Pointtec und das Bauhaus
Unabhängig vom Erfolg der bauhaus Aviation und anderer neuer Modelle stellt die in Ismaning bei München beheimatete Firma Pointtec bereits heute jährlich mehr als 100.000 Armbanduhren her. Die meisten davon entstehen in der Kleinstadt Ruhla bei Eisenach, wo schon seit Jahrzehnten die Uhren der Firma in Auftrag montiert wurden. Im Sommer 2019 hat die Eigentümerfamilie um die Geschäftsführer Nathalie Birk und ihren Vater Willi Birk schließlich die Uhrenfertigung akquiriert.
Beheimatet ist sie in einem markanten Gebäude, welches im typischen Bauhausstil errichtet wurde. Den Entwurf des 1929 eingeweihten und heutzutage denkmalgeschützten Bauwerks verantwortete das 1919 in Jena gegründete Architekturbüro Schreiter & Schlag. Der Kauf des fünfstöckigen Industrie-Monuments mit langen Fensterreihen verknüpft sich mit dem gleichzeitigen Erwerb der deutschen Traditions-Uhrenmarke Ruhla. Mehr dazu lässt sich hier im Uhrenkosmos nachlesen.
Neben Armbanduhren mit den Signaturen Ruhla, Zeppelin und bauhaus verlassen fortan auch solche mit dem Namenszug bauhaus Aviation die traditionsreiche ostdeutsche Ruhla Fertigungsstätte.
Mit den neuen bauhaus Uhren nimmt Pointtec Bezug auf eine Ära deutscher Kunst-, Kultur- und Architekturgeschichte. Schließlich stand das 1925 von Walter Gropius entworfene Dessauer Schulgebäude des Staatlichen Bauhauses den Architekten Johannes Schreiter und Hans Schrag gewisser Weise Pate bei der Konzeption ihres imposanten Bauwerks an der Bahnhofstraße 27.
Uhren im Bauhaus-Design?
Im Gegensatz zu den Gebrüdern Thiel, die 1892 ihre erste Taschenuhr präsentierten, hatten weder der Lehrerkörper noch die Schülerschaft des Bauhauses Uhren im Blick. Die Schöpfer des neuen Zeitgeists konnten Zeitmessern offenbar nichts abgewinnen. Ihr Bemühen galt anderen Gegenständen künstlerischer Art oder des täglichen Bedarfs.
Dabei hätten Bauhaus Uhren den Bauhaus-Protagonisten bei retrospektiver Betrachtung durchaus gut zu Gesicht gestanden. Der Grund: Sie verkörpern eine Brücke zwischen Schmuckstücken und Gebrauchsobjekten. Und ganz grundsätzlich entsprechen sie durchaus den vom Bauhaus propagierten Vorstellungen von Handwerk, Kunst und Funktion.
Warum man das anfangs in Weimar und später in Dessau ganz anders sah, lässt sich rückblickend nicht mehr schlüssig beurteilen. Aber ganz offensichtlich spürten die am Bauhaus Lehrenden und Lernenden keine besondere Nähe zu Uhren. Ihnen ging es vorrangig um Architektur, Farben, Gestalten, Wohnen und Kunst – oft verbunden mit humanistischen und sozialen Themen.
Armbanduhren, die heute ganz allgemein hoch im Kurs stehen, waren damals primär eine Angelegenheit des weiblichen Geschlechts. Aber die Frauen am Bauhaus hatten wohl andere Interessen, und die Männer ganz offensichtlich auch.
Minimalismus der 1930-er Jahre
Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass sich seit mehreren Jahrzehnten ganz unterschiedliche Unternehmer auf das Thema Bauhaus berufen und darauf ihren Impetus zur Kreation und Herstellung primär von Armbanduhren gründen. Direkte Verbindungen zur namensgebenden Designschule sind in der Regel nicht vorhanden.
Der Grund für die Berufung aufs Bauhaus ist vordergründig. Der resultiert einmal aus minimalistischer Gestaltung von Zifferblatt, Zeiger und Gehäuse. Zum anderen spielt Farbgebung eine Rolle, mehr oder minder gelungene Erzeugnisse in die Nähe der legendären Gestaltungsschule zu rücken. Ur-Uhren aus dem Bauhaus-Universum gibt es jedenfalls nicht. Keine fürs traute Heim und keine fürs Handgelenk.
