Pflichtenheft für das Cockpit
Wer Fliegerchronographen bauen möchte, muss einmal die spezifischen Anforderungen an die Zeitmessung in der Luft bis in alle Details kennen. Es gilt, nicht zuletzt auch für unsere 3 coole Fliegerchronographen, dass letztendlich entscheidet, ob die Uhrentechnik auch den fliegerischen Anforderungen genügt. Denn Piloten benötigten schon immer gleichermaßen robuste wie zuverlässige und präzise Armbanduhren, welche sie auch dann noch perfekt ablesen konnten, wenn beide Hände am Steuerknüppel lagen.
Weil die einschlägigen Dienststellen und Oberkommandos während des Zweiten Weltkriegs nichts dem Zufall überlassen wollten, definierte man die Konstruktion wie die uhrmacherische Ausführung und Regulierung von Fliegeruhren und Pilotenuhren ganz genau. Eine renommierte Uhrenmanufaktur, die ihren reichen Erfahrungsschatz in dieses anspruchsvolle Metier einbrachte, war die Schweizer Manufaktur IWC. Ihre erste Flieger-Armbanduhr mit Drei-Zeiger-Handaufzugswerk hob 1936 ab.
Nicht weit von Schaffhausen entfernt, in Gütenbach im Schwarzwald startete Hanhart 1938 mit der Entwicklung eines Flyback-Chronographen für die deutsche Luftwaffe.
Ab 1941 war auch Tutima Glashütte mit einem militärischen Fliegerchronographen zur Stelle.
Die Tradition lebt fort in drei neuen Zeitmessern, welche auch Nicht-Piloten das Gefühl von Abenteuer und scheinbar grenzenloser Freiheit hoch über den Wolken vermitteln.
Hanhart Fliegerchronograph: ES heißt Edelstahl
Natürlich benötigte die 1955 gegründete Deutsche Bundeswehr für ihre Piloten ebenfalls passende Zeitmesser. In diesem Sinne entwickelte Hanhart den legendären Fliegerchronographen 417 ES Flyback. Diese Edelstahl-Armbanduhr gründete sich natürlich auf den Erfahrungen, welche das Familienunternehmen bereits ab 1938 gesammelt hatte. Der Chronographen-Stopper mit hauseigenem Handaufzugswerk unterstützte die Piloten der Luftstreitkräfte bei ihren Aufgaben.
1950 pries ein Produktkatalog den bewährten Zeitmesser „zweckmäßige Uhr für den Ingenieur und Betriebsleiter” an. Aber auch die deutschen Streitkräfte zeigten sich überaus zufrieden mit dem Gebotenen. Bis 1963, als sich Hanhart auf die Herstellung von Handstoppuhren für unterschiedliche Einsatzzwecke konzentrierte, bezogen sie besagte Armbanduhren aus dem abgeschiedenen Schwarzwald.
Zu den bekanntesten Fans der lässigen Fliegerchronographen 417 ES gehörte übrigens Steve McQueen. Wie er an diesen Chronographen kam, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Auf jeden Fall nutzte ihn der amerikanische Superstar unter anderem während verschiedener Motorradrennen. Kein Wunder, dass die wenigen verbliebenen Exemplare hoch in der Sammlergunst angesiedelt sind und entsprechend teuer bezahlt werden.
An die illustre Vergangenheit knüpft der Fliegerchronograph Hanhart 417 ES. Wie damals stehen die beiden Buchstaben für edlen Stahl. Allerdings ist der Durchmesser des markanten Gehäuses mit stufenlos verstellbarer Lünette von ursprünglich 39 auf 42 Millimeter gewachsen. Trotz des stark bombierten Saphirglases liegt die Bauhöhe bei relativ moderaten 13,3 Millimetern. Hinter dem massiven Stahlboden tickt wie schon damals ein Handaufzugskaliber. Aktuell stammt es von Sellita. Sein Name: SW 510. Ist der Kraftstofftank prall gefüllt, beträgt die Gangautonomie abhängig von der Nutzungsdauer des Stoppmechanismus bis zu 58 Stunden.
