Design oder auch nicht
Ungeachtet anders lautender Meinungen gilt vordergründiger Luxus, und dazu zählt sicher auch eine Uhr wie die Mühle Glashütte Teutonia IV, bei sehr vielen Zeit-Genossen als unzeitgemäß.
Teure Labels trägt man tunlichst nicht nach außen. Um den Zegna-Anzug, die Santoni-Schuhe oder den Hermès Foulard wissen Frau oder Mann zunächst einmal nur selbst. Oberflächliche Lifestyle-Vorgaben bedeuten wirklich Begüterten und Besserverdienern herzlich wenig. So genannte Mehrscheiner gehören ins Reich des Gestern. Auch bei Armbanduhren besitzt das Schlichte, Zurückhaltende seinen Reiz. Diesbezüglich pflegte Antoine de Saint-Exupéry zu sagen, dass Vollkommenheit offensichtlich nicht dann entsteht, wenn man nichts mehr hinzufügen kann, sondern dann, wenn sich nichts mehr wegnehmen lässt.
Womit wir beim heutzutage mehr missbrauchten als sinngemäß verwendeten Modebegriff Design wären. Natürlich wird alles vom Auto bis zum Zug irgendwie designt. Ausgeflippte Mitglieder der Designergeneration geben sich unterschiedlichsten Designerdrogen in exaltierten Designermöbeln hin. Und ernsthafte Forscher verleihen selbst komplexen Untersuchungen ein Design. Dabei steht dieser Terminus für nichts anderes als die Gestaltung oder den Entwurf von Gegenständen, darunter logischer Weise auch Uhren.
Ob letztere gefallen und sich deshalb gut verkaufen lassen, ist u.a. eine Frage des vom Zeitgeist beeinflussten Geschmacks. Dass rasch zum Witwer wird, wer sich mit dem Zeitgeist vermählt, konstatierte Mitte des 19. Jahrhunderts bereits Søren Kierkegaard.
Wer Wert legt auf lange Freundschaft mit seiner Armbanduhr, wird auf ein klassisches Erscheinungsbild achten. Das kann, muss jedoch nicht zwangsläufig schlicht bedeuten. Aber beim Blick in die Vergangenheit zeigt sich sehr schnell, dass auf Reduktion zielendes Uhrendesign erstaunlich lange Tradition besitzt.
Allerdings stellt besagte Abkehr von dekorativem Beiwerk und schmückenden Stilelementen besonders hohe Anforderungen an den Entwurf.
Je minimalistischer der Auftritt, desto stimmiger muss sich das Design präsentieren. Schließlich springen gestalterische Schwächen oder Mängel beim betont schlicht gehaltenen Zeitmesser weitaus stärker ins Auge als beim überladenen Multifunktionsinstrument mit vielen Zeigern und schwülstigen Ausformungen.
Mühle Glashütte Teutonia IV
Dem Schlichten hat sich Mühle Glashütte bei der Uhrenlinie Teutonia verschrieben. Diese erhält im Jahr 2021 Zuwachs durch insgesamt drei weitere Modelle nach der bereits 2019 lancierten Teutonia IV Mondphase.
Zwei der neuen Teutonia IV Armbanduhren wenden sich zwar primär ans männliche Geschlecht, aber für viele Frauen sind 41 oder 39 Millimeter Durchmesser mittlerweile ebenfalls etwas ganz Normales.
Der Name Teutonia geht übrigens zurück auf eine Epoche, in der Armbanduhren noch kein wirkliches Thema waren. Im Mittelalter war Teutonia die landläufige lateinische Bezeichnung für die Bewohner des aus dem Ostfrankenreich hervorgegangenen deutsche Königreichs innerhalb des Sacrum Imperium Romanum.
