Jean-Claude Biver mit eigener Uhrenmarke

Jean-Claude Biver: Mit JCB wollen wir in der höchsten uhrmacherischen Liga spielen

Jean-Claude Biver will es noch einmal wissen. Zusammen mit einem Team arbeitet der 72-Jährige an seiner ersten vollkommen eigenen Uhrenkollektion. Wie die womöglich auch mit JCB signierten Armbanduhren letztendlich aussehen, ist noch nicht bekannt. Im Gespräch mit Uhrenkosmos gab der ambitionierte JCB Firmengründer jedoch Einblick in seine Pläne.

von | 26.04.2022

Neuland

Die Uhrenwelt verfolgt voller Spannung, was Jean-Claude Biver mit seinem neugegründeten Unternehmen JCB vorhat. Da alle seinen bisherigen Stationen wie Omega, Blancpain, Hublot oder TAG Heuer von nachhaltigem Erfolg geprägt waren. Entsprechend gespannt ist man, ob Jean-Claude Biver mit seiner neuen Uhrenmarke seine erfolgreiche Vita mit einer eigenen Uhrenmarke krönen kann. Wir haben ihn zum Interview getroffen. 

Uhrenkosmos: Erzähl doch bitte etwas Konkreteres zu deinen eigenen Uhrenplänen, Jean-Claude.

Jean-Claude Biver: In zehn Monaten möchte ich wirklich starten. Dann kann man etwas sehen, anfassen und ans Handgelenk legen. Und das wird meinem Konzept treu bleiben.

Wie sieht das Konzept aus?

Als Privatmann und Liebhaber von Uhren versuche ich etwas zu tun, was ich in 50 Jahren noch nie gemacht habe. Es ergibt keinen Sinn, dass ich anfange, etwas zu wiederholen. Wenn ich anfange und wenn ich mit 73 das Risiko auf mich nehme, dann möchte ich mindestens etwas tun, was mir Freude bereitet, was mir Emotionen verschafft und was mir auch eine Befriedigung gibt, weil ich das noch nicht gemacht habe. Also etwa wie beim Bergsteigen. Wenn du alle Gipfel von Europa besiegt hast, dann hast du vielleicht Lust aufs Himalaya-Gebirge und dort einen 6000er oder 8000er Gipfel.

Im Leben hast du aber doch fast schon alles getan, oder irre ich mich?

Also, was habe ich noch nie gemacht? Ich habe immer Druck bekommen, entweder von den Finanzleuten. Egal, ob es sich um mein eigenes Geld bei Blancpain handelte, oder um geteiltes Geld bei Hublot, wo ich einen Anteil hatte, oder ob das Geld der Swatch-Gruppe gehört, wie bei Omega. Immer hatte ich eine Grenze, immer ein Problem. Oh, das kostet zu viel, oh, das haben wir nicht vorgesehen. Wie können wir das noch reinbringen ins Budget und so weiter. Das ist Nummer 1.

Nummer 2?

Alles was ich gemacht habe, war immer auch budgetiert. Ja, Herr Biver, das ist aber nicht vorgesehen, wir haben das nicht budgetiert und so weiter. Das heißt, ich hatte immer verschiedene Grenzen, die ich nicht selbst gesetzt habe. Also habe ich mir gesagt, ich will jetzt auch das Unsichtbare beherrschen.

Was darf man darunter verstehen?

Zum Beispiel die andere Seite vom Zifferblatt. Wie sieht es dort aus, wenn ich es umdrehe. Normaler Weise ist dort ja nichts fertig bearbeitet, denn das sieht man ja nicht. Die Rückseite ruht auf der Vorderseite des Uhrwerks. Also habe ich mir gesagt, ich will alle diese Grenzen, alles das, was wir aus Kostengründen nie machen konnten, ebenfalls beherrschen. Nicht nur das Sichtbare. Aber dafür muss man eben auch bezahlen. Also kostet das doppelt.

Du sprichst von Luxus pur

Das Unsichtbare zu beherrschen, ist für mich in der Tat der extremste Luxus. So hat sich unsere Industrie im 17., 18. Jahrhundert entwickelt. Die Uhrmacher in dieser Zeit hatten keine Grenzen, die standen nicht unter dem Zwang von Budgets und so weiter. Die haben einfach das Allerbeste gegeben.

