In der Zeit ab Christi Geburt kommt es in der Geschichte der Uhr zu einem Entwicklungssprung. Die Uhrentechnik wurde ausgefeilter und die Uhren immer genauer. Schon in dieser frühen Zeit werden Uhren mit visueller Anzeige und akustischen Signalen entwickelt. In diese Periode fällt auch die Erfindung der ersten mechanischen Zeitmesser.
Ca. 150 n. Chr.
In seinem literarischen Meisterwerk „Der goldene Esel“ berichtet der Schriftsteller und Philosoph Lucius Apuleius Wasseruhren als erste Stoppuhren, welche die Redezeit begrenzten. „Die Sekretärin des Gerichtes rief den geladenen Kronzeuge der Anklage auf. Hierauf trat ein alter Mann, den ich nicht kannte vor. Er war eingeladen, so lange zu sprechen, wie Wasser in der hohlen Kugel war. Das Wasser wurde durch einen Trichter in den Hals der hohlen Kugel gegossen und floss durch die feine Perforation am Boden der Kugel wieder heraus.“
Ca. 610 n. Chr.
Geng Xun und Yuwen Kai erfinden in China eine Gleichgewicht-Wasseruhr. Die Verschiebung eines Schwimmergewichtes auf dem Schwimmerarm verändert den Druck auf die Wasseroberfläche im Ausgleichsbehälter. Markierungen von Standardpositionen auf dem Schwimmerarm erlauben die Justierung, die durch die jahreszeitlich bedingte Veränderung der Länge von Tag und Nacht nötig wurde.
800 n. Chr.
Anlässlich seiner Krönung erhält der fränkische Kaiser Karl der Große vom mächtigen Kalifen Harun al Raschid aus Bagdad ein wertvolles Geschenk. Es handelt sich um eine beinahe mannshohe Wasseruhr aus Erz, die mit mit damasziertem Gold verziert ist. Diese Uhr gilt bis heute als eines der prachtvollsten Exemplare der Spezies Zeitmesser mit Automaten und Glockenspiel.
Ca. 880 n. Chr.
König Alfred der Große von England wird die Erfindung der Kerzenuhr zugeschrieben. Jede der sechs jeweils 30 Zentimeter hohen und 2,5 Zentimeter dicken Wachskerzen brannte genau vier Stunden. Untergebracht waren die Kerzen in einer Laterne. Aus den Chroniken geht hervor, dass der Herrscher je acht Stunden mit öffentlichen Pflichten, Studieren, Essen und Schlafen sowie dem täglichen Gebet verbrachte.
11. Jahrhundert
Ibn Khalaf al-Muradi kann als Leonardo da Vinci der islamischen Welt gelten, denn er beschäftigte sich intensiv mit mechanischen Phänomenen. Auf den arabischen Ingenieur geht eine Wasseruhr mit Bereichs- und Planetengetriebe zurück. In seinem „Buch der Geheimnisse” beschreibt er außerdem zahlreiche komplizierte Uhren.
1088
Die astronomische Wasseruhr von Su-Sung in China wurde 1126 zerstört und erst später grafisch rekonstruiert. Bei der Uhr hielt eine Hemmung das 3,30 m große Wasserrad stets so lange fest, bis ein Eimer gefüllt war. Verschiedenen Figuren läuteten Glocken oder hielten Tafeln mit Zeitanzeige. Eine gleichmäßige Wasserzufuhr war ausschlaggebend für die einwandfreie Funktion des Zeitmessers.
1277
Die spanischen „Libros del saber de Astronomia“ (astronomische Wissensbücher) beschreiben erstmals eine Quecksilberuhr mit ersten Merkmalen mechanischer Zeitmesser. Gewichte setzen eine quecksilbergefüllte Trommel mit perforierten Trennblechen in Bewegung. Das zähflüssige Metall strömt von einer Kammer in die nächste und lässt die Trommel einmal aller vier Stunden rotieren. Sechsfache Übersetzung ergab 24 Stunden, welche sich von einem Zifferblatt ablesen lassen.
14. Jahrhundert
Leider blieb von der gigantischen Uhr im marokkanischen Fez nur die Fassade übrig. Aber aus den Resten ließ sich die Funktion des Zeitmessers noch gut rekonstruieren. Im Gebäudeinneren bewirkten eine Wasseruhr und ein ausgeklügelter Mechanismus, dass stündlich eine Steinkugel auf einen Gong fiel und sich zugleich eine der zwölf Stundenfenster öffnete.
Giovanni de Dondi, Physiker aus Padua entwarf die komplizierte astronomische Planetenuhr zwischen 1348 und 1364. Sie zeigt die Bewegungen der Sonne, des Mondes, der fünf zu Dondis Zeit bekannten Planeten und andere astronomische Fakten. Die Konstruktion basiert auf dem Ptolemäischen Welt-System, das die Erde im Zentrum des Universums sieht.