Während das seinerzeit verbaute 15-linige Kaliber der coolen Fliegerchronographen mit klassischen 2,5 Hertz tickte, agiert der Gangregler des aktuellen Innenlebens mit flotten vier Hertz. Und diese Hochfrequenz gestattet Stoppungen auf die Achtelsekunde genau. In Anlehnung an die Vergangenheit besitzt die neue Pilotenuhr Hanhart 417 ES keinen Stundenzähler. Aber die Drehlünette macht das nicht Vorhandene locker wett. Die Positionierung der roten Markierung beim Start des Chronographen gegenüber der Spitze des Stundenzeigers erfüllt den gleichen Zweck. Darüber hinaus lässt sich der Glasrand auch für Count-Down-Zwecke nutzen. In diesem Fall platziert man den roten Strich in entsprechendem Abstand zum Stunden- oder Minutenzeiger.
Ein weiterer Unterschied zum historischen Modell besteht im Grad der Wasserdichte des Stahlgehäuses. Dem Druck des nassen Elements hält es bis zu zehn bar stand.
Mit Alcantara-gefüttertem Kalbslederarmband ist die unlimitiert erhältliche Armbanduhr in Deutschland Ende 2020 für 1.745 Euro wohlfeil erhältlich. Wenn die deutsche Mehrwertsteuer im Januar 2021 wieder auf 19 Prozent steigt, werden 1.790 Euro fällig.
IWC Pilot’s Watch TOP GUN
Die Kalender zeigten das Jahr 2007, als die Schaffhauser Uhrenmanufaktur IWC ihre Zusammenarbeit mit dem Strike Fighter Tactics Instructor Program der US Navy startete. Besser bekannt ist das militärische Eliteprogramm unter dem Namen TOP GUN. Logischer Weise sind die Anforderungen an Mensch und Material in der Marinefliegerei extrem hoch.
Monatelange Einsätze auf einem Flugzeugträger sind außerordentlich belastend, denn Katapultstarts, Hakenlandungen und Flugmanöver mit engen Kurvenradien wirken mit hohen G-Kräfte auf die Piloten ein. Aus diesen Gründen konstruiert IWC die Armbanduhren der TOP GUN-Linie für den Gebrauch unter den höchst strapazierenden Bedingungen, unter denen Piloten im Cockpit von Überschalljets wie zum Beispiel der F/A-18 Super Hornet ausgesetzt sind.
Robuste Gehäusematerialien wie Titan oder Keramik sind solchen Ansprüchen gewachsen, überdies widerstehen sie den Einflüssen der feuchten und salzigen Meeresluft. In einer limitierten IWC Pilot’s Watch Chronograph Top Gun Edition SFTI Edition des Jahres 2020 offeriert die für ihre Fliegeruhren bekannte Manufaktur nun eine Gehäuseschale aus schwarzer Keramik. Der Werkstoff, eine Kombination aus Zirkon- und anderen Metalloxiden, zeigt allem, was unschöne Kratzer machen möchte, lächelnd die kalte Schulter.
Rund fünf Jahre nahm bei IWC die Entwicklung von Ceratanium in Anspruch. Es dient zur Herstellung von Gehäuseboden, Krone, Drücker und Dornschließe. Sein Name setzt sich zusammen aus Fragmenten den Wörtern Ceramic und Titanium. Der Mix zeichnet sich aus durch bemerkenswerte Eigenschaften: hart und kratzfest wie Keramik, gleichzeitig leicht und bruchfest wie Titan.
Ebenfalls hervorragend sind die Hautverträglichkeit und Korrosionsbeständigkeit. Besagte Charakteristika resultieren aus dem speziellen Herstellungsprozess. Im Gegensatz zu quasi unveränderlicher Keramik, lässt sich Ceratanium mit Spezialwerkzeugen Fräsen, Bohren und Schleifen. Das vorderseitige bombierte Saphirglas der 44-Millimeter-Schale ist beidseitig entspiegelt. Am Handgelenk trägt der Flieger-Chronograph stattliche 15,7 Millimeter auf. Dem Wasserdruck widersteht er bis zu sechs bar Druck.