Und das willst du ebenfalls tun, wenn ich richtig verstehe

Ja. Mein Konzept heute besteht erstens darin, das Unsichtbare zu beherrschen. Als zweites hatte ich immer drei Lieblingswerke im Kopf. Solche, die auch eine philosophische Bedeutung haben.

 

Die da wären?

Das erste ist die Minutenrepetition. Warum? Weil die Minutenrepetition für mich die Vibrationen ist. Liebe ist eine Vibration, singen auch. Lieben und Singen, das ist das Leben. Wenn du jeden Morgen aufstehst mit Liebe und Singen, wow, dann bist du glücklich.

Welches Werk kommt dann?

Das ist das Gedächtnis, also die Erinnerung in Gestalt des ewigen Kalenders oder des Jahreskalenders. Denn ohne die Vergangenheit zu kennen, können wir nicht in die Zukunft blicken. Solange wir diese Vergangenheit nicht registriert und nicht verstanden haben, können wir die Zukunft auch nicht verstehen. Du kannst nicht leben ohne Erinnerung. Das zweite Werk ist also die Erinnerung.

Und Nummer drei?

Das ist die Dynamik. Du bewegst nach vorne, du läufst, also ist das der Chronograph.

Folglich hast du eine Trilogie im Kopf

Ja, und drei wichtige Konzepte des Lebens. Das sind nicht nur Werke, sondern das ist eine Schilderung von dem, was wir sein sollen oder von dem was wir lernen müssen. In jedem Erziehungskonzept müssen diese drei Elemente erscheinen. Und ich finde es wahnsinnig interessant, diese drei Dinge durch Werke zu demonstrieren und zu erklären. Nach deren Vollendung habe ich wirklich mit meiner Leidenschaft etwas geleistet. Wir sprechen also auch von philosophischem Denken.

Es fehlt noch der dritte Punkt des Grundsätzlichen

Ja, warum mache ich diese Uhren? Ich will meinen Kunden, die es mir erlaubt haben, derjenige zu werden, der ich jetzt bin und den Erfolg aufzubauen, den ich jetzt habe, Danke sagen. Danke, indem ich ihnen erstens verspreche, dass sie zu meinen Gründungsmitgliedern gehören.

Wie viele sollen das sein?

Ich denke an 12 bis 15 Kunden, die ich Gründungsmitglieder nennen werde. Denen verspreche ich, dass ich nie eine Uhr außer an sie verkaufen werde. Nie im Internet, nie in einer Ausstellung, nie, nie, nie …

Das heißt also sehr exklusiv?

Alle Uhren werden nur an diese, nie eine Uhr an jemand anders verkauft, nur an diese weniger als 20 Gründungsmitglieder. Also eine sehr exklusive Distribution und eine sehr exklusive Herstellung. Wir wollen eines Tages 100 Uhren herstellen. Vielleicht 150. Wenn wir es erreichen, einen Chronographen selber zu bauen, von dem wir vielleicht 80 bis 100 Stück im Jahr herstellen können. Du kannst dir vorstellen, ein Chronograph kostet Millionen zum Herstellen, aber wir finanzieren das, und dann hoffen wir, dass wir vielleicht 100, 150 pro Jahr verkaufen können.

Aber das sind doch viel mehr als gerade gesagt

Bei höchstens 20 meine ich die Trilogie. Alles zusammen in einem Koffer. Ich benötige vielleicht vier bis sechs Jahre, bis diese drei Werke, die Trilogie zusammen verkauft werden können. Und bis dahin hoffe ich, dass ich die Gesundheit habe, um besagte Trilogie zu lancieren. Zumal, wenn ich meinen Sohn Pierre mit mir habe, der das irgendwann weiterführen wird.

Arbeitest du mit Partnern?

Das ist von Werk zu Werk unterschiedlich. Beim Chronographen werden wir, wie es aussieht, alles selber tun. Zwei Konstrukteure habe ich schon eingestellt. Ich schaue nach einem dritten.

Wo arbeiten die? Bei dir?

Die werden bei mir sitzen. In Givrins, einem kleinen Dorf über Nyon. Nahe beim Zug der von Nyon an Hublot vorbei oben fährt.

Habt ihr da ein Gebäude gemietet oder gekauft?

