armbanduhren sind geprägt durch zeitlosen Auftritt. Und sie werden selbst dann nicht unmodern sein, wenn viele der exaltierten Neuvorstellungen unserer Tage vom Handgelenk verschwunden sind. Beim Blick auf die hier vorgestellten Produkte zeigt sich, dass es sich in einer von Tradition geprägten Nische recht gut leben lässt. Wer Mitglied der kleinen Hida-Community werden möchte, hat 2023 eine weitere Chance.

 

Atelier Naoya Hida Graveur-Werktisch

An diesem Werktisch fertigt Keisuke Kano Zifferblätterm Zeiger und Mondscheiben

Urushi Lack mit Neusilber des Zifferblatts der Naoya Hida Type 1D

Graviertes und mit Urushi-Lack ausgelegtes Neusilber Zifferblatt von Naoya Hida

Uhrmacheratelier von Naoya Hida in Japan

Blick ins kleine Atelier von Naoya Hida: der Uhrmacher-Werktisch von Kosuke Fujita

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