Für die insgesamt 1.500 Exemplare des Pilot’s Watch Chronograph Top Gun Edition SFTI stand die berühmte Strike Fighter Tactics Instructor Armbanduhr gestalterisch Pate. Das im Gehäuseinneren verbaute IWC Manufakturkaliber 69380 mit Selbstaufzug und Pellaton-Wechsler zur Polarisierung der Rotorbewegungen verfügt über circa 46 Stunden Gangautonomie. Stündlich vollzieht sein Gangregler präzise 28.800 Halbschwingungen.
Schaltradsteuerung, vertikale Reibungskupplung, 30-Minuten- und 12-Stunden-Zähler zeichnen wiederum den integrierten Stoppmechanismus aus. Neben den Stunden, Minuten und Sekunden zeigt das 30 Millimeter große und 7,9 Millimeter hohe Uhrwerk auch Datum und Wochentag an.
Das Ensemble von Zifferblatt und Zeiger erinnert an das bekannte Valjoux 7750. Allerdings dreht die Permanentsekunde in diesem Fall bei „6“, während der 12-Stunden-Totalisator bei „9“ zu finden ist. Für einen dieser selbst entwickelten und gefertigten Mikrokosmen benötigen die Uhrmacher exakt 231 Komponenten.
Die markante Referenz IW389104 mit grünem Textilband kostet 9.550 Euro. Nach entsprechender Registrierung des gekauften Produkts verlängert sich die Garantie von zwei auf insgesamt 8 Jahre.
Coole Fliegerchronographen
Mit Fug und Recht gilt der zwischen 1941 und 1945 produzierte Piloten-Chronograph von Tutima als echte Kult-Uhr. Um die Zeitmessung kümmerte sich das legendäre deutsche Manufakturkaliber Urofa 59. Als die Deutsche Bundeswehr in den 1980er Jahren einen offiziellen Fliegerchronographen benötigte, erstellte die militärische Erprobungsstelle ein detailliertes Anforderungsprofil. Nach Prüfung der eingegangenen Offerten erhielt Tutima 1985 den Zuschlag. Der opulente Automatik-Chronograph, ausgestattet mit dem robusten Kaliber Lémania 5100, beeindruckte auch durch seine ergonomischen Bedien-Tasten und den optimal ablesbaren, weil in der Mitte des Zifferblatts drehenden 60-Minuten-Zähler. Beide Ikonen sind mittlerweile Vergangenheit.
Gleichwohl blickt die Glashütter Familien-Manufaktur seit Mai 2011 konsequent zurück in die Zukunft. Die 2016 lancierte Tutima Fliegerchronograph M2-Linie knüpft an jene Erfolgsgeschichte, welche besagter NATO-Chronograph von 1985 geschrieben hat. Wie einst sind die großflächigen und mit einem Bedienfeld ausgestatteten Titandrücker ergonomisch ins 43 Millimeter große Schraubkronen-Gehäuse aus dem gleichen Material integriert.
Der massive Boden zeigt eine erhabene Windrose. Bis zu enormen 20 bar Wasserdruck reicht die Wasserdichte der tonneauförmigen Schale mit entspiegeltem Saphirglas. Super-LumiNova-Leuchtausstattung für Zifferblatt und Zeiger sind bei einer derartigen Armbanduhr absolute Pflicht.
In Sachen Uhrwerk setzt Tutima bei ihrem lässigen Fliegerchronographen Tutima M2 Coastline Chronograph auf Bewährtes aus der Schweiz. Das Automatikkaliber 310 basiert auf dem Valjoux-Eta 7750 oder dem Klon SW 500 von Sellita. Sein Rotor spannt die Zugfeder in einer Drehrichtung. Nach Vollaufzug beträgt die Gangautonomie etwa 48 Stunden. Bis zu 30 Minuten und zwölf Stunden reichen die senkrecht angeordneten Totalisatoren.
Aus Kautschuk mit außenseitigem Cordura-Gewebe besteht das Armband. Die Preise der Referenz 6430 liegen bei 2.900 Euro. Alternativ ist auch ein Titan-Gliederband erhältlich. Damit kostet diese Armbanduhr 200 Euro mehr.
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