Woher stammt also das, was vielerorts in der Uhrenszene zum Zweck der Verkaufsförderung gerne als charakteristischer Bauhausstil propagiert wird? Die Antwort findet sich beim Blick in Kataloge aus den späten 1920-er und insbesondere den 1930-er Jahren. Hier finden sich viele Anregungen zum fettfreien und von gestalterischer Askese geprägten Uhrendesign. Schnörkellos formstrenge Gehäuse mit schmalem Glasrand und schlangen Bandanstößen entsprechen den Vorstellungen vom Art Déco. Die abgespeckten Indexierungen auf den Zifferblättern orientieren sich an der modernen Druckgrafik der damaligen Epoche. Schließlich schwören auch die Zeiger gestalterischer Opulenz ab.
Die Synthese führte zu nüchtern wirkenden, gleichwohl jedoch ins Auge stechenden Armbanduhren. Trotz oder womöglich gerade wegen der Reduktion auf das zum Anzeigen und Ablesen der unaufhaltsam fortschreitenden Zeit unabdingbar Notwendige entstanden in den 1930 Jahren zurückhaltend gestaltete Objekte, welche zurecht als Klassiker oder Ikonen gelten können.
Welchen Einfluss das ostdeutsche Bauhaus auf die damaligen Uhrendesigner vor allem in der Schweiz ausübte, lässt sich schwer beurteilen. Ich persönlich halte ihn jedenfalls nicht für besonders groß. Viel wichtiger waren allgemeine Gestaltungstendenzen, die sich auch im zweifellos großartigen, vielfach von Sachlichkeit und Funktionalität geprägten Bauhausdesign wiederfinden.
Betrachtet man die breite Palette dessen, was das deutsche Bauhaus hervorgebracht hat, lässt sich also der Schluss ziehen, dass für die Bauhaus-Schüler und Bauhaus Lehrer in Dessau andere Themen interessanter waren. In die Welt der Uhren sind die Gestaltungsprinzipien des Bauhauses nur über Umwege eingeflossen.
bauhaus Aviation
Zurück zu Pointtec und der bauhaus Aviation. Dieser Name stellt eine Verbindung zwischen dem Bauhaus und dem Thema Luftfahrt her. Während die Designschule in Dessau Legendenstatus erreichte, wurden dort gleichzeitig die modernsten Flugzeuge ihrer Zeit gebaut. Es gab eine enge Verbindung der beiden Einrichtungen – immer wieder halfen die Metallbauer der Flugzeugwerke den Design-Studenten, die Prototypen ihrer Stahlrohr-Möbel zu bauen, die später weltberühmt werden sollten.
Die Luftfahrt ist für den Uhrenhersteller Pointtec ein wichtiges Standbein, wie die breitgefächerte Zeppelin-Kollektion eindrucksvoll demonstriert. bauhaus aviation tritt sozusagen in die Fußstapfen der bei Pointtec inzwischen nicht mehr erhältlichen Junkers Armbanduhren. Und das demonstrieren die Newcomer auf den ersten Blick. Unübersehbar ist die gestalterische Anleihe bei jenen traditionsreichen Flieger-Beobachtungsuhren, welche beispielsweise Ende der 1930-er Jahre für das deutsche Militär entstanden.
Pilotenuhren
Unabhängig davon waren Piloten aller Herren Länder zur Orts- und Flugdauerbestimmung infolge begrenzter Kraftstoffvorräte Piloten zwingend auf gleichermaßen präzise, robuste und gut ablesbare Uhren angewiesen. Elektronik in den Cockpits war schließlich noch in weiter Ferne. Beide Hände am Steuerknüppel verlangten nach speziell ausgeführten Zeitmessern. Diese mussten sich in allen Lebenslagen schnell und zuverlässig ablesen lassen.
bauhaus Aviation Uhren
Weil die einschlägigen Dienststellen und Oberkommandos nichts dem Zufall überlassen wollten, definierten sie exakt die Kriterien für diese Art von Uhren. Leuchtmasse auf Zifferblatt und Zeigern sorgte für eindeutige Wahrnehmung auch bei Dunkelheit. Eine große, griffige Krone gestattete das Aufziehen und Zeigerstellen mit Handschuhen. An geheizte Cockpits dachten Piloten allenfalls im Traum.