1386
Die Turmuhr der Salisbury Kathedrale im britischen Wiltshire besteht noch beinahe vollständig aus ihren Original-Komponenten. Die Mechanik befindet sich in einem Eisenrahmen von 1,20 Meter Seitenlänge. Den Antrieb liefern zwei große Steine, welche über Seile hölzerne Fässer in Drehung versetzen. Eines wirkt auf die Hemmung ein, das andere auf eine Glocke.
1410
Mikulas von Kadan und Jan Šindel konstruieren in diesem Jahr die astronomische Uhr von Prag. Einer der Zeiger repräsentiert die Position der Sonne und des Mondes im Himmel sowie weitere astronomische Details. Das Uhrwerk namens „Gang der Apostel“ lässt zu jeder vollen Stunde entsprechende Figuren erscheinen. Ein Kalenderzeiger weist auf die Monate hin.
1430
Auf Pierre der Lombart und Johann Paulin geht vermutlich die Anfertigung einer Standuhr für Herzog Philipp III. dem Guten (Gütigen) von Burgund zurück. Die Uhrmacher verwendeten vergoldetes Silber. Das prachtvolle Zeitmess-Instrument mit Stundenschlag befindet sich heute im Germanischen Museum in Nürnberg.
1499
Am 1. Februar des Jahres ging die Einweihung der monumentalen Turmuhr am Markusplatz von Venedig über die Bühne. Gian Paolo Rainieri und sein Sohn Gian Carlo stellten den imposanten Zeitmesser her und übernahmen anschließend auch das Amt des Turmhüters. Das astronomische, dem Markusplatz zugewandte Zifferblatt besitzt einen Durchmesser von 4,5 m.
1511
Aus dem Anhang der Nürnberger „Cosmographia Pomponii Melae“ des Jahres: „Täglich erfinden sie feinere Dinge. So bringt Peter Henlein …Werke hervor, die selbst die gelehrtesten Mathematiker bewundern, denn aus ein wenig Eisen fertigt er mit vielen Rädern ausgestattete Uhren, die, wie man sie auch wenden mag, ohne irgendein Gewicht 40 Stunden zeigen und schlagen, selbst wenn sie im Busen oder Geldbeutel stecken.“ Gemeint sind damit die womöglich ersten Taschenuhren.
Die rasante Geschichte der Uhr ab 16. Jahrhunderts
Die Tischuhr unbekannter Herkunft aus der besitzt ein aufwändig dekoriertes Gehäuse aus vergoldeter Bronze. Sie verfügt über insgesamt acht Zifferblätter für unterschiedliche Angaben. Darunter war die Zeit in Italien und Babylonien, die astronomische Zeit, die Dauer von Tag und Nacht, Tierkreiszeichen, Wochentage, einen Sternhöhenmesser. Das Uhrwerk arbeitet mit Spindelhemmung und hat einen Stunden- und Viertelstundenschlag.
Ca. 1550
Das „Nürnberger Ei“ kann man natürlich nicht essen. Der Name steht für eine kugel- oder eiförmige Uhrenart, welche am Hals getragen wurde. Der Name Ei verwandelte sich, bezogen auf die Form der Uhren, von „orlein“ zu „eierlein“. Die Bezeichnung „orrlei/orlein“ leitete sich vom lateinischen Wort „horologium“ (Zeitmesser) für kleine Tisch- oder Taschenuhren ab.
1571
Der Graf von Leicester, Günstling Königin Elisabeth I. von England, überreichte seiner Herrscherin anlässlich der Wiedereinführung der Reformation ein tickendes Präsent. Den Überlieferungen nach handelte es sich um einen Zeitmesser, welchen ein schmückender Armreif am Handgelenk hielt und damit wohl die vermutlich erste Armbanduhr überreichte.
Ca. 1587
Jost Bürgi fertigte vermutlich 1587 eine Präzisionsuhr für astronomische Beobachtungen. Dafür konstruierte der Meister ein federgetriebenes Uhrwerk mit Kreuzschlag, Remontoir (Zwischenaufzug) sowie Schlagwerk auf Glocke. Die Kreuzschlag-Pendel brachte er horizontal schwingend im Sockel unter. Zwei gegenüber liegende Zifferblätter zeigen 12 und 24 Stunden des Tages an.
1595
Die Familie von Ulrich und Andreas Liechti aus Winterthur war über vier Jahrhunderte in dieser Gegend für ihre Uhrmacherkünste bekannt. Besonders bekannt ist ihre gotische Eisenuhr, die wie eine moderne Mondphasenuhr im Zentrum Sonne- und Mondzeiger hat und eine Scheibe zum Einstellen der Weckzeit. Das Kunstwerk ist mit Spindelhemmung, Radunruh, Schlagwerk und Schwerkraftaufzug ausgestattet.
Welche spannenden Entwicklung das 17. Jahrhundert bereithält? Im 3. Teil der Serie „Unsere Uhr-Ahnen“ erfahren Sie es.
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