 Gemietet. Es ist das Gebäude wo Van Cleef & Arpels einst Zifferblätter fertigte. Wir sind dabei, einen Vertrag für das ganze Gebäude, mit 800 Quadratmetern zu unterschreiben. Eigentlich brauchen wir nicht so viel für ein sehr kleines Team um Pierre, meinen Sohn, und mich. Das ist auch der vierte und letzte Grund, warum ich das alles tue. Eine einmalige Gelegenheit, meinem Sohn etwas weiterzugeben von meiner Leidenschaft, von meiner Arbeit, von meinen Leistungen, von meiner Vision. Ich gebe zurück und weiter an meinen Sohn.

 

 

JCB

Lieber Jean-Claude Biver, was dürfen Uhrenliebhaber denn jetzt von JCL erwarten?

Im späten Herbst kommt das erste Werk, das Werk der Liebe, das Werk der Vibrationen.

Also die Minutenrepetition.

Genau, eine Minutenrepetition mit Carillon, Tourbillon und Mikrorotor.

Und die ist dann auch als fertige Uhr zu haben?

Exakt. Und wir hoffen, im kommenden Jahr davon 30 bis 50 Stück herstellen zu können. Drei bis vier Uhren pro Monat.

Als erste JCB-Uhr?

Ja, die Firma wird sich JCB nennen. Weil, Jean-Claude Biver ist ein bisschen schwer in verschiedenen Sprachen. JCB ist einfacher zu verstehen.

Beim Preis reden wir scher von mehr als 500.000 Schweizer Franken, oder?

Ja, ein bisschen mehr. Wir sind so um die 600.000. Entweder 10.000 drunter oder 20.000 drüber. Vergleiche mit anderen Marken sind schwierig, weil es keine Carillons mit Mikrorotor und Tourbillon gibt.

Hergestellt von einem Partner …

… das Basiswerk gibt es schon. Aber nicht mit Carillon im Moment, nicht mit Tourbillon und nicht mit Mikrorotor.

Wirst du mitteilen, mit wem du kooperierst?

Ja, höchstwahrscheinlich schon. Das haben wir noch nicht abgesprochen. Unser Start liegt ja erst drei oder vier Wochen zurück. Mein Partner beliefert ja vielleicht andere und sagt mir, oh, das will ich nicht, Herr Biver. Das ist also noch nicht beschlossen. Ich persönlich möchte es nicht verschweigen.

JCB Inhaber Jean-Claude Biver und sein Sohn Pierre Biver

Im Laufe des Jahres 2022 werden Jean-Claude Biver und sein Sohn Pierre ihre erste neue Armbanduhr konkret vorstellen.

Im Moment ist China nicht meine Priorität. Ich denke, das Land ist noch nicht bereit dafür. Wenn wir den Koffer anbieten, gibt es dazu auch ein Buch, um meine Philosophie zu verstehen und nicht nur auf Uhren zu schauen.

 

Jean-Claude Biver

Gründer, JCB Uhren

Die anderen beiden Werke kommen aus dem eigenen Haus?

Ja, aber eine Minutenrepetition ist sehr komplex.

Wie sieht dann das Marketing aus?

Wir wollen eigentlich kein Marketing mehr machen, sondern nur Ausstellungen und dazu kommunizieren.

Wie zum Beispiel?

Ich bin jetzt eingeladen nach San Francisco zu einem Gespräch mit Kunden. Wenn ich pro Jahr um die 20 Gespräche mache plus ein paar Konferenzen in Universitäten, das ist meine Art von Marketing. Wir wollen unsere Uhren nicht auf üblichem Weg bewerben. Das ist zu kommerziell. Grundsätzlich habe ich ja nichts dagegen, aber wir haben uns entschlossen, so eine exklusive und ganz kleine Marke, die sehr hochwertige Werte anbietet, nicht in der üblichen Weise zu bewerben. Also keine Werbung.

Hast du eine Perspektive hinsichtlich des return on investment auch mit Blick auf deinen Sohn?

Der muss sich selber darum kümmern. Und wenn er das zurückbekommt, kann er auch seine Zukunft finanzieren. Wenn er es nicht zurückbekommt, muss er wiederum in die eigene Tasche greifen oder sonst wie Geld finden. Aber ich glaube, wir werden das alles selber finanzieren können. Bis dahin haben wir das irgendwie amortisiert. Also, ich bin relativ optimistisch aus gutem Grund.

 

Jean-Claude Biver
Wer die Energie und Dynamik aber auch Lebensphilosophie von Jean-Claude Biver erleben möchte, braucht sich nur ein Interview ansehen, dass er Uhrenkosmos anlässlich der letzten Uhrenmesse in Basel gegeben hat.

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