Diese spannende Vergangenheit lebt bei bauhaus Aviation wieder in einer brandneuen Kollektion, bestehend aus derzeit fünf ausdrucksstarken Modellen für ganz unterschiedliche Vorstellungen vom passenden Begleiter am eigenen Handgelenk, neu auf.
Flight Control Automatic Instrument
In den so genannten Flight Control Automatic Instruments lebt das Zifferblatt des Baumusters A der tradierten Deutschen Fliegeruhren aus den späten 1930er und frühen 1940er Jahren fort. Kennzeichen sind große arabische Leuchtziffern und bei „12“ ein auf der Spitze stehendes und von zwei Punkten flankiertes Orientierungsdreieck.
Wegen seiner optimalen Ablesbarkeit findet sich dieser Look auch bei Cockpit-Instrumenten. Diese inspirierten bauhaus Aviation Uhren bei der Gestaltung des farbigen Duos aus Stunden- und Minutenzeiger. Klassisch ausgeführt ist die Zentralsekunde. Dem Druck des nassen Elements widersteht die 40-Millimeter-Edelstahlschale bis zu fünf bar Druck.
Flight Control Automatic
Jünger präsentiert sich die Flight Control Automatic mit beigen oder blauen Leuchtziffern und 42 Millimeter messendem Stahlgehäuse. Hier markiert die markante Silhouette eines Flugzeug-Oldtimers die 12-Uhr-Position. Um die Anzeige der Stunden, Minuten und Sekunden kümmert sich in diesem Fall das Kaliber 8205 ebenfalls aus dem Hause Miyota. Der einzige Unterschied zum 8215 besteht in der Indikation von Wochentag und Datum. Unverbindliche 329 Euro.
Flight Control Automatic Navigator
Schweizer Mechanik in Gestalt des bewährten Automatikkalibers Sellita SW200 tickt im Flight Control Automatic Navigator, dessen Zifferblatt die Optik des Baumusters B der altehrwürdigen deutschen Beobachtungsuhren für Militärpiloten aufgreift. Der Unterschied zum Baumuster A besteht in äußeren arabischen Ziffern und Zahlen für die Minuten und Sekunden.
Diese Anzeige dominierte gegenüber derjenigen für die Stunden, welche ein relativ kurzer Zeiger im Zusammenspiel mit einer inneren Indexierung darstellt. Ins Auge stechen die Farbe Grün gepaart mit sandfarbener Super-LumiNova Leuchtausstattung. bauhaus aviation spricht hier von Old Radium. Der Preis liegt bei unverbindlichen 599 Euro.
Tornado Automatic 24 h
Als Hommage an den bekannten Kampfjet versteht sich die Tornado Automatic 24 h. In dieser augenfälligen Armbanduhr mit blauem Leuchtzifferblatt verbaut Pointtec das japanische Zentralsekunden-Automatikkaliber Miyota 8217. Seine grundlegenden Merkmale entsprechen denen des bereits beschriebenen Miyota 8215.
Zum Fensterdatum bei „6“ gesellt sich in diesem Fall eine permanente 24-Stunden-Indikation. Deren roter Zeiger dreht auf der linken Seite des Zifferblatts. Einmal mehr misst das bis zu fünf bar wasserdichte Stahlgehäuse 42 Millimeter. Der Preis liegt bei unverbindlichen 299 Euro.
Tornado Chronograph
Mit dem Quarz-Kaliber Miyota 6S21 liefert bauhaus aviation schließlich den Tornado Chronograph. Wie die Tornado Automatic 24 h lenkt diese Armbanduhr mit integrierter Stoppfunktion den Blick auf das 50-jährige Jubiläum des Tornado Jungfernflugs im Jahr 1974. Zur Verwendung des Namens hat Pointtec vom Flugzeugbauer natürlich eine offizielle Lizenz erhalten. Das Stahlgehäuse ist 42 Millimeter groß und hält Wasserdruck bis zu fünf bar aus. Unverbindliche 299 Euro
Alle genannten Uhren halten robuste Lederbänder im Vintagelook am Handgelenk. Sofern die aviation Zeitmesser mit einem Automatikwerk ausgestattet sind, erhalten sie einen Sichtboden. Verfügbar sind die neuen bauhaus Aviation Zeitmesser ab August/September 2024.
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