Teutonia IV kleine Sekunde
Einen kleinen Sekundenzeiger bei „6“ besitzt das größte Modell der drei Mühle Glashütte Newcomer. Das dennoch ausgewogene Erscheinungsbild bei der Teutonia IV Kleine Sekunde ist dem Automatikkaliber Sellita SW461-1 mit 7,6 Millimeter Abstand zwischen den beiden Zeigerachsen zu verdanken. Dieses 31 Millimeter große und 5,67 hohe Automatikwerk ist die größere Schwester des SW261-1 mit nur 25,6 Millimetern Durchmesser. Den exzentrisch rotierenden Sekundenzeiger führt ein 1,07 mm hohes Unterzifferblatt-Modul herbei. Demgegenüber beträgt der Zeigerabstand beim Kaliber 260-1 nur 6,4 Millimeter.
Alle drei Sellita-Kaliber mit beidseitig wirkendem Kugellagerrotor, ca. 41 Stunden Gangautonomie, vier Hertz Unruhfrequenz und Sekundenstopp besitzen übrigens die gleiche Architektur. Wegen des größeren Durchmessers ist das per Krone schnell verstellbare Fensterdatum um 44 Prozent gewachsen.
Ausdruck Glashütter Mühle-Provenienz sind die speziell gestaltete Schwungmasse, die charakteristischen Dekorationen und die patentierte Spechthals-Feinregulierung. Vorderseitig besitzt die stählerne 41-Millimeter-Schale ein bombiertes und entspiegeltes Saphirglas.
Weitere Merkmale des 12,6 mm hoch bauenden Gehäuses sind Sichtboden und Schraubkrone. Bis zu zehn bar reicht die Wasserdichte. Zu haben ist die Mühle Teutonia IV Kleine Sekunde für unverbindliche 2.200 Euro.
Teutonia IV zum Stoppen der Zeit
Mit lediglich 39 Millimetern Durchmesser lässt sich der Mühle Teutonia IV Chronograph als unisex-Modell bezeichnen. In der 14,6 Millimeter hohen Schale tickt das Kaliber MU 9419. Erst der zweite oder gar dritte Blick durch den Sichtboden zeigt, dass dieses Automatikwerk vom 30 Millimeter großen und 7,9 Millimeter hoch bauenden Sellita SW510 abstammt.
Als deutsches Upgrade spendiert Mühle Glashütte diesem Uhrwerk eine charakteristische Dreiviertelplatine, die patentierte Spechthals-Feinregulierung und typische Oberflächenveredelungen.
Nach Vollaufzug stehen 62 Stunden Gangautonomie zur Verfügung. Links am Zifferblatt dreht die Permanentsekunde. Rechts findet sich der 30-Minuten-Totalisator. Dem Druck des nassen Elements widersteht diese Armbanduhr bis zu zehn bar. Eine stählerne Doppelfaltschließe besitzt das Lederband. Ihr Preis: 3.200 Euro.
Teutonia IV für Damen
Explizit an Frauen wendet sich die stählerne Mühle Glashütte Teutonia IV Lady mit nur 33,5 Millimetern Durchmesser. Am femininen Handgelenk trägt die bis zehn bar wasserdichte Schale 10,2 Millimeter auf. Für diesen Zeitmesser verwendet Mühle das klassische Sellita SW200-1 mit Zentralsekunde und Fensterdatum.
41 Stunden beträgt die Gangautonomie des mit Spechthals-Feinregulierung und exklusiver Schwungmasse ausgestattetem sowie liebevoll dekorierten Automatikwerks. Die Entscheidung kann zwischen einem himbeerfarbenen oder pastellblauen Zifferblatt fallen. Für unverbindliche 1.800 Euro gibt es ein Lederband mit Schnellwechsel-Federstegen und Edelstahl-Dornschließe.
Einendes Element aller Armbanduhren von Mühle Glashütte ist die Regulierung in sechs Lagen. Maximal acht Sekunden gehen sie jeden Tag vor und kein bisschen nach. Ausreden für zu spätes Eintreffen gibt es damit also nicht.
Zur Diskussion
Mit Blick in die Geschichtsbücher hat der Uhrenkosmos das Design der Mühle Glashütte Teutonia IV Kleine Sekunde und Teutonia IV Chronograph leicht modifiziert. Und zwar durch die Vergrößerung der Flächen für die Kleine Sekunde sowie die Permanentsekunde und den Totalisator bei der Armbanduhr mit Stoppfunktion. Ob es gefällt, ist Ansichtssache.
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